"Der Moormörder"( Erstausstrahlung am 08. Januar 1971 )
Darsteller :
Eine Riege ausgezeichneter Schauspieler vereint sich in dieser Folge auf engem Raum : Charles Regnier, der einen kühlen, intellektuellen Arzt mit Erfolgsgarantie spielt; Harald Leipnitz, der als einfacher Mann in einem abgelegenen Gasthaus sein Glück machen und seine Frau halten will; Hilde Hildebrand, die bereits in den Zwanziger Jahren eine gefeierte Filmdiva war und hier als unterschätzte Mieterin ein überzeugendes Porträt einer alten Frau zeichnet; Louise Martini, die nicht weiß, ob der Tod ihres Mannes Befreiung oder Trauer für ihr langweiliges Leben bedeutet und Angelika Zielcke, die in ihrer prägnanten Rolle eine Single-Frau auf der Suche nach ein wenig Glück spielt. Als vorwitzige Bürokraft ( die bestimmt keine Cafés mit Damenwahl besuchen muss ) sehen wir die junge Simone Rethel.
Regie / Inszenierung:
Wolfgang Becker versteht es, Spannung aufzubauen. Die Episode beginnt mit einem Spaziergang im Moor, bei dem eine Leiche gefunden wird - und endet mit einer Flucht ins Moor, die eine Leiche hervorbringen wird. Tages- und Nachtszenen wechseln sich ab, wobei besonders deutlich wird, dass die Idylle einer ruhigen naturbelassenen Landschaft durchaus zur Todesfalle und zum Ort des Grauens werden kann. Das schwierige Verhältnis zwischen Vater und Sohn Strobel wird langsam ans Licht gebracht und gipfelt in einer ausgezeichneten Rückblende am Ende der Episode, als die Hintergründe des Mordes an der Sekretärin Maria Kaiser geschildert werden. Es werden gerade so viele schockierende Details gezeigt wie nötig. Die Sterbeszene der ahnungslosen Frau läßt den Zuseher nicht kalt. Sie ist realistisch umgesetzt worden.
Drehbuch / Kriminalfall:
Der Kriminalfall ist deshalb so interessant, da er verschiedene Schicksale erzählt. Da ist Frau Steger, die ihre geringe Rente für ein kleines Zimmer in einem Landgasthof opfern muss und nicht vor, noch zurück kann. Die Wirtin ist ebenfalls dort gefangen und begehrt dagegen auf. Dr. Strobel lebt nur für seinen Beruf und ist mit einem leichtsinnigen, oberflächlichen Sohn gestraft, der ans schnelle Geld will und dafür falsche Gefühle heuchelt. Besonders die Szene im "Treffpunkt einsamer Herzen" weiß zu beeindrucken. Eine Frau mittleren Alters, redlich und arbeitssam, die meint, sie müsse "dem Glück hinterherrennen". Als musikalische Untermalung wählte man "Freude, schöner Götterfunke", was der Erzählung der Frau eine weitere traurige Note verleiht. Sie läuft weinend aus dem Lokal - nichtsahnend, dass das vermeintliche "große Los" ihrer Freundin den Tod gebracht hat.
Gesamtwirkung :
Eine Folge, die man sich immer wieder gerne ansieht. Sie ist vielschichtig, gruselig und sehr menschlich. Die ländliche Umgebung bietet eine schöne Abwechslung zum Münchner Büro.
Der Mord an Friedrich Alberti spielt sich in seinem Büro hinter verschlossenen Türen ab. Durch einen Zufall ist ein Angestellter des Opfers noch in der Nähe und kann die Verfolgung des mutmaßlichen Mörders sofort aufnehmen. Der Mann, der sich am Tatort befindet, gerät in das Visier der Ermittler, bis sich eine unerwartete Wendung ergibt und der Mordfall aus einer anderen - der richtigen - Perspektive geschildert wird.
Darsteller :
Das Mordopfer ist Karl Lange, der uns als harter, unerbittlicher Mann aus anderen Kriminalproduktionen bereits bekannt ist. Sein kurzer Auftritt zeigt uns, dass man diesem Vorgesetzten besser aus dem Weg geht, besonders wenn er gereizt ist, was bei diesem Mann sicher häufig der Fall ist. Sein langjähriger loyaler Angestellter Sidessen wird von Klaus Schwarzkopf gespielt, aus dessen Gesichtspunkt die Geschichte beginnt und der aufgrund seines Fleißes und seines Pflichtgefühls als idealer Zeuge für die Polizei gilt. Steht der Zuseher zu Beginn der Handlung auf der Seite von Sidessen, so ändert sich dies im Laufe der knapp sechzig Minuten, als nach und nach bekannt wird, wie ungleich die Angestellten der Firma behandelt wurden. Johannes Brink war die Zielscheibe der Demütigungen durch seinen Schwager Alberti. Herbert Mensching tritt aus dem Schatten von Schwarzkopf und führt mit Erik Ode als Kommissar Keller etliche Gespräche. Celia Alberti wird von der beherrschten Christine Wodetzky porträtiert, die eine ähnliche Rolle in Folge 90 spielen wird. Die Witwe, die nicht trauert, aber nach außen den Schein wahrt, steht ihr hervorragend zu Gesicht.
Ermittler :
Keller übernimmt den Part des geduldig zuhörenden Beamten, während Robert und Walter akribisch nach bewährter Polizei-Methode nach Spuren, Beweisen und belastendem Material suchen. Das Büro bekommt man in dieser Folge nicht zu sehen, weswegen man diesmal mit drei Ermittlern auskommt.
Spannungsbogen :
Das Interesse des Zuschauers ist vom ersten Augenblick an sehr groß, da eine gefährliche Situation unmittelbar bevorsteht. Die Jagd nach dem Mörder durch den Heizungskessel und das Eintreffen der Polizei kündigen einen dynamischen Fall an. Leider flacht der Bogen im Mittelteil der Folge deutlich ab, da sich die Unterhaltungen des Kommissars mit dem Hauptverdächtigen Brink endlos hinziehen. Aufgelockert wird die Folge glücklicherweise durch die Untersuchungen im Firmensitz. In der letzten Viertelstunde kommt wieder Bewegung in die Episode. Die Schilderung des Tathergangs mithilfe von Rückblenden ist sehr gut inszeniert und klärt den Fall logisch auf.
Gesamturteil :
Eine interessante Mischung aus routinierter Ermittlungsarbeit und mitfühlendem Zuhören. Der Zuseher soll einem Wandel unterworfen werden : Vom Sympathisanten von Ordnung, Arbeitseifer und Firmentreue zum "Gewerkschafter",der einsieht, dass ein Angestellter nicht in einem stickigen Raum ohne Fenster zwischen Aktenordnern darben soll, auch wenn er dafür entlohnt wird.
Gubanov
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gelöscht
)
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26.12.2008 12:35
#108 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen
- Darsteller: Besonders gelungen in dieser Folge ist die Besetzung. Bekannte und (für mich) unbekannte Namen geben eine schöne Mischung, aus der vor allem Carl Lange (hier aufgeführt als Karl Lange) und Herbert Mensching in Erinnerung bleiben. Aber auch das Wiedersehen mit einem anderen Darsteller hat mir Freude gemacht: Nachdem ich „Ratten der Großstadt“ verpasst hatte, sah ich hier endlich Klaus Schwarzkopf, die berühmte Columbo-Stimme, in natura. Seine Rolle ist die interessanteste des Films, da ihre Gedankenzüge und Merkmale vom Drehbuch nicht so nach außen gekehrt werden wie etwa bei Johannes Brink (Mensching). Sein Herr Sidessen (ein vielsagendes Homophon für das englische Wort citizen, also Bürger) ist tatsächlich ein vorbildlicher Bürger, der zunächst als ganz harmloser und fleißiger Büroangestellter, dann jedoch als berechnend und besser informiert als gedacht erscheint. Die anderen Schauspieler überzeugen ebenfalls. Stephan Stroux sieht aus wie ein Sohn von Inge Langen ;-).
- Regie / Inszenierung: Für diese Folge zeichnet Wolfgang Staudte verantwortlich. Durch die vielen angewandten Groß- und Nahaufnahmen erscheint die Umgebung, in der die Folge spielt, nur zweitrangig. Eine Konzentration auf die in ihr agierenden Menschen wird angestrebt. Dies gelingt gut, wenngleich im Mittelteil der Folge das Prinzip leicht überspannt wird und für ein wenig Langeweile sorgt.
- Drehbuch / Kriminalfall: Wiederum ein kluger Fall von Herbert Reinecker. Trotz der wenigen Verdächtigen ist es mir nicht gelungen, die richtige Lösung zu finden. Überhaupt ist der Ansatz, zwei Lösungen, eine richtige und eine falsche, zu zeigen, besonders ansprechend. Schön gelöst ist ebenfalls die Charakterisierung der Personen, die, wie (fast) immer beim „Kommissar“ minutiös herausgearbeitet, dieses Mal jedoch nicht in störendem Maße erscheint.
- Gesamtwirkung: Eine gelungene Folge mit leichtem Knicks im Spannungsbogen, dafür aber mit sehr gutem Anfang und Schluss.
Herbert Mensching, leider früh (1981) verstorben und im Fernsehen sonst wohl mehr durch Comedy-Sendungen vertreten, überzeugte auch mich mit seiner Darstellung, in späteren Krimirollen konnte er noch öfters sein Talent beweisen
"Ende eines Tanzvergnügens" (Erstausstrahlung am 26. Februar 1971)
Kriminalfall:
Der Schneider Hansi Stoltze wird bei seiner nächtlichen Rückkehr nach Hause vor dem Eingang erschlagen. Seine Schwester Lisa weist die eintreffenden Beamten sofort auf die junge Ilo Kusche hin, die mit ihm aus war und deretwegen alle Männer in der Straße verrückt spielen. Eifersucht und Neid müssen beim Mord an Stoltze entscheidend gewesen sein.
Darsteller:
Im Mittelpunkt der Folge steht die attraktive Ilo Kusche, die von Alexandra Marischka eindrucksvoll in Szene gesetzt wird. Statt eines offensiven Flirtens sehen wir eine passive, fast träumende Frau, die von dem Mord unberührt bleibt und der treffenden Beschreibung "fair but cold" entspricht. Ihre Eltern werden von Alice Treff und Dirk Dautzenberg gespielt, wobei besonders der Vater einen nachhaltigen Eindruck hinterläßt. Gisela Peltzer treibt den Fall voran, indem sie als Schwester des Toten auf die Gefühlsverwirrung ihres Bruders hinweist und mit großer Verzweiflung erkennt, dass der Tod von Hansi niemandem außer ihr nahe geht. Als elegantes Gegenstück zur sozial ziemlich unten stehenden Familie Kusche sehen wir Karl Michael Vogler und Ellen Umlauf als Ehepaar Barbosse. Bliebe noch Wolfgang Schneider, der als Bigge einen seltsamen Tanzstil vorzeigt und als trotziger, gefährlicher junger Rebell nicht nur seinen Vermieter zu nächtlichem Beobachten anregt.
Spannung / Rätselfaktor:
Für den Mord an Hans Stoltze kommt ein kleiner Kreis Männer in Frage, die alle hinter Ilo Kusche her waren. Im Laufe der Folge lernen wir diese Gruppe kennen und sehen, wie gefährlich es sein kann, wenn man(n)sich in einem Traumbild verliert und die Vernunft auf der Strecke bleibt. Die traurige Bilanz: 2 Tote und 2 Festgenommene. Die Spannung steigert sich gegen Ende hin zu einem erschreckend realistischen "Showdown".
Gesamtwertung:
Das Milieu der kleinen Arbeiter und die Hoffnungen, durch die Gesellschaft eines "schönen Schmetterlings" diesem kargen Hinterhofleben entfliehen zu können, ist prägend für die "Kommissar"-Serie. Alle Darsteller überzeugen und halten nicht nur Keller und sein Team auf Trab, sondern verschaffen auch dem Zuseher eine unterhaltsame Stunde, die nachdenklich stimmt.
SPOILER:
Und Ilo Kusche tanzt... Zweifellos wird die junge Modeverkäuferin weiter anderen Männern den Kopf verdrehen, dabei jedoch seelisch auf Distanz bleiben. Ist es ein Zufall, dass Alexandra Marischka vier Jahre später (in Folge 94 "Mord nach der Uhr") eine lebenshungrige Frau in Scheidung spielt und dabei von Detlev Eckstein (Hansi Stoltze in Folge 31) ermordet wird? Handelt es sich dabei um einen Insider-Scherz? Die Rache des Schneiders? Jedenfalls geht es - wie bei "Ende eines Tanzvergnügens"- wieder einmal um viel Geld, was manchen Zuseher seiner romantischen Illusionen berauben wird.
Zitat von Percy ListerAm 3. Januar 1969, also heute vor vierzig Jahren, lief um 20.15 Uhr im ZDF die erste "Kommissar"- Folge ("Toter Herr im Regen").
40 Jahre "Der Kommissar"
Das ZDF hat sich seiner Serie erinnert und gestern Nacht "Toter Herr im Regen" auf dem ZDF Dokukanal gezeigt. Heute (kalendarisch morgen) folgt um 00.00 Uhr "Das Messer im Geldschrank".
Laut ZDF sollen bis zum 09.01. sieben alte Folgen auf dokukanal wiederholt werden. Das wars dann wohl schon. Dann gibts halt nur noch So. auf 3sat den Kommissar.
Ich habe mir gerade die Folge "Die Anhalterin" von 1971 angeguckt und damit zum ersten Mal seit den 70ern wieder "Der Kommissar" geguckt. Das Ganze habe ich nur gemacht, weil Karin Baal mitgespielt hat und ich war auch sehr erfreut wie groß ihre Rolle war. Aber auch von ihr abgesehen fand ich das Ganze gar nicht so schlecht, obwohl ihr lebensmüdes Verhalten in dieser Episode ziemlich unglaubwürdig war. An die Titelmelodie konnte ich mich noch nach über 30 Jahren erinnern. Trotzdem wird meine nächste Folge wohl erst wieder die 2. mit der Karin werden
Hab mir jetzt auch angewöhnt, die Folgen sonntags live zu kucken. Geschafft hab ich 028, 030 und 032. Verpasst 029 und 031. Mal schauen, obs mit 033 klappt. 028 und 032 fand ich auf jeden Fall richtig gut. Bei 032 läuft die ganze Zeit ziemlich coole Groovemucke, ebenso gibt es einige dope Kamerasequenzen und Werner Pochath ist ohnehin einer der besten B-Movie-Schergen. Neulich lief auch noch 060 - Die Nacht in der Basseck starb mit Horst Tappert, die war auch flott, die Folge, mit Jürgen Drews on the Dancefloor. Noch besser aus Tappert-Sicht ist 021 - ...wie die Wölfe, wo er einen unrasierten Alkoholiker mit Korsakow-Syndrom spielt.
Zitat von LobbykillerNeulich lief auch noch 060 - Die Nacht in der Basseck starb mit Horst Tappert, die war auch flott, die Folge, mit Jürgen Drews on the Dancefloor.
Wohl neben "Mykonos" die beste Folge der gesamten Serie!
"Der Tote von Zimmer 17" (Erstausstrahlung am 07. Mai 1971)
Der Mord findet diesmal in einem Hotel statt - immer ein guter Standort für polizeiliche Ermittlungen. Kommissar Keller wird der Täter auf dem Silbertablett serviert: Etagenkellner Mario Colani soll aus Eifersucht einen Gast erstochen haben. Doch so einfach macht es sich der Kommissar nicht. Er besteht darauf, die Gäste in den Nebenzimmern zu verhören und im Umfeld des Kellners Erkundigungen einzuziehen. Um an zusätzliche Informationen heran- zukommen, schlüpft Harry Klein in die Rolle des Etagenkellners. Das Büro ist nur in einer kurzen Einstellung mit Käthe Rehbein zu sehen, ansonsten bekommt man alle Facetten des Hotels zu sehen. Die geräumigen Zimmer, den Flur, das Kellner-Office, die Bar und im Gegensatz dazu die Dachkammer des Service-Personals. Hans Quest stellt den Personal- chef dar. Eine Rolle, die er glaubwürdig ausfüllt, verlangt sie ihm doch Korrektheit und Disziplin ab. Hannelore Elsner wird erneut ihres aparten Erscheinungsbilds wegen besetzt; sie soll vor allem ein schöner Blickfang sein, der in der Hotelbar nichts zu suchen hat. Verständlich, sind die Augen des Kommissars doch bereits auf die temperamentvolle Tänzerin gerichtet, die ihn vorübergehend von seinen Nachforschungen ablenkt. Dafür schließt sich der Kreis relativ schnell um die drei Männer, die für den Mord infrage kommen: Peter Pasetti, Joseph Offenbach und Günther Mack. Offenbach zeigt uns einen listigen Ganoven, der seinem Blonberg aus "Der Fälscher von London" ähnelt. Pasetti ist wie immer ganz Gentleman, aber auch ganz Verdächtiger. Das Mordmotiv wird erst gegen Ende offengelegt. Viel wichtiger war es dem Regisseur Becker, die Reaktionen auf den Mord zu zeigen (die Verdächtigungen von Seiten des Personals und der Gäste; die Schwierigkeit, jeden Gast zufriedenstellen zu müssen und das karge Leben in der Gemeinschaft der Hotelangestellten ). Durch die verdeckten Ermittlungen von Harry Klein, der in den Zimmern der Gäste ein-und ausgehen kann, erhält der Fall Frische und zeigt eine lebendige Abwechslung von den stereotypen Verhören der Polizei.
Gubanov
(
gelöscht
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Beiträge:
09.02.2009 14:35
#119 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen
- Darsteller: War es wohl eigentlich beabsichtigt, die Rentner als Schwerpunkte der Besetzung ins TV-Rampenlicht zu stellen, so zerbricht dieses Vorhaben vor allem an der einprägsamen Leistung Werner Kreindls, der die zwei Seiten seines Protagonisten, die Gewissenlosigkeit und die Angst, überzeugend darzustellen vermag. Auch Siegurd Fitzek als sein Handlanger ist sehenswert. Da überrascht es nicht, dass die Leistungen der älteren Herrschaften an Glanz verlieren. Curt Bois, der offen (und arrogant) zugab, die Rolle nur aus Gründen der Gage angenommen zu haben, kann den Zuschauer nicht eine Minute davon überzeugen, dass er der Mörder sein soll. Er bleibt als Dissident und vor allem als Bewohner eines Altersheims einseitig und unglaubwürdig (warum wohnt er überhaupt da?). Bei Fritz Rasp, auf den ich mich besonders freute, vermisste ich, vor allem in der für ihn wichtigen Szene am Ende der Folge, die Schärfe der Intonierung, die ihn einstmals so perfekt als Darsteller düsterer Rollen machte.
- Regie / Inszenierung: Die Inszenierung der Folge wirkt eigenartig distanziert und „desinfiziert“. Man vermag es nicht wirklich, sich mit den „Opfern“ dieser Episode zu identifizieren. Dies liegt nicht etwa Alter, sondern an der seltsam allgemeingültigen Art und Weise, in der hier Einzelschicksale abgehandelt werden sollen.
- Drehbuch / Kriminalfall: Im Endeffekt kommt es bei „Tod eines Ladenbesitzers“ nicht auf den Täter an. Wer es war, ist vollkommen egal, denn am Ende waren es ja sowieso irgendwie alle. Dass Reinecker dann aber nicht den Mut fand, die Folge offen zu beenden, und stattdessen ein halbgares Geständnis zwischenwarf, ist schade. Ansonsten bleibt der Fall nicht weiter im Gedächtnis als als Beispiel für eine einfache und durchschaubare Rachetat.
- Gesamtwirkung: Die Folge hat ihre Stärken und ihre Schwächen. Erstere sind im Auftritt Werner Kreindls ebenso zu suchen wie in dem Drehort des Altersheims. Auch die Spannung, die gen Ende der Folge zustande kommt, muss gewürdigt werden. Andererseits wirken, wie oft beim „Kommissar“, kritische Töne halbgar und unpassend. Die Darsteller sind teilweise unglaubwürdig.
Ich wusste gar nicht, dass sich Curt Bois so über seine Rolle geäußert hat. Wo hast Du denn diese Information gefunden?
"Tod eines Ladenbesitzers" (Erstausstrahlung am 18. Juni 1971)
Darsteller:
Die 36. Folge der Serie lebt von den markanten Gesichtern der alten deutschen Schauspielgarde. Allen voran Curt Bois und Fritz Rasp. Es gelingt ihnen allein durch ihr Mienenspiel alles auszudrücken. Werner Kreindl - sehr treffend besetzt - bleibt nichts anderes übrig, als vor den alten Herren zu erschrecken, nachdem er sich endlich die Zeit genommen hat, sie eingehender zu betrachten. Lisa Hellwig zeigt die weibliche Perspektive des Alters auf, was Kommissar Keller seine Vorstellung von einem "Lebensabend, der zum Erlebnis wird", vermiest. Alle fünf Mitarbeiter der Mordkommission sind im Einsatz, was die Folge lebendig macht, obwohl die alten Männer ihre jungen Kollegen (fast) an die Wand spielen.
Kriminalfall:
Ein Gemischtwarenhändler wird hinterrücks erschlagen - ein auf den ersten Blick unspektakulärer Fall. Doch weit gefehlt: Die Abgründe der Seele, die sich im Altersheim auftun; die Angst, die den Leiter des Heims erfasst und die Bemühungen Kellers, für die Mörder Mitleid zu empfinden, heben den Fall auf ein hohes psychologisches Niveau, ohne jedoch eine geschraubte Sprache anzunehmen. Die Situation könnte in jedem beliebigen Alterswohnsitz passieren, was das große Presse-Echo nach der Ausstrahlung beweist. Die Ankündigung des zweiten Mordes durch ein weiteres fehlendes Stuhlbein, lassen beim Zuseher wohliges Gruseln aufkommen.
Regie, Kamera und Musik:
Die Szenen werden durch ein Cembalo-Stück untermalt, das angenehm zu der Schloss-Atmosphäre und dem gemäßigten Tempo der alten Leute passt. Die Kamera-Einstellung in der zweiten Mordsequenz ist großartig. Man sieht eigentlich nichts und dennoch alles. Von oben kommt die Kamera langsam herunter und verweilt auf den fünf Verschwörern. Wolfgang Staudte hat die Geschichte behutsam inszeniert und legt den Finger auf die Probleme, mit denen die Heimbewohner kämpfen müssen.
Fazit:
Um es mit Hans Herrmann Schaufuß zu sagen: "Endlich passiert hier einmal etwas. Wir finden das einfach großartig!" So verhält es sich mit "Tod eines Ladenbesitzers": Logisch erzählt, in klarer bildlicher Sprache und ohne Längen.