„Elementary, my dear Rathbone“ Die 14 Sherlock-Holmes-Filme von 20th Century Fox und Universal (1939-46)
An welches Gesicht denken viele Zuschauer bei der Erwähnung des Namens Sherlock Holmes? Auch wenn eingefleischte Kenner vielleicht auch die Namen Peter Cushing, Jeremy Brett oder Benedict Cumberbatch erwähnen dürften, so bleibt der charismatischste und bis heute präsenteste Darsteller des Detektivs ein Schauspieler, der diese Rolle vor nunmehr 73 Jahren an den Nagel hängte: Basil Rathbone. Der englische Schauspieler, der 1892 (dem Jahr, in dem zum Beispiel Doyles „getupftes Band“ zum ersten Mal im Strand Magazine abgedruckt wurde) in Südafrika geboren wurde, zeichnet sich durch ein markantes Profil, eine große, hagere Gestalt und die Manieren eines Gentleman aus. Er war zwischen 1939 und 1946 in 14 Filmen und unzähligen Radiohörspielen im Duo mit Nigel Bruce als Sherlock Holmes an der Seite von Dr. Watson zu sehen und zu hören. Die ersten zwei Kino-Fälle produzierte 20th Century Fox, bevor Universal für die übrigen zwölf Filme übernahm:
Der Hund von Baskerville (The Hound of the Baskervilles, 1939)
Die Abenteuer des Sherlock Holmes (The Adventures of Sherlock Holmes, 1939)
Die Stimme des Terrors (Sherlock Holmes and the Voice of Terror, 1942)
Die Geheimwaffe (Sherlock Holmes and the Secret Weapon, 1942)
Verhängnisvolle Reise (Sherlock Holmes in Washington, 1943)
Gespenster im Schloss (Sherlock Holmes Faces Death, 1943)
Das Spinnennest (The Spider Woman, 1943)
Die Kralle (The Scarlet Claw, 1944)
Die Perle der Borgia (The Pearl of Death, 1944)
Das Haus des Schreckens (The House of Fear, 1945)
Die Frau in Grün (The Woman in Green, 1945)
Gefährliche Mission (Pursuit to Algiers, 1945)
Juwelenraub (Terror by Night, 1946)
Jagd auf Spieldosen (Dressed to Kill, 1946)
Wir wollen diese Filme ab morgen im Wochenrhythmus besprechen und die nostalgischen Erinnerungen, die mit diesen Krimis verbunden sind, mit den Sichtungen und Berichten wiederaufleben lassen. Als Filme aus der Golden Age-Blütezeit schwarzweißer Hollywood-Filmkunst passen sie perfekt zu den vor- (und nach-)weihnachtlichen Wintertagen.
The game is afoot!
Gubanov
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08.12.2019 13:35
#2 RE: Elementary, my dear Rathbone: US-Sherlock-Holmes-Filme (1939-46)
Der Hund von Baskerville (The Hound of the Baskervilles)
Kriminalfilm, USA 1939. Regie: Sidney Lanfield. Drehbuch: Ernest Pascal (Romanvorlage, 1902: Sir Arthur Conan Doyle). Mit: Basil Rathbone (Sherlock Holmes), Nigel Bruce (Dr. John Watson), Richard Greene (Sir Henry Baskerville), Lionel Atwill (Dr. James Mortimer), Wendy Barrie (Beryl Stapleton), Morton Lowry (John Stapleton), John Carradine (Barryman), Barlowe Borland (Frankland), Beryl Mercer (Mrs. Jennifer Mortimer), Ralph Forbes (Sir Hugo Baskerville) u.a. Uraufführung (USA): 31. März 1939. Erstsendung (DDR, 1. Synchronisation): 27. April 1984. Erstsendung (BRD, 2. Synchronisation): 29. Juli 1992. Eine Produktion von Twentieth Century Fox.
Zitat von Der Hund von BaskervilleStarb Sir Charles Baskerville eines natürlichen Todes? Sein Diener Barryman und sein Arzt Dr. Mortimer scheinen dem Untersuchungsrichter einiges zu verschweigen, wohingegen sich der Doktor zumindest Sherlock Holmes gegenüber ganz offen zeigt: Die Baskervilles werden seit Generationen vom Fluch eines übernatürlichen Hundes bedroht und auch am Fundort von Sir Charles’ Leiche gab es Pfotenabdrücke. Womöglich schwebt nun auch der nächste Erbe, ein entfernter Verwandter aus Kanada, in Lebensgefahr. Als dieser nach Baskerville Hall in den unheimlichen Mooren von Dartmoor zieht, ist Holmes’ Assistent Dr. Watson als Wächter über Wohl und Wehe mit von der Partie ...
Mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Neid dürften Filmemacher bis zum heutigen Tage darauf zurückblicken, wie einfach und effektiv es Sidney Lanfield 1939 gelang, eine düstere Schwarzweißstimmung vom unheimlichen Moor am „Ende der Welt“ zu etablieren. Auch wenn ein knapper Teil des Films in London spielt, das mit ansehnlichem Aufwand in Viktorianische Tage zurückversetzt wurde, so definiert sich „Der Hund von Baskerville“ der 20th Century Fox vor allem durch das fünfeinhalbtausend Quadratmeter große Sumpf-Studioset, in dem der Nebel in schönsten Bildkompositionen durchs Halbdunkel wabert. Man lässt sich als Zuschauer nur allzu gern vom guten, alten Hollywood-Charme begeistern, der ankündigt, dass es „[i]n ganz England [...] kein unheimlicheres Gebiet [gibt] als die ausgedehnten Felder ursprünglichen Ödlands der Moore von Devonshire“.
In dieses (Schauer-)Märchenland tritt mit Richard Greene der wohl zupackendste und sonnyboy-hafteste Sir Henry Baskerville, der die klassische Rolle des strahlenden Helden übernimmt und im Gegensatz zu späteren Adaptionen nicht nur als Familienerbe, sondern auch als Fraueneroberer auf vollem Erfolgskurs fährt. Greene, der im Vorspann noch vor Rathbone gelistet wird, ist ein überzeugender male lead über die längere Abwesenheit von Sherlock Holmes hinweg, obwohl auch Nigel Bruce als Dr. Watson einen ordentlichen und teilweise überraschend vernünftigen Einstand gibt. Vom bumbling fool, als der seine Watson-Porträtierung bei einigen Sherlockianern verschrien ist, merkt man hier noch nicht viel; stattdessen basiert seine Beziehung zu Holmes offenkundig auf gegenseitigem Vertrauen und aufrechter Freundschaft. Basil Rathbone verleiht dem Meisterdetektiv nicht nur das perfekte Äußere in Morgenmantel oder deerstalker, sondern stellt ihn gleichsam als eleganten, hochintelligenten upper class gentleman dar, bei dem Weisheit, Haltung und stellenweise auch ein gewisser Schalk (man denke an seine Verkleidung) zusammenkommen. Er macht Sherlock Holmes damit zu einer menschlicheren Figur im Vergleich zum kühlen, unnahbaren und teils auch sehr exzentrischen – wenn nicht gar unsozialen – Denker der Buchvorlagen.
Das Skript von Ernest Pascal folgt dem Roman relativ genau und schafft es, viele Details aus dem Original in relativ gestraffter Form unterzubringen. Sehr überzeugend geraten in dieser Verfilmung der Plot um den entflohenen Sträfling, die Schilderung der Dorfbewohner und der abschließende Angriff des Hundes auf Sir Henry. Die Szenen triefen geradezu vor Atmosphäre; allerdings hätte ihnen eine Musikuntermalung, zum Beispiel mit den Fanfaren des Titelthemas, gut getan. Dass Einfachheit manchmal das beste Rezept ist, merkt man allen Szenen mit dem Hund (einer simplen Dogge namens „Chief“) an, bei dem auf kitschigen Hokuspokus – das Time Magazine schlug seinerzeit eine Perücke und falsche Fangzähne vor – dankenswerterweise verzichtet wurde. Stilvoll wirkt die Ergänzung der Dartmoor-Erlebnisse um eine spiritistische Sitzung, was auch ein schöner Fingerzeig in Richtung Sir Arthur Conan Doyles übernatürlicher Interessen ist. Insgesamt müssen die Briten anerkennen, dass die US-Studios hier die vielleicht authentischste „Hund von Baskerville“-Verfilmung zuwege brachten, was neben dem Fingerspitzengefühl der Macher nicht zuletzt am geringen zeitlichen Abstand zur Veröffentlichung des Romans (37 Jahre) bzw. der letzten Holmes-Erzählung (12 Jahre) liegt.
Der Einfall, Basil Rathbone als Sherlock Holmes zu verpflichten, kam Produzent Zanuck bei einer Party. Auch wenn es sich vielleicht im wahrsten Sinne des Wortes um eine Schnapsidee handelte, so beeinflusst sie das öffentliche Bild der wichtigsten Figur der Kriminalliteratur-Geschichte bis heute. Der erste Rathbone-Holmes-Film ist zudem nicht nur eine Fingerübung für den Darsteller, sondern auch ein rundum atmosphärisch ansprechender, hochwertiger und wohlig-gruseliger Klassiker.
The Hound of the Baskervilles (Der Hund von Baskerville, 1939)
Regie: Sidney Lanfield
Produktion: Darryl F.Zanuck, 20th Century Fox, USA 1939
Mit: Basil Rathbone, Nigel Bruce, Richard Greene, Wendy Barrie, Lionel Atwill, Morton Lowry, John Carradine, Beryl Mercer, Barlowe Borland, Ralph Forbes, Eily Malyon, E. E. Clive, Lionel Pape, Nigel De Brulier, Mary Gordon
Handlung:
Auf der im englischen Devon lebenden Familie Baskerville sollte ein Fluch lasten, wonach ein riesiger Geisterhund den Nachkommen des gottlosen Sir Hugo das Lebenslicht auslöscht. Nachdem Sir Charles mit Herzversagen tot zusammenbricht und Hundespuren neben der Leiche entdeckt werden, wird Sherlock Holmes beauftragt, in der Sache zu ermitteln. Vorab schickt er seinen Kollegen Dr.Watson nach Devon, wo dieser ein wachsames Auge auf den jungen Sir Henry Baskervill richten sollte, den der Fluch als nächstes bedroht. Schon bald ereignen sich seltsame Dinge im unheimlichen Moor und auch Holmes selbst tritt als Landstreicher verkleidet dort in Erscheinung...
Anmerkungen:
Bereits seit Beginn der 30er-Jahre erfreuten sich diverse Universal-Horror-Klassiker, die mittlerweile Filmgeschichte geschrieben haben, großer Beliebtheit. Diese 20th-Century-Fox-Produktion bedient sich derselben Klischees und zaubert eine wunderbar gruselige, wenn auch sehr nach Studio aussehende, Gothic-Landschaft auf die Leinwand. Der Streifen ist spannend und kurzweilig, die Auftritte des Hundes jedoch nicht ganz so eindrucksvoll, wie in späteren Verfilmungen. Es handelt sich um eine gewöhnliche Deutsche Dogge, die aber gerade gegen Schluss hin anständig die Zähne fletscht und dadurch eine gewisse Wirkung erzielt. Dass das Fell der Bestie aber nicht mit leuchtendem Phosphor getränkt ist, schmälert deren dramaturgischen Effekt schmerzlich. Das optische Erscheinungsbild des Untieres bereitete den Filmschaffenden seit jeher großes Kopfzerbrechen, da dieses in der Literatur dermaßen monströs, furchterregend und bösartig beschrieben wird, dass man der Vorgabe vor allem in den früheren Tagen des Kinos nur schwer gerecht werden konnte. Trotzdem nahm man es bereits 1921 auf sich, die Bestie leuchten zu lassen. In der späteren Hammer-Verfilmung von 1959 hatte man sogar Szenen mit Kindern in den Kleidungen von Holmes und Watson gedreht, um den Hund riesiger erscheinen zu lassen. Besagte Aufnahmen wirkten aber derart ungelenk, dass man sie rasch verwarf.
Hier noch die literarische Beschreibung des Hundes:
Zitat ...a hound it was, an enormous coal-black hound, but not such a hound as mortal eyes have ever seen. Fire burst from its open mouth, its eyes glowed with a smouldering glare, its muzzle and hackles and dewlap were outlined in flickering flame. Never in the delirious dream of a disordered brain could anything more savage, more appalling, more hellish be conceived than that dark form and savage face which broke upon us out of the wall of fog.
Dieser Beschreibung gerecht zu werden war wohl genug, um jenen im Special-Effecs-Department den Schweiß in's Gesicht zu treiben.
In erster Linie ist dies die Sternstunde des großen Basil Rathbone, dessen Lebensrolle Sherlock Holmes von nun an bleiben sollte, was dazu führte, dass er in späteren Jahren seines Typecastings mehr und mehr überdrüssig wurde. Er brachte nicht nur die perfekte Statur und Physionomie für die Verkörperung des Meisterdetektivs mit, sondern verstand es auch bemerkenswert glaubwürdig, dessen typischen Verhaltensmustern zu entsprechen. Er spielt den Holmes als vollendeten Gentleman vom Scheitel bis zur Sohle, entschlossen, selbstsicher und mit einer Spur Arroganz, die ihn aber nie unsympathisch wirken lässt. Der Film wird eindeutig von ihm dominiert, obwohl er der Vorlage entsprechend einige Zeit im Hintergrund bleiben muss. Als Sidekick mimt Nigel Bruce einen weitaus weniger scharfsinnigen, aber auch nicht so dümmlichen wie in späteren Verfilmungen dargestellten, Dr.Watson, der eine angenehme väterliche Sympathie ausstrahlt. Lionel Atwill, der hier als Dr.Mortimer auftritt, war noch im selben Jahr Basil Rathbones Filmpartner in "Son of Frankenstein", wo er in der legendären Szene mit der abgerissenen Armprothese mitwirkte. Die Rollen von John Stapleton und Sir Henry Baskerville sind mit dem zu Beginn der Dreharbeiten nicht einmal 25-jährigen Morton Lowry und dem 20-jährigen Richard Green bemerkenswert jung besetzt, was aber gar nicht einmal besonders auffällt. Seltsamerweise spielte in der Rückblick-Sequenz nicht Morton Lowry sondern Richard Green den grausamen Sir Hugo, dessen Ähnlichkeit mit Stapleton diesen ja verrät. Das als "Red Herring" fungierende Ehepaar Barrymore wurde hier, warum auch immer, auf Barryman umgetauft. Mr.Barryman wird übrigens von John Carradine gespielt, der von den 30er- bis in die 80er-Jahre sehr konsequent eine ganze Litanei von Nebenrollen in den verschiedensten Gruselfilmen bekleidete. Das Ungewöhnliche bei diesem Streifen ist, dass in den Szenen keinerlei Musik verwendet wird. Dies wirkt sich aber nicht einmal störend aus, da das Auge mit den gelungenen Bildern hinreichend bei Laune gehalten wird. Für das Entstehungsjahr recht gewagt erscheint mir Holmes Schlusswort "Whatson, the needle", was ein deutlicher Hinweis auf seine Drogengewohnheiten ist. Fazit:
Atmosphärisch dichter, spannender und mit schönen gruseligen Moor-Aufnahmen gesättigter Old-School-Streifen, der eine Würde ausstrahlt, die ihn auch heute noch als großen Klassiker des Grusel-Krimis glänzen lässt. Einzig der titelgebende Hund hätte etwas monströser ausfallen dürfen und lässt das fehlende Phosphor schmerzlich missen. Letzteres wurde dann aber 5 Jahre später im Rahmen der Universal-Verfilmungen mit dem Moorgespenst wieder gutgemacht. 4,5 von 5 Punkten.
Die Geschichte über den "Höllenhund" der Familie Baskerville, der alle männlichen Mitglieder bedroht, sollte ja eigentlich jedem geläufig sein. Der Roman von Conan Doyle ist wohl eines der am häufigsten verfilmten Bücher der Weltliteratur, wiewohl sich auch der Protagonist Sherlock Holmes über nunmehr schon über 140 Jahren ungebrochenen Erfolges erfreut, sei es in den Originalgeschichten, den zahlreichen Pastiches und natürlich auch den vielen Verfilmungen. Der hier besprochene Film, mit dem die 14-teilge Serie mit Basil Rathbone als Sherlock Holmes und Nigel Bruce als Dr. Watson begann, spielt dankbarerweise noch in der Originalzeit des dritten Holmes-Romanes, Ende des 19. Jahrhunderts, als Königin Victoria noch die Geschicke des mächtigen Empire lenkte und die Leute noch mit Kutschen und Hansoms, bisweilen aber auch schon moderner mit der Eisenbahn reisten. In diese so scheinbar zumindest wissenschaftlich aufgeklärte Zeit passte die Sage eines Familienfluches überhaupt nicht, zumindest in der Großstadt London. Tatsächlich aber sieht sich Sherlock Holmes mit einem solchen Problem konfrontiert, als er von Dr. Mortimer, einem guten Bekannten der Familie Baskerville, aufgesucht und um Hilfe gebeten wird. Der alte Charles Baskerville war unter verdächtigen Umständen am Rande seines Familiensitzes Baskerville Hall im düsteren Dartmoor gestorben, und der junge Erbe Sir Henry aus Amerika schickt sich an, seinen ihm zugefallenen Platz in England einzunehmen. Bald schon entdeckt Holmes, dass der Sir Henry verfolgt wird, stellt ihm aber vorläufig nur Dr. Watson an die Seite, der im unheimlichen Dartmoor eine Anzahl verdächtiger Leute kennenlernt: den jungen Forscher John Stapleton mit seiner schönen Stifschwester Beryl, die dem jungen Henry den Kopf verdreht, weiter den alten streitlustigen Mr. Frankland, oder auch den sich sonderbar benehmenden Butler Barrymore samt Ehefrau. Auch Mr. Mortimer mit seiner pummeligen, medial veranlagten Gattin sind mit von der Partie. Außerdem treibt sich noch ein geflüchteter Sträfling aus dem nahegelegenen berüchtigten Gefängnis im Moor herum. Hier in Dartmoor, einem besonders abgelegenen und wilden Ort, haben die schaurigen Legenden noch ein ganz anderes Gewicht als in der geschäftigen Metropole London. Auch in heutiger Zeit gibt es in England noch hartnäckige Gerüchte über Großkatzen, die durch solche Gebiete streifen sollen, und Doyle hat sich ja im Kern auf eine reale Legende gestützt. Es passiert noch allerlei, getreues Briefeschreiben von Watson, geheime Lichtsignale, plötzliches Auftauchen des großen Detektives, Tötung des Sträflings, Seance bei Mortimers, Verlobung von Sir Henry mit Miss Stapleton, usw. usw. Der Grundablauf sollte nun wirklich bekannt sein, der Film hält sich recht nahe an das Buch. Das Finale mit der Bestie ist unerwartet dramatisch und sehr realistisch dargestellt, gewalttätiger als in manch einer neuen Verfilmung. Doch es gibt das wohlverdiente Happyend, das Schicksal des Schurken allerdings bleibt ungewisser als sonst.
Bewertung:
Diese alte Verfilmung des Krimi-Klassikers ist fünfzig Jahre nach den handelnden Ereignissen gedreht, trotzdem viel näher dran als neuere Beiträge. Tatsächlich fängt sie eine sehr gelungene schaurig-schöne Schwarzweiß-Atmosphäre besonders in den Dartmoor-Episoden ein. Da merkt man wirklich die hohe Summe, die für die Kulissen ausgegeben sein soll. Die Personen wirken sehr werkgetreu. Basil Rathbone gibt einen Holmes ohne Fehl und Tadel. Besonders gut finde ich hier, dass Dr. Watson (noch) nicht wie der Trottel vom Dienst dargestellt wird. Auch hier ist er schon ein wenig begriffsstutzig, doch trotz allem fällt ihm auf, dass der seltsame "Hausierer" im Moor erst auf dem einen und dann auf dem anderen Bein humpelt, ein Fauxpas, der einem Sherlock Holmes eigentlich nicht passieren dürfte. Seine Erregung, von Holmes lange Zeit an der Nase herum geführt worden zu sein, ist menschlich nur allzu verständlich. Da ist er nicht so duldsam wie in den Geschichten, was allerdings kein Fehler ist. Tatsächlich bestreitet er längere Zeit alleine, zusammen mit Sir Henry, das Geschehen, während sich Holmes ja verkleidet im Hintergrund hält. Die Schauspieler liefern alle richtig gute Performance ab, sogar kleine Nebenrollen sind gut besetzt (der von Holmes befragte Droschkenkutscher am Anfang z.B. wird von E.E. Clive gespielt, welcher den unnachahmlichen Butler bei der Drummond-Filmen gab). Auch Sir Henry (Richard Greene) ist ein sehr sympathischer Kerl, bei dem die mitreisenden unverheirateten Damen auf dem Atlantikdampfer schon mal ein wenig ihre victorianische Wohlanständigkeit vergessen können. Auch im Umgang mit dem Personal, speziell den Barrymores mit ihrem dunklen Geheimnis, zeigt er sich sehr verständnisvoll. Frankland ist ein schwer ertragbarer Querulant, den man nur mit Humor nehmen kann, wie es Beryl Stapleton tut, die ein bisschen anders mit dem auch gutaussehenden, aber ränkevoll wirkenden John Stapleton im Verhältnis steht als im Buch (das war wohl für das "schmalzige" Happyend nötig). Es gibt noch ein paar andere, nicht immer gelungene Änderungen zum Roman. Wenig sinnvoll erscheint das versuchte Revolverattentat am Anfang auf Sir Henry, das von Holmes und Watson gerade so verhindert wird. Warum sollte jemand von langer Hand und um den Verdacht von sich abzulenken die komplizierte Inszenierung eines Fluches in Gang setzen wollen, um dann das Opfer einfach niederzuschießen und damit die ganzen Pläne zunichtemachen ? Da hat man einfach aus Henrys Beschattung durch einen Unbekannten in der Kutsche aus Gründen der Dramatik einen versuchten Mordanschlag gemacht, allerdings auf Kosten der Logik, die man bei einem Sherlock-Holmes-Film doch schon höher ansetzen sollte als bei Edgar Wallace... Die Seance bei den Mortimers ist wohl wirklich, wie @Gubanov angemerkt hat, eine Referenz an Doyles spiritistische Überzeugungen. Obwohl im Prinzip nichts dabei herauskam, ist diese Sitzung im Zusammenhang mit dem Heulen des Hundes schön altmodischer Grusel, immer wieder gerne gesehen. Ich habe da immer irgendwie Agatha Christies Das Geheimnis von Sittaford vor Augen, wo auch eine gruselige Seance in Dartmoor stattfand, während draußen ein entkommener Sträfling herumstreunerte, und das eindeutig eine Eherbietung für Doyle sein sollte. Der Schluss, als der Höllenhund tatsächlich Sir Henry an den Kragen will, wirft nun wieder kein gutes Licht auf den größten Detektiv aller Zeiten. Dass er aus ziemlicher Fahrlässigkeit auf den letzten Drücker kommt, während die Bestie schon heftig an Baskerville herumzerrt, erscheint noch gewagter als das Geschehen im Buch, wo es ja auch schon heftig zur Sache geht. Allerdings fehlt hier, wie von @patrick schon geschrieben, das Übernatürliche am Aussehen des Hundes mit seinem floureszierenden Leuchten und ähnlichem Schabernack wie in der Vorlage, was irgendwie schade ist. Dass der Täter vorläufig entkommt und sogar noch einmal einen neuen Mordanschlag auf das Leben des drangsalierten Erben durchführen will, kann noch einmal die Spannung anheizen, auch hier wieder verhindert Holmes beherztes Eingreifen das Schlimmste. Allerdings bleibt das erhoffte langsame hollywoodreife Versinken des Schurken im Moor aus. Sein Ende erscheint noch ungewisser als im Buch, tatsächlich ist er wie Moriarty ein Bösewicht, dessen Tod nicht einwandfrei geklärt wird und Raum für Spekulation läßt...
Auf jeden Fall, was wohlige Schauer-Atmosphäre angeht, sind diese guten alten Schwarzweissfilme wirklich nicht unterzukriegen, hier im speziellen Fall kann man sich auch bei dem Ideengeber bedanken, der mit seinem einzigen wohl wirklich zusammenhängenden Holmes-Roman ein paar schöne gothic-Elemente eingebaut hat. Die Umsetzung des Stoffes ist wirklich gelungen, ein sehr guter Einstieg in die Reihe (die die Qualität leider nicht durchgängig halten konnte) mit einem Sherlock Holmes, wie er buchstäblich im Buche steht.
Es freut mich wirklich, dass so ein Thread eröffnet wurde und die bisherigen Kritiken so positiv sind. Ich liebe Basil Ratbones Holmes Interpretation und habe die Filme zig mal gesehen. Seine Baskerville Verfilmung ist für mich die Beste.
Ich lese das hier auch mit enormem Eifer. Leider hatte sich mein Erstkontakt mit Rathbone/Holmes als wenig erfreulich erwiesen. Es war nicht der Stoff, die Inszenierung oder die Spielart, es war die notgedrungene Verlegung der gesamten Handlung in Innenkulissen. Wenn ich das hier so lese und mir die Bilder ansehe, sollte ich das vielleicht aber nochmals probieren.
Zitat von Dr. Oberzohn im Beitrag #4 Wenig sinnvoll erscheint das versuchte Revolverattentat am Anfang auf Sir Henry, das von Holmes und Watson gerade so verhindert wird. Warum sollte jemand von langer Hand und um den Verdacht von sich abzulenken die komplizierte Inszenierung eines Fluches in Gang setzen wollen, um dann das Opfer einfach niederzuschießen und damit die ganzen Pläne zunichtemachen ? Da hat man einfach aus Henrys Beschattung durch einen Unbekannten in der Kutsche aus Gründen der Dramatik einen versuchten Mordanschlag gemacht, allerdings auf Kosten der Logik, die man bei einem Sherlock-Holmes-Film doch schon höher ansetzen sollte als bei Edgar Wallace...
Ja, der versuchte Anschlag aus dem Hansome ist ein schlagender Logik-Mangel. Gut dass nichts draus wurde, denn hätte Stapleton Sir Henry auf diese Weise in's Jenseits befördert, wären wir um die schöne Geschichte gekommen.
Bei der Seance war ursprünglich geplant, den Sträfling am Fenster erscheinen zu lassen. Man hat dass dann aber fallen gelassen, da die Szene dadurch zu physisch geworden wäre.
Zitat von Jan im Beitrag #6Ich lese das hier auch mit enormem Eifer. Leider hatte sich mein Erstkontakt mit Rathbone/Holmes als wenig erfreulich erwiesen. Es war nicht der Stoff, die Inszenierung oder die Spielart, es war die notgedrungene Verlegung der gesamten Handlung in Innenkulissen. Wenn ich das hier so lese und mir die Bilder ansehe, sollte ich das vielleicht aber nochmals probieren.
Gruß Jan
Nur zu, als Fan von SW-Krimis kannst du da wirklich nicht viel falsch machen.
Diese Besprechungen machen direkt Lust, die Filme auch mal wieder zu schauen. Die letzten Sichtungen sind sicher auch schon Jahrzehnte her, wenn vielleicht auch nicht ganz so lang wie bei den Motos.
Und ein gutes Weihnachtsgeschenk bzw. Anlage des Weihnachtsgelds wären die Filme sicher auch. Na schauen wir mal, ob ich sie mir demnächst besorge.
Zitat von patrick im Beitrag #3Lionel Atwill, der hier als Dr.Mortimer auftritt, war noch im selben Jahr Basil Rathbones Filmpartner in "Son of Frankenstein"
... und drei Jahre später trat er als Professor Moriarty gegen Sherlock Holmes an - eine sehr schöne "Beförderung".
Zitat von patrick im Beitrag #3Seltsamerweise spielte in der Rückblick-Sequenz nicht Morton Lowry sondern Richard Green den grausamen Sir Hugo, dessen Ähnlichkeit mit Stapleton diesen ja verrät.
Dass Richard Greene den Sir Hugo spielt, behauptet auch Holmes-Experte David Stuart Davies im Audiokommentar zum Film, aber das stimmt nicht. Er wird von Ralph Forbes dargestellt, wie Vor- und Abspann auch korrekt angeben. Tatsächlich hat Forbes aber mehr Ähnlichkeit mit Greene als mit Lowry.
Zitat von patrick im Beitrag #3Das als "Red Herring" fungierende Ehepaar Barrymore wurde hier, warum auch immer, auf Barryman umgetauft.
Um unerwünschte Assoziationen zur Schauspielerfamilie Barrymore zu vermeiden, der immerhin die Hollywood- und Broadway-Stars Lionel, Ethel und John Barrymore angehörten.
Zitat von Dr. Oberzohn im Beitrag #4Auch hier ist er schon ein wenig begriffsstutzig, doch trotz allem fällt ihm auf, dass der seltsame "Hausierer" im Moor erst auf dem einen und dann auf dem anderen Bein humpelt, ein Fauxpas, der einem Sherlock Holmes eigentlich nicht passieren dürfte.
War es ein Fauxpas oder ein liebenswerter Wink mit dem Zaunpfahl? Man kann auch in den Doyle-Geschichten schon an diversen Stellen herauslesen, dass Holmes "seinen" Watson gern wie einen Schüler getestet hat, um dessen Kombinationsgabe zu überprüfen. Allein im "Hund" denke man nur an die Szene mit dem Spazierstock, die in eine ähnliche Richtung geht.
Zitat von Dr. Oberzohn im Beitrag #4Wenig sinnvoll erscheint das versuchte Revolverattentat am Anfang auf Sir Henry, das von Holmes und Watson gerade so verhindert wird. Warum sollte jemand von langer Hand und um den Verdacht von sich abzulenken die komplizierte Inszenierung eines Fluches in Gang setzen wollen, um dann das Opfer einfach niederzuschießen und damit die ganzen Pläne zunichtemachen ?
Völlig richtig - dennoch haben die allermeisten Verfilmungen diesen Logikmangel aus naheliegenden Spannungsgründen beibehalten. Ich wäre aber überfragt, ob auch frühere Verfilmungen des Stoffes - etwa mit Eille Norwood oder Robert Rendel - bereits diesen Weg gegangen sind und man hier nicht Ernest Pascal, sondern vielleicht z.B. sogar Edgar Wallace himself als Drehbuchautor der 31er-Verfilmung verantwortlich machen müsste.
Zitat von Dr. Oberzohn im Beitrag #4Die Seance ... Obwohl im Prinzip nichts dabei herauskam, ...
Die Seance wurde sonst, soweit ich weiß, nur für die 2002er-Fassung wiederverwendet. Dort hielt man eine schöne Überraschung am Ende der Sitzung bereit.
Zitat von patrick im Beitrag #3Seltsamerweise spielte in der Rückblick-Sequenz nicht Morton Lowry sondern Richard Green den grausamen Sir Hugo, dessen Ähnlichkeit mit Stapleton diesen ja verrät.
Dass Richard Greene den Sir Hugo spielt, behauptet auch Holmes-Experte David Stuart Davies im Audiokommentar zum Film, aber das stimmt nicht. Er wird von Ralph Forbes
Ja, ich wurde auch durch den Kommentar darauf hingewiesen und eigentlich überzeugt, da er wirklich aussieht wie Green mit Bart.
Zitat von Gubanov im Beitrag #11Völlig richtig - dennoch haben die allermeisten Verfilmungen diesen Logikmangel aus naheliegenden Spannungsgründen beibehalten. Ich wäre aber überfragt, ob auch frühere Verfilmungen des Stoffes - etwa mit Eille Norwood oder Robert Rendel - bereits diesen Weg gegangen sind und man hier nicht Ernest Pascal, sondern vielleicht z.B. sogar Edgar Wallace himself als Drehbuchautor der 31er-Verfilmung verantwortlich machen müsste.
Ich kenne außer der Jeremy-Brett-Verfilmung nur noch die mit Peter Cushing von 1958, wo man ja eine Tarantel auf Sir Henry losgelassen hat. Sozusagen als kleinen Vorgeschmack auf eine noch schlimmere Bestie.
Ich muss gestehen, dass ich richtig Lust bekommen habe, mal wieder das Doylesche Original zu schmökern. Genau die richtige Lektüre für dunkle, regnerische und windige Tage. Wäre auch mal ein Gedanke, solche guten alten Leseklassiker zu besprechen.
Ich glaube, der Roman ist weniger wegen Holmes messerscharfer Logik in diesem Fall so berühmt geworden (ursprünglich soll er ja gar nicht eingeplant worden sein), sondern Doyle ging es ja auch darum, diese gruselige Geschichte um den Geisterhund zu schreiben und die Atmosphäre in dem großen Moor einzufangen. Er war ja auch vielseitiger als gedacht, habe neulich zum ersten Mal seine Saurier-Abenteuer um die Verlorene Welt gelesen, die sicher auch wegbereitend für viele andere derartige Bücher war.
Übrigens gibt es auch eine gar nicht so ungeschickte Fortsetzung der Baskerville-Story von Rick Boyer, in der die in den Originalgeschichten erwähnte Riesenratte von Sumatra eine große Rolle spielt und auch ein schon tot geglaubter Schurke wieder auftaucht...
Gestern endlich gesehen, ich hänge ein wenig hinterher.
Dank gelungener Besetzung und doch recht aufwendig gemachter Studiokulisse gelingt es dieser Verfilmung die Schauer-Atmosphäre des Romans optimal zu transportieren. Die Besetzung der Hauptpersonen mit Rathbone und Bruce entpuppt sich als wahrer Glücksgriff, ersterer als markanter, asketisch wirkender Holmes und letzterer als latent gemütlich wirkender Dr. Watson ergänzen sich ideal. Die Moorlandschaft ist mir vielleicht etwas zu felslastig, bildet aber, in Verbindung mit dem Baskervilleschen Herrenhaus, eine stimmungsvolle Kulisse für das dramatische Geschehen. Auch mit den Nebenfiguren hat die Fox einen guten Griff getan z.B. mit Richard Green, der den Cast sogar anführt und den die Fox als zukünftigen Star aufbauen wollte, sowie Lionel Atwill. Selbst die Kampfszene zwischen Mensch und Hund gegen Ende des Films ist auch für heutige Verhältnisse voll auf der Höhe. Die musikalische Untermalung würde ich eher als "sehr dezent" bezeichnen, ist der Streifen doch relativ dialoglastig.
Der gelungene Zutaten-Mix brachte an der Kasse einen unerwarteten Erfolg und veranlasste die Verantwortlichen der 20th Century Fox noch im gleichen Jahr einen weitern Film zu produzieren
Für diesen starken Auftakt zu einer kleinen Holmes-Serie gibt's von mir glatte 5 Punkte