Zitat von Peter Ross im Beitrag #584Und morgen geht es mit einem Regisseur weiter, der auch stets in allen seinen 3 Wallace-Filmen als Co-Drehbuchautor beteiligt war.
Vermute ich richtig, dass er gerne Werner Peters und Dieter Borsche besetzte und besonders mit der CCC eng verbunden war?
Das greife ich dann mal direkt auf und berichte in wenigen Stunden über einen seiner Edgar-Wallace-Filme, in dem direkt beide Darsteller mitwirkten.
Franz Josef Gottlieb hätte heute seinen 92sten Geburtstag gefeiert
Bei drei echten Edgar Wallce-Filmen saß Gottlieb auf dem Regiestuhl: "Die Gruft mit dem Rätselschloss", "Der Fluch der gelben Schlange" und "Der schwarze Abt". Gerade letzterer Film ist sicher einer der Klassiker der Reihe. Daher greifen wir diesen Film heute einmal direkt auf.
Der schwarze Abt - ⭐️bester Film⭐️ von Regisseur F.J. Gottlieb Den Edgar-Wallace-Film „Der schwarze Abt“ (1963) als besten Film des Regisseur Franz Josef Gottlieb zu bezeichnen, ist etwas kühn angesichts der Vielzahl an Filmen verschiedenster Genres, die Gottlieb zu verantworten hat. Allerdings ist mir auch bei nochmaliger Durchsicht seiner Filmografie kein Film ins Auge gesprungen, den man getrost besser gelungen als „ Der schwarze Abt“ nennen könnte. Obwohl ich ehrlicherweise zugeben muss, dass ich zum Beispiel „Ehepaar sucht gleichgesinntes“ (1969) oder „Hurra, die Schwedinnen sind da“ (1978) in den späten 80er Jahren auf RTL wohl verpasst haben muss. Bester Film also, aber auch dieser Wallace-Film hat Stärken wie auch Schwächen. Schon der Titel macht uns unmissverständlich klar, dass wir es hier mit einem typischen Klassiker des Meisters ( jetzt meine ich Edgar Wallace) zu tun haben, was unsere Erwartungen natürlich schürt. Schloss Herdringen in Westfalen gibt wie auch schon in „Der Fälscher von London“ eine imposante Kulisse und überhaupt sieht dank Wilhelm Vorwerg und Walter Kutz alles wunderbar stilgerecht aus. Ausgeleuchtet und fotografiert ist es dank des erfahrenen Kameramann und Arnold-Fanck-Schülers Richard Angst auch hervorragend. Richard Angst hat schon mit „Die seltsame Gräfin“ seine Qualitäten eindrucksvoll bewiesen. Abstriche gibt es nur dafür, was gefilmt wurde: manchmal sind die Szenen etwas zu fantasielos geraten, zB Szenen in den Ruinen der Abtei, die allzu direkt und profan den Abt zeigen oder aber Pausen zwischen tollen Einstellungen, die aus dem Rhythmus fallen. Aber das geht aufs Konto der Regie. Auch der kreative Sound von Martin Böttcher ist wieder einmal mehr sehr atmosphärisch geraten und beschert dem Film eine ganz eigene Aura. Kommen wir zu den Darstellern. Auch hier kann man nur loben und bewundern. Der großartige Dieter Borsche bietet eine der besten Performances der gesamten Wallace-Reihe als psychotischer Lord Chelford und liefert damit eine der archaischen Wallace-Figuren, die nachhaltig im Gedächtnis bleiben. Alle anderen Schauspieler wie Fuchsberger, Kinski oder Regnier agieren natürlich ohne Mühe auf hohem Standardniveau, wenn auch ihre Möglichkeiten vom Regisseur nicht weiter ausgereizt wurden. Harry Wüstenhagen und Werner Peters sieht man in umgekehrten Rollen, der miese Erpresser ist normalerweise eher Wüstenhagens Stammfach, der in Bedrängnis kommende etablierte Mann eher Peters Stammfach. Dabei zieht Harry Wüstenhagen den kürzeren und bleibt etwas blass, aber das ist nicht seine Verantwortung, sondern die liegt wohl in der Besetzung. Werner Peters hingegen kann immerhin in einigen Szenen trotzdem herrlich unangenehm sein. Eddi Arent hat wie in allen Gottlieb-Filmen leider nur Gelegenheit zu ganz einfacher Komik. Peinlicherweise ist die Story das Hauptproblem des Streifens, denn eigentlich liegt das Drehbuch vergleichsweise ziemlich nah am Originalroman. Der doppelte Abt, die vielen verschiedenen und dadurch wirren Motivationen der handelnden Figuren und die unbefriedigende Auflösung enttäuschen leider, dabei wäre es dramaturgisch nicht schwierig gewesen, die Sachen effektvoll ins Lot zu bringen, Lord Chelford beispielsweise mit einem Überraschungs-Drahtzieher zu konfrontieren. Der Regisseur selbst hatte dem Drehbuch das Finishing gegeben. Alles in allem F.J. Gottliebs bester Film! Dank Horst Wendlandt, der für die Produktion wieder ein hochkarätiges Team für Stab und Besetzung aufbieten konnte. Rialto-Filme hatten auf diese Weise eben ihre zuverlässige Qualität. Leider ist trotz dessen kein Meisterwerk entstanden, dafür hätte man wohl einen anderen Regisseur gebraucht. Dieser Inhalt wurde von @fritz k zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!
Gestorben ist Franz Josef Gottlieb am 23.07.2006 im Alter von 76 Jahren. Geboren wurde er am 01.07.1930. Das war heute vor 92 Jahren.
Und morgen bleiben wir auf dem Regiestuhl und lassen den Big Ben erklingen.
Wie ich gerade sehe, ist dieser Beitrag leider zu früh online gegangen. Wir bewegen uns heute noch exakt 4 Monate vor seinem Geburtstag. Da sich der Beitag nicht mehr löschen lässt, hatte also Gottlieb noch 4 Monate, bis er dann auch das Licht der Welt erblickte.
Zitat von Peter Ross im Beitrag #587Harry Wüstenhagen und Werner Peters sieht man in umgekehrten Rollen, der miese Erpresser ist normalerweise eher Wüstenhagens Stammfach, der in Bedrängnis kommende etablierte Mann eher Peters Stammfach.
Das hatte ich bisher noch gar nicht so gesehen. Wobei Wüstenhagen eigentlich nur in den "toten Augen" erpresserisch tätig war; aber Flimmer-Fred prägt sich natürlich besonders ein.
Zitat von Peter Ross im Beitrag #587 Peinlicherweise ist die Story das Hauptproblem des Streifens, denn eigentlich liegt das Drehbuch vergleichsweise ziemlich nah am Originalroman.
Andersherum. Hier wurde versucht noch nahe am Roman zu bleiben, dennoch wurde das Drehbuch und die Prägnanz der Personen wesentlich besser. Diesem Drehbuch vorzuhalten daß es noch besser hätte sein können halte ich für verfehlt. Es ist noch nicht die Zeit erreicht, wo sich Drehbücher nach dem Geschmack vom "Wallace-Feeling" verselbständigt haben.
ZitatFazit Gottlieb ist ein guter Regisseur, aber ein schlechter Dramaturg. Der Abt ist zu jeder Zeit kurzweilig und atmosphärisch, aber zu keiner Zeit spannend. Lustigerweise ist der Film damit sowohl eine der größten vertanen Chancen der Reihe als auch eine erfrischende Abwechslung zu den anderen Filmen.
Bei dieser Meinung (dem Besprechungsthread im Unterforum entnommen) bleibe ich jetzt immer noch. Der "Abt" ist demzufolge für mich auch nicht der beste Gottlieb-Film. Den finde ich eher bei den Epigonen (Schwarze Witwe, Siebtes Opfer, Phantom von Soho). Und wenn ich den Höhepunkt von Gottliebs "echtem" Wallace-Schaffen heraussuchen müsste, wäre das die letzte halbe Stunde von der gelben Schlange. Leider ist die Stunde davor - trotz Braun, Regnier und Peters, denen man allen durchaus gerne zuschaut - absolut langweilig geraten.
Zitat von Count Villain im Beitrag #591Hier möchte ich mich mal selbst zitieren.
ZitatFazit Gottlieb ist ein guter Regisseur, aber ein schlechter Dramaturg. Der Abt ist zu jeder Zeit kurzweilig und atmosphärisch, aber zu keiner Zeit spannend. Lustigerweise ist der Film damit sowohl eine der größten vertanen Chancen der Reihe als auch eine erfrischende Abwechslung zu den anderen Filmen.
Bei dieser Meinung (dem Besprechungsthread im Unterforum entnommen) bleibe ich jetzt immer noch. Der "Abt" ist demzufolge für mich auch nicht der beste Gottlieb-Film. Den finde ich eher bei den Epigonen (Schwarze Witwe, Siebtes Opfer, Phantom von Soho). Und wenn ich den Höhepunkt von Gottliebs "echtem" Wallace-Schaffen heraussuchen müsste, wäre das die letzte halbe Stunde von der gelben Schlange. Leider ist die Stunde davor - trotz Braun, Regnier und Peters, denen man allen durchaus gerne zuschaut - absolut langweilig geraten.
Das unterschreibe ich zu 100%! Auch ich halte den Abt eher für einen der schwächeren Gottlieb-Filme, währenddessen gerade die Schlange, aber auch die Gruft aus meiner Sicht unter'm Strich zumindest teilweise besser als ihr Ruf sind. Der Abt krankt ganz besonders an dem Gottlieb-Problem, dass er einfach kein guter Drehbuchschreiber war. Am Ende kann man ja immer nicht sagen, wer von den Autoren nun die Vorlagen dergestalt verschlimmbesserte; an Gottliebs Filmen waren zumeist auch andere Autoren beteiligt. Angesichts eines unübersehbaren Musters muss aber wohl als überwiegend wahrscheinlich gelten, dass er selbst dafür die Verantwortung trug. Auch kann man nicht sagen, wie schlimm die Vorlagen nun wirklich immer waren, denn ein Regisseur mit Sinn für flotte und ironische Inszenierungen war er ja durchaus, und so rettet er sich in seinen gelungenen Filmen durch seine Inszenierung möglicherweise selber vor dem Untergang.
Der Abt ist so ein Paradebeispiel für misslungene Dramaturgie und schlechtes Timing. Streckenweise von viel zu getragener Stimmung, dann wieder überhastet mit gleich zwei Äbten, inszenatorisch am Ende noch unsauber aufgelöst. Das dauerhafte Herumgeschleiche in der Abtei, das Gottlieb schätzungsweise in 25 unterschiedlichen Darreichungsformen serviert, verbessert das Gesamtbild dann auch nicht. Möglicherweise ist der Abt der Wallace-Film innerhalb der Reihe, der bis in die letzte Nebenrolle am besten besetzt ist. Das gilt selbst für Dieter Borsche, der einen wirklich irren Lord abgibt, dessen Wirken jedoch in der Umgebung, in die ihn Gottlieb steckt, gar nicht funktionieren kann. Selbst wenn der zwielichtige Arthur Gine seine Schwester an den Lord vermarkten wollte, so muss es schon anno 1963 als fragwürdig zurückgeblieben sein, dass diese sich auch nur zehn Sekunden mit der Idee hätte anfreunden können, ihrem Bruder diesen Dienst zu erweisen. Ganz zu schweigen davon, dass sie sich auch noch (reichlich langatmig) mit dem irren Lord in zahlreichen Szenen auseinandersetzt.
Zurück zu Gottlieb selbst: Sollte ich eine Rangfolge seiner drei Wallace-Filme erstellen, so stünde vermutlich die Gruft an erster Stelle, gefolgt von der Schlange und am Ende trotz der tollen Besetzung bleibt dem Abt nur das Schlusslicht. Gottliebs Epigonen sind z.T. erheblich besser gelungen als seine Originale, hier vor allem Witwe, 7. Opfer und Phantom.
Zum Drehbuch des "Abtes" brauche ich nichts weiter zu schreiben, das wären nur Wiederholungen aus einem anderen Thread. Aber der Film an sich ist für mich ein gutes Beispiel für Gottliebs Stärken und Schwächen: Besetzung, Schauspielführung und Atmosphäre sind top, es fehlt allein die Spannung. Auch bei anderen Filmen von ihm kommt selten ein wirkliches Tempo vor, sie plätschern vor sich hin. Das unterscheidet ihn sowohl von Reinl als auch von Vohrer, die beide ein besseres Gefühl für Spannung und dramaturgisches Timing hatten. Speziell Reinl konnte selbst aus schwachen Drehbüchern noch zügige Filme machen, wie exemplarisch seine beiden Mabuse-Filme beweisen. Wie sehr Gottlieb beim "Abt" ins Drehbuch eingriff kann man ohne Kenntnis der verschiedenen Manuskripte natürlich nur schwer beurteilen.
Betrachtet man die Romanvorlage als Gogo-Mobil, dann ist es mit dem Drehbuch gelungen daraus einen Mittelklasse PKW zu erstellen. Verläßt man die Romanvorlagen hin zu freien Drehbüchern, dann kann man daraus sicher einen Rennwagen machen um gewünschten Ansprüchen zu genügen.
Helmut Ashley ist heute vor einem Jahr im hohen Alter von 101 Jahren leider verstorben
Helmut Ashley, der in den 1930er Jahren noch eine Ausbildung zum Fotografen machte, arbeitete bis 1960 als Kameramann, bevor er im Pater-Brown-Krimi "Das schwarze Schaf" sein Debüt als Regisseur gab. Dort war es aber vielleicht auch Heinz Rühmann, der sehr viel Einfluss auf die Arbeit nahm. Mit "Mörderspiel" (1961) gab es eine weitere Regiearbeit, die zu einem ordentlichen Werk führte. Gleich sein dritter Film war schließlich "Das Rätsel der roten Orchidee", der zugleich seine einzige Wallace-Arbeit bleiben sollte. Trotz guter Darsteller, einem ordentlichen Drehbuch und einer klasse Musik bleib es aber ein blasser Film, bei dem Spannung leider nicht so recht aufkommen mag. Zudem bringt das Werk eine ganz neue Note in die Reihe. "Gangsters of London" fehlen viele klassische Stilmittel, wie alte unheimliche Schlösser, viel Nebel, Grusel und ein furchteinflößender Mörder. Somit kann der Film gewissermaßen als Experiment der Reihe eingruppiert werden. Einen Stil, den man in den folgenden Edgar-Wallace-Filmen nicht weiter verfolgt und der dann eher wieder bei Jerry Cotton aufgegriffen wird. Später entwickelte sich Ashley zum Fernsehregisseur und war für über 100 Folgen von "Der Alte" und "Derrick" verantwortlich.
Geboren ist Ashley am 17.09.1919, gestorben am 02.07.2021. Er hatte ein sehr langes Leben, das leider genau heute vor einem Jahr seinen Abschluss fand.
Und am Montag geht es mit einen Wallace-Farb-Film-Darsteller weiter, der insgesamt 4 Auftritte hatte.
Zitat von Savini im Beitrag #597(ebenso wie bei EW)
Bei EW stand er aber maximal neutral zum Gesetz.
Sicher war er auch dann verdächtig; aber zumindest bei seinem letzten (und größten) Auftritt waren seine Motive rechtschaffen (die Methoden vielleicht nicht unbedingt).