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Dieses Thema hat 647 Antworten
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 Film- und Fernsehklassiker national
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Jan Offline




Beiträge: 1.753

25.05.2009 19:39
#136 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten
Zitat von Gubanov

Abgesehen davon kann ich aber nur Positives vermelden


Ich nicht. Ganz im Gegenteil.

"Tod eines Schulmädchens" bildet mit einer bisweilen typischen Aneinanderreihung weldfremder Charaktere, redundanter Rückblenden und einem nicht vorhandenen Spannungsaufbau genau den Typus "Kommissar"-Folge, den ich reichlich nervtötend empfinde. Wie so oft, wenn sich Herbert Reinecker in die Welt jugendlicher Rebellen versetzte, besser: verirrte, werden Figuren serviert, die einfach nicht glaubwürdig erscheinen können. Oftmals bekamen diese der Fabelwelt Reineckers entsprungenen Teenies oder Twens noch auffallend unsinnige Vornamen, wie Herta, Erna oder Käthe. Hier mal nicht; macht die Sache aber auch nicht besser. Einziger Lichtblick (mal wieder): Heinz Bennent, dessen Part zwar prinzipiell auch unsinnig und bisweilen bis zum Ärgernis unglaubwürdig ist; dieser jedoch immerhin mit Geschick und sehenswerter Darbietung über die Bühne gebracht wird. Wolfgang Preiss ist prinzipiell immer gut.

Regie führte Theodor Grädler - wie so oft ohne Pfiff und Einfalssreichtum. Überraschend daher, dass ihm (oder doch eher Kameramann Kästel?) einige überaus sehenswerte Einstellungen gelangen. Kellers Büro und zwei oder drei Szenen innerhalb der Schule sind toll ausgeleuchtet und nutzen das zur Verfügung stehende s/w-Spektrum aus Licht und Schatten bestmöglich. Viel zu oft wurde die Kamera beim "Kommissar" einfach nur irgendwo aufgebaut. "Tod eines Schulmädchens" geht da doch z.T. einen anderen Weg.

Fazit: Nerviges Buch, öde Regie, stellenweise nett anzuschaun!

2,5 von 5 Punkten
Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

22.07.2009 20:05
#137 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten

"Blinde Spiele" - Erstausstrahlung am 22. Dezember 1972

Der Kommissar und sein Team ermitteln wieder einmal in den gehobenen Kreisen, die sich finanziell einiges leisten können und davon ableiten, dass sie sich deshalb auch sonst einiges leisten können. Außereheliche Beziehungen zum Beispiel, die scheinbar von allen Beteiligten toleriert werden, jedoch trotzdem nicht bekannt werden sollen.
Die Episode lebt vor allem von der Frage, wann das elegante Kartenhaus, das von den beiden Ehepaaren errichtet wurde, einstürzen wird. Die Ermittlungsarbeiten müssen ohne das Büro auskommen, das nur zu Beginn kurz zu sehen ist. Im Mittelpunkt des Geschehens stehen die Freizeitaktivitäten der Verdächtigen. Hellmut Lange kommt eine zentale Rolle zu, da er die verblüfften Polizeibeamten aufklärt, dass er, seine Frau und seine Freunde über gewöhnliche Moralbegriffe erhaben seien. Die Ehefrau, die von Anaid Iplicjian mit versteinertem Gesichtsausdruck gespielt wird, den sie während der knapp 56 Minuten nie ablegt, spricht von ihrem erschossenen Gatten als Mann des Zartgefühls, in dessen Nähe sich jede Frau sofort wohlgefühlt habe. Leider wird dieser vielseitig tätige Mann von einem unterdurchschnittlich aussehenden und recht grob agierenden Robert Freitag gespielt, bei dem man sich fragt, was die Damen an ihm gefunden haben. Fehlbesetzung!
Den Höhepunkt der Folge bildet die Szene, in der sich das Ehepaar Kerrut anbrüllt und gesteht, den beidseitigen Betrug doch nicht gleichgültig hingenommen zu haben.
Die nachfolgenden Ereignisse geschehen rasch und enthüllen eine Tragödie, bei der wieder einmal die Schwachen die Verlierer sind.
Klugerweise wird das, wovon die ganze Zeit gesprochen wird, diskret ausgeblendet, um der Phantasie freien Lauf zu lassen. So erhält die Rückblende, die den Mord zeigt, größere Wirkung. Der Starnberger See wird noch ein paar Mal innerhalb der Serie als Kulisse dienen ("Der Segelbootmord", "Noch 10 Minuten zu leben") und bildet einen passenden Rahmen für die dahinplätschernde, angenehm anzusehende Episode, die vor allem von den Darstellern lebt. Man freut sich, Hellmut Lange und Johanna von Koczian zu sehen, nur Frau Kubitschek bleibt blass. Ihr Esprit, den sie in "Melissa" ausstrahlt, fehlt. Die herabhängenden Haare stehen für erschlafften Lebenswillen und Resignation. Die Jugenddarsteller mit dem auf Problemrollen abonnierten Pierre Franckh, agieren natürlich und bilden den Kontrast zur Welt der Erwachsenen, die nur in ihrem eigenen Universum "verkehren".

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

25.07.2009 20:15
#138 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten

Blinde Spiele (BRD 1972)

- Darsteller:
Der große Reiz der Episode geht hier von den Darstellern aus, die abermals in großer Zahl und hoher Qualität auftreten. Besonders Johanna von Koczian sticht heraus in einem nuancierten und doch starken Spiel. Helmut Lange darf als „Mann mit Überblick“ auftreten, der sich und andere in Wahrheit doch überschätzt und so – wie viele andere in diesem kleinen Drama – nicht unschuldig an dem Verbrechen ist. In dieser Folge der Frauen überzeugen alle Darstellerinnen weiblichen Geschlechts – wie verschieden und teilweise eigenartig sie ihre Rollen auch angehen. So spielt Ruth-Maria Kubitschek sehr sonderbar, wie durch einen Nebel hindurch, und kann dennoch eine gewisse Glaubhaftigkeit demonstrieren. Katharina Seyferth macht sich ebenfalls ganz hervorragend in der zentralen Rolle, die bis zum Ende eine absolute Nebenfigur bleibt, während Pierre Franckh einmal mehr absolut überzeugend als treibende Kraft auftritt.

- Regie / Inszenierung:
Die Drehorte erweisen sich zugleich als unverbraucht innerhalb der „Kommissar“-Serie und als wohlbekannt in Hinblick auf den ZDF-Straßenfeger „Babeck“. Auf diese Weise gelingt es der Folge, Gemütlichkeit und Frische zugleich auszustrahlen, und Regisseur Theodor Grädler, an die angenehmen Seheindrücke der letzten von mir besprochenen Folge anzuknüpfen.

- Drehbuch / Kriminalfall:
Herbert Reineckers Drehbuch ist in mehrfacher Hinsicht untypisch für die „Kommissar“-Reihe. Auf der einen Seite bietet es endlich wieder einmal einen wirklich wenig vorhersehbaren Kriminalfall, dessen Auflösung der Zuschauer erst kurze Augenblicke vor dem Fallen der Schüsse in der aufklärenden Rückblende realisiert. Die Tragik der Lösung wird durch die stille letzte Sequenz des Films sehr schön aufrechterhalten.
Aber auch unter einem weiteren Aspekt gelingt es Reinecker im Gegensatz zu vielen anderen Folgen, weitgehend zu überzeugen: Ist zwar auch hier der moralische Zeigefinger (dieses Mal vor allem in der penetrant altersweisen und glücklicherweise nur beiläufig auftretenden Figur des Kommissars höchstselbst) deutlich spürbar, so empfinde ich die generelle Moralansicht der Folge doch nicht als störend, weil sie mit dem Kriminalfall Hand in Hand geht und ihn nicht verdrängt. Die Frage, ob bürgerliche Gesellschafts- und Ethikvorstellungen ohne seelische Rückstände über Bord geworfen werden können, ist eine interessante, die zwar besser weniger Bewertung erfahren hätte, den Mordfall und das Handeln der Personen aber angenehm vorantreibt.
Spoiler: Als kleiner Abstrich muss die Frage aufgeworfen werden, ob das Motiv des ursprünglich geplanten Mörders sowie dessen Beschaffung der Tatwaffe glaubhaft ist. Hier hat Reinecker es sich wohl ein wenig zu leicht gemacht, den Kriminalfall zu einem – dann aber wiederum passenden – Schluss zu bringen.

- Gesamtwirkung:
Eine handwerklich und schauspielerisch sehr gute Folge der Serie mit einem wirklich ansprechenden, nicht weiter vom Fall selbst ablenkenden Drehbuch, welches aber leider im Endeffekt selbst ein wenig an den in der Folge gepriesenen „altmodischen Einstellungen“ des Autors krankt.

Meine Wertung: 4 von 5 Punkten

2. Edgar-Wallace-Grand-Prix: Übersicht / Epigonen-Grandprix: Übersicht / Quoten
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Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

16.09.2009 21:20
#139 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten

Der Geigenspieler (BRD 1973)

- Darsteller:
„Der Geigenspieler“ wartet mit einer ungewöhnlich prominenten Besetzung auf. Neben dem obligatorischen Team um den Kommissar treten Kinoschauspielergrößen wie Sonja Ziemann, Elisabeth Flickenschildt und Günther Stoll sowie der durch „Francis Durbridge“ zu Ehren gekommene Erik Schumann neben dem bereits aus der Folge „Tod eines Schulmädchens“ bekannten Heinz Bennent auf.
Stoll wirkt in der Folge trotz seines nur recht kurzen Auftritts sehr präsent. Aber er ist dennoch durchaus erträglich, wenngleich für die Rolle nicht sonderlich passend. Da hätte ich mir prinzipiell eher jemanden wie zum Beispiel Ernst Stankovski gewünscht. Kritisieren muss ich indes Sonja Ziemann. Was sie angeht, so hat es für mich nicht in erster Linie damit zu tun, ob ihre Rolle mir sympathisch ist oder nicht, sondern nur damit, dass sie in meinen Augen absolut übertreibt. Wie sie hysterisch den Warnanruf tätigt, wie sie paralysiert auf dem Bahnsteig hin- und herwandelt, wie sie den Rest der Folge über narkotisiert wirkt und wie sie einmal kurz zum Telefon sprintet und den Namen ihres Liebhabers hineinbrüllt – nein, ihre Rolle ist einfach so dick aufgetragen, dass sie schon als albern bezeichnet werden kann.
Indes stilprägend für die Folge ist freilich Elisabeth Flickenschildt, der man leider nur sehr wenig Raum zur Entfaltung gegeben hat, welchen sie allerdings prompt ideal ausnutzte. Die eine Szene, in der sie im Prinzip etwas von Bedeutung zu sagen hat (also die Szene ihres ersten Auftrittes) meistert sie mit Bravour. Allein schon die Frage nach dem Schlafplatz hätte aus anderem Munde lächerlich gewirkt, sie hingegen macht daraus eine kleine Charakterstudie. Im Gegensatz zum anderen Wallace-Altstar Fritz Rasp hat sie auch im Vergleich zu ihren früheren Auftritten ihre präzise Schärfe und die kernige Betonung nicht verloren.

- Regie / Inszenierung:
Mit Theodor Grädler ist ein Garant für eine solide Inszenierung gegeben. Auch wenn er sich beispielsweise am Anfang in der Einfügung der Titelsequenz, die hier vollkommen deplatziert wirkt, vergriffen hat und die Szene, in der die Leiche aufgefunden wird, mehr als nötig in die Länge zieht, so kann man ihm doch für den Rest der Folge eine ansprechende Arbeit bescheinigen. Prinzipiell kann man sogar sagen, dass (mit Ausnahme der bereits weiter oben erwähnten ersten Flickenschildt-Szene) die Folge im Laufe ihrer Spielzeit immer besser wird. Dies gipfelt in der besonders wertigen Schlussszene. Sie ist angenehm düster inszeniert und lässt den Zuschauer lange im Unklaren darüber, wie der Fall nun enden wird. Ich hatte zum Beispiel damit gerechnet, dass Frau Triberg den Zug überholt und dann auf einem Bahnübergang aus Verzweiflung eine Kollision zwischen dem Zug und ihrem Auto herbeiführen will. Glücklicherweise wählte Reinecker eine weniger plakative Auflösung.

- Drehbuch / Kriminalfall:
Reinecker. Da sind wir auch schon beim Drehbuch. Auch dieses kann hier durchaus überzeugen. Während man zunächst möglicherweise unglücklich darüber sein mag, dass sich Reinecker selbst in die Ecke „die alle waren’s und es gibt keine anderen Verdächtigen“ (außer vielleicht der Flickenschildt) drängt, so findet er am Ende dennoch einen fast schon verblüffenden Ausweg aus der Klemme. Dieser lässt die vorher ganz offen dargelegten Ereignisse in einem ganz anderen Licht erscheinen. Eine solche Wendung macht den Fall ebenso hochwertig wie der weitgehende Verzicht auf überflüssige Ablenkungen, Kriteleien oder Rückblenden.

- Gesamtwirkung:
Ein Gesamtfazit fällt mir hier schwer. Auf der einen Seite hat der Fall ein wirklich sehr befriedigendes Ende. Auf der anderen Seite ist der Einstieg meine Sache bei aller Liebe nicht und auch Sonja Ziemann macht sich einfach nicht richtig. Dennoch drücke ich vierkommafünf Augen zu.

Meine Wertung: 4,5 von 5 Punkten

2. Edgar-Wallace-Grand-Prix: Übersicht / Epigonen-Grandprix: Übersicht / Quoten
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Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

19.09.2009 20:08
#140 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten

"Der Geigenspieler" Erstsendung am 18. Mai 1973

Den ersten Fehler macht die ansonsten gute Folge gleich am Anfang: Sonja Ziemann in ihrer Rolle als Irene Triberg ruft während eines Konzertes im Herkulessaal in München an und beschwört den Pförtner, dem Ersten Geiger Prof. Triberg auszurichten, er solle unter keinen Umständen mit dem Zug nach Hause fahren.
Anstatt die Identität der Anruferin geheim zu halten, zeigt man dem Publikum, um wen es sich handelt. Hier hätte ein wenig mehr Suspense gutgetan. Die ausweglose Situation des Violinisten wird in der Resignation des Professors deutlich. Ergeben, bereit alle Konsequenzen auf sich zu nehmen, besteigt er nach kurzem Zögern den Zug des Todes. Günther Stoll vermag diese Rolle in seiner gewohnt abweisenden, stoischen Art nachhaltig auszufüllen. Seine Präsenz zeigt sich in den Geigenklängen, die während der gesamten Episode zu hören sind und schließlich die Täterin zum Aufgeben zwingen. Das Finale ist im Vergleich zur gemächlichen Einleitung rasant und gipfelt in der Angst des Kommissars. Besondere Freude bereiten die Eisenbahnszenen und die Konfrontation der Schwiegermutter (überlegen und bedacht von Elisabeth Flickenschildt gespielt) mit der Schwiegertochter. Inwiefern es glaubhaft ist, dass eine Dame der Gesellschaft sich mit einem mittellosen Künstler einläßt und für diesen tötet, obwohl sie genau weiß, dass er sie damit in der Hand hat und ein Leben lang erpressen kann, soll den Zuseher nicht weiter kümmern. Wieder einmal steht ein edler und selbstloser Charakter im Mittelpunkt, der lieber sein Leben läßt, als die Person an seiner Seite dem Verderben auszuliefern. Einen ähnlichen Fall sahen wir bereits in der Episode "Messer im Rücken". Diesmal gingen die Verantwortlichen jedoch dezenter vor und ersparten dem Zuseher Details aus dem Leben des Liebespaares Irene und Andreas. Dadurch konzentriert sich schlussendlich alles auf die Frage, ob und wann Irene Triberg die Nerven verlieren wird. Gerne würde man in einer kurzen Rückblende am Ende noch die Ausführung des Mordes sehen, doch man soll sich mit dem anklagenden Blick des Opfers begnügen.
Eine düstere, schwermütige Folge mit einem Ensemble, das konzentriert und - bis auf einige Übertreibungen von Ziemann und Schumann- ihre Rollen gut ausfüllt.

WallaceFan Offline




Beiträge: 276

05.12.2009 14:34
#141 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten

Schade dass hier nicht mehr gepostet wird, ich hab mir eure Rezensionen zu den einzelnen Folgen immer sehr gern durchgelesen.

Seitdem 3SAT die Serie im Sonntag Nachtprogramm seit 2008 sendete, hab ich mir immer wieder Folgen der Serie angesehen, und inzwschen bin ich wirklich ein Fan der Serie geworden. Vor den 3SAT-Ausstrahlungen kannte ich die Serie nicht.

Nun beendet 3SAT die Sonntags-Ausstrahlung leider, morgen wird zum letzten Mal eine Folge gesendet (ich denke mal alles nur vorläufig), was zukünfitg auf dem Sendeplatz laufen soll ist mir nicht bekannt.

Ich freu mich aber schon sehr auf die DVD-Veröffentlichung. Da eine Veröffentlichung ja eigentlich diesen Herbst erfolgen sollte, bei Aamzon aber immer noch nichts zu finden war, hab ich selbst mit Hilfe von Google versucht etwas herauszufinden, und bin dabei auf ein anderes Forum gestoßen. Dort wurde geschrieben, dass die DVD-Veröffentlichung aus rechtlichen Gründen (scheinbar gibt es Probleme bei ein paar Folgen, z.B. auch wegen Musiklinenzen) leider nach hinten verschoben wurde. Eine Veröffentlichung auf DVD wird aber definitiv stattfinden, die Cover der einzelnen Boxen (insgesamt 4) sind auch schon fertig, Bilder davon wurden im Forum gezeigt.
Die erste Box soll wohl Januar /Februar im Handel erhältlich sein.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

09.12.2009 19:44
#142 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten

Dann lasse ich mich nicht länger bitten:

"Die Nacht mit Lansky" (Erstsendung am 22. Februar 1974) Folge 70

Die Folge vereint ein schauspielerisch überzeugendes Ensemble vor einer trauten Kulisse heimischer Verbundenheit; eine Verbundenheit, die im Hause Heines noch unbeschwert abläuft, da sie durch Einflüsse von außen positiv aufgewertet wird (der Besuch der Arbeitskollegen von Robert Heines), während im Hause Lansky eine Atmosphäre der Heimlichkeiten, ja ich möchte fast sagen, eine Parallelgesellschaft zuhause ist.
Schwungvoll und frisch beginnt die Episode mit dem Abendessen bei Frau Heines, die für Kommissar Keller und seine Mitarbeiter gekocht hat. Alles wartet noch auf Harry, der wieder einmal zu spät kommt. Währenddessen kommt auch der Nachbar Heinz Lansky von einer seiner Vertreterreisen zurück, erschöpft und ausgelaugt. Die fröhliche Stimmung im Haus Heines wird dadurch bald gestört und es offenbart sich ein Schicksal, das lange Zeit unter Verschluss gehalten worden ist.
Die interessante Perspektive, aus der der Kriminalfall aufgerollt wird, ist eine schöne Abwechslung zum klassischen Fundort-Büro-Repertoire. Das Bild der heilen Familie, in der vor allem der schöne Schein zählt, wird wieder einmal in Frage gestellt (siehe auch: "Das Komplott"). Die unterschiedlichen Lebensbedürfnisse zweier Generationen, von denen die erste vor allem auf Sicherheit, Pflichterfüllung und Deckung materieller Grundbedürfnisse aus ist, während die zweite Spaß, Konsum und Unbeschwertheit als Lebensmotto erkoren hat, eskaliert in der Tatsache, dass negative Nachrichten ausgespart werden. Hätte Heinz Lansky sich wenigstens seiner Frau anvertraut, hätte die finale Tragödie vermieden werden können. Erik Ode, der selbst Regie führt, schafft es sehr gut, zwischen den beiden Wohnungen und den Rückblenden, in denen Lansky die Ereignisse schildert, zu wechseln. Nach und nach werden die Geschehnisse des letzten Jahres aufgerollt, die in der Mordszene gipfeln.
Die Sympathie des Publikums gilt vor allem der Wahrheitsfindung und die Solidarität liegt bei Lansky, der durch René Deltgen ein Gesicht erhält. Seine Unruhe, seine Angst, die Gehetztheit seiner Aktionen - all dies bleibt dem Zuseher noch lange in Erinnerung. Lansky mit den blutigen Musterkoffern; Lansky, der zitternd ein Glas Whiskey an den Mund führt; Lansky, der durch die nächtlichen Straßen rennt und im Schnee ausrutscht. Heli Finkenzeller als besorgte Ehefrau bildet das passende Pendant zu René Deltgen, dessen Mörder Lansky besonders nachhaltig im Gedächtnis bleibt. Unvermeidlich denkt man an die Worte Kommissar Kellers, der in Episode 71 zum neu dazugekommenen Inspektor Erwin Klein sagt: "Morde, begangen AN den Schwachen oder: Morde, begangen VON den Schwachen." Zweifellos fällt der arbeitslose Vertreter Lansky in die zweite Kategorie. Nur die Darstellerin der Tochter, Kristina Schober, wirkt wie einem Pippi-Langstrumpf-Film entsprungen: zu kindlich, zu fröhlich, zu naiv (Da passt es ja ausgezeichnet, dass sie im Kino einen schwedischen Film gesehen hat.). Ansonsten verfügt "Die Nacht mit Lansky" über ansprechende Handlungsorte, wobei das Hotel, in dem Lansky wie in alten Zeiten nach seinem Tagewerk übernachtet und die schneebedeckten Wege ein authentisches Bild zeichnen. Die Thematik ist nach wie vor aktuell und wird realistisch, ohne falsche Rührseligkeiten erzählt. Deshalb erfolgt die Verhaftung des Mörders am Ende lautlos, ohne Tränen und Vorwürfe. Eine gelungene Episode, die sich auf die Anfänge der Serie besinnt und zeigt, dass die Reihe noch einige gute Geschichte zu erzählen imstande ist.

WallaceFan Offline




Beiträge: 276

13.12.2009 13:44
#143 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten

Danke Percy,
für die ganze Arbeit !
Gute Analyse und ich stimme mit dir in allen von dir angesprochenen Punkten vollkomnmen überein ! Diese Folge sticht im Vergleich zu vielen anderen wirklich besonders hervor, und wie auch du beschrieben hast, ist das neben des Drehbuchs an sich, auch der Regie und den tollen Darstellern zu verdanken. Rene Deltgen hat seinen Part wirklich absolut glaubhaft verkörpert. Schade dass ich die Anfangsfolgen damals verpasst habe, wenn diese auch so gelungen und liebevoll inszeniert sind, erhöht das gleich nochmal die Vorfreude auf die DVD-Veröffentlichungen.

Mike Pierce ( gelöscht )
Beiträge:

15.12.2009 12:57
#144 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten

Spur von kleinen Füssen
22.03.1974

Darsteller:
Erik Ode, Günther Schramm, Reinhard Clemnitz, Fritz Wepper, Elmar Wepper (Einstand), Helma Seitz,
Sabine Sinjen, Peter Ehrlich, Udo Vioff, Günther Neutze, Martin Lüttge, Alice Treff, Anita Höfer etc.

Regie:
Theodor Grädler

Sabine Sinjen sehr überzeugend in der Rolle eines einfach gutgläubigen jungen Mädchens, das ermordet wird.
Kommissar Keller und sein Team können durch genaue Rekonstruktionen den Mörder sowie den Auftraggeber entlarven.
Ein schönes Wiedersehen gab es mit Peter Ehrlich und Martin Lüttge, dem späteren Kölner Tatort-Kommissar.
Günther Neutze als Wirt Eckel einfach genial.

Eine sehr starke Folge, die zum Schluss äußerst spannend wird und mich doch am Ende überraschte.

Gruß
Mike

Jan Offline




Beiträge: 1.753

16.12.2009 13:05
#145 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten

Zitat von Mike Pierce
Spur von kleinen Füssen
[...]
Eine sehr starke Folge, die zum Schluss äußerst spannend wird und mich doch am Ende überraschte.


Da hat Grädler in der Tat mal einen echten Knaller gelandet. Das Finale gehört m.E. zu den besten der gesamten Serie: atmosphärisch, stilsicher, spannend. Zudem hatte man einen guten Sinn für den passenden Score. "Dance With The Devil" trifft es recht gut!

Gruß
Jan

DanielL Offline




Beiträge: 4.155

25.12.2009 13:43
#146 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten

Zu den Feiertagen ein kleines Bonbon!!!

Gruß,
Daniel

Mabuse Offline




Beiträge: 381

07.01.2010 15:20
#147 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten

Laut wunschliste.de soll ab 07.Feb. die Serie "Polizeiruf 110" die Nachfolge vom Kommissar antreten. Die Kommissar Serie soll vermutlich Ende des Jahres od. Anfang 2011 weiterlaufen.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

14.02.2010 12:08
#148 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten

"Tod im Transit" (Folge 97) Erstausstrahlung am 30. Januar 1976

Mit der vorliegenden Episode wurde Anfang 1976 die "Kommissar"-Serie beendet. Das lag vor allem daran, dass Erik Ode schon seit geraumer Zeit keine Lust mehr hatte, weiterhin den Kommissar Keller zu spielen. In diversen Tageszeitungen hatte er seinen Unmut kundgetan, z.B. :"BILD", 6. März 1975 "Es ist genug. Ich will nicht mehr."
Wenn man genau aufpasst, merkt man Erik Ode in der letzten Folge an, was Herbert Reinecker in wenigen Worten erklärte: "Der Hauptdarsteller fühlte das Alter immer stärker, er hatte sich in sechs Jahren ungeheuer eingesetzt. Ein Zuschauer ahnt kaum, was eine jahrelange Serie an Nervenkraft, an Ausdauer, an Geduld, an psychischer Kraft verlangt." (Gerald Grote: Der Kommissar, Schwarzkopf & Schwarzkopf, Seite 52)
Die Geschichte um den Toten im Kofferraum bildet einen spannenden, wenn auch härteren Abschluss der Reihe, bei dem Günther Schramm in tödliche Gefahr gerät. Für Verhöre im Büro - sonst ein klassischer Teil der Ermittlungen - bleibt wenig Zeit, spielt sich die Ausführung des bereits vor dem Mord gefassten Plans in einem Münchner Hotel und im verschneiten Englischen Garten ab. Unvermittelt heftet man sich mit Walter Grabert an die Fersen der Gangster, die zuerst die österreichische Grenze passieren und bald darauf am Brenner halt machen. In eindrucksvollen Aufnahmen von der Europabrücke und dem unwirtlichen, windigen Brennerpass wird die drohende Gefahr vermittelt, in die sich der Ermittler begibt. Der Kommissar kann wenig mehr tun, als angstgezeichnet im Büro auf eine Nachricht zu warten. Die Abläufe des Verbrechens sind angenehm realistisch koordiniert und warten mit einem spannenden Finale auf, bei dem Robert Heines noch einmal zeigen kann, dass er nicht so schnell die Nerven verliert. Ohne große Worte verabschiedet sich Kommissar Keller mit einem Dank an seine Mitarbeiter. In den Reihen der Mörder/Waffenschmuggler findet man mit dem kühlen Planer Udo Vioff einen der profiliertesten Gangster der Reihe, der stets "Coolness" ausstrahlt; sowie Peter Fricke als Mitläufer und Nutznießer des großen Geldes, das solche Unternehmungen versprechen. Das "harmlose" Vater-Tochter-Paar Prunell bildet einen charmanten Rahmen, der dem Zuseher aufzeigt, dass manch ein angesehener Bürger seinen Wohlstand aus dunklen Kanälen bezieht.
Fazit: Ein würdiges Ende der beliebten Serie, das durch die hervorragende Tonuntermalung von Hans-Martin Majewski noch einmal zeigt, wie kurzweilig so eine Krimistunde doch sein kann.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

04.07.2010 13:14
#149 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten

"Sonderbare Vorfälle im Hause von Professor S."
(Erstsendung als 63. Folge am 21. September 1973)
mit: Hans Caninenberg, Anneliese Uhlig, Mathieu Carriere, Günther Ungeheuer, Margarethe von Trotta, Anita Mally und Lisa Helwig

"Es sollte einem gelingen, innere Spannung zu erzeugen, die tiefer geht, weitergeht, länger anhält und möglicherweise etwas bewirkt...."
(Herbert Reinecker, 1990) Zitat entnommen aus: "Der deutsche Fernsehkrimi", Verlag J.B. Metzler

Die Geschichte beginnt eigentlich wie ein typischer spannender Kriminalfall und wartet mit allen Zutaten auf, die des Zusehers Herz erfreuen. Der unheimliche Einbrecher, der zum Zeitpunkt der Rückkehr der Hausbewohner noch anwesend ist, die Leiche im Nebenzimmer und keine Erklärung, weswegen der Eindringling sich ausgerechnet diese Wohnung ausgesucht hat. Doch bald stellt sich heraus, dass der Täter nicht aus den üblichen Motiven gehandelt hat. Weder materielle Gründe stehen im Vordergrund, noch persönliche Rachegefühle. Es scheint, als ob Kommissar Keller dem Mörder nicht mit den sonst üblichen Methoden beikommen kann. Folgerichtig steht deshalb nicht das Ermittlungsteam im Mittelpunkt, sondern der Hauptverdächtige, Alfred Steger. Mathieu Carriere gelingt es, die Mitarbeiter der Münchner Mordkommission an die Wand zu spielen. Seine Darstellung ist absolut überzeugend und makellos. Jede Nuance, jeder Blick und jede Geste zeigen eine kompakte Persönlichkeit, die das bewährte Bürogespann altbacken und verständnislos aussehen läßt. Besonders deutlich wird dies während eines Gesprächs, das Robert Heines mit Alfred Steger führt. Der Beamte wirkt hier noch abgeklärter, korrekter und bissiger als sonst. Im Gegensatz dazu steht die musikalische Begleitung für den Seelenzustand des Täters. "Ein wenig traurig und verloren", meint Alfred Steger, der weiß, wovon er spricht. "Ein Hit", entgegnet Inspektor Heines, dem Gefühle wie Angst und Unsicherheit fremd sind. "I' d love you to want me" ist einer der einprägsamsten Songs der Serie und erhält - ähnlich wie "Du lebst in Deiner Welt" (Folge 39) - eine doppelte, tragische Bedeutung.

SPOILER:

Die Enthüllung, dass Ute Hinz (Margarethe von Trotta) die Täterin ist, wird Alfred Steger überlassen, der besser als jeder andere verstehen kann, wie es zu dem Verbrechen kommen konnte. Kommissar Keller bleibt nur die Rolle des aufmerksamen Zuhörers, da er in Ermangelung von Beweisen auf ein Geständnis warten muss.
Nicht der bekannte Psychiater Professor Steger hat das letzte Wort, sondern sein Sohn, der als Betroffener klarer sieht als der gelehrte Mediziner. Am Ende wird die Frage aufgeworfen, wie es sein konnte, dass Ute Hinz zwei Jahre lang im Vorzimmer der Praxis arbeiten konnte, ohne dass ihrem Vorgesetzten aufgefallen ist, wie es um sie bestellt ist. Ich sehe darin keinen Widerspruch. Ute Hinz war eine zurückhaltende, korrekt arbeitende Frau, die sich ruhig im Hintergrund hielt. Eigentlich genau die Eigenschaften, die Arbeitgeber an ihren Mitarbeitern schätzen. Sie hatte es nicht eilig, abends nach Hause zu gehen, da niemand auf sie wartete. "Sie war immer in Gefahr gewesen, sich zurückzuziehen," bemerkt Alfred Steger am Schluss. Ihre Leere, ihre Traurigkeit nahm sie überallhin mit. "Der einzige Mensch, dem Du überall begegnest, bist Du selbst." ("Frühstück bei Tiffany") Die Vorstellung, ein paar Stunden Abstand zu gewinnen, verschaffte ihr ein wenig Seelenfrieden. "Die Illusion, die eine Wohltat war", wie Alfred Steger treffend anmerkt. Doch ist es nicht gefährlich, wenn wir Illusionen brauchen, um ein wenig glücklich zu sein? Wenn sich jedoch Träume zerschlagen, Hoffnungen zerstört werden - hat die betreffende Person dann eine Wahl? Ute Hinz wollte nicht auffallen, niemanden mit ihren Sorgen behelligen, sondern litt still für sich allein. Sie hätte wohl noch Jahre so weiter gemacht, wenn nicht der Mord im Hause Steger passiert wäre. Sie funktionierte, tarnte sich im Alltag - wie viele ihrer Mitmenschen. "Denn die im Dunkeln sieht man nicht."

Mr Keeney Offline




Beiträge: 1.365

08.11.2010 17:03
#150 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten

Erik Ode
Der Mann, der mehr war als nur der Kommissar

Samstag, 6. November 2010 02:54 - Von Horst Pillau

Heute wäre er 100 geworden. Erik Ode war, in den Siebzigerjahren, der bis dahin prominenteste Kriminalkommissar des Fernsehens. Er ist nicht dauernd mit dem Revolver Verbrechern nachgejagt wie Dutzende seiner Nachfolger.

Er hat seine Fälle überlegt gelöst, nur den Motiven der Täter auf der Spur, und die Kamera ruhte dann lange auf seinem Gesicht. Sein Kommissar Keller hat nicht geflucht wie Götz George als Schimanski und er hat nicht in Bars "Stormy weather" gesungen wie Manne Krug. Erik Ode war ein Star wider Willen und nie auf Publicity aus. Er bekam Panik, wenn Autogrammjäger auf ihn zuliefen. Aus einer Veranstaltung im damaligen Sportpalast etwa konnte er nur auf geheimen Wegen herausgelotst werden. Er hielt Distanz und duzte zwar seine Assistenten, unter ihnen Fritz Wepper, wurde aber von ihnen gesiezt. Wer heute jung ist, muss ihn nicht kennen, Ruhm geht schnell vorbei. Aber damals, während jeder "Kommissar"-Sendung waren die Straßen wirklich leergefegt, es gab ja noch keine Aufzeichnungsgeräte. An einem "Kommissar"-Abend plante man nichts anderes, das bekamen die Kinos und Theater zu spüren. Nach Erik Odes Einschaltquoten - bis zu 70 Prozent - würde sich selbst Thomas Gottschalk die Finger lecken, aber die Quoten waren damals kein Thema und zum Glück noch kein Maßstab.
Ode hatte zeitlebens eine Wohnung am Berliner Breitenbachplatz, aber sein Haus hat der verschlossene Mann sich und seiner Frau Hilde Volk am Tegernsee gebaut, sein Kommissar wurde schließlich zwischen München und den Voralpen gedreht. Er mochte keine Zäune; zu seinem Grundstück gab es freien Zutritt, aber die Gartenmöbel mussten angekettet werden, sonst hätten die Verehrer sie mitgehen lassen. War er mit seiner Frau auf Theatertournee, habe ich oft in seinem Haus in Klausur gearbeitet. Einmal stand ein Mann aus dem Ruhrgebiet direkt vor dem Fenster und wollte den Kommissar sprechen. Als ich sagte, Erik Ode sei auf Tournee, antwortete er vorwurfsvoll: Jetzt mache ich schon das dritte Jahr extra hier Urlaub, um von ihm ein Autogramm zu bekommen, und nie ist er zu Hause. Erik Ode war in den 30er- und 40er-Jahren Kabarettist und Schauspieler, nach dem Krieg aber hat er im RIAS politisches Kabarett gemacht. Seine Sendungen waren oft Sensation und Gesprächsstoff, denn es gab ja noch kein Fernsehen. Erik Ode synchronisierte amerikanische Schauspieler in unvergesslichen Filmen, etwa Gene Kelly, und noch heute reißt es uns hoch, wenn wir seine Stimme hören. Dann kamen heitere Spielfilme, er stand auf Berliner Bühnen und spielte oder inszenierte, oft im Hebbeltheater. Curth Flatow und ich hatten unser erstes, gemeinsames Stück geschrieben, "Das Fenster zum Flur" mit Inge Meysel und Rudolf Platte, Erik Ode inszenierte die Uraufführung 1960 beispielgebend und machte die Meysel zur Mutter der Nation.
Ich danke ihm unter anderem den vier Jahre später im Hebbel uraufgeführten "Kaiser vom Alexanderplatz", der dort mit Rudolf Platte und Camilla Spira über 400 Mal gegeben wurde. Das Stück zeigte das Kriegsende in Berlin und wie man da überlebte. Ode inszenierte werktreu, atmosphärisch und pointensicher. Der Erfolg machte den Theaterdirektor Rudolf Külüs fassungslos, hatte er doch Angst vor SS-Leuten zum Weihnachtsfest gehabt, die Mischung zwischen ernst und heiter, die Ode sicher ausbalancierte, hatte es bei ihm noch nie gegeben. "Der Kommissar" aber überstrahlte den Regisseur, er wurde zu Odes Markenzeichen und zu seinem Lebensinhalt. Er erhielt die Goldene Kamera und dreimal den Bambi, da musste er notgedrungen in die Öffentlichkeit, aber am liebsten saß er in einem stillen Weinlokal in Rottach-Egern, trank Rotwein, seinen geliebten Kalterer, und sann vor sich hin. Dass "Der Kommissar" nach der 97. Folge abgesetzt wurde und nicht erst zur 100., kränkte ihn. Danach hat er noch zum Ausklang an der Cote d'Azur die Serie "Sonne, Wein und harte Nüsse" gedreht, freundliche Soft-Krimis, in denen er einen pensionierten deutschen Kommissar spielte, der dem französischen Kollegen Ratschläge gibt. Als das Rauchen, die Lebensarbeit und die Enttäuschungen ihn geschwächt hatten und er in einem Münchener Krankenhaus lag, musste Erik Ode unter falschem Namen geführt werden, damit nicht Presse und Fans Zugang zu ihm fanden. Er wusste von seinem nahen Tod und hat noch kurz zuvor meine Frau gebeten, sich um Hilde zu kümmern. Einen Teil seines Erbes hat er dem SOS-Kinderdorf vermacht, auch aus den noch später einlaufenden Fernsehtantiemen. Bei seiner Trauerfeier in Rottach-Egern vor der Seebestattung zertrampelten Hunderte die Gräber, um ihm noch einmal nahe zu sein. Andere Mörderjäger sind seither zuhauf tätig, aber immerhin, den "Kommissar" wie auch "Sonne, Wein..." kann man sich nun auf den gerade erschienenen DVD-Kassetten ansehen. Erik Ode war ein Teil unseres Lebens. Unser Autor Horst Pillau wurde 1932 in Wien geboren, wuchs in Berlin auf. Neben Boulevardstücken, u.a. für das Ohnsorg-Theater, verfasste er für das Fernsehen zahlreiche Drehbücher.

[Quelle: Berliner Morgenpost vom 6. November 2010]

Aus passendem Anlaß war Der Kommissar letzte Nacht auch Thema im ZDF-Nachtstudio. Günther Schramm war zu Gast und hat einiges zu den Dreharbeiten erzählt. Man kann sich die Sendung in der Mediathek ansehen: http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/12/0,1872,8121708,00.html

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