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Dieses Thema hat 153 Antworten
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 Film- und Fernsehklassiker international
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Markus Offline



Beiträge: 683

07.01.2020 17:12
#76 RE: Elementary, my dear Rathbone: US-Sherlock-Holmes-Filme (1939-46) Zitat · Antworten

Falls du deine Erinnerungen auffrischen willst: Die Serie ist auf DVD erhältlich.
https://www.amazon.de/Sherlock-Holmes-Dr...31&s=dvd&sr=1-1



Gruß
Markus

Uli1972 Offline



Beiträge: 48

07.01.2020 18:13
#77 RE: Elementary, my dear Rathbone: US-Sherlock-Holmes-Filme (1939-46) Zitat · Antworten

Danke für den Tipp. Das ist eine Überlegung wert, zumal mir die Serie damals wirklich sehr gut gefallen hat. Daran kann ich mich zumindest noch erinnern.😊

Old Rascal Offline



Beiträge: 86

08.01.2020 12:21
#78 RE: Elementary, my dear Rathbone: US-Sherlock-Holmes-Filme (1939-46) Zitat · Antworten

Ich möchte auch noch mein Compliment für die tollen Rezensionen ausdrücken, die teilweise auch sehr kritisch sind. Die Propaganda stört mich selbst zwar eher weniger, da mich die Nazis ja selber im zartesten Alter fast weggeblasen hätten und ich wirklich keinen Grund habe sie zu lieben. Es ist aber sicher richtig die Politik als das zu sehen was sie ist. Auch begegnet man dem Thema in Filmen aus den 1940er regelmäßig und ich habe mich längst daran gewöhnt. Mir gefallen ausnahmslos alle Holmes Filme mit Basil Rathbone, habe aber schon auch die typischeren etwas lieber. Es freut mich sehr, dass sich auch jüngere Leute noch für diese Filme interessieren, die mich schon seit ewig begleiten. Weiter so, ich lese das sehr gerne:))

Havi17 Offline




Beiträge: 3.764

08.01.2020 14:20
#79 RE: Elementary, my dear Rathbone: US-Sherlock-Holmes-Filme (1939-46) Zitat · Antworten

Ja in der Tat es wurde Zeit, daß diese Filme auch hier entdeckt wurden, weiter so

Gruss
Havi17

brutus Offline




Beiträge: 13.030

11.01.2020 22:46
#80 RE: Elementary, my dear Rathbone: US-Sherlock-Holmes-Filme (1939-46) Zitat · Antworten

Verhängnisvolle Reise

Das Verschwinden eines britischen Staatsbürgers aus einem Zug kurz vor dem Bahnhof Washington ist sogar der BBC eine Nachricht wert. Kaum hat Sherlock Holmes diese im Radio gehört, erhalten er und Dr. Watson auch schon Besuch von einem leitenden Angestellte eines Pharmakonzerns, der ihnen mitteilt, der Verschwundene sei in Wirklichkeit ein Kurier seiner Firma, der die Aufgabe hatte geheime Unterlagen über neue Medikamente von London in die USA zu bringen. Nachdem Holmes erfährt, das es sich um einen ihm bekannten Privatdetektiv handelt, erklärt er sich zur Wiederbeschaffung der Papiere bereit. Er begibt sich zusammen mit Dr. Watson zuallererst in die Wohnung des Verschollenen und kann aus einigen Indizien ableiten, das dieser klugerweise nicht die Originaldokumente mit genommen hat, sondern die Papiere auf Mikrofilm kopiert und diesen dann in einem Alltagsgegenstand versteckt hat, einem Streichholzbrief. Holme und Watson fliegen unverzüglich nach Washington. Dort werden sie von Polizeikollegen in Empfang genommen und wollen zusammen den sichergestellten Eisenbahnwaggon in dem sich der Kurier zuletzt aufgehalten hat untersuchen, doch Unbekannte waren schneller, der Wagen wurde schon durchsucht verwüstet. Daraus und aus der Tatsache, das bei einigen der damals Mitgereisten eingebrochen wurde, schliesst Holmes messerscharf: die Entführer haben die Dokumente noch nicht in Händen, offensichtlich gelang es dem Kurier sie unauffällig einem Mitreisenden zuzuspielen. Holmes gelingt es dem Gedächtnis eines Schaffners Informationen über eine weitere Mitreisende zu entlocken: eine junge Dame, der der Kurie einmal Feuer gab und die am Ziel von einem jungen Offizier abgeholt wurde. Die Suche nach der Unbekannten endet erst, als Holmes in der Zeitung die Velobungsanzeige des Paares liest. Leider lesen die Entführer auch Zeitung, der Wettlauf beginnt.....

Nicht zuletzt der deutschen Synchro verdanken wir in Verhängnisvolle Reise endlich die Abkehr vom lästigen Propaganda-Überbau, der dem Zuschauer den Genuss der Holmes-Filme doch ziemlich vergällt hat. Zumal der Inhalt wichtiger Dokumente für die eigentliche Geschichte ohnehin nicht von Belang ist. Im Prinzip ist es eine ganz einfache Geschichte: ein Gegenstand verschwindet und muss vom Detektiv wiedergefunden werden.
Zusätzlich zum üblichen Spannungsaufbau (Mordanschlag auf Holmes, kaum das er den Fall angenommen hat) erfährt der Zuschauer dank Holmesscher Deduktion rasch den wichtigen Schachzug des Kuriers, den Mikrofilm im Streichholzbrief zu verschecken und ist so den meisten Protagonisten voraus, was den Aufenthaltsort des Films angeht, der häufiger den Besitzer wechselt.

Positive Stimmung verbreiten auch die Schauplätze: Sightseeing im sonnigen Washington statt Herumschleichen in düsteren Hafenecken, dazu reizvolle Kulissen, wie der Salonwagen, die Villa der Brauteltern und natürlich das formidable Antiquitätengeschäft. Dort taucht dann endlich mit George Zucco der Gegenspieler von Holmes auf, diesmal allerdings nicht als Prof. Moriaty (das wäre dann doch zu sehr an den Haaren herbeigezogen). Aber sein Stanley steht seinem Moriaty in Nichts nach, ein absolut überzeugender Gegenspieler für Sherlock Holmes. Das er seinem Ziel, den wertvollen Papieren, die ganze Zeit unwissentlich viel näher ist als Holmes, macht die Sache für den Zuschauer nochmal reizvoller.

Gelungene Fortsetzung der Sherlock Holmes Reihe. Der Ausflug in die USA ist für die Zuschauer alles andere als verhängnisvoll: 4,5 Punkte

Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 644

12.01.2020 07:19
#81 RE: Elementary, my dear Rathbone: US-Sherlock-Holmes-Filme (1939-46) Zitat · Antworten

Sherlock Holmes – Gespenster im Schloss (1943)


Handlung:

Mitten im zweiten Weltkrieg wurde Musgrave Hall, der Sitz einer alteingesessenen adligen Familie auf dem Lande, in ein Sanatorium für im Krieg nervlich lädierte Offiziere umfunktioniert. Im Dorfpub Rat and Raven raunt man sich allerlei üble Dinge über die Musgraves und ihr Zuhause zu. Dunkle Andeutungen werden gemacht, schon seit Jahrhunderten soll es da nicht mit rechten Dingen zugehen.
Dr. Watson, in diesem Film -gottlob- wesentlich aktiver als vorher, muss notgedrungen als Arzt für die verwirrten Seelen einspringen, doch schon nach kurzer Zeit geschieht Unschönes: Der Chefarzt Dr. Sexton wird fast das Opfer eines Mordanschlags, doch es gelingt ihm, sich verletzt zu retten.
Watson ist sich sicher: Da kann nur einer helfen ! Er bittet seinen Freund Sherlock Holmes um kriminalistischen Beistand, und die beiden sind noch nicht richtig angekommen, da finden sie schon der ersten Toten unter einem Laubhaufen verborgen. Es ist Geoffrey Musgrave, der älteste Sohn der Familie. Unter Verdacht gerät Captain Vickery, der die schöne und einzige Tochter des Hauses, Sally, ehelichen will, aber vom Familienoberhaupt eine Abfuhr bekommen hatte. Obwohl sich der ermittelnde Inspektor Lestrade seiner Sache sehr sicher ist, gehen Holmes und Watson von der Unschuld des Captains aus. Bald findet Holmes das nächste Opfer – Sohn Nummer zwei musste dran glauben. Hängt vielleicht alles mit dem geheimnisvollen Musgrave-Ritual zusammen, welches jedes angehende Oberhaupt des Sippe absolvieren muss ? Es handelt sich hier um die Rezitation eines jahrhundertelang überlieferten Gedichtes, dessen Sinn verloren gegangen ist, aber welches wohl doch eine tiefere Bedeutung haben soll. Davon ist nicht nur Sherlock Holmes überzeugt, auch der nicht sehr ehrerbietige Butler Brunton und sein ränkevolles Weib interessieren sich sehr für die Verse. Zu sehr, hat jedenfalls der ermordete Phillipp Musgrave gemeint, der den alten Bediensteten kurzerhand rausschmiss. Hat Brunton Rache genommen ? Und welche Rolle spielen überhaupt die sich verdächtig benehmenden drei Patienten und Offiziere Langford, Clavering und Mackintosh, die einiges zu verbergen scheinen ?
Holmes beginnt, der Sache mit der gewohnten Analytik auf den Grund zu gehen, selbst Bruntons Verschwinden kann ihn nicht irritieren, er untersucht Fußspuren und Geheimtüren, befragt Zeugen und stellt das mysteriöse Ritual in der großen Halle des Herrensitzes nach, mit dramatischen Konsequenzen…
Selbst nachdem das Geheimnis der merkwürdigen Verse großteils gelüftet ist, gibt es noch eine Menge zu tun, schließlich will ja noch ein gefährlicher mittlerweile dreifacher Mörder überführt werden. Das gelingt in einer recht komplexen Schlussszene auch schließlich.
Für Captain Vickery und die hübsche Sally Musgrave gibt es nun doch ein Happyend, die blaublütige Dame kann sich zudem auch noch von einer ganz noblen Seite zeigen, was alle fiesen Pläne des Mörders im Nachhinein noch ad absurdum geführt hat.


Bewertung:

Das literarische Ritual der Familie Musgrave ist eine echte Holmes-Story, die sich mit der Anfangszeit des großen Detektivs befasst und von ihm selber seinem Freund Watson erzählt wird. Holmes hatte nach dem steten Drängen seines Mitbewohners in der Baker Street angefangen aufzuräumen und war dabei auf eine Kiste mit Souveniren aus diesem Fall gestoßen.
Der Film hat die Grundidee der Geschichte aufgegriffen und sie noch um einiges ausgeschmückt und erweitert, er spielt immer noch in den vierziger Jahren, was diesmal allerdings kaum spürbar ist. Dabei hat man zum Glück auf politische Anspielungen verzichtet, wenngleich die Kriegszeit schon den Hintergrund gibt.
Das beginnt schon mit Kleinigkeiten. Als Dr. Watson die gemeinsame Wohnung betritt, hat Holmes gerade eine Schießübung absolviert, um die Aussage eines Verdächtigen zu überprüfen. Dabei hat er die gegenüberliegende Wand „verziert“, allerdings nicht mit einem altmodischen „V.R.“ (die Initialen der latinisierten Form von Königin Victoria), sondern nur mit einem "V" – dem zeitgenössischen Victory-Zeichen, auf das Mr. Churchill seine Landsleute eingeschworen hatte. Man sieht, auch hier geht es nicht ganz ohne Propaganda, doch kommt diese eher auf Zehenspitzen angeschlichen… Doch muss es dabei wenigstens auch eine „magische Kugel“ wie zwanzig Jahre später beim Kennedy-Attentat gegeben haben, wie anders hätte Holmes sonst mit seinem sechsschüssigen Revolver sieben Löcher in den Putz stanzen können…?
Doch im Prinzip hat der Film einen starken Nostalgie-Faktor, man hätte die Handlung ohne weiteres fünfzig Jahre früher in die Originalzeit verorten können, ohne großartig das Drehbuch zu ändern. Die Szenen auf dem Schloss mit seinen Kellern und Geheimgängen sowie auch die in der Dorfkneipe mit dem possierlichen dressierten Raben sind von zeitloser Altmodischkeit (im besten Sinne), ein paar wenige Einstellungen mit Autos und anderen Artefakten der moderneren Zeit würden halt durch Kutschen etc. ersetzt, sogar die genesenden militärischen Patienten auf dem Landsitz hätte man lassen können, da Britannia zur originalen Holmes-Ära die Welt mit ungezählten Kolonialkriegen überzog. Von den Folgen dieser Konflikte konnte ja auch Dr. Watson, der Afghanistan-Veteran, ein Lied singen.

Dabei erinnern der Täter sowie sein Motiv zumindest in Teilen sehr stark an Agatha Christies erst wesentlich später erschienenen Roman 16.50 Uhr ab Paddington. Aber letztlich kommt das Ganze in unzähligen Varianten in ziemlich vielen Krimis vor.
Neben der Verlagerung des Geschehens auf Musgrave Hall ist vor allem der Butler Brunton eine wichtige Figur aus der Doyle-Vorlage, sein Interesse für den Familienritus und auch sein unrühmliches Ende in der Unterwelt des Herrensitzes lehnen sich an die Geschichte an. Aus dem eher an eine Schnitzeljagd im Außengelände erinnernden Vers-Ritual der Vorlage hat man im Film sehr gut ein Schach-Rätselspiel in der entsprechend schwarzweiß gefliesten großen Halle des Landhauses gemacht.
Die Überführung des Mörders, welcher seine Spuren weitgehend verwischt hat, ist von Holmes etwas sehr konstruiert, aber sehr wirkungsvoll inszeniert. Wie er so schnell auf das Motiv gekommen ist, bei dem die junge Miss Musgrave eine Schlüsselrolle spielt, erscheint etwas lapidar hingeworfen.
Dass es im Endeffekt um ein jahrhundertealtes Schriftstück mit immer noch rechtsgültigen erheblichen Ansprüchen geht, ist wieder mal so typisch englisch und passt haargenau zu dieser old-fashioned Affäre. Der großzügige Verzicht der verbliebenen Erbin auf ihre Rechte, die eine Menge einfacher und gesetzestreuer Bürger wohl ins Unglück stürzen würden, kann wohl auch vor dem Hintergrund des Krieges gesehen werden, wo doch alle Briten für die edle gemeinsame Sache zusammenrücken müssen. Deshalb wurde das Ganze offenbar in der deutschen Version ursprünglich herausgeschnitten. Obwohl es ja nun wahrlich nicht so schlimm ist.
Auch nicht so schlimm sind die seelischen Schäden, die die medizinisch betreuten Frontkämpfer erlitten haben, welche bei den Musgraves einquartiert wurden. Die erscheinen eher wie ein Haufen großer Jungs, die alle irgendeinen fast lustigen Tick haben und weiterhin gerne Soldat spielen. Im Interesse der Durchhaltemoral konnte man natürlich keine wirklich von Kriegsneurosen gebeutelten menschlichen Wracks mit Zitteranfällen, Panikattacken und Schreikrämpfen darstellen, es ist überhaupt erstaunlich, dass die psychischen Folgen der Kampfhandlungen auf die „Kombattanten“ thematisiert worden sind, ein Sachverhalt, der auch heutigentags gerne noch tabuisiert wird.

Viel besser ist diesmal die Rolle des guten alten Watson. Er wirkt jetzt nicht mehr wie nur ein Anhängsel des großen Superschnüfflers, sondern hat durchaus auch eigenständige Anteile. Sein ärztliches Können steht hier außer Frage, außerdem ist er wirklich ein aktiver und rasch handelnder Helfer, der Holmes eine große Stütze ist. Der berühmte Londoner Detektiv wird von Watson in die wunderliche Gesellschaft auf dem Lande eingeführt und tritt hier auch erst mal bescheiden zurück, es ist schon fast ein Rollentausch, wenn ihn der Doktor als „seinen Freund, Mr. Holmes“ vorstellt. Natürlich reißt dieser bald die Führungsrolle an sich, doch das ist ja auch gut so, denn er ist ja schließlich auch Sherlock Holmes !

Diese Folge hat mir wesentlich besser als die bisherigen gefallen, mit Ausnahme des "Hundes" sicherlich.
Kaum Propaganda, dafür schöne semi-victorianische Atmosphäre, eine schaurige Mordserie, klug ausgetüftelte Rätsel und diesmal wirklich ein harmonisches Zusammenspiel der beiden bekannten Hauptpersonen – hoffentlich geht es so weiter.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

12.01.2020 11:29
#82 RE: Elementary, my dear Rathbone: US-Sherlock-Holmes-Filme (1939-46) Zitat · Antworten

Sherlock Holmes Faces Death (Gespenster im Schloss, 1943)



Regie: Roy William Neill

Produktion: Universal Pictures, USA 1943

Mit: Basil Rathbone, Nigel Bruce, Dennis Hoey, Arthur Margetson, Hillary Brooke, Halliwell Hobbes, Minna Phillips, Gavin Muir, Milburn Stone, Gerald Hamer, Vernon Downing, Olaf Hytten, Frederick Worlock, Joan Blair, Mary Gordon


Handlung:

Dr.Watson befindet sich als vertretender Arzt auf Musgrave Manor in Northumberland. Dort ist eine Anstalt für geistig traumatisierte Offiziere eingerichtet. Da auf seinen Arztkollegen Dr.Sexton ein Anschlag verübt wird und in kurzer Folge die beiden Musgrave-Brüder ermordet werden, tritt Sherlock Holmes auf den Plan und ermittelt in den unheimlichen Gemäuern, wo das jeweils neue Familienoberhaupt immer in einem gespenstischen Ritual eingesetzt wird, das auf den ersten Blick zwar keinen wirklichen Sinn ergibt, bei genauerem Hinsehen allerdings eine verschlüsselte Botschaft enthält...


Anmerkungen:

Die mehr als ausgiebige Propagandaphase der Universal-Holmes-Filme ist nun vorbei und "Sherlock Holmes Faces Death" markiert die Wende von der "Moderne" zurück zu den Gothic-Elementen und einem klassischeren Flair. Nazispione weichen herkömmlicheren Mordgesellen, die in urtypisch altenglischen Gemäuern umgehen, wo man stolz auf seine Hausgeister ist. Leider treten keine (unechten) Gespenster in Erscheinung, dafür aber das berüchtigte Musgrave-Ritual mit seinen mystischen Worten, die eine Verflechtung mit dunklen Kräften andeuten, mit denen nicht zu Spaßen ist. Ein während des Rituals direkt durch das Fenster in einen eisernen Heinrich einschlagender Blitz setzt dann auch noch einen dramaturgischen Akzent (Das alte Herrenhaus scheint offenbar nicht mit einem Blitzableiter nachgerüstet worden zu sein ). Auch ein Rabe darf als Todesbote in Erscheinung treten. Holmes mehr als seltsame Frisur weicht endlich wieder seinem ursprünglichen Aussehen aus den beiden 20th-Century-Fox-Filmen. Das Kriegsgeschehen fungiert lediglich als Hintergrund für die sich auf Musgrave Manor befindlichen seelisch angeschlagenen Patienten. Das in diversen Krimis gerne verwendete Element der "Damsel in distress" wird von der hübschen und in den 40er-Jahren gerne besetzten Hillary Brooke verkörpert.

Die Identität des Mörders ist keine wirklich große Überraschung, hat sich dieser doch auf dem lebensgroßen "Schachbrett" schon durchaus verdächtig verhalten. Die Finte, sich vom Unhold im dunklen Kellergewölbe überwältigen zu lassen und diesem dann ein Gefühlt der Überlegenheit zu geben, das ihn bereitwillig zu einem Geständnis hinreißen lässt, trägt wieder einmal die deutliche Handschrift des alten Fuchses Holmes. Allerdings erscheint es vom Täter schon sehr naiv, sich dorthin locken zu lassen, müsste dieser bei hinreichender geistiger Wachheit eigentlich damit rechnen, dass der Ort von nun an beobachtet wird. Ausgesprochen vermessen ist es auch, mit wecher Selbstverständlichkeit er davon ausgeht, die junge und hübsche Sally Musgrave zu heiraten, nachdem er die Konkurrenz ausgeschaltet hat. Zwischen den beiden ist keinerlei Chemie spürbar, zumal sie ohnehin nur Augen für ihren geliebten Captain Vickery hat. Außerdem besteht da noch ein beträchtlicher Altersunterschied, der auf Seiten des Antagonisten weder durch ein besonders attraktives Erscheinungsbild noch durch herausragenden Charme wettgemacht wird.

Die Idee, eine versteckte Botschaft über ein Schachbrett und dessen Figuren zu kommunizieren zeugt von einer erfrischend verspielten Phantasie. In den Katakomben unten wird der Gothic-Horror-Fan dann mit dem Setting von Bela Lugosis "Dracula" verwöhnt, das auch hier seine Wirkung als atmosphärisches Schmankerl nicht verfehlt. Die wüste Schlägerei mit dem entlarvten Täter ist für Gentleman Holmes ungewohnt grob.

In dem typisch Britischen Pub "The Rat and the Raven" ist ganz zu Beginn der erst knapp 20-jährige Peter Lawford, späteres Mitglied des legendären Rat-Pack und Kennedy-Schwager (Brother in Lawford), als junger Seemann zu sehen.

Das folgende Schlusswort lässt natürlich Raum für Spekulation offen, dürfte aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine moralische Überlegenheit gegenüber den Nazis ausdrücken wollen.

Zitat
There’s a new spirit abroad in the land. The old days of grab and greed are on their way out. We’re beginning to think of what we owe the other fellow, not just what we’re compelled to give him. The time’s coming, Watson, when we shan’t be able to fill our bellies in comfort while other folk go hungry, or sleep in warm beds while others shiver in the cold; when we shan’t be able to kneel and thank God for blessings before our shining altars while men anywhere are kneeling in either physical or spiritual subjection.... And God willing, we’ll live to see that day, Watson.


Fazit:

Schön klassisch-konservativer Holmes-Film, der hinreichend mit englischen Gothic-Klischees und einer ausgetüftelten Detektivgeschichte angereichert ist. Das so oft genutzte Motiv der Habgier auf eine Erbschaft ist zwar alles andere als neu, wird bei dieser Art Krimi aber regelrecht erwartet. 4,5 von 5 Punkten.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

12.01.2020 12:00
#83 RE: Elementary, my dear Rathbone: US-Sherlock-Holmes-Filme (1939-46) Zitat · Antworten



Gespenster im Schloss (Sherlock Holmes Faces Death)

Kriminalfilm, USA 1943. Regie: Roy William Neill. Drehbuch: Bertram Millhauser (Vorlage „The Adventure of the Musgrave Ritual“, 1893: Sir Arthur Conan Doyle). Mit: Basil Rathbone (Sherlock Holmes), Nigel Bruce (Dr. John Watson), Hillary Brooke (Sally Musgrave), Gavin Muir (Phillip Musgrave), Halliwell Hobbes (Butler Brunton), Dennis Hoey (Inspektor Lestrade), Arthur Margetson (Dr. Sexton), Milburn Stone (Captain Vickery), Vernon Downing (Clavering), Gerald Hamer (Langford) u.a. Uraufführung (USA): 17. September 1943. Erstsendung (DDR, 1. Synchronisation): 14. August 1969. Erstsendung (DDR, 2. Synchronisation als „Das tödliche Ritual“): 7. Februar 1981. Eine Produktion von Universal Pictures.

Zitat von Gespenster im Schloss
Auf dem Schloss Hurlstone Towers, wo Dr. Watson ein Sanatorium für Kriegsveteranen eingerichtet hat, soll es angeblich spuken. Während sich die Dorfbewohner noch Schauermärchen erzählen, wird auf Watsons Assistent Dr. Sexton ein Mordanschlag verübt. Auch der Herr des Hauses, Geoffrey Musgrave, findet ein jähes Ende. Die Erbfolge der Musgraves ist durch ein altes Ritual festgesetzt, dessen Bedeutung der hinzugezogene Sherlock Holmes erst erkennt, als sich die Ereignisse erneut fatal zuspitzen. Wer hat es auf die Familie Musgrave abgesehen – und mit welchem Motiv?


Auch wenn durch das in Hurlstone Towers untergebrachte Soldatensanatorium ein minimaler Hauch von Kriegszeitgeist in „Gespenster im Schloss“ auszumachen ist, so markiert dieser Film doch die radikalstmögliche Kehrtwende gegenüber seinen drei Vorgängerproduktionen. Erneut zeichnete Bertram Millhauser fürs Drehbuch verantwortlich; im Gegensatz zur modernen und latent propagandistischen „Verhängnisvollen Reise“ reihte der Autor jedoch wie an einer Kette grob ausgeformte, weltentfremdete Gothic-Klischees altenglischen Schlossgrusels aneinander: den vielwissend umherschleichenden Butler, den unleidlichen Familienpatriarchen, einen angeblichen Familienfluch, das Flackern von Kerzen- und Kaminlicht, Gewitterstürme, eine etwas übersinnliche Mordserie und die nötige Dosis düsterer Kellergewölbe. Einige dieser Elemente wirken überaus reizvoll, zumal man sich (lose) auf eine von Sir Arthur Conan Doyles attraktivsten Kurzgeschichten beruft. In ihrer Gesamtheit erscheinen sie allerdings recht überkandidelt; die Verdichtung der Atmosphäre gelingt den „Gespenstern im Schloss“ nicht so galant wie anderen Filmen der Reihe, die weniger künstlich und aufgesetzt wirken.

Ein wesentlicher Teil des etwas angestrengten Seheindrucks lässt sich auf Halliwell Hobbes und dessen schwache Verkörperung der zentralen Butler-Brunton-Rolle zurückführen. Bei Doyle ist Brunton ein verkapptes Genie; hier wird er als Horcher an der Wand und plumper Trunkenbold dargestellt. Leider sind auch die anderen Parts nur sehr flach ausgearbeitet, was sich insbesondere bei den Soldaten bemerkbar macht: Aufgrund ihrer Spleens treten Akteure wie Gerald Hamer, Vernon Downing und Olaf Hytten hier lediglich als Knallchargen in Erscheinung und kommen als ernsthafte Tatverdächtige nicht in Frage, sodass der Zuschauer kaum Auswahl für die Identität des letztlichen Haupttäters hat. Dieser erweist sich zu allem Überfluss als absolut farblose Figur, was durch die schöne Inszenierung der finalen Konfrontation zwischen ihm und Sherlock Holmes zumindest einigermaßen wettgemacht wird. Das Finale nimmt auch zeitlich relativ großen Raum ein und reißt den nicht zuletzt aufgrund mehrerer Logikmangel (die irreführende Rückblende, die dreizehnmal schlagende Uhr) sonst eher schwachen Gesamteindruck kräftig nach oben.

Auch in anderen Belangen demonstriert Roy William Neill wieder seine Eignung als Regisseur dieser speziellen Reihe: Ihm gelingt bei allen Kaspereien eine solide Atmosphäre der Bedrohung und vor allem eine konzentrierte Regieführung, die alles Unwesentliche unter den Tisch fallen lässt. In vielen Szenen laufen mehrere wichtige Dinge konzentriert – teilweise parallel – ab, es wird auf ausführliche Ausschmückungen verzichtet und zentrale Kernszenen wie die zwei eindrucksvollen Rezitationen des Musgrave-Rituals (in der Szene mit dem Blitzeinschlag und bei der Rekonstruktion auf dem Schachbrett-Boden in der großen Schlosshalle) kommen hervorragend zur Geltung. Dem Raben im Dorfpub verlieh offenbar Walter Niklaus, der Sherlock-Holmes-Sprecher, seine Stimme – ein netter running gag. Watson wird durch seine Tätigkeit als Mediziner hier etwas ernsthafter dargestellt, wohingegen Dennis Hoey als Lestrade einen sehr peinlichen Auftritt absolviert. Alles in allem leider kein Höhepunkt der Rathbone-Reihe, sondern trotz eigentlich guter Ausgangslage wegen starker Konkurrenz höchstens ein Fall fürs untere Mittelfeld.

Man nehme „Das Musgrave-Ritual“ und überlade eine bereits perfekt ausgetüftelte Story mit unnötigen Schauereffekten, die von Feinheiten des Falles sowie der Figurenzeichnung ablenken. Die ungeschickte Herangehensweise kostet den Fall leider einiges Prestige, was ebenfalls für den überreich dosierten Humor gilt. Universals Grusel-Erfahrung (der Film wurde in erprobten Horrorfilm-Kulissen gedreht) hilft da nur bedingt als Ausgleich.

Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 644

12.01.2020 19:16
#84 RE: Elementary, my dear Rathbone: US-Sherlock-Holmes-Filme (1939-46) Zitat · Antworten

Zitat von patrick im Beitrag #82
Die wüste Schlägerei mit dem entlarvten Täter ist für Gentleman Holmes ungewohnt grob. grin]


Sherlock Holmes war aber auch ein begeisterter Amateurboxer, Spezialist im Stockfechten und zudem in der etwas diffusen Kampfsportart Baritsu beschlagen. Er musste sich im Verlauf seiner Abenteuer mitunter recht heftig seiner Haut erwehren, etwa in den Fällen Die einsame Radfahrerin, Der berühmte Klient und natürlich auch in Das letzte Problem.
Ich vermute mal eher, es ist ihm ganz schön gegen den Strich gegangen, sich im Rahmen seiner List von dem Musgrave-Killer k.o. schlagen lassen zu müssen.


Zitat von Gubanov im Beitrag #83
Das Finale nimmt auch zeitlich relativ großen Raum ein und reißt den nicht zuletzt aufgrund mehrerer Logikmangel (die irreführende Rückblende, die dreizehnmal schlagende Uhr) sonst eher schwachen Gesamteindruck kräftig nach oben.


Meinst Du die Rückblende, wo Sexton seinen auf ihn verübten Angriff schildert ? Das fand ich auch ziemlich happig, vielleicht gerade noch vertretbar.
Später hat er ja noch von einem zweiten Angriff auf ihn geredet, was aber irgendwie nicht weiter verfolgt wurde.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

12.01.2020 21:06
#85 RE: Elementary, my dear Rathbone: US-Sherlock-Holmes-Filme (1939-46) Zitat · Antworten

Zitat von Dr. Oberzohn im Beitrag #84
Zitat von patrick im Beitrag #82
Die wüste Schlägerei mit dem entlarvten Täter ist für Gentleman Holmes ungewohnt grob. grin]


Sherlock Holmes war aber auch ein begeisterter Amateurboxer, Spezialist im Stockfechten und zudem in der etwas diffusen Kampfsportart Baritsu beschlagen. Er musste sich im Verlauf seiner Abenteuer mitunter recht heftig seiner Haut erwehren, etwa in den Fällen Die einsame Radfahrerin, Der berühmte Klient und natürlich auch in Das letzte Problem.
Ich vermute mal eher, es ist ihm ganz schön gegen den Strich gegangen, sich im Rahmen seiner List von dem Musgrave-Killer k.o. schlagen lassen zu müssen.



Okay. Man ist die Prügeleien bei ihm aber weniger gewohnt. Das passt eher zu James Bond.

Count Villain Offline




Beiträge: 4.616

13.01.2020 09:08
#86 RE: Elementary, my dear Rathbone: US-Sherlock-Holmes-Filme (1939-46) Zitat · Antworten

Zitat von Dr. Oberzohn im Beitrag #84
Meinst Du die Rückblende, wo Sexton seinen auf ihn verübten Angriff schildert ? Das fand ich auch ziemlich happig, vielleicht gerade noch vertretbar.


Ich fand das überhaupt nicht schlecht. Eher im Gegenteil. Das ist ja so gesehen nicht Teil des Handlungsverlaufs, sondern nur die Visualisierung von Sextons Erzählung, nachdem er bereits die Verletzung davongetragen hat. Quasi das, was der "unreliable narrator" in gedruckten Geschichten ist.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

13.01.2020 19:12
#87 RE: Elementary, my dear Rathbone: US-Sherlock-Holmes-Filme (1939-46) Zitat · Antworten

So mag es auch gemeint gewesen sein, aber es gibt eigentlich wie bei geschriebenen Whodunits auch bei Kriminalfilmen einen ausdrücklichen Konsens darüber, dass mit dem Zuschauer fair umgegangen muss, damit dieser in der Lage ist, den Mörder zu finden. Das heißt, dass der Schurke zwar Lügen erzählen darf, diese aber nicht durch bildliche Rückblenden untermauert werden dürfen, weil der Zuschauer sonst gezwungen ist, sie für bare Münze zu nehmen. Jemandem beim Lügen zuhören, ist das eine. Die Lüge mit eigenen Augen sehen, das andere. Hitchcock kam für eine Verletzung dieser Regel 1950 bei "Die rote Lola" ins Kreuzfeuer der Kritik.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

19.01.2020 10:30
#88 RE: Elementary, my dear Rathbone: US-Sherlock-Holmes-Filme (1939-46) Zitat · Antworten



Das Spinnennest (The Spider Woman)

Kriminalfilm, USA 1943. Regie: Roy William Neill. Drehbuch: Bertram Millhauser (frei nach Sir Arthur Conan Doyle). Mit: Basil Rathbone (Sherlock Holmes), Nigel Bruce (Dr. John Watson), Gale Sondergaard (Adrea Spedding), Dennis Hoey (Inspektor Lestrade), Vernon Downing (Norman Locke), Alec Craig (Radlik), Arthur Hohl (Adam Gilflower), Mary Gordon (Mrs. Hudson), Harry Cording (Fred Garvin), Teddy Infuhr (Larry) u.a. Uraufführung (USA): 10. Dezember 1943. Erstsendung (DDR, 1. Synchronisation): 19. Juni 1969. Erstsendung (DDR, 2. Synchronisation als „Die Spinnenfrau“): 7. Juni 1981. Eine Produktion von Universal Pictures.

Zitat von Das Spinnennest
Sherlock Holmes gibt vor, in seinem Schottlandurlaub aufgrund eines Schlaganfalls zu Tode gestürzt zu sein, um in Ruhe und ohne Aufsehen gegen seine vielleicht teuflischste Konkurrentin ermitteln zu können: Die ebenso schöne wie skrupellose Adrea Spedding bedient sich einer Spinne mit haluzinösem Gift, um reihenweise Menschen ihres Geldes wegen in den Tod zu stürzen. Sie lässt diese Taten auf geschickte Weise wie Selbstmorde aussehen. Holmes kann sich ihr in der Verkleidung eines indischen Offiziers nähern; doch als seine Maskerade auffliegt, bringt ihn das mehrfach in Lebensgefahr. Adrea kann nämlich auch andere Mordinstrumente sehr fantasievoll einsetzen ...


Kurioserweise sind es im Rahmen der Rathbone-Holmes-Serie (mit Ausnahme von „Hund“ und „Perle“) die freier gestalteten Geschichten, aus denen besonders gelungene Filme gefertigt wurden. Dies gilt insbesondere für „Das Spinnennest“, das zwar vor lauter Anspielungen auf einzelne Aspekte aus Holmes-Geschichten überquillt, aber doch keiner einzigen davon besonders eng folgt. Als grundlegende Inspirationsquellen dienten wohl „Das gefleckte Band“ (Tiermord durch Lüftungsgitter), „Sein letzter Fall“, „Das leere Haus“ und „Der sterbende Detektiv“ (Vorschützen des Todes von Sherlock Holmes) sowie „Der Teufelsfuß“ (Anschlag mit giftigem Rauchgas). Wild, wenngleich nicht immer logisch durcheinandergewürfelt und um eine Schurkin ergänzt, die trotz dreifacher Moriarty-Ausstattung der Reihe die Krone als würdigste Gegenspielerin trägt, gelang Bertram Millhauser und Roy William Neill hier ein lupenreiner Höhepunkt – „Das Spinnennest“ läutet die stärkste Phase der Serie ein.

Im Gegensatz zu „Gespenster im Schloss“ und „Die Kralle“, die beide entlegene Dorf-Settings haben, findet sich der Zuschauer hier unmittelbar in London wieder, was mit einem Weniger an gruseligem Bohei und einem Mehr an tatsächlicher Härte verbunden ist. Eine (Selbst-)Mordreihe wird in nur wenigen Sekunden zu Beginn des Films in schonungslosen Bildern im Stil einer Wochenschau zusammengestellt; das Rätsel, wie die Leben der betroffenen Männer endeten, erfüllt den Zuschauer mit ängstlicher Erwartung. Man sieht sehr gern, dass Holmes zur Lösung dieser Problematik wieder einmal in die Verkleidungskiste greift, sodass sich der Totgeglaubte als Rajni Singh ein wundervolles Katz-und-Maus-Spiel mit Adrea Spedding liefern darf. Dass sich die „Spinnenfrau“ recht früh aus der Deckung wagt, tut dem Film keinen Abbruch, weil dadurch einerseits Gale Sondergaard ihr darstellerisches Talent ausführlich demonstrieren darf und die Rolle der Adrea andererseits auch eine stärkere dämonische Qualität erhält als bei Verbrechern, die bis zum Ende aus dem Dunkeln heraus agieren. Wir erleben mit, wie die Mörderin stets neue Bösartigkeiten erdenkt, um Holmes zu beseitigen oder auf die falsche Fährte zu locken – einschließlich eines stummen Kindes, das zur Ablenkung Sündenbock für die Morde spielen soll. „The Spider Woman“ hinterließ auf das US-Publikum 1943 offenbar einen so starken Eindruck, dass Sondergaard drei Jahre später eine ähnliche, dann jedoch mehr in Vampirhorror-Richtung tendierende Verbrecherin in „The Spider Woman Strikes Back“ spielte. Folgerichtig bezeichnet die IMDb Sondergaards Rollen als „sly, manipulative, dangerously cunning and sinister“.

Neben der fesselnden, kreativen Handlung überzeugt der Film auch in einer leichten Variation der bekannten Vorspanngestaltung und Titelmusik von Frank Skinner sowie in der Kameraführung, die gerade in den nächtlichen Szenen sowie bei den Attentaten echte Film-Noir-Stimmung aufkommen lässt. Charles van Enger war als Kameramann nur an „Gespenster im Schloss“ und „Das Spinnennest“ beteiligt, drückte der Reihe aber einen überzeugenden und nach den manchmal etwas nüchtern aussehenden Kriegsfilmen gleichsam fantasievollen Stempel auf. Seine Arbeit ergänzt sich gut mit der teilweise überdurchschnittlich hochwertigen Ausstattung (z.B. Adreas Wohnung) sowie dem dynamischen Finale, in dem die Macher der DDR-Fassung ihre liebe Mühe hatten, alle Einstellungen mit einer Hitler-Schießbudenfigur fein säuberlich zu entfernen. Ein weiterer Unterschied zwischen den Versionen ist, dass der Zuschauer in der deutschen nichts von dem Zwergmenschen im Koffer von Adreas Handlanger erfährt und so Teile ihres geschickt ausgetüftelten Plans im Dunkeln bleiben.

Während „Das Spinnennest“ für Watson, Lestrade und Mrs. Hudson mit dem Schock des Ablebens von Sherlock Holmes beginnt, darf der Zuschauer erwartungsvoll ein „Duell der Giganten“ zwischen dem natürlich nicht verblichenen Meisterdetektiv und einer besonders formidablen Gegnerin verfolgen. Dieser Film demonstriert, wie man die seriösen, manchmal etwas verstaubten Doyle-Vorlagen in den 1940er Jahren mit zeitgenössischem Grusel und kompromisslosen Krimiabenteuern kombinieren konnte. Absolut sehenswert!

patrick Offline




Beiträge: 3.245

19.01.2020 11:18
#89 RE: Elementary, my dear Rathbone: US-Sherlock-Holmes-Filme (1939-46) Zitat · Antworten

The Spider Woman (Das Spinnennest, 1943)



Regie: Roy William Neill

Produktion: Universal Pictures, USA 1943

Mit: Basil Rathbone, Nigel Bruce, Gale Sondergaard, Dennis Hoey, Vernon Downing, Alec Craig, Arthur Hohl, Mary Gordon, Teddy Infuhr


Handlung:


In London ereignet sich eine mysteriöse Serie von Pyjama-Selbstmorden in unauffälligen Hotelzimmern. Sherlock Holmes täuscht seinen Tod vor, da er überzeugt ist, dass es sich in Wirklichkeit um Morde handelt und er durch sein Abtreten die Täter in Sicherheit wiegen möchte. Rasch erkennt er, dass die Verbrechen die Handschrift einer Frau tragen. Er mietet sich unter den gleichen Bedingungen wie die Opfer in einem Hotelzimmer ein, um am eigenen Leibe zu erfahren wie diese zu Tode gekommen sind...

Anmerkungen:


Der vorliegende Streifen lehnt seine Handlung an die bekannte Holmes-Erzählung "The Speckled Band" an und macht die Geschichte bedeutend filmwirksamer als das Original, indem er anstatt einer Schlange eine große, fette Spinne als todbringendes Objekt aktiv werden lässt. Selbstverständlich handelt es sich dabei um eine Phantasiespinne, da es Achtbeiner in dieser Größe mit einem entsprechend starken halluzinogenen Nervengift natürlich gar nicht gibt. Darüber sieht man aber sehr gerne hinweg, da man den Auftritt des Krabbeltieres wirklich nicht missen möchte.

Der Film beginnt mit Holmes vermeintlichen Tod und seinen trauernden "Angehörigen" Dr.Watson und Mrs.Hudson, die ihm vermutlich als einzige wirklich nahe stehen. Auch Inspektor Lestrade, mit dem ihn eine Hassliebe verbindet, ist sichtlich mitgenommen und er möchte unbedingt Holmes Lieblingspfeife als Andenken, die er Dank dessen unkomplizierter Großzügigkeit dann auch behalten darf. Natürlich dauert es nicht lange, bis der findige Holmes in einer seiner vielen Verkleidungen in den eigenen vier Wänden wieder auftaucht, noch bevor diese völlig leergeräumt werden. Der Meisterdetektiv wird hier ganz besonders frauenfeindlich dargestellt, was seinen Erklärungen, woran er bei den Verbrechen eine weibliche Handschrift erkennt, unschwer zu entnehmen ist. In Adrea Spedding, die von der zum Zeitpunkt der Entstehung nicht mehr sonderlich jungen Gale Sondergaard dargestellt wird, findet er dann auch bald eine fast ebenbürtige Gegenspielerin. Sie durchschaut nicht nur seine Verkleidung, was sie an einigen Stellen verbal andeutet, sondern verübt in seinem eigenen Heim auch noch einen perfiden Anschlag, den er und Watson mit nur knapper Not überleben. Adrea Spedding ist eine einigermaßen attraktive aber völlig skrupellose Dame vom Typ "Schwarze Wittwe", welche die zugänglicheren Ihrer männlichen Opfer wohl auch amourös verführt haben dürfte, bevor sie deren Schicksal besiegelte.

Etwas unbefriedigend ist das Finale, wo der an eine Hitler-Schießbudenfigur angebundene Holmes nicht weniger als drei Mal durch einen sehr konstruierten Zufall dem sicheren Tod entgeht. Hier hätte es schon eine originellere Idee sein dürfen, ihn aus der Klemme kommen zu lassen. Auch ist es schon sehr merkwürdig, dass an einem gewöhnlichen Rummelplatz mit scharfer Munition geschossen wird. Der zwergwüchsige Eingeborene wurde leider völlig verschenkt. Nachdem die kleinen Fußspuren ein spannendes Mysterie-Element in's Spiel bringen, wird man am Schluss mit einem völlig lapidaren Auftritt des kleinen Mannes abgespeist. Er wird völlig unmotiviert und nur sehr kurz in's Bild gerückt, gerade so, dass der Bestätigung von Holmes Verdacht noch notdürftig Genüge getan wird. Diese Schwächen werden aber vom Spannungsbogen, der die Geschichte trägt, sehr gut abgefangen. Zum ersten Mal im Rahmen der Reihe sieht man Holmes bei einer Freizeitbeschäftigung mit Dr.Watson, nämlich beim Forellenfischen in Schottland, wo er schon sehr bald seinen Scheintod stirbt. Es folgt dann die Bekanntschaft mit einem auf ganz andere Art schrecklichen Untier als der gute alte "Hund von Baskerville" es gewesen ist und der Detektiv wird erstmals von einer Frau in ernsthafte Schwulitäten gebracht.

Der Holmes des 20.Jahrhunderts wird ab diesem Film seinem klassischen Erscheinungsbild wieder einen Schritt näher gebracht, indem sein Tweed-Mantel mit einem dazu passenden Hut kombiniert wird, der seinen bisherigen Fedora ersetzt und dabei nicht aus dem Rahmen fällt, wie es beim Deerstalker zweifellos der Fall gewesen wäre. Obwohl Holmes der holden Weiblichkeit nicht sonderlich zugeneigt ist, beweist er einen charmanten und kompetenten Umgang mit Frauen, auch wenn dabei seine Distanziertheit immer spürbar bleibt.

Fazit:


Spannender und ideenreicher Mysterie-Holmes, der erfreulicherweise wieder einmal mit ein bisschen Tier-Horror aufwartet, dabei aber leider den Pygmäen, der ein wirklich dankbares und filmwirksames Element geliefert hätte, bei der Inszenierung sträflich vernachlässigt. Ganz ohne Propaganda geht es auch hier nicht, wie man den sehr deutlich hervorgehobenen Hitler- und Mussolini-Schießbudenfiguren entnehmen kann. 4,5 von 5 Punkten.

Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 644

19.01.2020 11:28
#90 RE: Elementary, my dear Rathbone: US-Sherlock-Holmes-Filme (1939-46) Zitat · Antworten

Sherlock Holmes – Das Spinnennest (1943)


Handlung:

Während in London eine schreckliche Serie von unerklärlichen Selbstmorden tobt, verbringen Holmes und Watson einen Angelurlaub in Schottland. Dunkle Andeutungen über Holmes‘ schlechte Gesundheit versetzen Dr. Watson in Alarmzustand, doch das Unfassbare geschieht: der große Meisterdetektiv ist wohl ohnmächtig geworden und in den reißenden Fluss gefallen.
Die Schlagzeilen vom tragischen Tod des Nationalhelden füllen die Schlagzeilen der Zeitungen, und während sich der traurige Watson und der nicht minder geknickte Lestrade ein paar Erinnerungsstücke vor dem Ausräumen der Wohnung in der Baker Street herauspicken, wer ist da plötzlich wieder von den Toten auferstanden ? Natürlich der weltberühmte Detektiv, der die ganze Aufregung, die er damit auslöst, rational gar nicht nachvollziehen kann.
Sein vorgetäuschtes Ableben war selbstverständlich nur eine Kriegslist, er begibt sich alsbald als verkleideter indischer Offizier ins Spielcasino. Denn alle Opfer hatten die Gemeinsamkeit, dass sie leidenschaftliche Glücksspieler waren. Es dauert auch nicht lange, da umgarnt ihn eine attraktive und nett wirkende Dame (bzw. versucht sie es). Den verkleideten Ermittler scheint das Spielglück verlassen zu haben, und die geheimnisvolle Helferin rät ihm davon ab, den vermeintlich unvermeidlichen letzten Schritt zu gehen. Sie weiß Rat. Ein Bekannter von ihr würde ihm eine großzügige Summe leihen, wenn er dafür seine Lebensversicherung als Pfand an ihn abtritt. Gesagt getan, der immer noch als indischer Gentleman kostümierte Sherlock erscheint am nächsten Tag bei der hilfsbereiten Adrea Spedding, welche in Wirklichkeit, man ahnt es bereits, alles andere als karitative Zwecke beabsichtigt. Ihr modus operandi scheint vielmehr zu sein, den derart getäuschten Opfern ein schnelles und gewaltsames Ende zu bereiten, um danach über ihre Strohmänner die Versicherungssumme zu kassieren. Doch die teuflische Lady wittert Gefahr, die neueste Zielperson erscheint ihr zunehmend suspekter, es ist nur eine Frage der Zeit, da sie beim wiederauferstandenen Sherlock Holmes samt Freund Dr. Watson persönlich aufkreuzt, um ihm eine Menge Märchen zu erzählen und bei der Gelegenheit auch gleich umzubringen.
Doch die bösen Pläne gehen fehl. Eine gefährliche tropische Giftspinne, die des Nachts in Holmes‘ Schlafzimmer erschien, sowie kleine Fußabdrücke und allerlei zurückgelassene Gegenstände lassen den Detektiv die Zusammenhänge der Selbstmorde erahnen. Nach einem mit großen Überraschungen ausgehenden Besuch bei einem bekannten Spinnenforscher fühlen sich die „Spinnenfrau“ und ihre Bande sehr in die Ecke gedrängt und locken den Meisterermittler in eine bösartige Todesfalle, bei der ausgerechnet sein treuer und nichtsahnender Freund Watson den Vollstrecker spielen soll.
Doch Sherlock Holmes wäre nicht er selbst, wenn es ihm nicht gelingen würde, sich auch diesmal aus der Bredoullie zu befreien und die Schurken ihrer gerechten Strafe zuzuführen.


Bewertung:

Diesen Film zu bewerten, fällt nicht ganz so leicht. Tatsächlich hat er neben einer Menge Positivem auch ein paar Nachteile zu verbuchen. Die Handlung ist spätestens nach dem ersten Drittel durchgehend spannend und ereignisreich.
Die Gegenspielerin der Ermittler, Mrs. Spedding, verkörpert von der Schauspielerin Gale Sondergaart, ist eine sehr charismatische Actrice des Bösen, kompromisslos in ihrer Gier, trotz aller Kälte aber auch sehr weiblich, stets bemüht, ihre männlichen Widerparts, aber auch ihre Komplizen zu beeinflussen und zu dominieren. Letztere verkommen in ihre Gegenwart zu einer Herde von Statisten, selbst ihr „zweiter Mann“, Mr. Locke, der möglicherweise auch mehr ist, wirkt neben ihr recht farblos.
Dadurch, dass die Täterin schon sehr früh feststeht, ist der Film leider kein klassischer Whodunit, auch habe ich die Holmes‘sche Spurenanalyse weitgehend vermisst. Es geht für den Detektiv eigentlich nur darum, ihre Vorgehensweise bei den Morden offenzulegen und zu beweisen, nebenher auch ihren zahlreichen Attacken auf sein Leben zu entgehen. Das ist allerdings sehr abwechslungsreich in Szene gesetzt. Die Sache mit den beliehenen oder überschriebenen Lebensversichrungen als Tatmotiv ist so richtig schön angelsächsisch und wurde und wird immer wieder gerne verwendet, so ähnlich ging es ja auch bei den Toten Augen von London des seligen Edgar Wallace zu.

In diesem Streifen finden sich eine Menge Anspielungen an die Originalstories, was sozusagen Fluch und Segen zugleich ist. Einmal verschafft es dem wahren Holmes-Fan sicher eine große Befriedigung, im Zusammenhang mit dem literarischen Werk von Doyle auf zahlreiche Aha-Erlebnisse zu stoßen, andererseits ist mitunter die Sinnhaftigkeit etwas fraglich, besonders bei Holmes vorgetäuschtem Sturz in den Gebirgsbach. War das wirklich für die weitere Handlung notwendig ? Unschwer ist die Anspielung auf Sein letzter Fall und die Wiederauferstehung in Das leere Haus zu erkennen, doch hätte Sherlock Holmes wenigstens hier ohne Not seinen Freund Watson einweihen können, der zu Recht sehr erbost über diesen Streich ist und ihm die Geschichte nie verzeihen will, was wohl bei seinem gutmütigen Charakter nicht vorstellbar ist.
Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass Adrea Spedding, die „Spinnenfrau“, eine Inkarnation von Irene Adler ist, der überlegenen Gegenspielerin des Meisterdetektivs aus der Geschichte Ein Skandal in Böhmen (welche meiner Ansicht nach maßlos überschätzt wird). Immerhin durchschaut ja auch Adrea den verkleideten Holmes schon sehr früh, wenngleich sie wesentlich schlimmere kriminelle Energien freisetzt als die auf ihre Art ehrenhafte Irene. Doch auch in der Erzählung Das Haus zu den Drei Giebeln trifft Sherlock auf eine sehr durchsetzungsfähige Frau namens Isadora Klein, welche von ihrem Charakter her Adrea Spedding wesentlich näher kommt, bedient sie sich doch auch zur Erreichung ihrer Ziele hemmungslos ihres Sex-Appeals, und wo das nicht hilft, nimmt sie skrupellos die Dienste einer ihr hörigen Schläger-Bande in Anspruch. Vielleicht ist die „Spinnenmörderin“ eher eine Art Mischung zwischen den beiden Frauenfiguren, falls man sich da überhaupt so viel Gedanken gemacht hat.
Aber auch Sherlock Holmes als verkleideter Sepoy-Offizier raspelt in Adreas Gegenwart reichlich ungewohntes Süßholz, was an seinen Part in der Story um den König der Erpresser Charles Augustus Milverton erinnert, mit dessem Dienstmädchen er aus strategischen Gründen anbändelt.
Ja, und die ominöse tropische Giftspinne, welche durch den Lüftungsschacht zu ihren Opfern krabbelt – natürlich eine Analogie zu der Schauermär von der dressierten Sumpfnatter in Das gefleckte Band, wenngleich es fast noch unwahrscheinlicher ist, die Spinne nach erfolgtem Biss wieder zurückzubeordern und sich mit ihr von dannen zu machen. (Wäre sie in der Wohnung geblieben, hätte man sie doch irgendwann entdecken müssen). Mal abgesehen von den (geschwollenen) Bissspuren, die bei der Leichenschau an den Toten hätten entdeckt werden müssen, wenigstens bei einer solchen Serie von scheinbaren Selbstmorden. Gibt es tatsächlich einen solchen Vertreter aus der Klasse der Arachniden, dessen Gift seine Opfer zu so wahnsinniger Furcht treibt, dass sie Selbstmord begehen ? Das scheint nun eher die Wirkung des Pulvers der berüchtigten Teufelsfußwurzel zu sein, von welcher Watson in der gleichnamigen Erzählung Der Teufelsfuß berichtet (und welche die beiden im Selbstversuch eindringlich zu spüren bekommen). Somit ist die Episode, wo Mrs. Spedding das präparierte Bonbonpapier in den Kamin wirft und die beiden Herren durch den Qualm fast ins jenseits hinüberdämmern, falsch dargestellt, wobei es in der Originalgeschichte Dr. Watson ist, der die Rettung mit letzter Kraft ermöglicht.
Und dann gibt es noch den kleinwüchsigen Pygmäen, der die Gifttiere durch die Kanäle der Gebäudetechnik in die Nähe seiner Opfer bringt, als Reminiszenz an den eingeborenen Insulaner Tonga, der dem Täter in Das Zeichen der Vier als willenloser Mordgehilfe diente. Sämtliche Szenen mit diesem kleinen Naturkind sind aus der deutschen Fassung herausgeschnitten worden (wahrscheinlich wegen der üblichen Rassismus-Bedenken), doch das hat im Prinzip an wenigstens zwei Stellen zu einer Verfälschung der Handlung geführt.

Ein durchaus gelungener Gag ist es diesmal, wenn Watson in dem so exzentrisch aussehenden Spinnenexperten Gilflower einen wieder mal verkleideten Holmes zu erkennen vermeint, man kann für den Trugschluss echt Verständnis aufbringen. Diesmal leistet der Doktor aber seinem Freund durch seine anatomischen Kenntnisse bei der Betrachtung eines Skelettes, das bei einem ermordeten Spinnenzüchter im Schrank steht, auch große Hilfe. (Über Sinn und Notwendigkeit des Gerippes kann man auch geteilter Meinung sein…).
Die Spur der sich absetzenden wollenden Verbrecher führt zu einem Zirkus, wo man neben Pygmäen (!) auch „die dickste Frau der Welt“ (oder so ähnlich) besichtigen kann. Da fallen mir auf Anhieb ein paar Kolleginnen ein, die die Dame mühelos vom Thron stoßen könnten… (Ist böse, ich weiß… Zeigt aber, wie sich gewisse Relationen im Laufe der Zeiten verschieben.).

Aber Holmes geht es darum, das Versteck der Bösewichte zu finden, wobei ihn Spedding & Co. wieder mal in den Gemächern einer Wahrsagerin in die Falle locken (was ein wenig an Francis Durbridge erinnert). Diesmal wird es haarig, denn sie binden ihn hinter eine Schießbudenfigur mit einer Zielöffnung über dem Herzen. Hier wird man mit aller Macht daran erinnert, dass außerhalb der idealisierten Krimiwelt gerade der zweite Weltkrieg tobt, denn die sich auf einem umlaufenden Gestell befindlichen Pappkameraden haben die Konterfeis von Führer, Duce und Tenno. Logisch, dass man Holmes hinter den „Napoleon der Kriegsverbrecher“, also den altbekannten Schnauzbartträger, steckt und auf die tödliche Reise schickt. Besonders teuflisch ist der Plan der Schurken, den passionierten Schützen Watson den finalen Blattschuss auf seinen besten Freund abgeben lassen zu wollen, mehrmals entgeht der Superdetektiv eher zufällig diesem Schicksal, doch es gelingt ihm, seine Handfesseln zu durchtrennen und rechtzeitig zur Dingfestmachung der Strolche zur Stelle zu sein. Wie er es in der kurzen Zeit einer Umdrehung geschafft hat, auch die restlichen Stricke um seinen Körper abzubekommen, die Stahlplatte wieder ins Ziel zu hängen und dann noch unaufgeregt vor Watsons Schuss neben diesem zu erscheinen, das bleibt sein Geheimnis… Auf alle Fälle hält diese Passage schon ein wenig zum Nägelknabbern an.
Der selig lächelnde Inspektor Lestrade darf die sich reizend gebende Mrs. Spedding zum Schluss in die Zelle führen, während die beiden Privatermittler noch ein bisschen Rummelplatzluft schnuppern wollen.

Ob die Querverweise auf Doyles literarisches Schaffen in diesem Film etwas zu überladen wirken oder ihn deswegen gerade originell machen, ist sicher schwer zu sagen. Neben leichten Schwächen bietet Das Spinnennest aber weitgehend spannende Unterhaltung mit zwei gut aufgelegten Hauptakteuren im Dienste der Gerechtigkeit sowie einer einprägsamen Vertreterin des gar nicht so schwachen Geschlechtes auf der dunklen Seite des Gesellschaft.

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