Unterdessen haben zwei weitere Länder ihre Beiträge für Kopenhagen ausgesucht. Beide sind mit Vorsicht zu genießen: Albanien ist für seine rabiaten Überarbeitungen bekannt, bei denen sich nicht nur die Sprache der Songpräsentation, sondern auch das gesamte Arrangement ändern kann. Weißrussland hat gar mehrfach seine im nationalen Vorentscheid ausgewählten Beiträge im Nachhinein eigenmächtig oder auf Forderungen der Rundfunkunion komplett ausgetauscht. Sehen wir also, wie viel von "Zemërimi i një nate" und "Cheesecake" bis Mai übrigbleibt ...
Albaniens Songentscheidung fiel wieder im traditionsreichen Festivali i Këngës (52. Ausgabe). Der Anfang der Gewinnernummer "Zemërimi i një nate" von Hersi Matmuja mag etwas abschreckend klingen, aber die verzerrten Gitarren verflüchtigen sich bald und machen einer recht interessanten Ballade Platz, die ihre volle Wirkung erst nach mehrmaligem Hören entfaltet. Treffend schrieb ein ESC-Fan, das Lied erinnere ihn an "Kiss from a Rose", was ich gar nicht für abwegig halte. Es erfordert aber noch viel Feintuning, wenn es am ESC etwas reißen möchte - die Entfernung des Intros sollte ebenso auf der Checkliste von RTSH stehen wie eine professionellere Instrumentierung des Playback-Tracks (bei dem sich eklatant der Unterschied zur schön orchestrierten Livefassung zeigt).
Weißrussland hat heute Abend gewählt. Auch wenn es einige kritische Stimmen gibt, die dem Vertreter TEO eine zu große Ähnlichkeit mit dem angesagten Robin Thicke unterstellen, so finde ich sein Lied "Cheesecake" überraschend überzeugend. Zunächst einmal ist es unerwartet, aus Weißrussland etwas zu hören, was sich wie aktuelle Musik anhört. Im Vergleich zu den letzten Beiträgen des Landes ist "Cheesecake" ein Sprung von 10 bis 20 Jahren in die musikalische Gegenwart. Eingängig ist das Stück auch und viele ESC-Fans dürften Gefallen an der Präsentation und dem Sänger finden. Die Lyrics sollten noch einmal überarbeitet werden, was aber wahrscheinlich ohnehin passieren muss, weil die EBU kaum die mehrfache Erwähnung Google Maps im Liedtext eines ESC-Beitrags erlauben wird.
Diese Saison ist unglaublich: Schon drei Lieder ausgewählt und mir gefallen sie alle. Irgendwas läuft schief.
Auch ansonsten gibt es Neues zu berichten (naja, eigentlich ist es nicht wirklich neu, weil seit Langem abzusehen): Der ESC wird auch 2014 einen Rückgang in den Teilnehmerzahlen hinnehmen müssen. Hatte Deutschland 2011 noch an den Rekord von 43 Teilnehmern angeschlossen, so standen 2013 in Malmö noch 39 Nationen (wie auch 2010 in Oslo) auf der Bühne. In Kopenhagen werden dieses Jahr lediglich 36 oder 37 Nationen antreten - je nachdem, ob der slowenische Sender noch Sponsoringpartner findet. Auch vor diesem Hintergrund wäre es nützlich, den Grand Prix zur Abwechslung 'mal wieder woanders als bei den Nordics zu veranstalten. Auch wenn es unrealistisch ist, so wäre vielleicht einmal ein Land als Gastgeber für 2015 angebracht, dessen verantwortliche TV-Station Finanzierungsprobleme kennt und sich demnach in erster Linie um niedrige Teilnahmegebühren für die gebeutelten Sender, günstige Unterkünfte für die Delegationen u.ä. kümmert.
Ich finde, dass gerade das Intro Albaniens Beitrag besonders macht, insbesondere in der Live-Orchesterversion. Ansonsten warte ich mit meinem Urteil bis die endgültige Fassung präsentiert wird.
Aktuell wäre jetzt nicht das Wort, das mir zum weißrussischen Beitrag als Erstes eingefallen wäre. MUsikalisch würde ich es eher etwas retro nennen und nicht modern. Aber gut, solche Sachen sind ja auch in regelmäßigen Abständen immer mal wieder aktuell im zeitgenössischen Popgeschehen. Cooler und näher am Puls der Zeit als die angestaubten Latino-Rhytmen vom letzten Jahr ist es definitiv. Man stelle sich vor, die Weißrussen gewinnen am Ende damit noch weil Robin Thicke einen Boom nach dieser Art Musik ausgelöst hat. Das gäbe sicher ordentlich Zunder, wenn der Jubiläums-ESC (der 60.) dann ausgerechnet in dieser umstrittenen Diktatur stattfinden müsste.
Mein persönlicher Favorit war in Weißrussland war allerdings Max Lorens, da ich ja einen 'soft spot' für dramatische Herzschmerz-Balladen habe. Cheesecake gehörte gestern Abend aber in jedem Fall auch zu den besseren Aspiranten um die ESC-Teilnahme und ich muss gestehen, je öfter ich es höre, desto mehr gefällt es mir. Von daher kann ich sagen, dass auch ich bisher mit allen gewählten Beiträgen zufrieden bin. Möglicherweise hätte ich beim albanischen Vorentscheid auch einen anderen Favoriten gehabt, aber den habe ich mir noch nicht angeschaut.
Dennoch bleibt die Ukraine im Moment noch unangefochten an der Spitze meiner diesjährigen Lieblingsliste. Es ist eben doch etwas anderes wenn der eigene Favorit den jeweiligen Vorentscheid gewinnt oder ob man ein Lied erst mit dem zweiten oder dritten Hören so richtig lieb gewinnt.
Zitat Auch wenn es unrealistisch ist (...)
Woher willst du wissen, welche Länder nächstes Jahr als Gastgeber realistisch sind, wenn du noch nicht einmal die Lieder für dieses Jahr kennst? Oder verstehe ich deine Aussage gerade komplett falsch?
Zitat von Count Villain im Beitrag #407Aktuell wäre jetzt nicht das Wort, das mir zum weißrussischen Beitrag als Erstes eingefallen wäre. MUsikalisch würde ich es eher etwas retro nennen und nicht modern.
Retro = as modern as it gets.
Zitat von Count Villain im Beitrag #407Woher willst du wissen, welche Länder nächstes Jahr als Gastgeber realistisch sind, wenn du noch nicht einmal die Lieder für dieses Jahr kennst?
Ich traue dir soviel ESC-Kenntnis zu, zu wissen, dass die Siegchancen der Länder weder allein von den Songs abhängen noch die Qualität der künftigen Beiträge völlig unvorhersehbar ist. Erstens weiß man doch ziemlich genau, mit welchen Ländern auch 2014 wieder "zu rechnen ist", ohne dass man bereits die Lieder kennt, andererseits gehören zu einem ESC-Sieg auch große Promotion sowie musikalische und showtechnische Professionalität. All das erfordert finanzielle Aufwendungen, sodass die Sender mit stabilen Finanzen eindeutig die besseren Siegchancen haben.
Darüber hinaus schreibst du selbst, dass der nächste ESC der 60. und damit wieder eine wichtige Jubiläumsausgabe ist. Es wäre nicht ganz unverständlich, wenn die EBU den Wettbewerb aus diesem Anlass in einem ihrer Gründungsländer oder zumindest langjährigen Mitgliedsstaaten sehen wollen und dafür auch gehörig die Werbetrommel rühren würde. Die Zeiten der "Wilden Nuller", in denen man das Goldene Jubiläum 'mal eben in Kiew feierte, dürften vorbei sein.
Zitat von Gubanov im Beitrag #408Ich traue dir soviel ESC-Kenntnis zu, zu wissen, dass die Siegchancen der Länder weder allein von den Songs abhängen noch die Qualität der künftigen Beiträge völlig unvorhersehbar ist.
Durchaus. Aber man wird doch wohl noch hoffen dürfen.
Bei Hearts Collide drücke ich sehr gerne mit. Das gefällt mir ebenfalls ausnehmend gut! Miracle immerhin noch überdurchschnittlich. Hearts Collide könnte man glatt auch als Slogan für den nächstjährigen ESC nehmen, sollte das gewinnen.
Allerdings gehört Rumänien zweifelsohne zu den erfolgreicheren der Verlierer-, bzw. Noch-niemals-gewonnen-länder. Man denke nur an Luminita Anghel & Sistem, Mihai Traistariu oder eben Paula & Ovi. Es sollte mich nicht wundern, wenn die Rumänen es innerhalb der nächsten Jahre aufs Siegerpodest schaffen.
Zitat von Gubanov im Beitrag #413Kommt nicht als Überraschung. Ein Slowene sitzt als einziger Osteuropäer in der EBU-"Reference Group". Da lässt man RTVSLO nicht ziehen.
Jetzt wissen wir auch wer in welchem Halbfinale antritt. Deutschland ist im zweiten Halbfinale wertungsberechtigt. Das heißt, wir könnten unsere südlichen Nachbarn unterstützen, während Ralph Siegel für San Marino leider ohne deutsche Punkte auskommen muss. Auch ich werde leider frühestens im Finale für meinen derzeitigen Favoriten (Ukraine) abstimmen können. Aber die Saison ist ja zum Glück noch jung, da können noch ganz viele neue Favoriten folgen.
Interessant ist es schon, dass Deutschland in dem Semifinale, in dem Österreich und die Schweiz auftreten, abstimmungsberechtigt ist. Nur leider kündigen sich in beiden Ländern absolute Katastrophenbeiträge an. Insofern wäre es aller Voraussicht nach wirklich blankes Blockvoting, wenn wir den Alpenländern ins Finale helfen würden. Insgesamt kann man sagen, dass Semifinale 1 stärker aussieht als Semifinale 2. Betrachtet man die Länder, die es bisher immer oder mit nur einer Ausnahme ins Finale geschafft haben, so findet man in SF 1 sechs (Armenien, Aserbaidschan, Moldau, Russland, Schweden, Ukraine), in SF 2 nur drei "sichere Bänke" (Georgien, Griechenland, Rumänien). Vor allem die erste Hälfte es ersten Semifinale hat es echt in sich. Sie könnte sogar zu einer Probe für sonst recht wettbewerbsfähige Länder (Armenien, Aserbaidschan, Estland, Island) werden. Für San Marino wird es hoffentlich auch dieses Jahr nicht reichen. Der portugiesische Beitrag hat zwar schwere Konkurrenz in Aussicht, tritt aber immerhin in der zweiten Hälfte auf und hat Spanien und Frankreich als Unterstützer an Bord. Eine gute Chance können sich die Wackelkandidaten Polen und Slowenien ausrechnen - zumindest ist der Ausgang des zweiten Semifinales, in dem auch nur fünf Länder rausfliegen, offener.
Dass ItalienEmma Marrone zum ESC schickt, schlug in Fankreisen - wenn schon nicht in Italien selbst - wie ein Blitz ein. Die Sängerin ist mit drei Nummer-1-Alben und vier Nummer-1-Singles ein echter und aktueller Star, was den Willen des Senders RAI, gute Ergebnisse einzufahren, dokumentiert. Insofern ist (ja, ich komme auch nicht umhin) Bella Italia wieder nur das Allerbeste bei der Punktevergabe zu wünschen. Persönlich muss ich jedoch sagen, dass mich "La mia città" nicht wirklich anspricht. Und da finde ich mich immerhin in guter Gesellschaft, denn die bisher verbreitetste Meinung ist wohl: Für Emma Daumen hoch, für den Song Daumen runter. Er ist einfach ziemlich langweilig und geht ins Nirgendwo. Einprägsam wäre auch das falsche Wort. Insofern ist es schade um eine gewissermaßen verschwendete Personalie. Emma hätte mit einem besseren Lied absolute Siegchancen gehabt, wie auch 2012 beim San-Remo-Festival mit diesem Kracher:
Man muss "La mia città" bei aller Kritik lassen, dass das Lied der rein qualitativ hohen Messlatte der italienischen ESC-Beiträge alle Ehre macht und die Liveversion bei Emmas Talent auf der Bühne sicher überzeugender sein wird als die im Studio aufgenommene.
Mein neuester ESC-Ohrwurm ist übrigens dieser flotte Vorentscheidsbeitrag aus Frankreich. Bahnt sich ein neues "Igranka" an?
Zitat von Gubanov im Beitrag #418Mein neuester ESC-Ohrwurm ist übrigens dieser flotte Vorentscheidsbeitrag aus Frankreich. Bahnt sich ein neues "Igranka" an?
Nur wenn die Bühnenshow am Ende stimmt (und das hat sie bei Igranka definitiv, hatte was Sci-Fi- und Undergroundclub-mäßiges). Das könnte sehr leicht zu bunt, zu schrill, zu billig und zu albern wirken.
Sweden did it again! Probenvideo von Helena Paparizous "Survivor" So kommt eine ESC-Gewinnerin (die heute übrigens ihren Geburtstag feiert) mit wirklich starkem Liedgut zurück. Was mir einzig Bedenken macht: "Survivor" wird von den ESC-Fans beinahe einhellig gelobhudelt. Ist das nicht üblicherweise ein Urteil zum Scheitern?
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Albaniens Songentscheidung fiel wieder im traditionsreichen Festivali i Këngës (52. Ausgabe). Der Anfang der Gewinnernummer "Zemërimi i një nate" von Hersi Matmuja mag etwas abschreckend klingen, aber die verzerrten Gitarren verflüchtigen sich bald und machen einer recht interessanten Ballade Platz, die ihre volle Wirkung erst nach mehrmaligem Hören entfaltet. Treffend schrieb ein ESC-Fan, das Lied erinnere ihn an "Kiss from a Rose", was ich gar nicht für abwegig halte. Es erfordert aber noch viel Feintuning, wenn es am ESC etwas reißen möchte - die Entfernung des Intros sollte ebenso auf der Checkliste von RTSH stehen wie eine professionellere Instrumentierung des Playback-Tracks (bei dem sich eklatant der Unterschied zur schön orchestrierten Livefassung zeigt).
Weißrussland hat heute Abend gewählt. Auch wenn es einige kritische Stimmen gibt, die dem Vertreter TEO eine zu große Ähnlichkeit mit dem angesagten Robin Thicke unterstellen, so finde ich sein Lied "Cheesecake" überraschend überzeugend. Zunächst einmal ist es unerwartet, aus Weißrussland etwas zu hören, was sich wie aktuelle Musik anhört. Im Vergleich zu den letzten Beiträgen des Landes ist "Cheesecake" ein Sprung von 10 bis 20 Jahren in die musikalische Gegenwart. Eingängig ist das Stück auch und viele ESC-Fans dürften Gefallen an der Präsentation und dem Sänger finden. Die Lyrics sollten noch einmal überarbeitet werden, was aber wahrscheinlich ohnehin passieren muss, weil die EBU kaum die mehrfache Erwähnung Google Maps im Liedtext eines ESC-Beitrags erlauben wird.
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Italien Emma Marrone zum ESC schickt, schlug in Fankreisen - wenn schon nicht in Italien selbst - wie ein Blitz ein. Die Sängerin ist mit drei Nummer-1-Alben und vier Nummer-1-Singles ein echter und aktueller Star, was den Willen des Senders RAI, gute Ergebnisse einzufahren, dokumentiert. Insofern ist (ja, ich komme auch nicht umhin) Bella Italia wieder nur das Allerbeste bei der Punktevergabe zu wünschen. Persönlich muss ich jedoch sagen, dass mich "La mia città" nicht wirklich anspricht. Und da finde ich mich immerhin in guter Gesellschaft, denn die bisher verbreitetste Meinung ist wohl: Für Emma Daumen hoch, für den Song Daumen runter. Er ist einfach ziemlich langweilig und geht ins Nirgendwo. Einprägsam wäre auch das falsche Wort. Insofern ist es schade um eine gewissermaßen verschwendete Personalie. Emma hätte mit einem besseren Lied absolute Siegchancen gehabt, wie auch 2012 beim San-Remo-Festival mit diesem Kracher:
