Zitat von Gubanov im Beitrag #239Oftmals wird Wallace-Darsteller Hermann Lenschau bei der Aufzählung des regelmäßigen „Derrick“-Teams vergessen ...
Er wird deshalb vergessen, weil leider die Rollennamen divergieren. So gesehen müsste man unbedingt Dieter Eppler erwähnen, der in zahllosen Folgen als Polizeichef mit dabei war, aber häufig andere Rollennamen trug. Leider setzte man hier nicht auf Kontinuität. Ähnlich mit dem Polizeiarzt, der in den 80ern häufig von Stefan Miller verkörpert wurde und einige Male sogar von Ulf J. Söhmisch, der seit Anfang der 80er bei "Der Alte" in dieser Rolle mitdabei ist und mittlerweile den vierten "Alten" erlebt. In den 90ern gab's dann noch die Figur der Psychologin, die von Marion Kracht verkörpert wurde. Ich glaube, sie trat 4 Mal auf.
Zitat von Chinesische Nelke im Beitrag #240"Mord im TEE 91" fand ich auch sehr schwach, und könnte mir vorstellen, dass die Theorie von Georg richtig ist: Möglicherweise war das Buch für "Die fünfte Kolonne" vorgesehen ...
Dass Reinecker bei der Vielzahl, die er geschrieben hat, auch alte Sachen von sich verwendet hat, ist ja nur logisch. Ich bin ja auch nach wie vor der Meinung, dass Reinecker mit "Tote Vögel singen nicht" ein altes (Wallace?)-Drehbuch zum Derrick umgearbeitet hat. Dass renommierte Autoren von sich selbst abschreiben, ist übrigens nichts Neues oder Ungewöhnliches. Karl Heinz Willschrei hat einige Haferkamp-Tatorte bei "Wolffs Revier" nochmals verwendet, Bruno Hampel Geschichten aus "Kommissar Freytag" und "Polizeifunk ruft" für "Bitte keine Polizei" und "Der Alte" etc. (Und Volker Vogeler hat permanent von sich abgeschrieben, in dem er von einer Folge zur nächsten lediglich Rollennamen variiert hat und 10x im Jahr die gleiche Geschichte erzählte. :-))
1. Madeira - 5 von 5 Punkten 2. Waldweg - 5 von 5 Punkten 3. Stiftungsfest - 5 von 5 Punkten 4. Alarm auf Revier 12 - 5 von 5 Punkten 5. Nur Aufregungen für Rohn - 4,5 von 5 Punkten 6. Kamillas junger Freund - 4,5 von 5 Punkten 7. Tod am Bahngleis - 4 von 5 Punkten 8. Hoffmanns Höllenfahrt - 4 von 5 Punkten 9. Paddenberg - 4 von 5 Punkten 10. Pfandhaus - 4 von 5 Punkten 11. Mitternachtsbus - 3,5 von 5 Punkten 12. Ein Koffer aus Salzburg - 3,5 von 5 Punkten 13. Zeichen der Gewalt - 3 von 5 Punkten 14. Der Tag nach dem Mord - 3 von 5 Punkten 15. Johanna - 2,5 von 5 Punkten
1. Der Mann aus Portofino - 5 von 5 Punkten 2. Tote Vögel singen nicht - 5 von 5 Punkten 3. Pecko - 4,5 von 5 Punkten 4. Das Superding - 4,5 von 5 Punkten 5. Yellow He - 4 von 5 Punkten 6. Angst - 4 von 5 Punkten 7. Kalkutta - 4 von 5 Punkten 8. Schock - 4 von 5 Punkten 9. Auf eigene Faust - 4 von 5 Punkten 10. Das Bordfest - 3,5 von 5 Punkten 11. Risiko - 3,5 von 5 Punkten 12. Tod des Trompeters - 3,5 von 5 Punkten 13. Ein unbegreiflicher Typ - 3 von 5 Punkten 14. Kein schöner Sonntag - 3 von 5 Punkten 15. Tod der Kolibris - 3 von 5 Punkten
Nach absolvierter Durchschau ... die Rangliste zu Box 3 ... ich bin so frei :
1. Tod des Wucherers 2. Eine Nacht im Oktober 3. Ein Hinterhalt 4. Die Tote im Wald 5. Hals in der Schlinge 6. Tod eines Fans 7. Das Kuckucksei 8. Via Bangkok 9. Mord im TEE 91 10. Inkasso 11. Abendfrieden 12. Der Fotograf 13. Offene Rechnung 14. Steins Tochter 15. Klavierkonzert
Kurzfazit: Finde diese Box war ziemlich durchwachsen, abgesehen von den drei Erstplatzierten war hier nicht viel dabei für meinen Geschmack! (Also nicht viel was einen bleibenden Eindruck hinterlassen könnte, ordentliche Unterhaltung dagegen schon.)
Mit: Horst Tappert, Fritz Wepper, Willy Schäfer, Claus Richt, Christine Buchegger, Bruno Dietrich, Herbert Mensching, Jürgen Goslar, Mijou Kovacs, Rudolf Wessely, Josef Fröhlich, Bruno W. Pantel, Michael Berger, Holger Petzold, Hans Beerhenke, Astrid Boner, Nino Korda, Christian Engelmann u.v.a.
Buch: Herbert Reinecker Regie: Helmuth Ashley Erstausstrahlung: 6.1.1978
Immer wieder kam es in den letzten Jahren in Deutschlands Großstädten zu Gewaltexzessen in U-Bahnhöfen, insofern wirkt der Auftakt dieser 34 Jahre alten Folge immer noch enorm beklemmend. Alwin Merz (Bruno Dietrich) wird spätabends von drei Männern verfolgt. Auf einem U-Bahnsteig wird Merz von seinen Jägern gestellt; ihm wird der Film aus seinem mitgeführten Fotoapparat herausgerissen, bevor der wehrlose Mann schließlich von seinen Peinigern vor einen einfahrenden Zug geworfen wird. Bereits am Tatort ermitteln Stephan Derrick und Harry Klein, dass der Ermordete seine Brötchen als Fotograf mit eigenem Studio verdiente. Und wie das dynamische Duo den Bahnsteig per Rolltreppe verlässt und darüber der Folgentitel und das Derrick-Thema eingeblendet werden, so hat man als Zuschauer nicht den Hauch eines Zweifels, dass die beiden auch diesen Fall gemeinsam zu einem erfolgreichen Ende bringen werden. Doch weit gefehlt - in Merz' Fotostudio stöbern Stephan und Harry Einbrecher auf, die sich nicht zimperlich zeigen und sofort das Feuer eröffnen. Harry wird von einer Kugel am Arm getroffen und fällt für den Rest der Folge aus, sodass Dauer-Hiwi Berger dieses Mal ein größerer Part zuteil wird. Im Studio entdeckt Derrick sogleich pornografische Bilder. Merz' Schwägerin Inge (Christine Buchegger), sowohl dessen Mitarbeiterin, als auch Model auf eben jenen schlüpfrigen Bildern, klärt den Oberinspektor über die prekäre finanzielle Situation des Toten auf; die Pornofotos seien nunmal ein einträgliches Geschäft gewesen. Derrick wird schnell klar, dass das Motiv für den Mord woanders liegen muss. Eine Spur führt zum Nachtclubbesitzer Blodin (Jürgen Goslar).
Atemberaubende Wendungen hat Reinecker für seinen Plot nicht vorgesehen; der Kriminalfall ist nicht sonderlich einfallsreich konstruiert. Dennoch unterhält "Der Fotograf" gut. Blap spricht in seiner Rezension von der beeindruckenden Grundpräsenz Tapperts - und tatsächlich möchte ich ihm da beipflichten. Dass Derrick nicht jedesmal auf den Spuren Sherlock Holmes' wandeln muss und dementsprechend auch einmal einen gradlinigen, relativ unkomplizierten Fall lösen darf, ist nur recht und billig. Helmuth Ashleys einigermaßen flotte Inszenierung, untermalt von verschiedenen Variationen des Duval-Stücks "Me to you", hält den Zuschauer bei der Stange. Sehr reizvoll sind erneut die Drehorte - und die dadurch verklausulierten Gegensätze. Das U-Bahnhof repräsentiert die urbane Großstadt; die Altbauwohnung der Schwägerin das traditionsbewusste, "alte" München. In dieser Umgebung gilt Pornografie noch als anrüchig; dementsprechend unwirsch reagiert der Bruder des Toten (immer gut: Herbert Mensching), als er von den freizügigen Bildern seiner Frau erfährt. Da setzt es einige gepflegte Hiebe. Blodin residiert in einem funktionalen Bürogebäude aus den Fünfziger Jahren. Er könnte auch Versicherungen verkaufen, aber er verdient sein Geld in der Halbwelt. Damit verkörpert Blodin scheinbar das krasse Gegenstück zur schillernden Kiezgröße Malenke in "Tote Vögel singen nicht", obwohl beide Figuren demselben Geschäft nachgehen. Und dann wäre da noch das hübsche Städtchen Landshut, in das es Derrick im Verlauf der Handlung gleich zweimal verschlägt - genauer gesagt auf die Burg Trausnitz. Eine spektakuläre Kulisse! Sollte es mich jemals nach Landshut verschlagen, so weiß ich, wo mich mein Weg zuallererst hinführen wird.
Folge 101 - Geheimnisse einer Nacht(Deutschland 1983)
Andreas Sobach (Christian Wolff) wird von seinem Chef Albert Vrings (Jürgen Goslar) kurzfristig auf eine Dienstreise geschickt. Er muss sich mit dem PKW sofort auf den Weg nach Straßburg machen, dort einem Geschäftpartner wichtige Unterlagen überreichen, die Nacht soll er vor Ort in einem Hotel verbringen. Unangenehm für den Angestellten, denn vermutlich hat seine Gattin Maria Sobach (Thekla Carola Wied) eine Affaire mit dem Boss, der bekanntlich immer wieder gern hübschen Frauen nachsteigt. Sobach kommt nicht zur Ruhe, macht kehrt und sucht das Anwesen von Albert Vrings auf. Tatsächlich hält sich seine Frau dort auf, der empörte Sobach stellt den kaltschnäuzigen Vrings zur Rede, zückt plötzlich sogar einen Revolver. Sobach bringt es jedoch nicht fertig auf einen Menschen zu schiessen, angeekelt wirft er die Schusswaffe auf den Boden und verlässt fluchtartig das Haus. Vor der Tür sackt der gehörnte Gatte zusammen, seine Frau beobachtet ihn dabei. Ein Schuss fällt, Sobach eilt zurück in das Gebäude, wo er Albert Vrings tot vorfindet. Wer könnte den wohlhabenden Unternehmer getötet haben? Im Haus leben Martina Vrings (Gila von Weitershausen), die Ehefrau des Opfers und Gustav Vrings (Heinz Bennent), der Bruder Alberts. Ferner wohnen Hausmeister Fischer (Siegfried Wischnewski) und sein Enkelkind Erika (Anne Bennent) im Souterrain, alle waren zum Zeitpunkt der Tat im Haus. Freilich spricht die Sachlage gegen Andreas Sobach, der aber zunächst von seiner Frau ein Alibi erhält. Als Maria Sobach ihre Aussage am nächsten Tag widerruft, läuten bei Derrick sofort sämtliche Alarmglocken, der erfahrene Ermittler zweifelt an der Schuld des inhaftierten Sobach.
Zu Beginn spielt Jürgen Goslar gross auf, er bringt den völlig rücksichtslosen und eiskalten Bonzen prächtig und absolut glaubwürdig rüber. Nicht minder hochklassig Christian Wolff, dessen Darbietung sich nicht auf die des eifersüchtigen Ehegatten beschränkt. Der von Wolff gespielte Andreas Sobach zerfällt im Verlauf der Handlung mehr und mehr, schrumpft auf ein verzweifeltes und hilfloses Häufen Elend zusammen. Heinz Bennent hatte bereits mehrfach phantastische Auftritte im Rahmen der Reihe, erst vor einigen Wochen sah ich ihn in der starken Folge "Nachts in einem fremden Haus" (92). Nun ist er als körperlich und seelisch schwer beschädigter Bruder des Mordopfers unterwegs, die Gebrechlichkeiten seiner Figur meistert er mit Bravour! Für Siegfried Wischnewski bleibt der bodenständige "Erdungscharakter", er meistert diese Aufgabe ebenfalls ohne Fehl und Tadel. Thekla Carola Wied mutet als Maria Sobach wie ein gedankenloses und egoistisches Flittchen an. Für meinen Geschmack hätte man diese Rolle mit einer attraktiveren Erscheinung besetzen sollen, Wied scheint mir kaum als Liebchen eines reichen Aufreissers geeignet, an ihrer Arbeit gibt es dennoch nichts zu bemängeln. Gila von Weitershausen bleibt betont zurückhaltend, Martina Vrings entpuppt sich als psychisch ähnlich zerschlagen wie ihr Schwager Gustav Vrings. Gleiches gilt für Erika, Anne Bennent spielt ansprechend, war aber bereits ein wenig zu alt um als sechzehnjähriges Mädchen aufzutreten. Horst Tappert und Fritz Wepper rufen die üblich hohe Qualität ab, Stephan denkt (wie so oft) genauer nach als sein bester Mitarbeiter Harry, kommt mit messerscharfer Kombinationsgabe und Einfühlungsvermögen zum Erfolg.
Die Kaltherzigkeit eines Menschen zieht nicht nur seine nächsten Angehörigen in den Abgrund, diesmal erwischt auch das Umfeld, der Revolver brüllt die hilflose Antwort durch die Räume des herrschaftlichen Gemäuers (übrigens stand in der Tat ein wunderschön gelegenes Anwesen für die Dreharbeiten zur Verfügung). Regisseur Alfred Vohrer hatte 1983 Werkzeuge "Popanz und Krawall" längst in der Mottenkiste verstaut, der Herr konnte auch auf die ganz seriöse Tour. Irgendwie schade, denn mir liegt der wüste Alfred sehr am Herzen. Immerhin bietet "Geheimnisse einer Nacht" zumindest einen Ansatz von Schmuddel, Jürgen Goslar kommt als Stecher im verschwitzen Hemd herrlich eklig rüber. Ganz ohne Sex und Gewalt geht es also doch nicht, vielen Dank dafür, lieber Alfred! Will man um jeden Preis Kritik üben, könnte man die eindimensionale Anlage des Opfers bemängeln, die meiner Meinung nach konsequent und der knappen Spielzeit zuträglich ist. ...und wieso überhaupt "Opfer"? Sind die wahren Opfer nicht eher im Umfeld des erschossenen Ekelburschen zu suchen (und zu finden)!?! Dem Zuschauer wird diese Entscheidung recht leicht gemacht, angenehmerweise weitgehend ohne mahnenden Zeigefinger. Frank Duvals musikalische Untermalung ist stimmungsvoll, die Kulissen ebenfalls, Tappert und Wepper sind gut drauf, was will man mehr? Eine sehr unterhaltsame und kurzweilige Folge.
BEWERTET: "Mord im TEE 91" (Folge 36) mit: Horst Tappert, Fritz Wepper, Alwy Becker, Harry Meyen, Siegfried Rauch, Hermann Lenschau, Gerhard Borman, Herbert Tiede, Karl Tischlinger, Thomas Braut, Erland Erlandsen u.a. - Regie: Zbynek Brynych
Ein Schuss in einem vollbesetzten Eisenbahnabteil. Niemand hat ihn gehört. Als die Zugsekretärin aussteigen will, fällt ihr ein toter Mann hinter einem Vorhang auf. Sie ruft die Polizei, die den Toten trotz fehlender Ausweispapiere schnell identifizieren kann: Es handelt sich um einen Bekannten von Oberinspektor Derrick. Der Mann hat sich offenbar als Maler und Journalist betätigt, doch für beides finden sich kaum Anhaltspunkte. Dafür interessieren sich Unbekannte für den Inhalt seines Tresors. War der Tote ein Spion?
"Mit dem "Wirtschaftswunder" der 50er Jahre erwachte die Reiselust der Deutschen. Nach Nazi-Diktatur und Krieg wollten die Menschen die neue Freiheit genießen. Mobilität wurde ein Grundbedürfnis der Menschen. Nicht nur in Deutschland. Die kollektive Reiselust verlangte nach grenzüberschreitenden Angeboten. Am 31. Mai 1957, gut zwei Monate nach Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), war es soweit: die Deutsche Bundesbahn, die Niederländischen/Schweizerischen Bahnen und die Französische Staatsbahn präsentierten ihr gemeinsames Zugpferd für ein vereintes Europa: den Trans-Europ-Express (TEE). Die Idee: Mit komfortablen Ferntriebzügen, attraktiven Fahrzeiten und gutem Service sollten die Metropolen verbunden werden. So ausgestattet startete der TEE seinen rasanten Aufstieg zum Schienenstar der Wirtschaftswunderzeit. (Homepage der Deutschen Bahn AG, anlässlich einer Sonderausstellung im DB-Museum zum 50. Jubiläum des TEE)
Wie bereits Gubanov in seiner Kritik ausführte, spielt das Geschehen bedauerlicherweise nicht im Trans-Europ-Express, dem man gerne mehr Spielzeit einräumen würde, sondern vor allem in nüchternen Kantinen, dem emsig debattierenden Polizeibüro und in den Privatwohnungen der Agenten. Wer eine Episode á "Der Tod fährt 1. Klasse" ("Der Kommissar") erwartet hat, wird bitter enttäuscht. In der Tat rollt Reinecker eine Agenten-Story auf, die nicht nur ihn, sondern vor allem den ermittelnden Oberinspektor total überfordert. Immer wieder weist er darauf hin, dass die "superschlauen Kollegen im oberen Stock" den Fall übernehmen sollten, liefert sich Machtkämpfe mit dem Geheimdienstpersonal und bietet seinem Vorgesetzten die Stirn. Harry Klein scheint als Einziger den Überblick und seinen gesunden Menschenverstand behalten zu haben und argumentiert klug, wenn Derrick wieder einmal von der bleichgesichtigen, ewig furchtsam dreinblickenden Alwy Becker in die Irre geführt wird. Seine seltsame Zuneigung zu der Frau aus dem Reich der Spionage lässt sich nur mit seiner Befangenheit erklären, die sich aus seiner Bekanntschaft mit dem Mordopfer ergibt. Wurde seine Freundschaft zu der Psychologin Renate Konrad noch glaubwürdig dargestellt, kann uns Brynych nicht täuschen: Die romantische Phantasie von Derrick findet vor allem in dessen Kopf statt und lässt eine gemeinsame Urlaubsreise mit der Agentin deshalb nicht nur aufgrund der Terminverpflichtungen der Frau platzen. Harry Meyen, der in "Die fünfte Kolonne: Das gelbe Paket" aus dem Jahr 1963 glaubhaft einen Spion mit der ihm anhaftenden Eiseskälte und Zielstrebigkeit darstellte, wirkt nun ca. fünfzehn Jahre später nicht nur optisch schwammiger, sondern auch müder und resignierter. Es scheint, als werfe sein Tod durch eigene Hand bereits seine Schatten voraus. Die Geschichte läuft mit einer Behäbigkeit ab, die man vom Mann aus Karlsbad eigentlich nicht gewohnt ist. Er verzichtet auch auf den ihm sonst eigenen exzessiven Musikeinsatz. Erst in den letzten Minuten gelingt es mithilfe des belastenden Gemäldes, Spannung aufzubauen, die leider durch die Barszene am Ende wieder ins Triviale absinkt.
BEWERTET: "Via Bangkok" (Folge 37) mit: Horst Tappert, Fritz Wepper, Cornelia Froboess, Christian Wolff, Thomas Holtzmann, Gustl Halenke, Gerhard Borman, Emely Reuer, Dagmar Heller u.a. - Regie: Theodor Grädler
Ein Sinfonieorchester kehrt nach einer dreimonatigen Asientournee wieder nach Deutschland zurück. Jakob Renz, ein Cellist, ist sehr nervös und beeilt sich, nach Hause zu kommen, wo seine gelähmte Frau und seine Tochter auf ihn warten. Er hat Geheimnisse, was nicht nur seiner Tochter auffällt, sondern durch einen Telefonanruf, der ihn zu einem Treffen um 21Uhr bestellt, bestätigt wird. Von diesem Termin kehrt Jakob Renz nicht mehr lebend zurück. Er wird verprügelt und verstirbt kurze Zeit später im Krankenhaus an einem Herzinfarkt. Nicht nur seine Tochter gibt sich der Polizei gegenüber verschwiegen. Vor allem ein Kollege aus dem Orchester scheint mehr zu wissen, als er zugibt..... Thomas Holtzmann als Mordopfer passt in das klassische Schema des offensichtlich Schwachen, der von unbekannten Gangstern gemeuchelt wird. Soll man glauben. Tatsächlich hat er etwas zu verbergen, was man sehr gut am Spiel von Cornelia Froboess merkt, die verwirrt, betroffen und abgeklärt zugleich auftritt. Man kann ihren nächsten Schritt nicht voraussehen und rätselt, ob sie wirklich nichts weiß oder jede Minute zur Tat schreitet. Das Zusammenspiel mit Christian Wolff, dessen Verwicklung in das Verbrechen man spätestens beim Anblick seiner schicken Villa erahnt -man beachte die einfache Wohnung seines ermordeten Kollegen- ist vorzüglich und bietet nicht nur für Oberinspektor Derrick aufschlussreiche Erkenntnisse. Die Szene im Café, die herrlich nostalgisch von "California Dreamin'", einem Song der Folkrock-Gesangsgruppe "The Mamas & The Papas" umrahmt wird - "Mama" Cass Elliott war zum Drehzeitpunkt dieser Episode übrigens bereits drei Jahre tot - veranschaulicht, wie mühsam sich die Polizeiarbeit gestaltet und, dass nicht jeder Plan sofort aufgeht. Nach dem Ausscheiden von Günther Stoll kann sich Gerhard Borman mehr und mehr einbringen und darf sich nicht nur in einer spannenden Verfolgungsjagd hervortun, sondern sogar Kollegin Emely "Helga" Reuer einen dicken Schmatz verpassen. Je mehr die Serie voranschreitet, desto mehr schätzt man die sympathische, unprätentiöse Art des Beamten Echterding. Gustl Halenke, das einsame Herz, spielt wieder einmal die leidende Frau, was man ihr stets abnimmt. Seit ihrem überzeugenden Auftritt in "Der Moormörder" ("Der Kommissar") schätze ich sie als stille Mimin, in deren Umgebung sich böse Dinge ereignen; Abläufe, die sie nicht verhindern oder beeinflussen kann. Der Schlusstwist in Derricks Büro verblüfft nicht weiter, ahnte man doch schon die ganze Zeit, dass sich das Mordopfer auf gefährlichen Alleingängen befand. Die Handlungsweise der Tochter wird nicht ohne strafrechtliche Konsequenzen bleiben. Im Gegensatz zur früheren Folge "Kalkutta" verzichtete man diesmal auf die Einblendung des Elends und ersparte dem Zuseher den Anblick von Heroinsüchtigen.
Episode 37 der TV-Kriminalserie, BRD 1977. Regie: Theodor Grädler. Drehbuch: Herbert Reinecker. Mit: Horst Tappert, Fritz Wepper sowie: Thomas Holtzmann (Jakob Renz), Cornelia Froboess (Helga Renz), Gustl Halenke (Frau Renz), Christian Wolff (Franz Rosska), Dagmar Heller (Helene Rosska), Nora Minor (Frau Miele), Frank Griffin (Fasold), Sascha Borysenko (Kranz) u.a. Erstsendung: 21. August 1977, ZDF.
Zitat von Derrick: Via BangkokEin Orchester kehrt von einer Asien-Tournee zurück. Vor allem der Cellist Jakob Renz legt ein merkwürdiges Verhalten an den Tag. Als er nur wenige Stunden nach seiner Ankunft in München überfallen wird und an den Folgen des Übergriffs stirbt, ist Derrick gefragt, zu ergründen, was in Bangkok geschah.
Wichtige Durchsage für Pendler: Weder die U6 noch die U3 verkehren neuerdings über Bangkok, auch wenn die obige Grafik und der interessant gewählte Episodentitel diesen Anschein erwecken könnten. Überhaupt strahlt die gesamte Folge keine latente Exotik aus, wie man sie etwa nach „Tod der Kolibris“ erwartet hätte. Stattdessen bekommt der Zuschauer eine zivilisierte, in den etwas muffigen Familien- und Bekanntenkreisen des ermordeten Musikers spielende Handlung geboten, wofür sich Regisseur „Teddy“ Grädler – besonders nach einer so langen Pause seit #24 als bester Mann empfiehlt. Auch hier setzte er mit einer ruhigen Inszenierung, die zu jedem Zeitpunkt offen für die Entfaltung der Protagonisten ist, ein stimmiges Flair hervorbringt und niemals in Langeweile verfällt, einen deutlichen Akzent.
Wie im Prinzip üblich, konnte Grädler sich auf – wenn schon nicht physiognomisch, dann psychologisch – attraktive Darsteller verlassen. Dieser Folge drückt vor allem das ehemalige Schlagersternchen Conny Froboess ihren Stempel auf, wobei ich mir unsicher bin, ob ich mich über ihre Wandlung zur Ernsthaftigkeit und Einfachheit freuen oder doch den „alten Tagen“, da sie an der Seite von Peter Alexander „Verliebt, verlobt, verheiratet“ sang, nachtrauern sollte. In jedem Fall passt ihr Siebzigerjahreimage besser in die „Derrick“-Reihe, was sie als zugleich sympathische Bezugsperson als auch als Geheimnisträgerin prädestiniert. Ringelmanns altbekanntes Puddinggesicht Gustl Halenke, bekannt nicht nur aus dem „Moormörder“, sondern auch aus „Derrick“ #6 – „Keine Aufregungen für Rohn“, liegt sich zwar mit leicht gestelzt klingenden Antworten als leidgeprüftes Frauenzimmer durch die Episode, doch der zwiespältige Auftritt Christian Wolffs, der als Freund und gefährlicher Naivling zugleich auftritt, darf wieder zu den eindeutigen Vorteilen von „Via Bangkok“ gezählt werden.
Der Faden der Ermittlungen mag etwas arg geradlinig gespannt worden sein. Reinecker tat allerdings gut daran, nach „Mord im TEE“ eine abgespecktere, weniger sperrige Story zu präsentieren, die kontinuierlich und ohne Stocken erzählt werden kann. Alles läuft auf eine spannende Überwachungs- und Verfolgungsszene in einer Bar und deren Hinterräumen hinaus, wobei sich neben Stephan Derrick und Harry Klein diesmal vor allem der Kriminaler Echterding beweisen darf. Grädler, der als Regieassistenten seinen Sohn Thomas (und als Kostümbildnerin seine Frau Inge Brauner) mit ins Boot brachte, erlaubte sich in diesen letzten Minuten, aus dem engen Korsett der Renz’schen Biederkeit auszubrechen und noch einmal richtig auf die Action zu drücken. Als besonders cool erweist sich die Slowmotion in einer Szene, in der Derrick eine Tür einschlägt. Sie wird von mehreren reißenden Zooms gefolgt, was einen dynamischen Eindruck vermittelt, ohne zu sehr auf die Brynych’sche Wackelkamera-Schiene umsteigen zu müssen.
Still und behutsam – diese Grädler-Attribute treffen für einen Großteil von „Via Bangkok“ voll ins Schwarze. Die einfache Geschichte mit dem namlosen, aber sehr eleganten Hintermann profitiert außer von seinem Gespür für einfühlsame Erzählweise natürlich von Cornelia Froboess, die ihre Überzeugungskraft ganz anders einsetzt, als man es von ihr gewohnt ist. Allein dass Derrick im Café zufällig auf Rosska trifft, ist eine zu große Unwahrscheinlichkeit, als dass sie unverdünnt geschluckt werden könnte. 4 von 5 Punkten.
Das Ermittlerteam (3):Horst Tappert spielt Oberinspektor Stefan Derrick:
Wenn ich es schon nach 37 Folgen für enorm schwierig halte, ein Bild des Charakters Derrick zu zeichnen, so ist dies als Kompliment für eine von Herbert Reineckers komplexesten Figuren zu verstehen. Derrick steht sowohl völlig am Rande als auch genau in der Mitte der Episoden – zwei Extreme, zwischen denen Horst Tappert durch seine unaufdringliche Präsenz vermittelt. Er drängt sich dem Zuschauer nie so auf wie ein Kommissar Keller; man hat das Gefühl, Derrick lebe für sich und habe niemandem Gedanken, Reden, Meinungen aufzuoktroyieren. Als Vorgesetzter fühlt er sich nicht an, vielmehr als natürliche Respektsperson – welch ein Unterschied ist da im Vergleich zu Tapperts Wallace-Auftritten auszumachen?! In vielen Fällen, gerade solchen, die in der Halbwelt oder Problemvierteln spielen, macht Derrick den Eindruck eines Verbesserers, nie aber eines Missionars. Natürlich wird er auch durch einzelne Regisseure in gewissen Punkten abgewandelt: Brynych macht ihn von Zeit zu Zeit zum Lacher, Vohrer zum Schläger, doch Zuhörer und Menschenkenner bleibt er in allen Fällen. Der Schauspieler, für den die Serie zur Lebensaufgabe wurde, sagte
Zitat von Katrin Hampel: Das große Derrick-Buch, Henschel Verlag Berlin, 1995, S. 128„Ich bin Derrick – mehr kann sich ein Schauspieler nicht wünschen!“
Episode 38 der TV-Kriminalserie, BRD 1977. Regie: Helmuth Ashley. Drehbuch: Herbert Reinecker. Mit: Horst Tappert, Fritz Wepper sowie: Monika Gabriel (Irene Rombach), Karl Walter Diess (Backhaus), Dirk Galuba (Reger), Lisa Kreuzer (Lena), Dieter Schidor (Hasse), Joachim Wichmann (Weyk), Hans Quest (Buchhändler Hasse), Wolfgang Müller (Achim Breiteck) u.a. Erstsendung: 18. September 1977, ZDF.
Zitat von Derrick: InkassoEin Autowäscher findet die Leiche eines Mannes in dessen Wagen, nachdem ihn eine unbekannte Frau angewiesen hat, über das Tor zu steigen und in die Garage zu gehen. Stephan und Harry stoßen darauf, dass der Tote, ein gewisser Rombach, mit derselben Waffe erschossen wurde wie der Fotograf Hoffmann einige Wochen zuvor. Die Männer spielten zusammen Skat. Schwebt der dritte Mann nun auch in Lebensgefahr?
Traditionell lese ich mir im Anschluss an die Sichtung jeder Folge alle Kritiken durch, die ich dazu hier und im Derrick-Forum finden kann. Für gewöhnlich bestätigen sie mich zumindest teilweise in meiner Meinung, doch dieses Mal hatte ich das Gefühl, eine gänzlich andere Episode gesehen zu haben. „Inkasso“ wird mit absoluter Treffsicherheit von so ziemlich jedem verrissen; Blap geht mit seinen mediokren 6,5 Punkten noch am seichtesten mit ihr ins Gericht. Ich dagegen hatte den Eindruck, gerade eine super ausgetüftelte und sehr emotionale „Derrick“-Geschichte gesehen zu haben, die Lob für ihren psychologischen Aufbau, für ihre Darsteller und für ihre lockere Ernsthaftigkeit verdient. Also muss ich diese drei Punkte von einer relativ einsamen Position aus erläutern:
• Der psychologische Aufbau: Was wie ein ganz traditioneller Villenviertelmord beginnt, entfaltet sich nach und nach zu einer viel weitreichenderen Tragödie mit Vergangenheitsbezug. Reinecker spielt die vielen Trumpfkarten, die die Handlung birgt, nach und nach in klug gewählten Momenten aus: der zweite (bzw. eben der erste) Mord, die Angst des dritten Mannes, seine Fahrten nach Laim, die Beziehung von Lena Weyk und Hasse – sowohl Reinecker als auch Ashley, der erst zum zweiten Mal für „Derrick“ hinter der Kamera stand, nahmen sich Zeit, alle diese Aspekte in ihrer Tiefe zu beleuchten. Das Resultat ist eine vortreffliche Lösung, die man als düstere Vorahnung eine Weile im Vornherein abwägen kann, bevor sie zur bitteren Gewissheit wird.
• Die Darsteller: Mir erschließt sich nicht wirklich, warum Monika Gabriel bei den Gastdarstellern an erster Stelle genannt wird. Karl Walter Diess gibt dagegen eine interessante und sehr glaubwürdige Variation seiner üblichen Schurkereien, indem er dieses Mal nicht als kalter Exekutor, sondern als unsicheres drittes Mordopfer in spe fungiert. Im Nachhinein werde ich mich am besten an Lisa Kreuzer und Dieter Schidor erinnern, die auch ohne Worte zueinander passen wie Stephan und Harry (gar ist von einem Hörigkeitsverhältnis die Rede ), doch auch der Kurzauftritt meines persönlichen Lieblings Hans Quest wird – wenn auch ohne Hündchen auf dem Arm – dankend zur Kenntnis genommen.
• Die lockere Ernsthaftigkeit: „Inkasso“ – auch hier verdanken wir Reinecker einen inspirierten Titel – spielt in sehr verschiedenen, aber samt und sonders distinguierten Schichten der Münchner Gesellschaft. Sie wirkt deshalb und aufgrund der sachlichen, nicht Partei ergreifenden Ashley-Regie ernst und seriös, zu keinem Zeitpunkt aber dröge. Technische Angestellte, Modelle, Musiker, Apotheker, Buchhändler, Pferdenarren – eine solche Bandbreite bedient eine einzige „Derrick“-Folge nur selten in dieser Ausgewogenheit. Die künstlerische Note erscheint dabei nach einigen etwas langwierigen Befragungen vor allem in der letzten Viertelstunde der Folge besonders evident: Hier trumpfen Kamera und Musik (zum ersten Mal: der von Serienfans wie bei uns Peter Thomas verehrte Kultkomponist Frank Duval) richtig auf. „Kitschig“ kann ich das, gerade in Anbetracht der Tatverantwortlichkeiten, absolut nicht finden – aber das mag daran liegen, dass ich noch viel „kitschigere“ Sachen sehen kann, ohne mit der Wimper zu zucken.
Ein unbeliebtes Kleinod. Da auch bei den nächsten beiden Folgen die Verantwortung in den Händen von Helmuth Ashley lag, erhoffe ich mir weitere Höhepunkte in diese Richtung. 4,5 von 5 Punkten. Wer genau hinsieht, entdeckt übrigens noch den Schriftzug „Bayerischer Rundfunk“ in dieser ZDF-Produktion.
Das Ermittlerteam (4):Gerhard Borman spielt den Kriminalbeamten Echterding:
Zwei Accessoires hoben sich bei Echterding im Vergleich zu den anderen Beamten ab – die Pfeife, die er, wohl zum Unmut seiner Umgebung, ständig schmauchte, und die Lederjacke, mit der er den Hauch der neuen Zeit in die manchmal etwas muffigen Büroräume des „Derrick“-Teams brachte. Leider muss ich die Vergangenheitsform benutzen, denn „Inkasso“ war der letzte Auftritt von Gerhard Borman, den ich gern länger an Derricks Seite gesehen hätte: Unaufdringlich, gut informiert und stets auf Achse, nie so verbittert wie Schröder oder so blass wie Berger präsentierte er sich in seinen 20 Auftritten. Nachdem aber Harry hier zum ersten Mal ebenfalls Lederjacke aufträgt und Willy Schäfer nach langer Pause schon für „Mord im TEE 91“ überraschender- und merkwürdigerweise wieder reaktiviert wurde, war Borman offenbar überflüssig geworden.
Ich möchte Dir insofern widersprechen, als dass ich "Inkasso" nicht verrissen habe. Die Geschichte ist dramaturgisch klug aufgebaut, die Darsteller (insbesondere Karl Walter Diess) sehenswert. Insofern bin ich bei Dir; Deine Position ist in diesen Punkten keinesfalls einsam. Aber aufgrund der Inszenierung der letzten zehn Minuten hinterlässt die Folge bei mir einen zwiespältigen Eindruck. Was Kitsch ist, und was nicht, das ist sowieso höchst subjektiv. Ich verdamme Kitsch grundsätzlich überhaupt nicht (siehe die Diskussion zum ESC-Finale 2011), doch in diesem Fall war das "too much"; "over the top", wie man neudeutsch sagt. Aber es ist nicht so, dass mir "Inkasso" überhaupt nicht zusagt. Für einen vorderen Rang in der Box-Rangliste wird es dennoch nicht reichen.
BEWERTET: "Inkasso" (Folge 38) mit: Horst Tappert, Fritz Wepper, Karl Walter Diess, Lisa Kreuzer, Monika Gabriel, Dirk Galuba, Jutta Kammann, Dieter Schiedor, Joachim Wichmann, Hans Quest, Alexis von Hagemeister, Gerhard Borman u.a. - Reigie: Helmuth Ashley
Nachdem zwei Mitglieder einer Skat-Runde ermordet worden sind, fürchtet der dritte Mann um sein Leben. Der Apotheker weiß genau, weshalb seine Freunde ermordet worden sind, schweigt sich gegenüber der Polizei jedoch aus. Was hat er zu verbergen? Und was hat es mit einer jungen Frau auf sich, deren Schwester vor zwei Jahren Selbstmord begangen hat?
Der treffende Titel ("Inkasso" = das Einziehen von fälligen Forderungen) weist verschlüsselt auf die Mordmotive hin, die erst im Laufe der Handlung zu Tage treten. Die flotte Einleitung mit dem jungen Mann, der in einer vornehmen Wohngegend Autos waschen will und dabei fast in einen Mord hineinplatzt (der übrigens bei schönstem Sonnenschein verübt wird), lässt zunächst auf materielle oder familiäre Tathintergründe schließen. Der Wohlstand der ersten beiden Mordopfer, ihre freizügige Haltung gegenüber den Frauen in ihrem Lebensumfeld und die offensichtliche Kaltblütigkeit mit der die Lebemänner erschossen wurden, wird erst mit dem Auftritt Karl Walter Diess' ins Bedrohliche verkehrt. Von Anfang an spürt man die Todesangst, die ihn in Schach hält, seine Verzweiflung und die begierige Hoffnung, die er in eine Aussprache mit den Hinterbliebenen eines weiteren Todesopfers setzt. Deren Schicksal wird zwar erst gegen Ende rekapituliert, doch frühe Andeutungen lassen den Zuseher den Sachverhalt lange vor dem Finale erahnen. Hier sei vor allem das beherrschte und dennoch lebendige Spiel von Lisa Kreuzer zu loben, die in ihrer Trauer stiller und nüchterner vorzugehen scheint als ihr verbitterter Vater. Die Väter, die beide den Pfeilern der schönen Künste -Literatur und Musik- verpflichtet sind, stehen der prosaischen Wirklichkeit machtlos gegenüber. Ihre Kinder haben ein Eigenleben entwickelt, an dem sie nicht teilhaben und deren Wege durch die Zerstörung ihrer heilen Welt (die sich in poetischen Bildern auf der Pferdekoppel fortsetzt) in den (seelischen und gesellschaftlichen) Abgrund führen. Ashley gelingt die Gratwanderung, die die Umsetzung eines solchen Grundthemas zwangsläufig mit sich bringt, sicher und überzeugend. Er lässt alle Parteien zu Wort kommen und beleuchtet die Lebenseinstellung der Beteiligten. Ein ungesühnter Strafbestand aus der Vergangenheit liefert den Antrieb für drei Morde, wobei dem Apotheker in seiner Funktion als Zubereiter und Verabreicher von lebensnotwendigen Arzneien -aber auch durch den Zugriff auf gefährliche und tödliche Substanzen- eine besondere Rolle zufällt. In sehr schönen Bildern werden die in traditionellem dunkelbraun gehaltenen Räume der Apotheke gezeigt; weitläufige, unpersönliche Schränke voller Pulver, Flüssigkeiten und Tabletten. Die Schwere der Tat lastet vor allem auf dem Apotheker, hat er doch in seiner Vertrauensstellung als Ausbilder, der ethischen Grundsätzen aufgrund seines Berufes verpflichtet ist, besonders verwerflich gehandelt. Frank Duval steuert hier erstmals die Musik bei und verleiht den stummen Szenen auf dem Motorroller und auf dem Reitplatz durch die wuchtigen Töne zusätzliche Suggestionskraft. Gerhard Borman ist zum letzten Mal als Kriminalbeamter Echterding zu sehen, was ich mittlerweile bedauere, da er sein Spiel vom anfänglichen Dazwischenfunken zum besonnenen Ermitteln in dynamischer Weise gesteigert hat. Mit "Inkasso" wird eine neue Phase eingeleitet. Derrick und Klein finden sich in die Linie ein, die später als klassisch innerhalb des Genres gelten wird. Sachlich, korrekt und unaufgeregt werden Motive und Hintergründe untersucht. Das große Plus der Serie sind die wechselnden Regisseure, deren Stil man während der Sichtung der Folgen zu enttarnen versucht. Mit Helmuth Ashley gewinnt die Reihe einen weiteren Profi hinzu.
BEWERTET: "Die Tote im Wald" (Folge 39) mit: Horst Tappert, Fritz Wepper, Günther Neutze, Martin Lüttge, Gaby Dohm, Max Griesser, Gerhard Riedmann, Carolin Ohrner, Maria Singer, Udo Thomer, Toni Berger, Willi Schäfer Regie: Helmuth Ashley
Enthält Spoiler!
Eine 18jährige Engländerin wird tot in einem Waldstück aufgefunden. Jemand hat ihr die Kehle zugedrückt, sie ist erstickt. Derrick vermutet eine sexuell motivierte Tat und nimmt deshalb die Personen, die sich zum Tatzeitpunkt im Wald aufgehalten haben, genau unter die Lupe. Einer davon erscheint besonders verdächtig; vor acht Jahren wurde er wegen eines ähnlichen Delikts zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, von denen er zwei Jahre abgesessen hat. Nur sein bester Freund weiß davon......
"Am Ufer eines Flusses steht ein Fuchs, der sich die Schnauze leckt, denn auf der andern Seite geht 'ne fette Gans, die er entdeckt." [1]
Günther Neutze trägt die Geschichte mit seiner miesepetrigen Präsenz, die wir bereits aus der Kriminalreihe "Dem Täter auf der Spur" und diverser anderer Jürgen-Roland-Produktionen kennen. Seine herbe Ausstrahlung, die vom Genuss unzähliger Klarer und Zigaretten kündet, bereichert jede Produktion, in der ein abgeklärter, fern jeder Romantik stehender Mann ohne Allüren gesucht wird; ein Charakterkopf, der sich durch pointierte Dialoge und eine reelle Sicht der Dinge von den eitlen Darstellern seiner Zunft abhebt. Martin Lüttge erlebt hier acht Jahre nach "Der Tod fährt 1. Klasse" ("Der Kommissar") sein Déjà-vu: Sichtlich gealtert und mit großen blutunterlaufenen Augen starrt er ins Leere, als Derrick ihn mit seiner Vergangenheit konfrontiert. Zwischen den beiden Freunden steht die Ehefrau von Lüttge, die von Gaby Dohm mit anhänglicher Fürsorge gespielt wird; eine Loyalität, die sie selbst bei Bekanntwerden seines Vorlebens nicht ablegt. Der Nervenkitzel, der durch die Schatten der Vergangenheit heraufbeschworen wird, trägt zu einem großen Teil zur Spannung dieser Episode bei, die -wie von Helmuth Ashley gewohnt- mit tiefsinnigen Details angereichert wird. Der Reiter im Walde, dessen österreichischer Akzent den ehemaligen Frauenschwarm Gerhard Riedmann verrät; der schlampige Udo Thomer, der oft und gern als einfacher, etwas dumber Kerl besetzt wird und die klassischen Volksschauspieler Max Griesser und Maria Singer, die bedeutende Aussagen machen können. Der Kreis der potenziellen Täter ist zwar beschränkt, dies wird jedoch durch die geschickte psychologische Zeichnung der Figuren wettgemacht. Günther Neutze versucht durch Diffamierung der Opfer (damals und heute) Verständnis für die Übergriffe zu wecken und hält somit seine eigene Verteidigungsrede. Eine altbekannte Strategie, die von (männlichen) Tätern gerne als Entschuldigung für den Verlust ihrer Selbstbeherrschung ins Feld geführt wird.
"Das könnt' ein Leckerbissen sein, das wär' ein Schmaus!" denkt er, und dann fällt ihm, dem Schlauen, etwas ein; er spricht den fremden Vogel an."
Nachdem sich Derrick und Klein lange Zeit vor allem auf den Hauptverdächtigen Lüttge konzentriert haben, der sich routinierter Ermittlungsmethoden unterziehen muss, wendet sich das Blatt, als der "schlaue Fuchs" Neutze sich verrät. In einer Rückblende, auf die das Publikum schon gewartet hat, wird die naive Ahnungslosigkeit der Fremdsprachenstudentin als Fallstrick gezeigt. Und wie in der zitierten Fabel kommt es zum bösen Ende (das ein wenig an die Folge "Stiftungsfest" mit Siegfried Lowitz erinnert):
"Mein liebstes Gänslein", tönt der Fuchs, "für dich bin ich der rechte Mann; komm, flieg zu mir, komm übern Fluss, damit ich dich liebkosen kann!" Die eitle Gans ist dumm genug und folgt des Freiers Angebot. So kommt es dann zum letzten Flug: Der Fuchs beißt zu, die Gans ist tot!"
Interessanterweise sehen wir die Ereignisse immer vom Standpunkt des Täters aus; der Zuseher wird gezwungen, sich mit dessen Sichtweise auseinander zu setzen, was bereits einen kleinen Sieg für den Mörder bedeutet. Er ist noch da, sein Opfer schweigt für immer. Und in schöner Unbelehrbarkeit sieht Günther Neutze verwundert in die Kamera. Eine klassische Folge der Reihe, die sich durch Kontinuität in der Führung und eine grundsolide Geschichte auszeichnet. Immer aktuell, hier mit den "üblichen Verdächtigen" überzeugend in Szene gesetzt.
[1] aus: "Fabelhaft" von Herward Beschorner, Kleineberg Verlag, Berlin-Wilmersdorf, 1979, zitierte Fabel: "Die Eitelkeit"
Folge 102 - Der Täter schickte Blumen(Deutschland 1983)
Vera Baruda (Ruth Leuwerik) schwelgt in Glücksgefühlen. Einige Jahre nach dem Tod ihres Ehegatten, hat sich die wohlhabende Frau erneut mit Haut und Haaren verliebt. Am Tag der geplanten Verlobungsfeier wird auf Alexander Rudow (Peter Bongartz) ein Mordanschlag verübt, durch die geschlossene Wohnungstür werden drei Kugeln abgefeuert, die jedoch den Taxifahrer niederstrecken der Rudow abholen sollte. Vera Baruda ist geschockt, wer könnte ihren stets zuvorkommenden und liebenswerten Partner so sehr verabscheuen, dass er ihm nach dem Leben trachtet? Derrick und Klein begleiten Rudow zu dessen Zukünftiger, dort treffen sie auf die engsten Verwandten und Freude der heiratswilligen Dame. Egal wenn die Beamten befragen, keiner der Anwesenden scheint einen guten Eindruck von Rudow zu haben, gleichwohl mangelt es an konkreten Vorwürfen. Weitere Ermittlungen fördern die Akte Rudows ans Tageslicht, ihm wurde in zwei Fällen wegen Betruges der Prozeß gemacht, Haftstrafen waren die Folge. Als Derrick und Klein die vermutlich völlig ahnungslose Vera Baruda mit der Vergangenheit Rudows konfrontieren, erleben die erfahrenen Kriminalisten eine echte Überraschung. Frau Baruda ist bestens über die Vergangenheit ihres Lebensgefährten im Bilde, steht aber trotzdem ohne Vorbehalte zu ihm...
Ruth Leuwerik spielt großartig auf! Vera Baruda ist eine echte Dame, die auch unter Druck (fast) nie die Contenance verliert. Der Wille an die neue Liebe zu glauben gibt ihr Kraft, stürzt sie aber gleichzeitig in einen Taumel, der sie zunehmend aus der Realität zu schleudern droht. Dank der vortrefflichen Leistung Leuweriks, bleibt Vera Baruda zu jeder Sekunde glaubwürdig und sympathisch, eine warmherzige Frau am Rande des Abgrunds. Peter Bongartz passt gut in die Rolle des glatten, ungreifbaren Heiratsschwindlers, vor allem fasziniert die Unklarheit seiner Motive. In Leuweriks Umfeld tummeln sich gestandene Schauspieler, Hans Quest beäugt die Gefühle seiner alten Freundin mit Eifersucht, Ernst Fritz Fürbringer bleibt als Schwiegervater Leuweriks (er spielt den Vater des verstorbenen Ehemannes) kantig und unnahbar, ein Relikt aus vergangenen Zeiten, überzeugend und punktgenau auf den Bildschirm gezaubert. Edwin Noel wird von seinem Vater (Hans Quest) nicht ernst genommen, weiss offenbar nichts mit seinem Leben anzufangen, scheitert an der Erwartungshaltung seines Erzeugers, der seinerseits -bezüglich des "schwachen" Sprößlings- bereits die Flinte ins Korn geworfen hat. Jacques Breuer sehen wir als Leuweriks Neffen, aus ihm bricht der Zorn über die neue Leidenschaft seiner Tante besonders offensiv hervor.
Oberflächlich betrachtet erscheint der erhobene Zeigefinger vor der Nase des Zuschauers, einmal Straftäter, immer Straftäter? Betrachtet man den Fall indes aufmerksam, offenbart sich hinter der Fassade der feinen Gesellschaft ein erstaunlicher Verfall von Moral, Anstand und Mitgefühl. Ein unschuldiges Opfer wird mit einem Blumenstrauß (anonymer Anruf inklusive) abgespeist, bedauerliche Fehler passieren eben. Ruth Leuwerik bildet den Gegenpol, behauptet sich standhaft gegen die auf sie einwirkende Übermacht. Zwischen "Gut und Böse" windet sich Peter Bongartz, aalglatt und Rätsel aufgebend. Mit gefällt das nachdenkliche Ende dieser Folge sehr gut, bleibt doch zumindest ein kleiner Hoffnungsschimmer übrig (der glücklicherweise nichts mit einem kitischigen Happy End gemein hat). Den Faden darf der Zuschauer in seiner Phantasie weiterspinnen, völlig unterschiedliche Gedankengänge sind möglich. Sicher kann man die berechtigte Frage stellen, ob "Der Täter schickte Blumen" den Betrachter plumper Manipulation aussetzt, ich kann diese Ansicht nicht teilen. Regisseur Helmuth Ashley bereitet seinem Ensemble eine angemessene Bühne, lässt Ruth Leuwerik brilliant auftrumpfen, tischt dem Zuschauer schaurig-schöne Innenansichten gehobener Wohnkultur auf. Für die musikalische Untermalung sorgt diesmal Martin Böttcher, der die Folge mit einer wunderschönen Komposition melancholisch ausklingen lässt.
Oberstudienrat Dr. Blomann (Hans Caninenberg) bereitet seiner Haushälterin Frau Reiners (Renate Grosser) Sorgen. Neuerdings schlägt sich der Lehrer die Nächte auswärts um die Ohren, kommt angetrunken nach Hause, seine Kleidung riecht nach Qualm und aufdringlichem Parfüm. Tatsächlich verbringt Blomann die Abende in einem zwielichtigen Nachtclub, vor allem die Bardame Vera (Lisa Kreuzer) scheint es ihm angetan zu haben. Der Polzei fällt Blomann auf, als er sich an einem Tatort rumtreibt. In einem leerstehenden Industriegebäude wurde ein erhängter Mann namens Bernhard Molz (Peter Chatel) aufgefunden, Blomann entzieht sich mit einer halbwegs glaubwürdigen Ausrede weiteren Fragen. Schnell können Derrick und Klein eine Verbindung zwischen Dr. Blomann und dem Mordopfer herstellen, offenbar kannten sich die Heren aus der besagten Bar, die Blomann seit einigen Tagen mit Ausdauer frequentiert. Derweil sucht der Lehrer die Räumlichkeiten einer Hilfsorganisation auf, die Lebensmittel und Medikamente nach Indien verschickt. Blomann bietet dem Leiter des Vereins Hannes Guhl (Dieter Schidor) seine ehrenamtliche Mitarbeit an. Will er damit sein schlechtes Gewissen beruhigen, versteckt sich hinter der Fassade des Bildungsbürgers ein eiskalter Killer???
Hans Caninenberg in der Rolle des Lustgreises, der sich Hals über Kopf in den dritten (und vermutlich letzten) Frühling stürzt. Was zunächst nach üblichem Klischee riecht, erweist sich im weiteren Verlauf als Finte, Caninenberg (und dem Drehbuch) gelingt diese Täuschung gekonnt. Ähnlichkeiten mit "Die Stunde der Mörder" (89) sind nicht von der Hand zu weisen, doch diesmal ist die Rolle Caninenbergs vielschichter angelegt, gleiches gilt für die Gesichte hinter "Die kleine Ahrens". Lisa Kreuzer gehört fast zur Stammbesetzung innerhalb der Reihe. Sie erweist sich dabei stets sehr wandlungsfähig, obschon ich sie hier nicht für die ideale Besetzung halte. Ein wenig mehr Sexappeal hätte der Bardame Vera gut zu Gesicht gestanden, Kreuzer erscheint mir auch "aufgedonnert" eine Spur zu bieder und seriös. Peter Chatel macht uns das Opfer, wegen akuter Spoilergefahr gehe ich nicht weiter darauf ein. Renate Grosser mutet wie ein Hausdrachen an, in ihrer Besorgnis um den geschätzten Chef verhält sie sich recht ungelenk, eine gute Leistung der kernig-kantigen Schauspielerin. Gefion Helme taucht als liebenswerte ältere Dame auf. Erneut droht die Gefahr zu viel zu verraten, ergo verzichte ich auf eine Erwähnung der übrigen Darsteller. Hans Caninenberg ist der Star dieser Folge, Schauspielkunst der Spitzenklasse. Sklave Berger darf selbstständig denken und handeln, selbstverständlich nur in einer sehr überschauren Dosis.
Das "Nachtcabaret Paradiso" sorgt für wohlige Sleaze-Atmosphäre, Zigarettengestank und nuttige Duftwässerchen kriechen fast aus der heimischen Glotze hervor. Der Zuschauer wird aufs Glatteis geführt, wenn sich der Nebel bereits nach ungefähr der Hälfte der Spielzeit weitgehend verzieht, wird der Unterhaltungswert dadurch angenehmerweise dennoch nicht beschädigt. "Die kleine Ahrens" hätte sicher Stoff für einen Spielfilm hergeben, in den knapp einstündigen Rahmen wurde jede Menge Stoff gepackt. Hektik kommt nicht auf, manch interessante Nebenfigur hätte mehr Spielzeit gut vertragen, Potenziel ist im Überfluß vorhanden. Günter Gräwert verknüpft die unterschiedlichen Schauplätze gekonnt, überdies war das starke Drehbuch (ich wiederhole mich), sicher nicht leicht mit Stil und angemesssener Tiefe in das enge Korsett von 60 Minuten zu pressen. Die Lösung zeichnet sich drohend am Horizont ab, Gewinner gibt es nicht (doch, den Rechtsstaat). Während der Abspann bereits startet, wechseln Tappert und Caninenberg noch einige Worte. Derrick schaltet das Licht aus, schliesst die Tür. Auf Musik wurde verzichtet, zurück bleibt Stille und ein (hoffentlich) nachdenklicher Zuschauer.