Der Rechtsanwalt Dr. Richard Homann (Claus Biederstaedt) und seine Gattin Helga (Christine Buchegger) leben in Angst. Nur noch wenige Tage, dann wird Willi Schubach (Udo Vioff) nach einer langjährigen Haftstrafe auf freien Fuss gesetzt. Helga war einst die Ehefrau Schubachs, sie liess sich kurz nach dessen Inhaftierung von ihm scheiden, um Dr. Homann zu heiraten, der zu allem Überfluss Schubachs Rechtsbeistand war. Richard Homann wendet sich an Derrick, erzählt ihm von den Mordabsichten Schubachs, die ihm von einem Ex-Mitinsassen zugetragen wurden. Derrick fühlt dem frisch entlassenen Schubach auf den Zahn, doch der gibt sich äusserst versöhnlich, will nichts von eventuellen Drohungen wissen. Unter dem wachsamen Auge des Oberinspektors kommt es zu einem Treffen der Beteiligten, noch immer zeigt Schubach keinen Groll oder gar schlimmere Absichten. Für Derrick ist das aalglatte Verhalten des Ex-Häftlings verdächtig, er setzt Harry auf Schubecks jüngeren Bruder Gerhard (Christian Reiner) an, bei dem Willi seit seiner Haftentlassung wohnt...
Diesmal werden wir nicht mit einer bereits verübten Staftat konfrontiert, sondern mit der sorgfältigen Ausführung eines lange erdachten Racheplans. Oder ist am Ende doch alles ganz anders, und der vermeintlich rachsüchtige Ex-Ehemann/Ex-Häftling will lediglich seine Ex-Frau zurück? Theodor Grädler inszenierte eine Folge, deren Stärke in der Entwicklung der Charaktere liegt. Vor allem die Eheleute Homann sind sehr aufschlussreich gezeichnet, was kann eine Liebe aushalten, wie stark sind alte Bindungen, wie belastbar das Nervenkostüm...??? Claus Biederstaedt fungiert keinesfalls als Sympathieträger, er stellt einen feigen und recht einfältigen Anwalt dar, für den man kaum Mitgefühl entwickeln mag. Udo Vioffs Leistung ist nicht minder stark, Christine Buchegger wird zum naiven Spielball ihres Umfeldes. Christian Reiner ergänzt das kleine und gute Ensemble.
Ungewöhnliche Folgen können sehr reizvoll sein, aber "Schubachs Rückkehr" zählt nicht unbedingt zu meinen Lieblingen. Teils zieht sich das Geschehen ein wenig in die Länge, doch das bittere Ende und die guten Schauspieler entschädigen dafür. Zwar erreicht die Auflösung nicht die maximale Boshaftigkeit, der Schlag verfehlt sein Ziel jedoch keinesfalls. Insgesamt hätte der Geschichte ein wenig mehr Mut gut zu Gesicht gestanden, vermutlich wollte man dem Publikum nicht zu viel zumuten.
6/10 (obere Mittelklasse)
Folge 56 - Ein unheimliches Haus(Deutschland 1979)
Ein Notruf führt Dr. Beck (Alf Marholm) zu einer langjährigen Patientin. Der Hausarzt kann nur noch den Tod der alten Dame feststellen, bitterer Mandelgeruch veranlasst den Mediziner die Polizei zu verständigen. Das Opfer war die Besitzerin einer Pension, in der überwiegend ältere Menschen zur Miete wohnen. Derrick und Klein treffen auf eine Ansammlung verschrobener Figuren, von denen jeder ein Motiv haben könnte, aber keines scheint stark genug für einen Mord zu sein. So sollte z.B. das Ehepaar Georg (Paul Hoffmann) und Elvira Kamenoff (Nora Minor) wegen Mietrückständen ausziehen, doch einen Mord mag man ihnen nicht zutrauen. Wieso gibt sich Oskar Sobak (Wolfgang Büttner) als Experte für Kriminalfälle aus, obwohl er offenbar nur als Gerichtsdiener tätig war? Hat Frau Schlör (Eva Kotthaus), die rechte Hand der Ermordeten, vielleicht ihre Finger im Spiel? Warum ist das Hausmädchen (Lisa Kreuzer) deratig nervös und verstört? Welche Rolle spielt die Enkeltochter des Opfers?
Der Kriminalfall mag in eine banale Auflösung münden, doch "Ein unheimliches Haus" kann mit anderen Stärken auftrumpfen. Es ist eine wahre Wonne, die älteren Herrschaften beim grotesken Kammerspiel zu beobachten. Paul Hoffmann will seine ängstliche Frau schützen, die von Nora Minor vortrefflich gespielt wird. Herrlich Wolfgang Büttner, der als aufgeblasener und aufbrausender Drangsaleur durch das Szenario poltert. Lisa Kreuzer und Eva Kotthaus kommen nicht mehr mit der heiklen Situation klar, besonders Lisa Kreuzer gelingt eine tolle Darstellung ihrer zerbrechlich angelegten Figur. Sascha Hehn schleimt hin und wieder durch das Haus, wie immer sitzt die Fönfrisur perfekt.
Alfred Vohrer konnte -wie so oft- auf ein tolle Schauspielertruppe zurückgreifen, die dann auch in bester Spiellaune vom Leder zieht. Mein Favorit ist ganz klar Wolfgang Büttner, der immer wieder lautstark auf die Pauke haut. Sein Oskar Sobak ist ein Aufschneider wie aus dem Bilderbuch, dessen kantigen Charakter ich "irgendwie" mag, ich kann ihm jedenfalls nicht böse sein. Man beachte übrigens die Einblendung des Episodentitels zu Beginn, die passend in "wallaceartiger" Schrift ausgeführt wurde.
Luise Staller (Claudia Butenuth) fährt der Schrecken ins Gebein. Die junge Frau arbeitet als Haushälterin bei den Eheleuten Gerdes, als sie von einem Einkauf zurückkehrt, findet sie Frau Gerdes tot in deren Schlafzimmer vor. Plötzlich wird die Tür des Raums zugeschlagen und abgeschlossen, der vermeintliche Täter flüchtet unerkannt, lässt die verstörte Frau mit der Toten zurück. Erste Spuren führen Harry Klein in einen Friseursalon, dessen Inhaber ein gewisser Johann Gall (Karl Walter Diess) ist. Besagter Gall hat vor längerer Zeit den jungen Burschen Adi Dong (Werner Schulenberg) unter seine Fittiche genommen, der nun in seinem Salon für die Maniküre zuständig ist. Adi ist bei den teils wohlhabenden Kundinnen sehr beliebt, nimmt die Damen mit seine seinem Charme und seinen ausgesprochen guten Manieren für sich ein. Mit dem Mordopfer verband ihn offenbar eine besonders innige Beziehung, von der ihr Gatte/Witwer (Siegfried Wischnewski) nach seinen Angaben nichts ahnte...
Derrick schiebt während dieser Folge Innendienst, dank eines kleinen Winterunfalls wird er durch ein Gipsbein ausgebremst. Diese Vorlage muss als Running Gag herhalten, der mehrfach für Schmunzler sorgt. Während Horst Tappert im Büro vor sich hin grantelt, darf Fritz Wepper ausser Haus den Chef geben. Werner Schulenberg wandelt auf dünnem Eis, denn der Charakter Adi Dong wirkt extrem überzeichnet. Keine leichte Aufgabe, doch Schulenberg gelingt eine gute Vorstellung. Karl Walter Diess sehen wir als väterlichen Chef, Siegfried Wischnewski als erzürnten und gehörnten Witwer. Alwy Becker passt sehr gut in die Rolle der abenteuerlustigen -weil gelangweilten- Dame.
Theodor Grädler inszenierte diese Folge ohne viel Krawall, der Humor nervt -trotz Running Gag- nicht. Achtet bitte besonders auf die herrliche Mimik von Horst Tappert, wenn er sich als "Schreibtischtäter" mit dem Fall auseinadersetzt. "Die Puppe" überzeugt mit einer gelungenen Auflösung, die durchaus eine fies-bittere Tragik mit sich bringt. Die Musik von Frank Duval tönt angenehm, die winterliche Kulisse passt perfekt zur Kälte diverser Charaktere.
Ewald Bienert (Stefan Behrens) spielt in seiner Stammkneipe Billard. Plötzlich bemerkt er, dass er schon längst wieder zuhause sein sollte, wie es mit seiner Ehefrau abgesprochen war. Als er seine Gattin aus der Gaststätte anruft, scheint diese am anderen Ende der Leitung bedroht zu werden. Aufgebracht will Bienert sofort nach dem Rechten sehen, der Wirt (Dirk Dautzenberg) fährt den jungen Mann zu dessen Wohnort, wo sein Gast die Leiche seiner Frau vorfindet. Derrick schöpft sofort Verdacht, er vermutet Bienert steckt hinter dem Mord. Tatsächlich bringen die Ermittlungen sehr schnell die düstere Vergangenheit des frischen Witwers an Licht, der vor seiner Heirat eine langjährige Haftstrafe verbüsste. Kaltherzig steht Bienert dazu seine Frau nur wegen deren Geld geehelicht zu haben, eine Beteilung am Mord streitet er aber mit aller Vehemenz ab. Weitere Nachforschungen bringen Derrick und Klein auf die Spur eines gewissen Rudolf Nolde (Raimund Harmstorf), der sich einst mit Bienert eine Zelle teilte. Auch Nolde hat eine wohlhabende Frau (Elisabeth Wiedemann) geheiratet, weitere Überlegungen lassen den Kriminalbeamten die Haare zu Berge stehen...
Stefan Behrens gelingt die Darstellung des kalt-berechnenden Burschen sehr überzeugend, während sich Raimund Harmstorf von einer überraschend gefühlvollen Seite zeigen darf. Besonders das Zusammenspiel von Harmstorf und Elisabeth Wiedemann beeindruckt, das ungleiche Paar spielt hervorragend auf. Wiedeman stellt souverän unter Beweis, dass sie viel mehr als "Else Tetzlaff" kann. Dirk Galuba ist als abgebrühter Versicherungsvertreter unterwegs, Dirk Dautzenberg gibt einen knarzigen Wirt zum Besten. Der bewährte Ulrich Beiger taucht in einer kleinen Rolle auf, Charakterkopf Dan van Husen spielt Billard gegen Stefan Behrens. Wie gewohnt stand ein starkes Ensemble vor der Kamera.
Zbynek Brynych verzichtet auf Krawall und Popanz, die Inszenierung bleibt stets nah an den zentralen Figuren. "Tandem" ist für "Hobbyermittler" auf den ersten Blick weniger interessant, denn die Schuldfrage scheint von Anfang klar zu sein. Doch ganz ohne eine (sehr gelungene) Wendung kommt diese Folge nicht aus, das Finale bietet dem Zuschauer einen warmherzigen, hoffnungsvollen Fingerzeig auf die Zukunft, ohne dabei in kitschige Gefilde abzudriften. Aufhorchen liess mich der Score von Frank Duval, der überraschend düster und faszinierend klingt. Für meinen Geschmack die eindeutig beste Arbeit, welche mir bisher von Duval zu Ohren kam.
7,5/10 (gut bis sehr gut)
Folge 59 - Lena(Deutschland 1979)
Wolfgang Horn (Rolf Becker) macht seiner Ex-Frau ständig Stress, verlangt mehr Zeit mit der gemeinsamen Tochter Agnes (Heike Goosmann). Eines Tages kommt es zu einer heftigen Streiterei vor der Schule des Kindes, Horn wird seiner geschiedenen Frau gegenüber handgreiflich. Für den Nachmittag wird der aufbrausende Horn von seiner Ex-Gattin in deren Haus bestellt, dort findet er diese zu seinem Schrecken tot auf. Auch Lena (Ursula Lingen) wohnt im Haus, sie ist die gehörlose Schwester des Mordopfers. Wenig später taucht der Rechtsanwalt Dr. Voss (Romuald Pekny) auf, der dem Termin der geschiedenen Eheleute beiwohnen sollte. Alles deutet auf Wolfgang Horn als Täter hin, Derrick nimmt den Verdächtigen fest. Am nächsten Tag macht Lena jedoch eine wichtige Aussage bei der Polizei, sie habe einen unbekannten Mann kurz vor dem Zeitpunkt der Tat auf dem Grundstück gesehen. Wolfgang Horn wird durch diese Aussage entlastet, aber Derrick bleibt am Ball, behält Horn und Lena im Auge...
Rolf Becker gehört heute zur Stammbesetzung der erfolgreichen Serie "In aller Freundschaft", die seit einigen Jahren als Dauerbrenner im Ersten zu sehen ist. In dieser Derrick-Folge präsentiert er sich von einer anderen Seite, darf herrlich unbeherrscht aufspielen. Noch eindrucksvoller gerät der Auftritt von Ursula Lingen, deren Darbietung als Gehörlose auf mich sehr glaubwürdig wirkt. Romuald Pekny spielt den Rechtsanwalt mit angemessener Sachlichkeit, Joachim Wichmann sehen wir als knurrigen Chef einer Autowerkstatt. Rudolf Schündler taucht als freundlicher Händler auf, Paul Muller ist als Geschäftspartner von Rolf Becker zu sehen. Über Mullers Mitwirkung habe ich mich ganz besonders gefreut, ich kenne ihn aus einigen Filmen des geschätzten Jess Franco.
Diese von Theodor Grädler inszenierte Folge haut eine Auflösung raus die extrem banal anmutet, dabei aber nicht minder tragisch und treffsicher über den Bildschirm huscht. Noch interessanter als die Aufklärung des Mordfalls, ist ohne Zweifel die nachvollziehbar und sehr hochklassig gespielte Entwicklung der Charaktere Lena und Wolfgang Horn. Wären Ursula Lingen und Rolf Becker weniger begabte Schauspieler, hätte die Folge ein gewaltiger Schlag ins Wasser werden können (Ein durchaus reizvoller Gedanke, denn auch unfreiwilliger Murks kann sehr unterhaltsam sein). Von Murks kann jedoch nicht die Rede sein, denn "Lena" ist eine sehr gut gespielte und handwerklich gekonnt ausgeführte Folge.
Ich bin seit einiger Zeit ebenfalls dabei, mir die Derrick-Episoden chronologisch (chronisch ? *g*) zu Gemüte zu führen, und habe nun beschlossen, auch zu der ein oder anderen Episode hier eine Kurzkritik zu hinterlassen. Da dies ja nur effektiv und sinnvoll ist, wenn die Eindrücke frisch sind, werde ich mich heute mal zur Folge 25, "Das Bordfest", äußern.
Tatsächlich wirkt die Episode sehr getragen, mir persönlich etwas zu bieder, vielleicht auch, weil Titel und Beschreibung doch recht hohe Erwartungen weckten, Assoziationen an das glorreiche "Stiftungsfest" (bislang meine Lieblingsfolge) wurden geweckt, auch sind ja Betriebsfeiern und Ausflüge, zumal auf dem Wasser (kennt jemand den Betriebsausflug der Firma Hesselbach, ganz große Klasse!) immer für interessante Konflikte und Personenkonstellationen gut. Ich erinnere in diesem Zusammenhang zum Beispiel auch an die von Ashley inszenierte Episode "Bruderliebe" (1980) aus der Reihe "Der Alte", die ich auch sehr gelungen finde.
Also aus dieser Erwartungsmelange heraus wurde ich doch eher enttäuscht. Die alkoholische Sause eines solchen Festes, die Zunge und (besonders fatal!) Hemmungen löst (und die manchmal ganze Be-triebe zu Trieben staucht und reduziert), die ich mir so imaginiert hatte, wurde mehr oder weniger auf das (aus meiner Sicht) eher nerviges Getanze und wer-mit-wem tanzt und wer nicht tanzt und wer gezwungen ist, zu tanzen, reduziert. Kaum nennenswerte Dialoge auf dem Fest (auch keine Festmonologe, sprich Reden, übrigens), und dass dann der einzige nennenswerte Dialog im Waschraum (auch ein Krimi-Klassiker schlechthin btw) dann natürlich zwischen zwei Schlüsselfiguren stattfindet ist auch klar wie Klosettbrühe ;-). Also kurz und gut, das zu erwartende Beziehungsgeflecht wurde erst nach den Festivitäten wirklich vor dem Zuschauer aufgerollt (oder gebahrt?), die ersten nächtlichen Szenen nach dem Ende des Festes sind auch noch recht vielversprechend. Danach fehlt mir aber über weite Strecken wieder das gewisse Etwas, Matthieu Carriére nehme ich seine Rolle und seine Gefühle irgendwie auch nicht so recht ab. Ernst Schröder ist dagegen sehr gut und passend eingesetzt.
Auch finde ich etwas enttäuschend, dass die "Verwechslung" (diejenigen, die die Folge kennen, wissen was ich meine, wegen Spoilergefahr will ich nicht näher ins Detail gehen) nicht irgendwie logisch begründet oder vorbereitet wurde, so ein kleines Aha-Erlebnis für den Zuschauer hätte der Folge sicher gutgetan. So wirkt der Täter ein wenig aus dem Hut gezaubert, auch wenn man ihn schon durchaus auf der Rechnung hatte.
Fazit: Die Folge ist nicht wirklich schlecht, wurde aber meinen (zugegeben hohen) Erwartungen nicht gerecht.
Nach der kompletten Durchsicht der zweiten Collectors Box folgt nun die obligatorische Rangliste. Das Niveau bleibt hoch; tatsächlich gibt es keine einzige Folge, die das Prädikat "misslungen" verdient. Nach reiflicher Überlegung habe ich mich für folgende Reihenfolge entschieden:
1. Der Mann aus Portofino 2. Tote Vögel singen nicht 3. Pecko 4. Das Superding 5. Yellow He 6. Angst 7. Kalkutta 8. Schock 9. Auf eigene Faust 10. Das Bordfest 11. Risiko 12. Tod des Trompeters 13. Ein unbegreiflicher Typ 14. Kein schöner Sonntag 15. Tod der Kolibris
Das Superding ist eine runde Sache, dochdoch, eine schöne Räuberpistole (oder eher ne Kanonenkugel), logisch und ,natürlich, auch bei niederen Instinkten mit Zug zum Höheren. Die Grenzen sind fließend, oder schon beinahe offen: zwischen den unteren Erdschichten, wo Schweiß und Bier gleichermaßen fließen, zu der pseudomondänen Cocktail-Welt des Nachtclubs (der sozusagen zur "doppelten Kulisse" wird) und der umworbenen für manche Männer ganr nicht so federnd verkrafteten "leichten" Mädchen (gut und voll feinstem "Morgenüberdruß" von Christine Schuberth gespielt), der noblen Villa und dem privaten Leben des Bankdirektors und letzten Endes, wie man sieht, zum Allerheiligsten der Bank selbst. Offengelegt werden diese Beziehungen und "Goldäderchen" durch einen (gewißermaßen heimat- und freundlos gewordenen) Grenzgänger (von Gottfried John eindringlich in Szene gesetzt), der aus persönlicher Betroffenheit und in einem Zustand wachsender Erschütterung die sorgsam gehegten logischen Strukturen ins Wanken zu bringen droht. Und das Tempo wird durch die ungebremst vorangetriebenen Coupvorbereitungen parallel zu den Mordermittlungen locker gehalten.
Doch, diese Episode reißt mich zwar nicht vom Hocker, aber sie ist bis in die kleinsten Rollen prominent besetzt (Karl Obermayr, Erni Singerl z. B.) und kann mich schon überzeugen. Gutes Ding. Empfehlenswert!
Ich schließe mich im Grunde dem Urteil von Blap über diese Folge an, mit der großen Einschränkung, dass ich Derrick hier erstmals fast schon unerträglich oberlehrerhaft empfinde, und das um die ganze Folge gespannte Gespinst vom „Spiel mit Feuer“ und der Sucht nach Nervenkitzel, dass in eine Spirale von zunehmender Gewaltbereitschaft und Abhängigkeiten mündet, als etwas zu einseitig dargestellt empfinde.
Und wenn die Sache mit dem dauernden Reinschneiden des (schließlich eingeworfenen) Stopschildes in den Rückblenden rund um die Motorcycle Memories des Alex Schech nicht plakativ und hölzern gehämmert ist, dann fällt mir auch nix mehr ein.
Tatsächlich scheint hier Derrick püntklich zum Ende der Serie „Der Kommissar“ (im Dezember 1975 lief da übrigens noch eine Folge betitelt „Eine Grenzüberschreitung“ über die Bildschirme) bei der Staffelübergabe feierlich auch die erzieherisch-autoritäre Fackel mit überreicht bekommen zu haben und sich nunmehr endgültig das Korsett des moralischen „Wort des Sittenwächters zum Freitag“ überzustreifen ... Von daher korrigiere ich (für mich) die Blaps Bewertung der Folge noch etwas nach unten.
Günther Ungeheuer hätte ich gerne noch ein wenig länger gesehen, er wirkt herrlich diabolisch und kühl-distanziert. Die Rolle passte ihm wie maßgeschneidert.
Bleibt noch die Frage offen, ob zwischen Horst Habinger und Alex Schech denn tatsächlich auch gewisse homo-erotische Noten den Leitton bei all dem unterschwelligen Grummeln schwerer Maschinen angaben ...
Anna Born (Leonie Thelen) bewohnt ein möbiliertes Zimmer bei Familie Megassa. Die junge Frau führt ein unauffälliges Leben, doch plötzlich tauchen seltsame Gestalten an ihrem Wohnort auf, darunter auch ein angeblicher Rechtsanwalt. Anna erfährt zunächst nichts von den unerwarteten Besuchern, da sie ihrem Job als Tanzlehrerin nachgeht. Als sie nach der Arbeit von ihrem Freund mit dem Motorrad abgeholt wird, bemerkt das Paar einen äusserst aufdringlichen PKW, der sich offensichtlich an ihre Fersen geheftet hat. Es kommt zu einer dramatischen Verfolgungsjagd, die mit Aufprall des Autos auf das Zweirad endet, der PKW verschwindet in der Nacht. Während Anna nahezu unverletzt davonkommt, verstirbt ihr Freund wenig später im Krankenhaus. Anna ist sich sicher, der flüchtige Fahrer handelte mit Vorsatz! Für sie war es kein Unfall, sondern ein heimtückischer und konsequent ausgeführter Mordanschlag. Klein sucht die junge Frau auf, zunächst ist nicht klar wer es auf das Paar abgesehen haben könnte, es gibt kein erkennbares Motiv. Doch die Lage ändert sich sehr schnell, Anna Born hat unerwartet eine riesige Erbschaft gemacht, ein Onkel aus den USA hinterließ ihr mehrere Millionen Dollar...
Leonie Thelen steht im Zentrum der Geschehens, ihr gelingt als Anna Born eine solide Vorstellung. Brad Harris sehen wir als rätselhaften Besucher aus New York, der Derrick und alle anderen Beteiligten an der Nase herumführen möchte. Erschreckender mutet jedoch der Einblick in die Herzen und Köpfe der Familie Megassa an. Vater Oskar (Bruno W. Pantel), Mutter Ilse (Grete Zimmer) und Sohn Heinz (Volker Eckstein), sie sind allesamt recht einfach gestrickt. Doch während Oskar sich mit seinem Leben zufriedengibt, werden Gattin und Nachwuchs von unbändiger Gier und grenzenlosem Neid erfasst. Pantel, Zimmer und Eckstein passen perfekt in ihre Rollen, besonders die Grete Zimmer bringt die Verbitterung und Gefühlskälte der Ilse Megassa beeindruckend rüber. Thomas Astan soll nicht unerwähnt bleiben, er spielt einen ungelenken Privatdetektiv, der mit seinem Auftrag hoffungslos überfordert ist.
Die Geschichte wirkt rückblickend recht mühsam konstruiert, selbst der finale Zugriff von Derrick und Klein mutet befremdlich und unmäßig riskant an. Nun bin ich bekanntlich kein "Logikeinforderer" und/oder "Realismusverlanger", doch in "Besuch aus New York" geht die Rechnung vom "holprigen Charme" nur zum Teil auf. Vielleicht liegt dies an der (zu) sachlichen Regie von Helmuth Ashley, welche die Gedankengänge des Drehbuchs in ein zu enges Korsett zwängt. Unter der Leitung von Alfred Vohrer oder Zbyněk Brynych, wäre das Ergebnis (für meinen Geschmack) vermutlich deutlich ansprechender geraten. Die musikalische Untermalung sorgt immer wieder für angenehme Klänge.
6,5/10 (Oberste Mittelklasse)
Zack! Damit ist nun auch die vierte Derrick-Box durch. Ich freue mich auf die nächsten 15 Folgen, die bereits ungeduldig auf ihren Besuch im DVD-Player warten.
Für Fans ist sein Auftritt sicher eine tolle Sache. Ich empfinde ihn lediglich als "nettes Sahnehäubchen", obschon er den abgebrühten "Ami-Klischee-Gangster" unbestritten gut rüberbringt.
Überhaupt ist es immer wieder eine Freude, welch stattliche Anzahl liebenswerter "Gaststars" in der Reihe auftaucht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie sehen hier ein weiteres Mosaiksteinchen zum Thema „Jugend in den 70ern im Kriminalspiel dargestellt“ ...
Und ein ziemlich bunt schillerndes noch dazu. Während im Tatort oder auch beim Kommissar bislang die Jugend doch tendenziell meist eher allgemeingültig-musterhaft dargestellt wird, gibt hier Pierre Franckh eine durch und durch individuelle und widersprüchliche Titelfigur.
Nicht nur, dass dieser einer (zumindest meiner Kenntnis nach) Eintagsfliege bzw. wohl damaliger Modesportart namens Radball anhängt, nein, bis die kritischen „Gegenstimmen“ allzu unbeirrbar und gleichlautend stentorhaft werden, kann dieser Teufelskerl fürwahr den Zuschauer doch fast davon überzeugen, dass es, wenn es jemals einen genialen Weltmeister dieser Sportart geben würde, er ihn hier doch sicher in spe vor sich hat. Herrlich dargestellt die Liebe zu seinem Rad (das gleichzeitig auch wie beim lonesome Cowboy das Pferd Fortbewegungsmittel in allen Wortsinnen ist und dann doch schonend getragen bzw. in Derricks (offenem!) Kofferraum transportiert wird oder werden muss), die Vergötterung dieses als Mittel zum Aufstieg zu Ruhm, Ehre und gesellschaftlicher Akzeptanz wahrgenommen und wertgeschätzten Objekts, die kleinen Kabinettstückchen mit dem Ball, als könne er gar nie von ihm lassen und auch der abrupte Schwenk in die Verhaltensmuster eines kleinen Jungen, als er Derrick erstmals gegenübersteht. Mir kam er in diesem Moment wirklich fünf Jahre jünger vor. Also, darstellerisch wirklich ein Sahnehäubchen.
Grandios auch die nächtliche Szene mit der Tänzerin im Treppenhaus, in der er wieder mal die Gelegenheit nutzt, mit seinen Träumen zu protzen und sich fast schon dozierenderweise zu seinen Ansichten und Plänen äußert. Auch die Schauplatzwahl überzeugt, die braungrauen Wände dieser Münchner Innenhöfe bersten geradezu vor Sommer bzw. strömen geradezu den Sommer aus. Und an Brynych-Charakteristika kann die Folge immerhin mit dem herrlich verschrobenen Tanzlehrer (endlich mal wieder ne Brille von Format!) und die unter dessen Mitwirken teilweise leicht ins Absurde abtauchenden Dialoge aufwarten.
Die Geschichte ist da wieder mal eher Nebensache, birgt aber immerhin für Wallace-Fans den Riesenclou, dass der gute Horst es mal wieder mit plötzlich in Luft aufgelösten (um nicht zu sagen geplatzten) Mädchentanzgruppen und Drogen zu tun bekommt, und just zum selben Zeitpunkt auch wieder mal mit Fritz Wepper und Stefan Behrens vor der Kamera vereint ist. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt ...
Ganz toll ist auch das finale Absegnen und Abnicken, sozusagen das ad-acta-Legen dieser Folge durch den Oberinspektor mit seinem letzten, derart priesterlich salbungsvoll-salbadernd vieldeutig herausgestoßenen „Pecko“, gewissermaßen als Amen-Ersatz bevor brutal der Vorhang fällt bzw. der Abspann anfängt (obwohl die Folge ansonsten noch einen durchaus dynamisch zupackenden Derrick der Frühphase zeigt!). Fast würde ich mir wünschen, dass sich Derrick dies als kleine Maniriertheit angewöhnen und beibehalten würde, zu allen mehr oder gern weniger passenden Gelegenheiten. „Pecko ... Pecko“ )
In diesem Sinne: mit Humor und Wonne eintauchen in den Sommer der Mittsiebziger und genießen!
Zitat von Mr Keeney im Beitrag #116Ganz toll ist auch das finale Absegnen und Abnicken, sozusagen das ad-acta-Legen dieser Folge durch den Oberinspektor mit seinem letzten, derart priesterlich salbungsvoll-salbadernd vieldeutig herausgestoßenen „Pecko“, gewissermaßen als Amen-Ersatz bevor brutal der Vorhang fällt bzw. der Abspann anfängt ...
Das finde ich auch genial; ganz sicher ein Einfall von Brynych. Im Hintergrund taumelt unmittelbar davor auch noch Peckos Mutter aus dem Hauseingang, mehrmals hysterisch den Namen ihres Filius brüllend.
Folge 61 - Ein Kongress in Berlin(Deutschland 1979)
Professor Braun-Gorres (Will Quadflieg) erlebt eine unangehme Nacht, vermutlich wurden wichtige Forschungsunterlagen aus seinem Büro gestohlen. Unglücklicherweise kam in diesem Zusammenhang auch der diensttuende Nachtportier zu Tode. Zumindest bezüglich der Unterlagen gibt es schnell eine erfreuliche Wendung, denn die Papiere wurden von der Mitarbeiterin Dr. Maria Meinrad (Judy Winter) im Tresor deponiert. In Berlin kommt es zu einem weiteren Mord, das Opfer Hans-Martin Jurek (Ullrich Haupt) war offenbar mit Prof. Braun-Gorres bekannt. Die Ermittlungen führen Derrick und Klein nach Berlin. Auch Prof. Braun-Gorres, seine Gattin (Angela Salloker), Dr. Meinrad und Dr. Hauk (Bernd Herzsprung) reisen aus beruflichen Gründen nach Berlin. der Professor nimmt seine Gattin allerdings nur der widerwillig mit, da er eine intime Beziehung zu Dr. Meinrad unterhält...
Wie so oft stand ein namhaftes Ensemble vor der Kamera (Neben den bereits genannten Schauspielern z.B. Dirk Galuba als Fiesling, Rainer Hunold in einer kleinen Nebenrolle). Ferner sprengt diese Folge die übliche Laufzeit von einer Stunde, wurde auf 75 Minuten Dauer ausgedehnt. Ich gehe in diesem Kurzkommentar nicht näher auf die einzelnen Leistungen der Schauspieler ein, sie machen ihren Job ordentlich, können aber nur wenig gegen die dröge Inszenierung ausrichten. Selbst Judy Winter -die ich auf besondere Art interessant finde- kann nicht viel retten. Helmuth Ashley gehört nicht unbedingt zu meinen Lieblingsregisseuren der Reihe, doch ihm gelangen durchaus unterhaltsame Folgen. "Ein Kongress in Berlin" nutzt jedoch weder die Chance der längeren Spieldauer, noch die des zusätzlichen Schauplatzes. Es mangelt an Gespür für Spannung, und/oder eine tiefere Ausarbeitung der Charaktere. Selbst die Auflösung wirkt eher mühsam konstruiert, nahezu banal, unbefriedigend.
Übrigens sind die Berliner Kollegen nicht besonders pfiffig, Derrick übernimmt umgehend mit sanfter Bestimmtheit das Ruder. Ein völliger Ausfall ist diese Episode nicht, doch sie mutet wie eine vertane Chance an. Immerhin tönt die Musik von Frank Duval angenehm, wenn sie (zu selten) zum Zuge kommt. Bei mancher Folge hätte ich mir mehr Spieldauer gewünscht. So mutet es schon fast ein wenig tragisch an, dass ausgerechnet der bisher schwächste Beitrag zur Reihe, sinnloserweise auf satte 75 Minuten Länge aufgeblasen wurde. Ich muss mich wiederholen: Eine vertane Chance! Box 5 fängt durchwachsen an, es kann also nur noch aufwärts gehen, ich freue mich auf die nächsten Folgen.
Zitat von Blap im Beitrag #119Die Fortsetzung der "Mega-Derrick-Sause"
Box 5 fängt durchwachsen an, es kann also nur noch aufwärts gehen, ich freue mich auf die nächsten Folgen.
5,5/10 (mittelprächtig)
Leider ist eine Besserung in Box 5 nicht vorhanden - ab Box 6 wird's wieder interresanter, aber gerade die 5. Box hat die langweiligsten und uninterresantesten Folgen aus dieser Derrick-Phase versammelt ... Nach Box 5 wollte ich die 6. gar nicht kaufen - bin erst bei 7 wieder eingestiegen und habe mir die 6. in einer Aktion geholt ...