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 Film- und Fernsehklassiker national
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Georg Offline




Beiträge: 3.284

03.11.2012 09:55
#331 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten

Folge 26: Die kleine Schubelik
Regie: Georg Tressler, mit Erni Mangold, Peter Kuiper, Josef Fröhlich, Josef Vinklář, Tommi Pieper, Sigfrit Steiner u. v. a.

Georg Tresslers dritter und letzter Beitrag zur Reihe Der Kommissar spielt in einem Milieu, das man teilweise schon als asozial bezeichnen könnte. Zentraler Punkt dabei ist ein selbstsicherer, nicht gerade vor Intelligenz strotzender machomäßiger Muskelprotz, der eindrucksvoll von Peter Kuiper dargestellt wird und der glaubt, dass sich die Frauen nur so um ihn reißen. Im Glauben ständig beweisen zu müssen, wie stark und welch toller Typ er ist, zieht er Nägel aus der Wand und macht sich mehrfach an Helga ran (die in dieser Episode leider das letzte Mal mit von der Partie war). Das Motiv ist bei der kleinen Schubelik (Susanne Schäfer, Eva Brumbys Tochter, in ihrem Fernsehdebüt) zu suchen, die wohl im Rausch von ihres Vaters Saufkumpanen sexuell belästigt wurde. Wenn man das weiß, dann ist der Weg zum Täter nicht weit: somit blieben ihr tschechischer Freund Blaha (wieder toll gespielt von Joseph Vinklář), ihre Mutter (die Österreicherin Erni Mangold, die wohl durch ihren Landsmann Georg Tressler zu dieser Rolle kam) und der junge Mann, der sich ein bisschen in sie verliebt hatte (Alfs Stimme Tommi Pieper), als Täter übrig. Alle drei hätten ein Motiv gehabt - Kommissar Kellers Ermittlungen gestalten sich nicht uninteressant und führen zum Ziel. Am Ende hat man dann aber doch ein wenig mit dem Täter/ der Täterin Mitleid (wie sagte Herbert Reinecker in einem Interview? "Mir tun alle Menschen leid, auch die bösen (nur nicht die ganz bösen)").
Die kleine Schubelik ist eine Folge, die sicherlich nicht unter den Top 10 kursiert, die aber andererseits ein interessantes Milieu und fein konstruierte Charaktere bietet.

Georg Offline




Beiträge: 3.284

03.11.2012 23:10
#332 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten

Folge 75: Im Jagdhaus
Regie: Gottfried Reinhardt, mit Herbert Fleischmann, Ursula Lingen, Harry Meyen, Sabina Trooger, Klaus Herm, Sabina Trooger u. v. a.

Diese fast ausschließlich am im Titel genannten Ort spielende Episode ist eine typische Reinecker-Geschichte und ein Familiendrama. Auch nicht neu ist, dass die Hauptverdächtigen einen anderen ständig belasten, was hier besonders tragisch ist und ebenso endet. Schauspielerisch hat die Episode mit Herbert Fleischmann, Ursula Lingen und Harry Meyen ein tolles Gespann aufzuwarten, das darüber hinweg tröstet, dass die Geschichte sich manchmal ein wenig zieht. Ein zweiter Punkt, der das an einigen Stellen verhindert, ist die Musik von Eugen Thomass, die deutlich macht, wie man auch manch andere Episode, die auf jegliche Filmmusik verzichtete, etwas aussagekräftiger machen hätte können. Kommissar Keller agiert gewieft und empfindet offensichtlich Abscheu für das Verhalten der etwas dekadenten Familie, besonders schön ist jene Szene, in der er merkt, dass Alwin Schenk (übrigens wohl Reineckers am häufigsten verwendeter Familiennachname) sein Telefongespräch mit Robert mithört und ihn am Telefon direkt anspricht. Dass er auch auf die Meinungen der Mitarbeiter Wert legt, kommt auch in einer Szene heraus, in der er alle aus seinem Team fragt, was sie denken. Bleibt die Inszenierung von Gottfried Reinhardt zu erwähnen, die tadellos ist. An vielen Stellen wirkt die Folge besonders (kino)filmisch was besonders gut bei der sehr langen und ausführlichen Rückblende zu sehen ist (tolle Einstellung: wie die Augen des Kommissars, die den Brief lesen, über die Handlung geblendet werden). Rolf Kästel sorgt vor allem bei den Nachtaufnahmen für einen gute Bildgestaltung und bayerische Volksschauspieler wie Willy Schultes und Max Grießer erfreuen in Gastrollen.
Eigentlich kein wirkliches Highlight, aber doch irgendwie nicht unsympathisch und deshalb sehenswert.

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Jetzt ist es fast geschafft, noch drei Folgen, dann habe ich über drei Monate hinweg alle Folgen dieser Serie (kreuz und quer) wiedergesehen, war eine tolle Erfahrung (die so ursprünglich gar nicht geplant war), auch deshalb, weil ich mich nach jeder Folge wirklich an den PC gestetzt habe, um ein paar Worte darüber zu verlieren ...

Prisma Offline




Beiträge: 7.596

03.11.2012 23:26
#333 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten

Zitat von Georg im Beitrag #332

war eine tolle Erfahrung (die so ursprünglich gar nicht geplant war)

Das kann ich nur unterstreichen Georg, und Du hast diesen Stein ja quasi ins Rollen gebracht (auch wenn es anfangs nur um Alexandra Marischka ging). Durch Deine Besprechungen habe ich erst die Lust bekommen, mir die komplette Serie auch noch einmal anzusehen und die Folgen auch zu besprechen. Ich bin zwar erst bei Folge 53 angekommen, aber ich habe auch sehr viel Spaß daran, und freue mich schon auf jede neue Folge. Da es sich bei mir erst um den zweiten Anlauf handelt, entdecke ich sehr viel Neues. Was allerdings schwer fällt ist, dass ich die Folgen chronologisch abarbeite, das habe ich besonders bei drei Brynych-Folgen en route gemerkt. "Der Kommissar" ist, um es nochmal zu betonen, wirklich eine hervorragende Serie auf konstant hohem Niveau!

Georg Offline




Beiträge: 3.284

04.11.2012 10:39
#334 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten

Zitat von Prisma
Durch Deine Besprechungen habe ich erst die Lust bekommen, mir die komplette Serie auch noch einmal anzusehen und die Folgen auch zu besprechen.

Super, das freut mich. Die Serie macht auch irgendwie süchtig ;-) Die vielen Folgen machen es auch möglich, dass man sich - obwohl man die Episoden schon oft gesehen hat - nicht mehr an die Auflösung erinnert, was dann doppelt Spaß macht.

Zitat von Prisma
"Der Kommissar" ist, um es nochmal zu betonen, wirklich eine hervorragende Serie auf konstant hohem Niveau!

Stimmt, es gibt eigentlich nur sehr wenige schwache Folgen. Selbst wenn die Geschichte mal nicht so toll ist, reißen es meist die Inszenierung oder die Schauspieler heraus.

Und ab geht es in den Endspurt... Als nächstes habe ich mir ein Wiedersehen mit den tollen Folgen von Ein Fall für zwei mit Günter Strack vorgenommen, die ich aber wohl nicht kommentieren werde, da es doch immer recht zeitintensiv ist, Kommentare zu verfassen. Und dabei fällt mir ein, dass auch so tolle Serien wie Siska, Wolffs Revier oder Die Männer vom K3 in vollständigem Unfang wiedergesehen werden müssten ;-)...

Aber jetzt ...

Folge 41: Kellner Windeck
Regie: Erik Ode, mit Michael Verhoeven, Claus Biederstaedt, Hans Korte, Edith Heerdegen,

Herbert Reinecker erzählt die Geschichte eines jungen Mannes, der ein Philanthrop ist, einer, der nicht zusehen kann, wie andere leiden und auch in brenzligen Situationen zu Hilfe eilt. Vornehmlich ältere – verheiratete – Frauen sind von ihm angetan, was ihm letztlich auch zum Verhängnis wird. Michael Verhoeven spielt diesen Mann sehr glaubhaft und ist eine absolut erstklassige Besetzung (unglaublich, welches Gespür Helmut Ringelmann dafür hatte!). Für die weiteren Rollen sind mit Claus Biederstaedt und Hans Korte als cholerische, ja schlagende Ehemänner zwei ebenso vorzügliche Darsteller gewonnen worden, mit Inge Langen als älterer, nicht besonders schönen Ehefrau, die Kellner Windeck "rettet", ist eine geeignete Schauspielerin engagiert worden. Kurzum: auch die anderen Rollen sind sehr passend besetzt, von Angela Salloker über Edith Heerdegen natürlich bis hin zu Iris Berben als Fotomodell am Beginn. Störend wirkt in dieser Folge lediglich, dass schon wieder die Gereut-Villa als Schauplatz herhalten musste.
Bleibt noch das Wichtigste und Besondere: die Regie. Wenn Erik Ode mit den anderen beiden Folgen, die er inszeniert hat, zweifellos zwei wesentlich spannendere Drehbücher zu Verfügung hatte, dann hat er dafür in Kellner Windeck die wohl beste Inszenierung abgeliefert. Als Beispiele könnte man viel anführen, genannt seien die tollen Rückblendenübergänge (Angela Salloker fällt beim Erzählen in den Sessel, das Licht verändert sich und Kellner Windeck tritt in die Szene etc.) und die teilweise unorthodoxen Kameraeinstellungen (den Beginn des ersten Gesprächs mit Hans Korte hört man nur durch die Flügeltür).
Insgesamt bietet diese Episode interessante Charaktere, der spannendste Kriminalfall ist es nicht gerade, aber inszenatorisch und schauspielerisch hat Kellner Windeck sehr viel zu bieten.



Folge 52: Das Ende eines Humoristen
Regie: Theodor Grädler, mit Hanns Ernst Jäger, Alfred Balthoff, Christiane Schröder, Wolfgang Völz, Hilde Weissner, Olga von Togni u. v. a.

In dieser Episode werden so gut wie keine Verdächtige präsentiert. Der Tod von Erwin Waldermanns Tochter interessiert Herbert Reinecker auch nicht, viel mehr stellt er ein menschliches Wrack in den Vordergrund und erzählt dessen miserable Lebensumstände, dessen Niedergang und beleuchtet seine ärmlichen Verhältnisse. Er zeigt, in welcher Phantasiewelt dieser cholerische, ja bemitleidenswerte Mann lebt, der noch immer von den großen Erfolgen (die Plakate an der Wand von Einst machen dies deutlich) von vor zig Jahren zerrt. Bewusst nennt der Autor die Folge "Das Ende eines Humoristen" und nimmt darauf Bezug auf eine Person, die - wohl vom Tode der Tochter unabhängig - am Abgrund steht. Die Episode gehört ganz allein der großen Schauspielkunst des Hanns Ernst Jäger, sicherlich einem der besten Charakterdarsteller, der in der Geschichte beim Erzählen seiner Witze (die niemand mehr hören will und die einen längeren Bart als Waldermann selbst haben) in verschiedenste Rollen schlüpft und dabei seine große Wandelfähigkeit beweist. Diese hat er schon mehrfach gezeigt, sein perfider Zahnarzt Dr. Stevens in Durbridges Es ist soweit war ebenso genial. Rund um Jäger versammeln sich Alfred Balthoff (der Mann mit der seltsamen Figur in einer typischen Rolle), Christiane Schröder (glaubhaft als Tochter) und Wolfgang Völz (als Wirt). Kommissar Keller erzählt, dass er Waldermann beim Ostseeurlaub (wahrscheinlich) mal selbst erlebt hat und steht innerlich kopfschüttelnd vor diesem Mann. Die tragische Auflösung beschließt schließlich das Ende des Humoristen und eine Folge, die als Kriminalfilm völlig untauglich ist, als Drama aber durchaus durchgeht.

Prisma Offline




Beiträge: 7.596

04.11.2012 11:59
#335 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten

Zitat von Georg im Beitrag #334
Die vielen Folgen machen es auch möglich, dass man sich - obwohl man die Episoden schon oft gesehen hat - nicht mehr an die Auflösung erinnert, was dann doppelt Spaß macht.

Da bin ich ja fast erleichtert, dass Du das angemerkt hast, denn mir ging es ebenso. Das komische daran ist, dass ich sonst nie eine Auflösung vergesse, oder mich an einen Gesamtverlauf nicht mehr erinnern kann. Das ist mir bislang auch nur bei "Der Kommissar" passiert und ich konnte mich wirklich an einiges, überhaupt nicht zum Vergessen gemachtes, nicht mehr erinnern. Umso besser, es war manchmal fast so, als habe ich die die Serie zum ersten Mal gesehen.

Georg Offline




Beiträge: 3.284

04.11.2012 14:52
#336 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten

Und zum würdigen Abschluss des Kommissar-Marathons (die 97 Folgen, habe ich, ich habe eben nachgezählt, an 96 Tagen angesehen) noch eine sehr gelungene Episode:

Folge 53: Mykonos
Regie: Jürgen Goslar, mit Maresa Hörbiger, Bernd Herzsprung, Ullrich Haupt, Karl John, Ruth Hausmeister, Fred Haltiner u. v. a.

Inszenatorisch bietet diese Folge einige Höhepunkte. Alleine die Vorgeschichte bis zum Vorspann ist wie ein kleiner Spielfilm inszeniert, viele schnelle Schnitte und Einstellungen, dazu die fremde, griechische Musik, zuerst der Nebel, dann die Kapelle in der großen Hitze und das Auffinden der Leiche: eine der gelungensten Einleitungen zu einer Kommissar-Folge überhaupt. Die Geschichte von Herbert Reinecker wird recht spannend erzählt und zwar so, dass das fehlende Whodunit (es bleibt ja nur ein Mann übrig) gar nicht stört. Gut sind die Charaktere besetzt: Maresa Hörbiger als junge Schönheit, die nur in Sommern rechnet, Bernd Herzsprung als Mann, der ans große Geld kommen will, um auf Mykonos wieder leben zu können, Ullrich Haupt als beinahe sympathischer Drogenboss, für den der Handel mit Schwarzem Afghanen so alltäglich ist, wie der Verkauf von Brot. Fred Haltiner ist nur in einer kleinen Rolle zu sehen, wirkt als Heymann aber glaubwürdig. Robert Heines' Mutter ist in ihrem ersten von drei Einsätzen mit dabei, Ruth Hausmeister gibt eine unerschrockene Mutter, die sich mit dem Beruf ihres Sohnes und den damit verbundenen Gefahren abfindet. Erik Ode ist hier ganz auf dem Gipfel seiner schauspielerischen Leistungen, die Regie Jürgen Goslars vorzüglich, so dass unter dem Strich einer der Höhepunkte der Reihe übrig bleibt.




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Zum Abschluss noch ein paar Zahlen und Fakten aus alten TV-Zeitschriften (dank an Jack_the_Ripper für die Scans) vom Ende der Serie:

* letzter Drehtag war der 23.12.1975
* 756 600 Meter Zelluloid wurden belichtet (das wäre ein 16mm schmales Band, das man 18 Mal um die Erde wickeln könnte!), davon wurden rund 2/3 weggeschnitten um auf die Laufzeit von 60 Minuten zu kommen
* von 7800 Filmmetern pro Folge brauchte man nur rund 1750.
* Eine Folge kostete 400 000 D-Mark, alle Folgen kosteten dem ZDF rund 34 Millionen D-Mark.
* Erik Ode kassierte für alle 97 Folgen (exklusive der Regie) rund 1,2 Millionen D-Mark Gage.
* 1016 Schauspieler wirkten mit
* Erik Ode schrieb rund 200 000 Autorgramme während der "Kommissar"-Jahre
* Die Serie wurde bis 1976 in 27 Länder exportiert
* Erik Ode überraschte am letzten Drehtag den harten "Kommissar"-Kern, rund 40 Leute, mit Geschenken, die er selbst gekauft hatte
* Die Witwe Herbert Jarczyks erhielt 1000 D-Mark Tantiemen pro Folge für die Titelmusik ihres verstorbenen Mannes.
* die Goldfische im Kommissars-Büro starben an Sauerstoffmangel wenige Wochen vor Drehschluss, nachdem es im Büro zu einem Stromausfall gekommen war
* Rechnet man die Zuschauerzahlen zusammen, dann haben rund 2 Milliarden Zuseher die 97 Folgen in der BRD gesehen (naja, es werden wohl immer die gleichen gewesen sein, insofern stimmt diese Rechnung nicht ganz).
* Rund 65% Einschaltquote hatte jede Folge

Besonders interessant: die drei geplanten "Kommissar"-Kinofilme:
Produzent Helmut Ringelmann damals zur Presse: "Wir haben für das Fernsehen 97 Folgen gedreht. Da wir aber gerne alle - einschließlich Erik Ode - die 100 vollmachen wollen, werden wir eben noch drei Kinofilme zusammen drehen. Tja, und in dem letzten wird Keller von einem Gangster umgebracht". Auf die Frage, warum man nicht gleich die 100 voll gemacht hätte, sagte Ringelmann: "Ich weiß es auch nicht. Da ist beim ZDF irgend etwas mit der Planung schief gelaufen".
Dann wurde außerdem noch berichtet, dass Elmar Wepper und Günther Schramm in der Serie "Der Alte" als Assistenten von Siegfried Lowitz mit dabei sein würden.

Prisma Offline




Beiträge: 7.596

05.11.2012 18:27
#337 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten



DR. MEINHARDTS TRAURIGES ENDE (Folge 18)

mit Erik Ode, Günther Schramm, Reinhard Glemnitz, Helma Seitz, Rosemarie Fendel
Gäste: Michael Verhoeven, Luise Ullrich, Richard Münch, Ilona Grübel, Karl John, Monika Lundi, u.a.



Auf der Terrasse seiner Villa wird Dr. Meinhardt von seiner langjährigen Hausangestellten Frau Wienand und dem Postboten gefunden. Er ist aus dem Fenster gestürzt und kam zu Tode. Bei den Ermittlungen von Kommissar Keller kommen allerdings Indizien zu Tage, die darauf schließen lassen, dass der Doktor aus dem Fenster gestoßen wurde. War es tatsächlich Mord? Wie Frau Wienand berichtet, sollen am Abend zuvor Gäste im Haus gewesen sein, die nun genauer untersucht werden. Für Keller besteht schon bald kein Zweifel mehr, dass der Täter nur unter diesen Leuten zu finden sein muss...

Folge 18 ist, trotz des gar nicht mal so atemberaubenden Themas, eine der interessantesten Arbeiten innerhalb der Reihe, da man hier dank der Regie von Michael Verhoeven einen erfrischenden Schub bemerken kann. Verhoeven halte ich nicht nur für einen sehr guten Darsteller, sondern auch vor allem für einen hervorragenden Regisseur. So viel ich weiß, handelt es sich jedoch um seine einzige Kommissar-Inszenierung. Hier kann man förmlich merken, dass inszenatorisch gesehen ein anderer Wind weht und schon alleine deswegen ist "Dr. Meinhardts trauriges Ende" sicherlich beachtenswert. Der Kriminalfall an sich besitzt im Orbit von Herbert Reinecker einen relativ hohen Wie­der­er­ken­nungs­wert, reifere Herren die sich mit jungen Damen vergnügen, die ihre Töchter sein könnten, erscheint da keine ganz so neue Erfindung zu sein. Dass die jüngere Generation hierbei die Füße still, und sich mit zerstörerischer Kritik an altbackenen Strukturen so lange zurück hält, wie sie dafür ausreichend finanziell entschädigt wird, halte ich jedoch für einen sehr interessanten Aspekt. Ein Mord ist also geschehen und es wimmelt geradezu von Gleichgültigkeit, die hier allerdings nicht zum Täter führen wird. Auffällig sind daher die wässrigen Tatmotive aller Beteiligten, was ein sehr interessanter Aspekt ist, der am Ende sogar sehr raffiniert wirkt. Hier wurde einfach das Optimum aus einer eher durchschnittlichen Geschichte herausgeholt.

Die Besetzung ist sehr ausgewogen. Als nach kürzester Zeit bereits Luise Ullrich zu sehen ist, wird die Aufmerksamkeit massiv gesteigert. Ich dachte aber bei mir, ob das wohl reibungslos funktioniert hat mit dem Jungregisseur und dem Altstar? Ich weiß nicht so genau, warum mir dieser Gedanke über die gesamte Spieldauer im Kopf blieb, vielleicht meinte ich deswegen sogar eine gewisse Anspannung bei der Schauspielerin gesehen zu haben. Sicher, angespannt, nervös und distanziert soll diese Person in der Geschichte schließlich auch wirken, aber es blieb eben so eine Vorstellung von mir, zumal dem ehemaligen Star (sicherlich auch Rollen bedingt) nicht die ganz große Bühne überlassen wurde. Beeindruckend agiert Richard Münch als unsympathischer Bekannter des Toten. Er stellt sich den Ermittlungen zielsicher entgegen und fällt durch seine Arroganz und gewissenlose Selbstüberzeugung auf. Im Kontrast dazu steht Karl John, der eher nervös und hektisch wirkt, anscheinend ist er es, dem das eigene Gewissen zu schaffen macht. Ilona Grübel als käuflicher Gast dieses Trios sieht nicht nur atemberaubend schön aus, sie besticht auch durch ihre ungeheuer unterkühlte Art und es ist verwirrend, dass es nicht ein Fünkchen Anteilnahme von ihr gibt und Michael Verhoeven spielt hier ebenso gut, wie er inszeniert hat. Die Folge kommt mit wenigen Verdächtigen aus, aber auch mit wenigen Motiven. Eigentlich ist es von vorne herein klar, dass es zu keiner herkömmlichen Auflösung kommen darf, die dann schließlich an das Mitleid des Zuschauers appelliert, aber gleichzeitig den gesunden Verstand provoziert. Trotz einiger Unwahrscheinlichkeiten des Tathergangs vermittelte mir das Finale einen Überzeugungsschub. Was diese Inszenierung schließlich noch doppelt aufwertet, ist die herausragende Musik von Improved Sound Limited, die von Anfang bis Abspann eine eigenartige Atmosphäre begünstigt. Beim Abspann kolportiert sie die plötzlich auftauchende Tragik, im Verlauf erschafft sie gedrückte und beinahe destruktive Tendenzen, einfach hochklassig. "Dr. Meinhardts trauriges Ende" ist eine unscheinbar faszinierende Folge, die Modernes und Dynamisches nahtlos mit Klassischem verbindet.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

11.11.2012 13:27
#338 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten

Mittlerweile liegt mir nun das Boxset der Serie "Der Kommissar" vor, nachdem ich mich bisher mit Fernsehaufzeichnungen auf Videokassette begnügt hatte. Mir fehlten noch 34 Folgen und nun kann ich diese Lücke endlich schließen.

Bewertet: "Ein rätselhafter Mord" (Folge 42/ Erstausstrahlung am 17. Dezember 1971)
mit: Dieter Borsche, Eva-Ingeborg Scholz, Herbert Fleischmann, Maria Wimmer, Manfred Seipold, Thomas Astan, Jane Tilden, Donata Höffer, Hansi Jochmann u.a. - Regie: Wolfgang Staudte

Die Jurastudenten Richard Ebinger und Rotraut Schall verabschieden sich nach einem schönen Abend voneinander. Als Richard die Straße überquert, um zu seinem Auto zu gehen, wird er hinterrücks erschossen. Die Ermittlungen ergeben, dass aus einer Wohnung im ersten Stock des Hauses gegenüber geschossen wurde. Die Befragungen der Polizei ergeben, dass alle Bewohner des Hauses etwas zu verbergen haben, aber auch der Vermieter von Rotraud legt ein seltsames Verhalten an den Tage.....

Durch die Abwesenheit von Robert Heines nimmt Keller zusammen mit Harry Klein die Befragungen der Personen vor, die in Verdacht stehen, aus einem der Fenster auf den Studenten geschossen zu haben. Sie stoßen dabei auf verschlossene Türen, barsches und abweisendes Verhalten und seltsame Gewohnheiten, die im Allgemeinen vor der Öffentlichkeit verborgen bleiben. Dieter Borsche als mysteriöser Arzt, der seiner Untermieterin väterliche Gefühle entgegen bringt, handelt ebenso aus einer emotionalen Notlage wie seine Kollegin Eva-Ingeborg Scholz, deren aufsässige Tochter (Hansi Jochmann) qualmend und dem Kommissar trotzend Gleichgültigkeit verströmt. In der Kneipe nebenan legen Keller und Grabert zwischen tanzenden Jugendlichen den Obduktionsbericht auf den Tisch und begutachten den Einschusswinkel. Im Zimmer von Thomas Astan hängen Mordwaffen und ein Galgen (und das Plakatmotiv des Films "Die neunschwänzige Katze"), Wolfgang Lukschy beschwört "Spiel mir das Lied vom Tod", während man die unheimlichen Klänge der Mundharmonika hört. Das Thema scheint den jungen Mann zu faszinieren und ihn in seinen Bann zu ziehen, während für die meisten Beteiligten der Tod des Studenten nur eine Störung ihrer häuslichen Verhältnisse darstellt. Fräulein Rehbein kümmert sich um die Eltern des Ermordeten, während Keller tiefer und tiefer nach Motiven bohrt. Herbert Fleischmann, der aus der Not anderer Menschen eine Tugend für seinen Geldbeutel macht, offenbart ebenso seine gewinnorientierte Seite wie Maria Wimmer. Nachdem Keller noch einige Familiengeheimnisse aufgedeckt hat, steht der Festnahme des Täters nichts mehr im Wege. Die Person des Opfers scheint dabei vollkommen uninteressant zu sein, der Name des Darstellers scheint in keiner Liste der Mitwirkenden auf. Eine atmosphärisch dichte Episode mit Tiefgang, die den ganz normalen Wahnsinn thematisiert, der sich dem auftut, der ohne Vorwarnung in die Wohnungen von Durchschnittsbürgern blickt.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

11.11.2012 14:37
#339 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten

Bewertet: "Ratten der Großstadt" (Folge 3/ Erstausstrahlung am 31. Januar 1969)
mit: Horst Frank, Gerd Baltus, Werner Pochath, Klaus Schwarzkopf, Fred Haltiner, Hilde Volk, Ilona Grübel, Dietrich Thoms, Heini Göbel - Regie: Theodor Grädler

Theo Heinichen, der Kneipenwirt eines Lokals am Großmarkt, wird im Morgengrauen von seiner Tochter tot hinter dem Tresen aufgefunden. Jemand hat ihn erschlagen, vermutlich einer seiner Kunden, die vor allem aus Herumtreibern, Gelegenheitsarbeitern und Alkoholikern bestehen. Besonders verdächtig ist eine Gruppe von fünf Männern, von denen einer mit der Tochter des Wirts bekannt ist. Um den richtigen Täter überführen zu können, freundet sich Walter Grabert in der Verkleidung eines aus der Haft entlassenen Mannes mit der Gruppe an und begibt sich dabei in tödliche Gefahr.....

Es ist der besonnenen Regie von Grädler zu verdanken, dass die Geschichte ein entspanntes Sommerflair aus Münchnens Milieu der Tagesdiebe und Tunichtgute vermittelt, ohne auf Exzesse einerseits (Brynych) oder moralische Fingerzeige andererseits (Staudte) zu setzen. Nachdem ich die Folge nun nach vielen Jahren zum zweiten Mal gesehen habe, muss ich ihr doch einen relativ hohen Unterhaltungswert bescheinigen. Es macht Spaß, den fünf eigentlich sehr verschiedenen Männern zuzusehen, was natürlich vor allem an den Schauspielern liegt. Horst Frank dominiert die Gruppe, er ist derjenige, der die Marschrichtung vorgibt und mit stoischer Ruhe die Kapriolen des "jungen Hundes" Werner Pochath an sich abperlen lässt wie das Wasser der Isar, die einmal mehr beliebter Treffpunkt für "asoziale Elemente" ist.
Gerd Baltus überzeugt als Trinker, den nichts anderes interessiert als die Frage, wo er günstig an Alkohol kommen kann. Ein wenig abseits steht der Denker Klaus Schwarzkopf, der sich verschmitzt an den Streichen seiner Kumpel weidet, während Fred Haltiner durch seine Szenen mit Günther Schramm einige Akzente setzen kann. Ich sehe Haltiner immer sehr gern, er erfreut mich sowohl in abgebrannten als auch in gehobenen Rollen durch sein offenes und ungekünsteltes Wesen.
Die Damen Hilde Volk und Ilona Grübel bilden das Gegengewicht zu den männlichen Tachinierern; sie halten im Lokal die Stellung, wobei Hilde Volk einige verbale Gefechte mit Ehemann Erik Ode austragen kann und dabei ihrer Figur Undurchsichtigkeit verleiht. Fritz Wepper sieht neben Ilona Grübel wie ein Schuljunge aus und entspricht noch ganz dem Bild des braven Kriminalassistenten mit frischem Jugendcharme.
Wie in der frühen Phase der Serie üblich, kann sich einer der Kriminalinspektoren durch gefährliche Alleingänge profilieren und Biss und Engagement zeigen. Günther Schramm spielt ungewohnt ruppig und uneitel auf und muss einiges einstecken. Immer wieder gibt es Augenblicke der Gefahr, zur Täterüberführung hätte ich mir allerdings eine Rückkehr in das Lokal gewünscht. Insgesamt eine sehenswerte Folge, bei der alle Beteiligten neue Facetten ihres Könnens zeigen, ohne den Bogen des guten Geschmacks völlig zu überspannen.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

11.11.2012 20:06
#340 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten

Bewertet: "Drei Brüder" (Folge 72/ Erstausstrahlung am 26. April 1974)
mit: Horst Frank, Ralf Schermuly, Manfred Seipold, Wolfgang Völz, Evelyn Opela, Antje Weisgerber, Dietrich Thoms, Wolfgang Engels u.a. - Regie: Theodor Grädler

Der Spirituosenhändler Egert übernachtet in seinem Laden, da er die Monatsabrechnung gemacht hat und es deshalb spät geworden ist. Plötzlich wird er durch ein Geräusch geweckt. Ein Einbrecher hat sich Zugang zum Geschäft verschafft und ist gerade dabei, eine Flasche aus dem Regal zu nehmen, als sich ihm Herr Egert in den Weg stellt. Kurze Zeit später werden Passanten von den Hilferufen des Ladenbesitzers alarmiert, doch alles, was der Sterbende noch sagen kann, ist: "Es war Jork!"
Als Beamte der Funkstreife besagten Herrn verhaften wollen, bekommen sie ein Problem: Es gibt drei Brüder dieses Namens - wer ist der Richtige?

Horst Frank ist der älteste der drei Brüder und hat früh gelernt, Verantwortung zu übernehmen. Seine ruhige, von klaren Überlegungen bestimmte Art lässt ihn als Sprecher der Gruppe auftreten und er ist es deshalb, der dem Kommissar die Stirn bieten und den Verdacht von seiner Familie ablenken muss. Ralf Schermuly ist wieder einmal ein Mann in Schwierigkeiten, seine Rolle erinnert an den Part, den er in "Ein Koffer aus Salzburg" ("Derrick", Folge 12) inne hat. Fahrig, nervös und erschrocken tritt er dem Kommissar entgegen. Manfred Seipold hingegen bleibt blass und hat Mühe, gegen seine Kollegen anzuspielen. Dafür schickt Reinecker Antje Weisgerber als mahnende Frau in Schwarz ins Rennen. In naiver Offenheit appelliert sie an das schlechte Gewissen des Mörders und lauert den Gebrüdern an ihren Arbeitsplätzen und vor dem Wohnhaus auf, um sie zu fragen, wer von ihnen ihren Mann ermordet hat. Ohnehin setzen Keller und sein Team diesmal auf die Taktik des Zermürbens, da es ihnen an stichhaltigen Beweisen fehlt. Immer wieder konfrontiert Keller die Jorks mit den Konsequenzen ihres Schweigens und auch die aparte Olga Jarosch wird mehrmals aufgefordert, den Namen des Täters zu nennen. Es mutet seltsam an, dass sich der Kommissar solcher Methoden bedient - gerade bei einem hartgesottenen Mann wie Horst Frank. Hier kommen die Überlegungen von Produzent Ringelmann zum Ausdruck, der auf den Münchner Medientagen 1989 sagte: "Wer - wenn er in echter Bedrängnis ist - wünschte sich nicht auch die Verständnisbereitschaft eines aufmerksamen Zuhörers, die Geduld eines Beichtvaters, die Gegenwart eines Gesichtes, in dem Worte Spuren hinterlassen und nicht nur Gleichgültigkeit."
Die erdrückende Last des Verdachts, der alle drei Brüder in Misskredit bringen wird, obwohl zwei von ihnen unschuldig sind, ist der einzige Trumpf, den die Polizei ausspielen kann. Während Robert Heines ruppig ins Kreuzverhör geht, bleibt Erwin Klein im Hintergrund und kümmert sich um die emotionale Erstversorgung der Witwe. Die düstere Episode, die mitten im eiskalten Münchner Winter spielt, sucht die Schuldigen diesmal nicht unter den üblichen hoffnungslosen "Suffköpfen", sondern in einer Familie, die in Lohn und Brot steht und eigentlich gar keinen Grund hat, sich nächtens bei einem Spirituosenhändler selbst zu bedienen. Horst Frank bildet das ausgleichende Element der Geschichte, die im Finale einen Spannungsbogen nach oben macht, ansonsten jedoch vor allem darauf setzt, dass einer die Nerven verliert und auspackt. Theodor Grädler inszeniert unaufgeregt und hält sich genau an Reineckers Vorgaben, den Vorwurf in den Raum zu stellen und dadurch die Luft der Jorks zunehmend dünner werden zu lassen, bis ihnen am Ende nur mehr die Flucht nach vorn bleibt.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

11.11.2012 20:52
#341 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten

Bewertet: "Der Tod des Herrn Kurusch" (Folge 40/ Erstausstrahlung am 12. November 1971)
mit: Cornelia Froboess, Volker Kraeft, Wolfgang Büttner, Christiane Krüger, Heinz Baumann, Wolfgang Engels, Martha Wallner u.a. - Regie: Theodor Grädler

Der Hausbesitzer Kurusch lässt es sich nicht nehmen, jeden Monat persönlich die Mietgelder für seine 46 Wohnungen zu kassieren. Es bereitet ihm Freude, das Geld einzusammeln, er selbst leistet sich jedoch keine Extravaganzen, sondern lebt bescheiden allein im obersten Stock eines seiner sechs Häuser. Der Mieter Ewald Lerche hat berechnet, dass der alte Mann jedes Mal über 12.000 DM in der Tasche hat und beschließt deshalb, ihn zu töten, damit er sich das Geld aneignen kann. Doch als Lerche in die Wohnung von Kurusch kommt, sitzt dieser bereits tot in seinem Lehnstuhl......

In geradezu ambivalenter Weise baut die Episode eine Handlung auf, die verhindert, dass sich der Zuseher vom ersten Augenblick an mit einer der Personen identifiziert. Ein Mord wird geplant, der Mord an einem Mann, "dem durch eigenes Fehlverhalten eine Mitschuld an seinem tragischen Ende aufgebürdet wird. Diese Mitschuld konnte bei Morden im privaten Umfeld durch [...] eine Fixierung auf materiellen Wohlstand gegeben sein." (Der deutsche Fernsehkrimi, J.B. Metzler Vlg. S. 155)
Wolfgang Büttner ("Das Rätsel der roten Orchidee") ist ein überaus korrekter Vermieter, der sich Gesetz und Ordnung verpflichtet fühlt; der freidenkende Volker Kraeft zeigt nicht nur durch seine Frisur, dass er "abgestandenen patriarchalischen Verhaltensklischees" nichts abgewinnen kann. Christiane Krüger findet sich als Freundin des potenziellen Mörders ein, schwankt zwischen ihren Zweifeln an der Richtigkeit seines Handelns und dem Bedürfnis, ihm zu helfen. Der ungewöhnliche Tathergang überrascht selbst das Publikum und hätte sich mit einem größeren Aufgebot möglicher Verdächtiger zu einem raffinierten Kriminalfall ausweiten lassen. Durch die Konzentrierung auf den Ersten am Tatort, Ewald Lerche, wird der Fall von dessen Standpunkt aufgerollt. Kommissar Keller gestattet ihm sogar, den Zeugenbefragungen beizuwohnen und die Familie des Ermordeten aufzusuchen. Hier erweist sich Cornelia Froboess einmal mehr als starke Persönlichkeit. Trotz unscheinbaren Auftretens (man verspürt bei den Haartrachten von Froboess und Kraeft ohnehin das Bedürfnis, die beiden schnellstens von den überlangen Strähnen zu befreien) gelingt es ihr, dem Mordopfer ein Gesicht zu geben und ihn menschlich erscheinen zu lassen. Je mehr man über Kurusch hört, desto egoistischer erscheint auch Lerche, der sich den Mordanschuldigungen energisch zu entwinden versucht und dabei vergisst, dass er in Gedanken bereits getötet hat. Die eigentliche Täterüberführung gestaltet sich deshalb nicht so interessant, wie zum Beispiel in der glänzenden Studie "....wie die Wölfe" (Folge 21), die in einem ähnlichen Umfeld spielt, wobei ein Mehrfamilienhaus immer eine gute Kulisse für einen Mordschauplatz abgibt.
Leider wird die Frage, was in dem Testament des Erschlagenen steht, nicht beantwortet. Dafür erwartet den siegessicheren Lerche am Ende noch ein Fazit von Kommissar Keller, das ihm die Gesichtszüge einfrieren lässt und ein durchaus diskussionswürdiger Abschluss dieser Episode ist.

Prisma Offline




Beiträge: 7.596

11.11.2012 21:23
#342 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten



IN LETZTER MINUTE (Folge 19)

mit Erik Ode, Günther Schramm, Reinhard Glemnitz, Fritz Wepper, Helma Seitz
Gäste: Heinz Reincke, Gisela Uhlen, Maria Sebaldt, Peter Eschberg, Eva Kinsky, Eric Pohlmann, u.a.



Der Totschläger Kossitz kommt raus! Diese Ankündigung versetzt dessen Frau und einige weitere Personen in Angst und Schrecken, zumal diese im damaligen Prozess als Haupt-Belastungszeugen auftraten. Auch für Kommissar Keller ist diese Nachricht aus dem Zuchthaus ebenfalls sehr beunruhigend, da der unberechenbare Straftäter bei seiner Verurteilung Rache an den Zeugen geschworen hatte, die es nun zu beschützen gilt. Für die Polizei beginnt nun ein Wettlauf gegen die Zeit und die potentiellen Opfer der Rache verleben unerträgliche Tage der Angst. Wird Kossitz seine Drohung wahr machen..?

Die Abwechslung bei dieser Kommissar-Folge von Wolfgang Becker besteht zunächst einmal darin, dass die Spannung hauptsächlich darin besteht, dass man förmlich auf einen Mord wartet. "Kossitz kommt raus - na dann ist was los!" Dieser Satz bleibt allgegenwärtig und schwebt wie ein schwarzer Schatten über dieser Episode, er wirkt wie eine böse Ahnung und eine gefährliche Prophezeiung. Die Hauptpersonen der Geschichte unterstützen diese Spannung sehr gut, der Zuschauer wird aufgrund der straffen Regie, gleich von Beginn an sehr eng in diesen Fall mit einbezogen. Für meine Begriffe ist der Titel von Folge 19 etwas zu wortwörtlich ausgefallen, ich hätte ihr in Anlehnung einer Bemerkung von Kossitz wohl eher den Titel "Vogel im Hals" gegeben. Alles in allem ist es wirklich etwas anderes, einmal nicht direkt mit einem Mord und dazugehöriger Leiche konfrontiert zu werden, was zum Eindruck führt, dass "In letzter Minute" mit einem äußerst klaren und logischen Aufbau überzeugen kann, da der Fall im Verlauf auch nochmals aufgerollt wird und für den Zuschauer transparent gemacht wird. Einige Schauplätze wie eine beispielsweise immer wieder gerne servierte Nachtbar als Dreh- und Angelpunkt diverser Geschehnisse, enge Hinterzimmer und unübersichtliche Plätze oder hier eine winterliche Kulisse sorgen für ein aussagekräftiges und auch nachhaltig in Erinnerung bleibendes Gesicht der neunzehnten Folge.

Die Hauptfiguren sorgen für Skepsis, Misstrauen und Widersprüche. Heinz Reincke in der Titelrolle bekommt trotz Vorbelastung gleich eine gute Portion Sympathie-Punkte und man überlegt erstens hin und her zwischen der Frage der Unschuld und eines Komplotts, und zweitens stellt man sich die Frage, ob ihn die Umstände möglicherweise erst- oder nochmals zum Mörder machen könnten, oder ob es ihn sogar selbst erwischen wird. Kossitz wird ausreichend von allen Beteiligten charakterisiert und dank Heinz Reincke sieht man eine verlässliche und treffsichere Interpretation eines Mannes, dessen Gefühle man nachvollziehen kann, da er alles verloren hat und mit seiner Entlassung aus dem Gefängnis vor weit größeren Problemen steht, nämlich wie er diesen Scherbenhaufen, einst Leben genannt, wieder in den Griff bekommen soll. Seine Gegenspieler sind in Gestalt von Gisela Uhlen, Maria Sebaldt und Peter Eschberg jeweils eine ausgezeichnete Wahl gewesen. Hilde Lenk, deren Mann damals zu Tode kam, wird von Gisela Uhlen bemerkenswert geformt. Die Stärke der Interpretation liegt in der Unsicherheit und der fürchterlichen Angst der Person. Ihre nervöse Anspannung ist für den Zuschauer fast spürbar, ihre Augen dokumentieren ein beinahe hysterisches Suchen nach Strohhalmen, ihr Kampf, nicht die Nerven zu verlieren erscheint sehr glaubhaft. Maria Sebaldt als Frau von Kossitz ertränkt ihre panische Angst mit einem Fließband an Drinks, was sie unempfindlich und teilnahmslos wirken lässt und Peter Eschberg überzeugt restlos als Mann ohne Skrupel. Mit allen Mitteln hält das Trio zusammen wie Pech und Schwefel, die Angst höhlt diese Herrschaften jedoch komplett aus und das eingefrorene Gewissen taut langsam auf. Besonders positiv fällt noch Eva Kinsky auf, die demonstriert, wie wichtig es ist, eigene Gedanken zuzulassen und sie ist eine der wenigen gefestigten Charaktere in dieser Geschichte. Wenn man die Vorhersehbarkeit des Falles außer Acht lässt, und sich auf die hochwertige Inszenierung mit ihren vielen Spannungsmomenten und Wendungen konzentriert, hat man es doch mit einer sehr guten Kommissar-Folge zu tun, vor allem, weil das Finale so eingeleitet wird, dass man das Gefühl des im Titel versprochenen Zeitdruckes, eindeutig wahrnimmt. Nach der Folge bleibt unterm Strich eine wenig erbauliche Prognose zurück, die nachdenklich stimmt.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

11.11.2012 21:44
#343 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten

Bewertet: "Tod eines Landstreichers" (Folge 73/ Erstausstrahlung am 24. Mai 1974)
mit: Paul Dahlke, Klaus Schwarzkopf, Hans Schweikart, Walter Kohut, Eva Vaitl, Elisabeth Orth, Konrad Georg, Lisa Helwig, Walter Sedlmayr - Regie: Jürgen Goslar

Ein Schulmädchen findet neben einem Bach die Leiche eines alten Mannes. Er ist an einem Schädelbruch gestorben. Wie sich herausstellt, wurde er zuletzt in Gesellschaft dreier Landstreicher gesehen, die in einer Scheune Zuflucht vor der eisigen Kälte gesucht haben. Kommissar Keller nimmt die drei Männer in den Gasthof der Familie Scherf mit, zu dem auch eine Metzgerei gehört und in der der Tote nach Aussagen seiner Freunde ein Huhn stehlen wollte.
Der Wirt gewährt den Männern freie Kost und Logis, was den Ermittlern doch sehr merkwürdig vorkommt. Wissen die Vagabunden mehr als sie zugeben? Hat die Familie Scherf etwas mit dem Tod des Landstreichers zu tun?

Geist und Seele werden durch den Ausflug aufs Land erfrischt: Kommissar Keller und seine Mannen ermitteln diesmal zur Gänze in ländlicher Umgebung. Die Gaststätte von Eberhard Scherf steht im Mittelpunkt des Geschehens und bietet mit der rustikalen Stube, dem Billardzimmer und den einfachen Fremdenzimmern ein typisches Abbild zweckmäßigen Wohnens abseits der frequentierten Tourismusgemeinden. Umso mehr achtet man auf die Menschen, die in der von stetiger Arbeit geprägten Umgebung leben: Paul Dahlke als generöser Wirt, der Entenbraten und Schweineschnitzel auftischt; Hans Schweikart mit der charakteristischen bikonvexen Brille, die ihm eine unheimliche Aura verleiht; Klaus Schwarzkopf als "Gentleman der Landstraße", der sich auf eine warme Mahlzeit und ein Schaumbad freut und Walter Kohut, der den beiden Kameraden in Verstand und schneller Auffassungsgabe unterlegen ist, dessen Magen aber dennoch unaufhörlich knurrt.
Die drei Sandler nisten sich im Gasthof ein - zunächst voller Demut und Dankbarkeit, doch bald schon die Situation genießend und zunehmend Ansprüche stellend. Mit Recht fragt sich Keller, warum der Wirt sie gewähren lässt. In der Rolle der zupackenden und den Vater mit sanftem Nachdruck antreibenden Tochter ist Elisabeth Orth zu sehen, die Schwester von Christiane und Maresa Hörbiger. Eva Vaitl und die alterswirre Lisa Helwig drücken die Beklemmung aus, die über dem Haus liegt.
Die Regie von Jürgen Goslar stellt die Darsteller und ihre Eigenheiten in den Vordergrund: die zunehmende Anspannung bei Paul Dahlke, die Angst und das Entsetzen; der tolle Mut, von dem Klaus Schwarzkopf ergriffen wird und das erbarmungswürdige Schicksal des erst in den letzten Minuten agierenden Konrad Georg, dessen Tod nicht nur für einen, sondern gleich für mehrere Überraschungstwists gut ist. Das Finale erstreckt sich über eine Dauer von rund achtzehn Minuten und versteht es geschickt, den Zuschauer mitfühlen und mitkombinieren zu lassen. Eine sehr sehenswerte Folge, die an einem düsteren Regennachmittag für spannende Unterhaltung sorgt und auch noch nach dem Abspann die Gedanken des Zusehers beschäftigt.

Prisma Offline




Beiträge: 7.596

12.11.2012 17:35
#344 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten



MESSER IM RÜCKEN (Folge 20)

mit Erik Ode, Günther Schramm, Reinhard Glemnitz, Fritz Wepper, Emely Reuer, Helma Seitz
Gäste: Helmut Käutner, Herbert Bötticher, Christiane Krüger, Ursula Lingen, Werner Kreindl, Jörg Pleva, u.a.



Vor einer Kneipe wird ein Taxifahrer von einem, dem Anschein nach betrunkenen Mann angehalten. Als dieser eingestiegen ist und nicht auf die Fragen des Fahrers reagiert, stellt dieser Schreckliches fest. Der Fahrgast ist tot, denn es steckt ein Messer in seinem Rücken. Die Ermittlungen verlaufen zäh und ergebnislos, Kommissar Keller und seine Kollegen gelangen zunächst in die verkommene Kneipe, aus der der Ermordete kam, und dann in die besseren Kreise, bis man schließlich auf den Aufnahmen eines Pressefotografen, der Bilder am Tatort machte, entscheidende Hinweise findet. Zu sehen ist ein Detail, welches eine heiße Spur zum Mörder liefert...

Die zwanzigste Folge behandelt ein klassisches Kriminal-Thema und wurde von Wolfgang Staudte ganz reibungslos inszeniert. Der Verlauf der Ermittlungen zeigt sich ebenfalls sehr nachvollziehbar und es werden einige originelle, wenn nicht sogar raffinierte Wendungen geboten. Dennoch fehlt es für meinen Begriff eindeutig an Tempo, was sich im ruhigen Agieren der Hauptpersonen widerspiegelt. Die Schauplätze bieten erneut Gewohntes. Zunächst wäre dort die Kneipe, in der es nur Verdächtige zu geben scheint und im Kontrast dazu steht die feudale Villa des Ermordeten. Das aufeinander prallen zweier unterschiedlicher Milieus und von Leuten aus unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten hätte ebenfalls ein kleines bisschen mehr, vielleicht provokant dargestellt werden können. In dieser Beziehung handelt es sich unterm Strich um eine eigenartig ruhige Folge! Für den Zuschauer wird hier besonders das Sammeln von Indizien sehr interessant dargestellt und die Protagonisten ersparen sich Selbstinszenierungen, was einem dann beinahe schon abwechslungsreich vorkommt.

Unter den Gästen befindet sich ein großer Name, der alleine deswegen schon für Vorfreude sorgt. Helmut Käutner, stilsicher bei jeder Interpretation, wirkt als Trinker und bester Kunde der Kneipe sehr überzeugend. Seine Prämisse scheint das Schweigen zu sein und er redet eigentlich nur (un)gerne, wenn er gefragt wird. Er zieht mit dieser Figur des Blasek meistens die Komplette Aufmerksamkeit auf sich, und die Zeichnung dieses Mannes ist schon sehr interessant, auch wenn sie meinen Geschmack im Grunde nicht trifft. Christiane Krüger als Maria, deren Mann ermordet wurde, betreibt Milieu-Flucht. Zunächst wirkt das Ganze etwas unmotiviert, doch sie entwickelt sich als Ausreißerin aus einer, für sie uninteressant gewordenen Schein-Konstruktion, im anspruchsvolleren Maße. Bemerkenswert ist auch ihre Ruhe und besonders positiv fällt wieder einmal Christiane Krügers Fähigkeit auf, besonders im Dialog Akzente zu setzen, aufgrund ihrer angenehm-flexiblen Stimme. Herbert Bötticher und Ursula Lingen versuchen alles, um den Skandal herunterzuspielen, nur noch Geld hält die sich voneinander entfernenden Parteien zusammen. Für eine weitere gute Leistung sorgt ebenfalls Werner Kreindl als Kaschemmen-Wirt. Besonders reizvoll an dieser Folge ist, dass der Anfang auch gleichzeitig als Finale gezeigt wird, nachdem die Verdächtigen ganz klassisch in der Kneipe zusammen geführt wurden. Die Thematik wurde, obwohl sie gewiss kein großes Highlight darstellt, gut aufgearbeitet, Handlungsstränge wurden geschickt miteinander verknüpft, die Charaktere wirken durchgehend überzeugend, so dass "Messer im Rücken" den Stempel des gehobenen Mittelmaßes für sich beanspruchen kann.

Prisma Offline




Beiträge: 7.596

13.11.2012 18:18
#345 RE: "Der Kommissar" ( 1969 - 1976 ) Kommentare zu den Folgen Zitat · Antworten



...WIE DIE WÖLFE (Folge 21)

mit Erik Ode, Günther Schramm, Reinhard Glemnitz, Fritz Wepper, Emely Reuer, Helma Seitz
Gäste: Grete Mosheim, Hilde Brand, Horst Tappert, Volker Kraeft, Wolfgang Engels, Ann Höling, Heinz Meier, Pierre Franckh, u.a.



In einem schäbigen Mehrfamilienhaus wird eine ermordete alte Frau in ihrer Wohnung aufgefunden. Kurz zuvor hatte sie 3000 DM in der Lotterie gewonnen, was sie allen anderen Bewohnern des Hauses ganz vertrauensselig berichtet hatte. Da alle Mitwisser aus der Nachbarschaft ohnehin Geld dringend nötig haben, und sich natürlich erhofften, auch welches von der alten Dame zu bekommen, sieht sich Kommissar Keller mit einem Haus voller Verdächtiger konfrontiert, denn ein Motiv hat schließlich jeder. Als im Verlauf der Ermittlungen auch noch der erste 500 DM-Schein auftaucht, kann der Mörder bestimmt nicht mehr weit sein...

Folge 21 überrascht mit einem vergleichsweise ausgefallenen Konzept und besonders begrüßenswert ist, dass die unterschiedlichen Charakterzeichnungen so dicht geraten sind, so dass man tatsächlich wenige Beteiligte von vorne herein als Täter ausschließen kann. Das Tatmotiv ist ist nicht gerade besonders außergewöhnlich, weil es doch so alltäglich erscheint, dennoch wird es allerdings beim Hinterfragen der Tat mit einer guten Portion Tragik versehen. Eine alte Frau gewinnt unverhofft einen, für sie sicherlich immens hohen Geldbetrag, sie kann ihr Glück kaum fassen und erzählt es ihren Nachbarn, vermutlich ihren einzigen Ansprechpartnern innerhalb der persönlichen Isolation, in denen sie aber prompt die schlafenden Wölfe weckt. Ihre Gedankenlosigkeit und diesen kurzen Moment des Glückes muss sie schließlich mit dem Leben bezahlen. Inszenatorisch überzeugt diese Folge auf ganzer Linie und gewährt einen ernüchternden Einblick in bestimmte soziale Verhältnisse und ein Haus voller Bittsteller, die die Frau wohl angebettelt und bedrängt haben müssen, um ihren Teil des Kuchens abzubekommen. Die Tragik besteht also nicht zuletzt in der Naivität des Opfers, aber auch in der Kaltschnäuzigkeit der anderen. Als auch noch das Tagebuch der ermordeten Frau Kluge auftaucht, werden die Wölfe nervös und kriechen aus ihren Löchern und schleichen nervös umher. Mal eine abwechslungsreiche, weil so vollkommen andere Art der Spannung.

Horst Tappert gibt in dieser Geschichte einen Alkoholiker, der so oft und so viel trinkt, dass ihm das Delir durchaus vertraut ist. Er wirkt sowohl auf Kommissar Keller, als auch auf den Zuschauer dennoch vertrauenswürdig und bemitleidenswert, so dass man Kellers späteres Experiment nachvollziehen kann. Um entscheidende Gesichtspunkte finden zu können, soll der Zeitraum, in dem sich die Tat abgespielt hatte, genau simuliert werden, um aus der alkoholinduzierten Amnesie eine Art Remission zu erlangen. Ein ganz origineller Einfall und besonders für den Zuschauer sehr interessant mit anzusehen, wenn auch im Endeffekt von der Wahrscheinlichkeit her als eher zweifelhaft zu bewerten. Grete Mosheim ist in Bestform, und präsentiert ein ganz neues Kaliber der geschwätzigen, neugierigen und etwas einfältigen Klatschtante, die nicht nur die Ermittlungen behindert, sondern Kommissar Keller und seinen Mitarbeitern sichtlich an die Nerven geht, mit Bravour. Mit beispielsweise Hilde Brand oder Volker Kraeft (und einigen anderen dieses Hauses), sieht man Personen, denen man einiges zutrauen würde. Der Zusammenhalt zwischen den beteiligten Personen ist genau so groß, wie ihre gegenseitige Antipathie zueinander. So bekommt man es in "...wie die Wölfe" mit überaus glaubhaften Charakterzeichnungen zu tun, die durch die darstellerische Kompetenz hervorgehoben werden. Identifikationsfaktoren oder ansatzweise Sympathien werden in dieser Folge so gut wie gar nicht offeriert. Mich persönlich hat die musikalische Untermalung, in dieser sonst tadellosen Inszenierung von Wolfgang Staudte, schon etwas gestört, da sie auf Dauer nicht gerade passend wirkt. Nach dem packenden und vielleicht sogar schockierenden Finale bleibt schließlich der Eindruck einer empfunden realistischen Kommissar-Folge, die in Sachen Unterhaltungswert und Anspruch einiges mehr als vorige Folgen zu bieten hat.

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