Heinz Drache und Corny Collins haben mit “Das indische Tuch” (1963) nur einen gemeinsamen Spielfilm gedreht.
Der attraktive und distinguierte Rechtsanwalt Frank Tanner und die schöne, junge Erbin Isla Harris, die glücklicherweise mit dem zwar vornehmen, jedoch zugleich völlig degenerierten Adelsgeschlecht der Lebanons “nur um sieben Ecken herum” verwandt ist, wie Mr. Tilling erklärt, begegnen sich auf Schloß Marks Priory anläßlich einer Testamentseröffnung.
Während die “liebe Familie” um das Erbe in Millionenhöhe streitet, wechseln die Beiden inmitten des allgemeinen Aufruhrs lediglich einen verschwörerischen Blick und zwinkern sich vertraulich zu. Schon früh signalisieren Heinz Drache und Corny Collins auf diese Weise, dass die von ihnen verkörperten Charaktere nicht nur über den Dingen stehen - zumindest in diesem frühen Stadium des Geschehens - sondern auch, dass sie sich von Beginn an zu einander hingezogen fühlen.
Welches intensive Interesse Frank Tanner an Isla Harris hat, wird später verdeutlicht, als er durch einen Geheimgang im Kleiderschrank der jungen Dame auftaucht und ihr mit einem reichlich unverfrorenen Lächeln beim Umziehen zuschaut, sich dann aber wieder diskret zurückzieht. Heinz Drache will seinen Rechtsanwalt Frank Tanner offensichtlich viel deutlicher als einen Gentleman anlegen, als es etwa sein Richard Martin in “Die Tür mit den sieben Schlössern” noch war.
Dass das Interesse von Frank Tanner an Isla Harris durchaus auf Gegenseitigkeit beruht, macht Corny Collins mit kleinen Gesten deutlich. Frank Tanner kündigt an, noch einmal vernünftig mit dem schießwütigen Mr. Tilling reden zu wollen und verläßt den Salon. Sogleich folgt sie ihm in raschem Tempo. Als Frank Tanner sich außerhalb von Marks Priory aufhält, um zu untersuchen, ob man es wagen kann, das Schloß zu verlassen, ist Isla Harris die erste, die seine Abwesenheit bemerkt und beobachtet mit einem leichten Lächeln, wie er nach seiner Exkursion wieder an der Frühstückstafel Platz nimmt.
Eindeutig wird die gegenseitige Anziehungskraft in einer von Heinz Drache und Corny Collins wunderbar unterspielten Szene. Frank Tanner erklärt Isla Harris, dass sie sich als Erbin in Lebensgefahr befindet. Daraufhin versichert sie ihm, er sei noch gefährdeter, wenn er die richtige Spur fände. Das findet er wiederum gar nicht komisch und fragt sie, ob sie Angst um ihn habe. Sie will ihm die ganz offensichtliche Antwort nicht eingestehen und flüchtet sich in die Ironie - wie er auch. Doch ihr versonnenes Lächeln, das er liebevoll erwidert sowie der intensive Blickkontakt zwischen ihnen straft sie beide Lügen.
Später sucht Frank Tanner Isla Harris auf und macht ihr das vieldeutige Angebot, von heute an beim ihm zu schlafen, was sie entrüstet ablehnt. Die vermeintliche “Anmache”, die Heinz Drache hier betreibt, geschieht in reichlich rabiater Form. Die zierliche und deutlich kleinere Corny Collins tritt ihm dabei jedoch ziemlich energisch entgegen. Die Schauspieler bauen sich vor einander auf und liefern sich einen heftigen verbalen Schlagabtausch. Frank Tanner öffnet ihren Koffer, Isla Harris schlägt ihn wieder zu, er öffnet ihn erneut und wirft energisch ihre Garderobe hinein. Er packt sie am Arm und zerrt sie zu dem Kleiderschrank, aus dessen Boden jederzeit der Mörder auftauchen kann. Erst jetzt lenkt sie ein und folgt ihm auf sein Zimmer.
Dort hat sich die Situation zwischen Frank Tanner und Isla Harris deutlich entspannt. Es entbehrt nicht eines gewissen Reizes, dass sich die Beiden auf seinem Bett gegenüber sitzen. Dass sie ihm eine Zigarette reicht, die sich zuvor bereits zwischen ihren Lippen befand, wirkt wie ein indirekter Kuss. Die Beiden verfügen offenbar den selben schwarzen Sinn für Humor. Frank Tanner erklärt Isla Harris in einem aus Taktgefühl unvollendeten Satz , dass der Mörder versuchen wird, auch die übrigen Erben ... Isla Harris ist jedoch keine schwache Frau, die derlei Rücksichtnahme braucht, denn sie antwortet: “Warum soll er auch mittendrin aufhören ...” Etwas erstaunt und mit einem fast erleichtert wirkenden Lächeln sieht er die junge Dame an, die robuster ist, als er vermutet hat. Dann stimmt er ihr zu: “Eben! Warum sollte er?”
Dass sowohl Frank Tanner als auch Isla Harris Opfer eines Überfalls werden und sie nach ihrer Rettung sogleich energische Schritte unternimmt, um auch ihn zu befreien, macht deutlich, dass sich die Beiden durchaus ebenbürtig sind. Auf ihre lautstarken Rufe nach ihm, die zeigen wie sehr ihr Frank Tanner am Herzen liegt, reagiert er mit liebevoller Ironie. Dass er jedoch Butler Bonwit dafür verantwortlich macht, das Leben von Isla Harris zu schützen, verdeutlicht, wieviel sie ihm wirklich bedeutet.
Daher dürfte es nicht vermessen sein zu vermuten, dass sich die Wege von Frank Tanner und Isla Harris nach ihren Abenteuern auf Schloß Marks Priory auch weiterhin kreuzen dürften.
Fazit: Es erscheint bedauerlich, dass Heinz Drache und Corny Collins keinen weiteren gemeinsamen Film gedreht haben, denn in "Das indische Tuch" ergänzen sich sie sehr gut.
Deine Beiträge sind wie immer sehr lesenswert, Cora! Ich finde sie in sofern besonders, dass sie verbal die schauspielerischen Fähigkeiten umschreiben, man sich selbst beim Lesen emotional in die Situation hinein versetzt. Spannend und offen bleibt in deinen Beiträgen aber noch, warum Heinz Drache diese brillanten Qualitäten hat, was also ihn besonders ausmacht.
Nehmen wir mal die Szene im Hexer: Drache und Fuchsberger sitzen sich im Hotel gegenüber. Drache gemütlich mit Pfeife in der Hand trifft die Aussage: "Wissen Sie, das ganze ist eine Sache der Vorstellungskraft ... der Phantasie". Ich finde, kein anderer Schauspieler hätte so hintergründig emotional diese Darstellung bringen können, zumindest nicht in der Art wie Drache.
Hier bleibt also noch die Frage offen: Warum und in welcher Weise gelingt es Drache, diese schauspielerischen Fähigkeiten einzubringen?
Zunächst einmal tausend Dank für deine überaus freundlichen Worte, Peter!
Vielleicht sollte man die immense Faszination, die von Heinz Drache ausgeht, gar nicht bis ins kleinste Detail zu erklären versuchen. Lassen wir diesem wunderbaren Schauspieler noch einige Geheimnisse!
Für mich ist es - gerade bei seinen Auftritten als James W. Wesby, die ich ganz besonders liebe - wirklich schwer zu erklären, welchen Zauber er verbreitet und wie ihm das gelingt. Heinz Drache ist auf seine Art auch ein "Hexer" ...
Manchmal muß er gar nicht viel tun, weil er schon mit einem Blick so unendlich viel aussagen kann.
Wenn er seinen wundervoll sonoren Bariton einsetzt, ist es ein Genuß, ihm zuzuhören. Wie er bestimmte Worte formuliert (etwa "Fallschirm!" zu Joachim Fuchsberger in "Der Hexer") - das kann niemand so wie er.
Ich habe in einigen meiner früheren Beiträgen den Versuch unternommen, zu erklären, wie und was Heinz Drache als Schauspieler so unvergleichlich macht. Vielleicht ist es mir ein bißchen geglückt ...
Ich bin vor längerer Zeit durch Zufall auf diese Seite gestoßen und möchte gerne einmal loswerden, wie sehr mich die vielen positiven, ja teilweise sogar fast überschwänglichen Meinungen und Kommentare über meinen Vater freuen. Er wäre sehr stolz darauf!!! Vielen Dank Nicole
Zitat von flotiniIch bin vor längerer Zeit durch Zufall auf diese Seite gestoßen und möchte gerne einmal loswerden, wie sehr mich die vielen positiven, ja teilweise sogar fast überschwänglichen Meinungen und Kommentare über meinen Vater freuen. Er wäre sehr stolz darauf!!! Vielen Dank Nicole
Zitat von flotiniIch bin vor längerer Zeit durch Zufall auf diese Seite gestoßen und möchte gerne einmal loswerden, wie sehr mich die vielen positiven, ja teilweise sogar fast überschwänglichen Meinungen und Kommentare über meinen Vater freuen. Er wäre sehr stolz darauf!!! Vielen Dank Nicole
Du bist die Tochter von Heinz Drache
Gruß,
Janek
dein vater war ein bewundernswerter mensch. zudem auch noch ein toller schauspieler. er hat die wallace reihe sehr geprägt.
In diesem Jahr jährt sich der Todestag meines Vaters zum zehnten Mal und es ist so tröstlich, dass er in den Herzen vieler unvergessen ist, denn tot ist ja bekanntlich nur der, der vergessen wird!!! Schreiben Sie weiter so nett von Ihm
Zitat von flotiniIch darf Ihnen versichern, er war auch ein unglaublich toller Vater und ein großartiger Mensch!!! Ich vermisse Ihn sehr
Mich würde interessieren, ob Ihr Vater ein sehr Organisierter Mensch und ein Perfektionist war, wie er seine Rollen nämlich spielt, würde darauf schließen lassen, jeder Satz perfekt betont jede Bewegung wirkt elegant und sein Auftreten, dass eines wirklichen Gentelman
Er war ein großer Perfektionist in allem. Organisiert, würde ich sagen, war er beruflich natürlich auch, aber im privaten organisierte meine Mutter vieles. Aber darauf konnte er sich auch verlassen, dass war ihm wichtig!!