Mit einer ungewöhnlichen und einfallsreichen Eingangsszene erzeugt dieser Film schnell Interesse und eine unbestimmte, düstere Spannung, die er leider in der Folge trotz abwechslungsreicher Unterhaltung nicht mehr ganz durchhalten kann. Zu episodenhaft zersplittert die Geschichte, zu verwirrend und gewagt muten manche Story-Konstruktionen an, zu dramatisch überzogen und moralisierend präsentiert sich das Ende. Eine attraktive Dame bittet zwei vollkommen Fremde in ihre Wohnung, damit sie um Mitternacht gemeinsam der Figur einer fernöstlichen Göttin einen Wunsch (nach Geld) unterbreiten, den diese dank eines mystisch angehauchten zeitlichen Zusammentreffens und in Form eines Pferdelotterieloses in Erfüllung gehen lassen könnte. Die nun folgende Schilderung des Schicksals der drei auf so eigentümliche Weise zusammengeschweißten Bittsteller hat durchaus Reiz und Qualität, ihr fehlt aber eine gewisse filmische Geschlossenheit, sodass sich ein Beigeschmack von Zerrissenheit und Zerfaserung ergibt, da auch der einzige Schnittpunkt im Leben der drei verkrachten und/oder verzweifelten Existenzen, der rote Faden in Form des Wunsches an die chinesische Göttin und seiner möglichen Erfüllung, während des Handlungsverlaufs kaum ausgespielt wird. Die "Botschaft" des Films, wenn er denn eine hat - sinnlose Götzenverehrung, nicht ungestraftes Herausfordern des Schicksals, – hat aber durchaus auch heutzutage noch Bezug und Aktualität.
Geraldine Fitzgerald, attraktiv und selbstbewusst, versucht mit allen Mitteln ihren Ehemann, der sich einer jüngeren zugewandt hat, zurückzuerobern, was schließlich pathologische Züge annimmt, Peter Lorre, ein desillusionierter Säufer mit Würde, ist mit mehreren anderen in eine hässliche Raubmordgeschichte verwickelt und während der Gerichtsverhandlung auf der Flucht, zugleich auf der Suche nach einem „kleinen Glück“, Sydney Greenstreet, Anwalt mit barocker Figur, sind Klientengelder „abhanden“ gekommen, weshalb er sinnigerweise der einzige der drei ist, dem der Göttinnenwunsch auch Herzensangelegenheit ist. Alle drei liefern eine tadellose darstellerische Leistung, die ihren jeweiligen Geschichten und ihrem Zusammenspiel Glaubhaftigkeit und Intensität verleihen, auch in Nebenrollen ist der Film sorgfältig besetzt, etwa Rosalind Ivan (die böse Ehefrau aus „Unter Verdacht“) als juwelenbehangene Witwe, deren esoterische Ausflüge ihren geschäftlichen Scharfsinn nicht trüben können. Unentschlossen bleibt der Film in der Darstellung seines zeitlichen Hintergrunds, obwohl er laut eingeblendeter Tafel im pulsierenden London an der Schwelle zum Zweiten Weltkrieg spielt, strahlt er weit mehr die ruhige Eleganz und viktorianische Güte der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg aus, Greenstreet, seine Kanzlei und seine Bediensteten wirken gar wie aus Dickens’schen Zeiten entnommen.
DIE NARBENHAND (USA 1942, Original: This gun for hire)
Auch dieser düstere, wendungsreiche Thriller vermengt auf faszinierende Weise den Stil und die Atmosphäre des 30er-Jahre Gangsterfilms mit den dunklen, abgründigen Elementen des aufkommenden Film Noir. Die Verbrechen und auch die Verbrecher haben sich verändert: aus den Kämpfen rivalisierender Banden um die Vormachtstellung im Alkohol- und Rauschgifthandel, aus den persönlichen Fehden um die Aufteilung des Einflussbereiches werden jetzt groß angelegte, internationale Spionage- und Wirtschaftsdelikte, ausgeführt unter dem Deckmäntelchen honoriger Firmen, von eleganten Herren in Anzug und Weste, die hoch über Los Angeles in modernen Hochhausbüros sitzen. Doch ein kleines Rädchen der Verbrecherhierarchie bringt das Imperium ins Wanken, ein traumatisierter, wortkarger Auftragskiller, den man übers Ohr gehauen hat und dessen einziger Gedanke Rache ist. Die attraktive Dame im Spiel sitzt zwischen allen Stühlen – verlobt mit dem Polizisten, beschäftigt beim zwielichtigen Nachtclubbesitzer, fasziniert vom flüchtenden Outlaw und seinem Vogelfrei-Dasein.
Der Film erzeugt durch viele Schauplatz- und Handlungswechsel eine hohe erzählerische Dichte und Faszination, spannt den Bogen von San Francisco nach Los Angeles, führt seine Protagonisten in schäbige Wohnungen, billige Hotels, noble Hollywoodvillen, mondäne Nachtclubs, jagt sie durch Züge, über verlotterte Bahnhöfe und durch ein weitläufiges Gaswerk, dass manche Figuren- und Handlungskonstellationen vereinfacht und konstruiert anmuten, wird von der atmosphärischen, lebendigen, wenn auch gelegentlich zu konventionellen Gestaltung und den schauspielerischen Glanzleistungen gemildert, der zeitenweise aufblitzende Patriotismus ist wohl dem Weltkrieg geschuldet. Alan Ladd gibt sein Filmdebüt als kalter, kompromissloser Mörder, dem jede menschliche Regung fremd zu sein scheint und der nur im Umgang mit Katzen eine gewisse Schwäche zeigt – ein gelungener handlungstechnischer Zug, dass man erst zum Ende sein persönliches, durchaus erschütterndes Schicksal erfährt, so ambivalent, wie ihre Verstrickung in die Geschichte auch die Darstellung von Veronika Lake, zerbrechlich und mitfühlend, kumpelhaft und patent, abgeklärt und verrucht, verführerisch und lasziv. Laird Cregar wirkt in seiner korpulenten Jovialität eigentlich zu ängstlich und sensibel für die Kreise, in denen er sich bewegt –, er will in seiner gemütlichen Artisten-, Revuegirl-, Eiscreme- und Pfefferminzbonbon-Welt nicht mit dem Leiden seiner Opfer und den Konsequenzen seiner Handlungen konfrontiert werden.
DER GLÄSERNE SCHLÜSSEL (USA 1942, Original: The glass key)
Die Einordnung dieses Films ist seltsam schwierig, man weiß nicht recht, was man da eigentlich vorgesetzt bekommt, so als ob die Macher von jedem Genre ein Stückchen nahmen – Gangsterfilm, Kriminalfilm, Familiendrama, Politthriller, Film Noir – und in einen Topf warfen, danach aber vergaßen, umzurühren. Die einzelnen Handlungsteile, so gelungen sie gestaltet sind, harmonisieren nicht als Ganzes, es fehlt schon ein richtiger Einstieg und auch danach macht sich mehr Verwirrung und Zusammenhanglosigkeit breit als Freude am atmosphärischen Spiel. Im Mittelpunkt steht ein korrupter Machtpolitiker, der die bevorstehende Wahl für sich entscheiden und den Mann seines Vertrauens auf den Gouverneurssitz hieven möchte, um weiterhin die Kontrolle über die Stadt zu behalten. Er unterhält eine auffällig intensive Freundschaft zu seinem smarten Handlanger und Assistenten, die auch das gemeinsame Werben um eine kühle Schönheit nicht beschädigen kann. Gleichzeitig werden beide in einen mysteriösen Todesfall auf offener Straße verwickelt, bei dem die Polizei beide Augen zudrückt, während das Verbrechen für die örtliche Presse Anlass bietet, den unliebsamen Kandidaten unter Beschuss zu nehmen. Dass sich dieser zudem den lokalen Gangsterboss zum Feind macht, muss sein Helfer auf brutale Weise ausbaden.
Der Film strahlt gleichermaßen Qualität und Stil, Düsternis und Verkommenheit aus, lässt in Abgründe blicken und zeigt eine auf Vorteil, Macht, Beziehungen und Brutalität aufgebaute Gesellschaft, umso bedauerlicher, dass man es nicht schaffte, die bedrückenden und faszinierenden Bilder und ihre Ausführenden zu einer filmischen Gesamtheit zu formen, das verwirrende Durcheinander zu ordnen. Der Zufall wollte es, dass ich gleich noch in einen Film mit dem Traumpaar Alan Ladd und Veronika Lake geraten bin, Konstellation und Figurenzeichnung sind in vielem aber ganz konträr zu „Die Narbenhand“, Ladd strahlt eine attraktive Coolness aus, hat jede noch so haarige Situation fest im Griff, ist sich seiner Wirkung auf Frauen und Gegner gleichermaßen bewusst, zeigt trotzdem manchmal eine sympathische Verletzlichkeit, Veronika Lake erfüllt die Rollenvorgabe der geheimnisvollen Blondine, die sich nicht in ihre Karten schauen lässt, perfekt, Brian Donlevy kompensiert seine Darstellung des alles kontrollierenden Machtmenschen mit einer verschmitzen Eloquenz, die ihn durchaus charismatisch und publikumswirksam macht.
Die Tragödie einer zum Scheitern verurteilten Liebe bildet den Kern dieses mehr auf leise Töne und der Schilderung menschlicher Schicksale ausgerichteten Kriminaldramas, das von Robert Siodmak mit viel Gefühl für seine Helden und Gespür für einen realistisch-alltäglichen Hintergrund inszeniert wurde, der die Atmosphäre der späten 40er-Jahre in Kalifornien plastisch werden lässt und mitunter kritisch unter die Lupe nimmt. Dabei bindet der Regisseur Gesetze und Elemente des Film noir raffiniert und phantasievoll ein, ohne diese zum Selbstzweck verkommen zu lassen, sie über Protagonisten und Handlung zu stellen. Der Film beweist, dass man auch eine im Prinzip simple Geschichte – ein junger Mann kehrt nach zwei Jahren in seine Heimatstadt L.A. zurück, vorgeblich, um wieder Kontakt zu Familie, Freunden und Arbeitsstelle aufzunehmen, in Wirklichkeit aber aus Sehnsucht nach seiner Exfrau, die inzwischen die Mätresse eines Gangsters geworden ist – mit einer schnörkellosen, stringenten Regie spannend und ergreifend machen kann, ohne dabei auf manche Kniffe (etwa Rückblende, Off-Stimme) ganz zu verzichten – in gewisser Weise eine Wohltat nach manchen zu überkonstruierten, wirr erzählten und vollgestopften Geschichten, die ich in letzter Zeit in diesem bzw. ähnlichen Genres gesehen habe.
Einige Szenen strotzen von einer fast greifbaren Intensität: der Überfall, der im Wirbel von Rauchgranaten und untermalt von quakenden Sirenen auf blutige Weise eskaliert, die intime und vor Spannung knisternde Krankenhausszene mit dem gehandicapten „Helden“, der mütterlich-geschwätzigen Krankenschwester und dem mysteriösen Besucher, das artifizielle Finale im idyllischen Strandhaus, die Bar- und Nachtclubszenen, die in ihrer eindringlichen Ausleuchtung die Gefühlsstürme ihrer Besucher reflektieren. Die Darsteller sind z.T. etwas gegen den Strich besetzt, was aber die Glaubwürdigkeit durchaus unterstützt: Burt Lancaster als optimistischer Junge von nebenan, gutmütig und beliebt, gerät durch eine obsessive Liebe in einen Strudel von Gewalt und Verrat, Yvonne de Carlo, kein Typ „geheimnisvollen Blondine“, mehr herber, direkter, eine attraktive, ambivalente Frau zwischen zwei Männern, eher den eigenen Vorteil im Auge denn von ihren Gefühlen geleitet, Dan Duryea fehlt als Gangsterboss die dämonische Qualität, die ein anderer Darsteller vielleicht eingebracht hätte, gerade seine vermeintliche Durchschnittlichkeit und Blässe lässt ihn noch gefährlicher wirken. Die deutsche Bearbeitung wartet mit großen Stimmen auf (u.a. Siegfried Schürenberg), worauf sich der dem Film nicht gerecht werdende reißerische dt. Titel bezieht, erschließt sich mir nicht ganz.
Ich persönlich fand, dass die Chemie zwischen den Darstellern irgenweie nicht passt - Diese Bessenheit zweier Männer von einer Frau und doch hatte ich nie das Gefühl, dass es Zwischen den Darstellern "knistert" ...
Kein schlechter Film, allerdings hatte ich mir mehr erhofft.
Mag der Buchswald tot sein, der Buchsgeist lebt weiter!
Goldenes Gift (USA 1947, Original: Out of the Past)
Der Klassiker aus der Produktionsschmiede von RKO! Hier wimmelt es von pessimistischen Typen und ansonsten farbenfrohe Orte werden düster gestaltet. Die Story (an der der legendäre Daniel Mainwaring beteiligt ist) kurz erzählt: Gangster heuert Privatdetektiv an, um seine Geliebte zu suchen. Der verliebt sich in die Femme fatale und gerät dadurch in eine Serie von Verbrechen. Es ist nicht die Geschichte, die fasziniert (dazu ist diese an einigen Stellen ein bisschen zu verworren). Es sind die Figuren. Robert Mitchums cooler Ex-Privatdetektiv, der ein neues Leben mit einem hübschen Mädel (Rhonda Fleming) beginnen möchte. Ihn holt die Vergangenheit ein. Ein geschickt agierender Gangsterboss, der im Hintergrund die Fäden zieht (glänzend hinterlistig dargestellt vom jungen Kirk Douglas). Und eine kurvenreiche Blondine (entzückend Jane Greer), die dem Privatdetektiv die Sinne raubt. Dazu verkörpern Steve Brodie (als kompromissloser Gangster-Handlanger) oder Dickie Moore (als taubstummer Junge) weitere Typen des Film Noir. Interessant das Spiel der beiden Hauptdarsteller. Kirk Douglas ist eher ein sogenannter „method actor“. Ihm gegenüber Mitchum als Mitchum. Jeder versucht sich vorteilhaft einzubringen. Packend gerät die Atmosphäre des Filmes. Anfang und Ende spielen in Bridgeport, Kalifornien. Der abgelegene Ort am US-Highway 395 im Mono Country (östliche Sierra Nevada) ist idealer Fluchtpunkt für einen untergetauchten Privatdetektiven. Heute fast immer noch beschaulich wie einst (und ein Zentrum für ruhigen Angelsport in den umliegenden Wäldern), kommt die Kleinstadtatmosphäre in den düsteren s/w-Aufnahmen bestens herüber. Nicht weniger Intensität versprühen die in Mexiko spielenden Szenen (es ist übrigens immer wieder ein Genuss, Robert Mitchum in einer mexikanischen Bar zu sehen), obwohl gar nicht in dem Land gefilmt wurde. Es gibt nur einige Schnittszenen, der Rest entsteht auf dem RKO-Ateliergelände. „Alptraum-Bilder erzeugen eine einschlafende Atmosphäre bei diesem Wachtraum,“ meinte Jane Greer in einem späteren Interview über den Film. Regisseur Jacques Tourneur sei eine „einschläfernde Regie“ mit seinen düsteren Aufnahmen gelungen. „Es war so dunkel am Set, man wusste die halbe Zeit gar nicht wer sonst noch da war,“ weiter Greer. Wohl überlegt sind viele Details für einen richtigen Film Noir. Betrachtet man Greers Garderobe, so fällt auf, dass sie im sonnigen Mexiko zunächst helle Farben trägt. Nachdem sie einen Mann tötet, werden ihre Farben dunkler. Am Ende trägt sie Schwarz. Nach der Uraufführung nur als „weiterer Privatdetektiv-Film“ bezeichnet, zählt GOLDENES GIFT heute zu Recht zu den Meisterwerken des „goldenen Hollywood“. Kommt man heute durch Bridgeport, dann stellt man schnell fest, dass sich so viel in den Jahren nicht getan hat. In einigen Nebenstraßen sieht es aus wie damals im Film. Die markante Town Hall gibt es immer noch unverändert. Auch sonst bietet sich der Ort an, abseits Hektik mal eine Angeltour zu machen. Abends ein Bierchen und dann aufs Zimmer im historischen Bridgeport Inn, wo einst Robert Mitchum während der dreiwöchigen Dreharbeiten auch in seinem Bett lag und Gedichte schrieb. An einem herbstlichen Oktobertag kommen dann Erinnerungen an den Film Noir auf, versprochen!
Zitat von kaeuflinIch persönlich fand, dass die Chemie zwischen den Darstellern irgenweie nicht passt - Diese Bessenheit zweier Männer von einer Frau und doch hatte ich nie das Gefühl, dass es Zwischen den Darstellern "knistert" ...
Kein schlechter Film, allerdings hatte ich mir mehr erhofft.
Hab ich jetzt nicht so empfunden, die stärkste Besessenheit ging ohnehin von Burt Lancaster aus, der für die Frau Leben und Freiheit aufs Spiel setzt, Yvonne de Carlo schien mir - ob jetzt beabsichtigt oder nur "schlecht gespielt" - ohnehin hauptsächlich auf ihren eigenen Vorteil bedacht, in beiden Beziehungen, vermutlich generell im Kontakt zum anderen Geschlecht. Und ihr Verhältnis zu Dan Duryea ist wohl auch eher eine klassische, fast "geschäftliche" Beziehung Gangster - Gangsterbraut, und zwar von beiden Seiten aus.
Where Danger Lives (USA 1950, in Deutschland nicht gelaufen)
Der RKO-Film ist nicht in Deutschland gelaufen. WHERE DANGER LIVES ist einer der pessimistischsten und unerbittlichsten Beiträge des Film Noir. Das Drehbuch stammt von Charles Bennett (Die 39 Stufen, 1935). Die Story handelt einer hübschen und psychopathischen Frau, die mit einem reichen Mann verheiratet ist und die ihren jungen Doktor-Liebhaber in den Mord an ihrem Ehemann verwickelt. Der Doktor quält sich mit den Schmerzen einer Kopfverletzung herum (die er in einem Zweikampf mit dem Ehemann erlitt), während das Paar Richtung mexikanische Grenze flieht. Die Geschichte steigert sich bis zum gewaltsamen Höhepunkt ihrer verhängnisvollen gegenseitigen Anziehungskraft. Ein Musterbeispiel der wunderschönen Femme fatale mit dem schmerzvollem Verlust von Gier und sexueller Besessenheit. Robert Mitchum spielt den jungen Doktor. Die Rolle kann als verstärkte Interpretation seiner Figur aus OUT OF THE PAST (Goldenes Gift, 1947) gesehen werden. Ein weiterer bestechlicher Mann, der sich wieder selbst zerstört. Faith Domergue gibt aufregend schön und eiskalt die Figur, die Mitchums Charakter in Bann zieht. Sie ist ein Schützling des Studiobosses Howard Hughes, der sie im Alter von 15 Jahren unter „seine Fittiche“ nahm (sprich: zu seiner Geliebten machte), und die hier ihre erste Hauptrolle im Kino abgibt. Ihr nimmt man die empfindliche Schönheit ebenso wie das tragische Ende mit dem Mordversuch an Robert Mitchum ab. Domergue überbietet mit ihrer Leistung sogar noch den ebenfalls wieder sehr guten Mitchum. Glänzend umgesetzt wird der Alptraum durch John Farrows harte Inszenierung, die den Schauspielern alles abverlangt. Mitchums torkelnder Gang durch das Grenzhotel und sein Sturz hinunter über drei Hoteltreppen wird ohne Stuntman gedreht (am Set muss Robert Mitchum zu allem Überfluss feststellen, dass der Australier Farrow, ein früherer Seemann, es mit ihm an der Bar aufnehmen kann). Kameramann Nicholas Musuraca, gebürtiger Italiener, gelingt eine weitere superbe Arbeit (er filmte schon KATZENMENSCHEN, 1942, DIE WENDELTREPPE, 1945, oder Goldenes Gift, 1947). Unterm Strich ein leider weniger beachteter Film Noir, der aber dank der schauspielerischen Spitzenleistungen von Faith Domergue und Robert Mitchum ein Prachtexemplar der Filmgattung ist. Robert Mitchum erreicht diesmal nicht mexikanisches Territorium. Dafür hat er eine Nachtclubszene in Hawaii-Dekor und darf eng umschlungen mit der herausgeputzten Domergue tanzen.
Kriminalfilm, USA 1946. Regie: Roy William Neill. Drehbuch: Roy Chanslor (Buchvorlage: Cornell Woolrich). Mit: Dan Duryea (Martin Blair), June Vincent (Catherine Bennett), Peter Lorre (Marko), Broderick Crawford (Captain Flood), Constance Dowling (Mavis Marlowe), Wallace Ford (Joe), Hobart Cavanaugh (Hausmeister Jake), Freddie Steele (Lucky aus dem Rio’s), John Phillips (Kirk Bennett), Ben Bard (Barmann) u.a. Uraufführung (USA): 2. August 1946. Uraufführung (BRD): 2. Juni 1950. Eine Produktion von Universal Pictures.
Zitat von Schwarzer EngelKirk Bennett betritt die Wohnung der Sängerin Mavis Marlowe und findet diese ermordet auf. Da er den Kopf verliert und bei der Flucht gesehen wird, gerät er bald unter Mordanklage. Die Geschworenen sprechen ihn schließlich schuldig. Seine Frau Catherine hält das Urteil für falsch und beginnt, auf eigene Faust zu ermitteln. Dabei greift ihr der versoffene Komponist Martin unter die Arme, der Mavis einst liebte.
Ein notorischer „Black Angel“ gibt als Titel nicht viel her. Weder weckt er bestimmte Assoziationen noch bezieht er sich auf besonders eigenständiges Element der Geschichte. Dass Film-Noir-Frauen, wenn sie einem Mord zum Opfer fallen, keine puren Freudenbündel waren, sollte altbekannt sein. Deshalb ist es schade, dass man die Gelegenheit vergab, dem in diesem Film von Sherlock-Holmes-Regisseur Roy William Neill allgegenwärtigen Song „Heartbreak“ oder der noch vielsagenderen Barnummer „Time Will Tell“ zu Titelehren zu verhelfen.
Nach einem innovativen Vorspann, der mit eingerahmten Szenenausschnitten eindrucksvoll damalige Gestaltungsmöglichkeiten illustriert, wickelt sich der übliche Handlungsapparat aus Mord, Erpressung und einem unschuldigen Angeklagten ab. Was das Script von Roy Chanslor (Das Haus des Schreckens) besonders macht, ist, dass die privat agierenden Catherine Bennett und Marty Blair für ein Gros der Spielzeit einer falschen Fährte nachjagen. So wird ihr Amateurstatus unterstrichen und dem Zeitdruck, der aufgrund der verhangenen Todesstrafe besteht, eine noch größere Wichtigkeit zugesprochen. June Vincents Hauptrolle, bereits als „Veronica-Lake-Verschnitt“ abgetan, erhält auf der Suche nach dem Beweis für die Unschuldigkeit ihres Mannes einige interessante Charaktermomente. Als solchen darf man wohl ihre Motivation ansehen, wird doch deutlich gemacht, dass ihr verurteilter Mann sie betrogen hat. Man fiebert trotzdem einem Happy-End entgegen, schließlich macht Catherine quitt, als sie mit eindeutigen Angeboten ein Geheimnis aus dem Nachtclubbesitzer Marko herauszuholen versucht. Dan Duryea ist dagegen für eine Hauptrolle ungeeignet. So gern ich ihn in fiesen Nebenrollen sehe, so wenig kann er den Hauptcharakter in „Black Angel“ tragen. Sein Marty Blair, der zwischen Säufer und Helfer hin- und herschwingt, formt sich nicht zu einer folgerichtigen Figur. Unter ähnlichen Problemen litt auch Klaus Kinski in „Das Gesicht im Dunkeln“.
Zu den schönsten Momenten im Film zählen die Darbietungen der teilweise bereits genannten Musikstücke. Dies beginnt bei den Vorstellungen der Musiker (I Want to Be Talked About), wobei der Humor nicht zu kurz kommt, und setzt sich in den eleganten Nachtclubszenen fort. Catherine erhält in diesen die Gelegenheit, ihrem Hausfrauenleben und ihren Hausfrauenkleidern zu entkommen und in verzweifelter Fixierung auf den Erfolg ihrer Undercover-Ermittlungen Glanz, Glamour und Waghalsigkeit zu versprühen. Auch der Erwähnung wert die Umgehung des eigentlich wahrlich gusseisernen Alibis des Mörders: Ein läppischer Quarter trägt die Schuld am Tod von Mavis Marlowe, deren Doppel-M-Initialen einen scharfen Dreizack bilden. Wenigstens, so kann man beruhigt sein, hat es „die Richtige“ getroffen.
Constance Dowling, deren jüngere Schwester Doris in „Die blaue Dahlie“ in so ziemlich derselben Rolle zu sehen war, ist ein überzeugender, wenngleich wenig einfallsreicher „schwarzer Engel“. Der Fokus liegt jedoch weniger auf ihrem Tod als vielmehr dessen Untersuchung bzw. Aufklärung. Neill und Chanslor waren in diesem Punkt der Holmes-Serie treu geblieben, brachten aber keine vergleichbare Perle zustande. 3,5 von 5 Punkten.
Originaltitel: They Live By Night Alternativtitel: Im Schatten der Nacht, The Twisted Road, Your Red Wagon Herstellungsland: USA Erscheinungsjahr: 1949 Drehbuch: Charles Schnee, Nicholas Ray Kamera: George E. Diskant Schnitt: Sherman Todd Musik: Leigh Harline, Woody Guthrie Länge: ca. 95 Minuten Regie: Nicholas Ray Cast: Cathy O'Donnell, Farley Granger, Howard Da Silva, Jay C. Flippen, Helen Craig, Will Wright, Marie Bryant, Ian Wolfe, William Phipps, Harry Harvey
Ein Besonders düsteres und Tragische Noir Drama über 2 Junge Menschen auf der Flucht. Arthur „Bowie“ Bowers bricht zusammen mit 2 Weiteren Häftlingen, Chicamw & T-Dub, aus dem Gefängnis aus, in das er bereits als 14 Jähriger kam weil er sich keinen Anwalt leisten und seine Unschuld nicht beweisen konnte. Unterschlupf finden sie bei einem alten Säufer Mobley, einem Bruder Chicamaws. Während noch die Fahndung läuft, planen die 3 Ausbrecher zusammen mit Chicamaws Schwägerin Mattie einen Banküberfall, der Mattie Geld für die Freilassung ihres Inhaftierten Bruders und Bowie Geld für einen Anwalt, der seine Unschuld beweist bescheren soll. Während der Zeit verliebt sich Bowie in Mobleys Tochter Keechie, mit der er nach nur teilweise geglücktem Überfall und seinem Teil der Beute verschwindet. Doch seine Komplizen lassen ihn nicht so einfach ziehen – schließlich steht Bowie in ihrer Schuld.
Nicholas Ray geht es nicht darum, einen Spannenden Kriminalfilm zu inszenieren. Vielmehr steh die Gefühle und Verhaltensweisen der Menschen im Mittelpunkt.
„Women are like dogs“ sagt Keechie und erzählt ihrem Mann, dass sie einen Hund kannte, der alles Futter verweigerte und starb nachdem Herrchen verstorben war. Diese treue zu Bowie, mit dem Wissen, dass es für sie beide keine Zukunft und sie alleine nicht leben kann, führt zu einem tragischen Ende.
Die Darsteller allen Voran Farley Granger und Cathy O´Donnell spielen sehr überzeugend. Das Setting im Ländlichen Amerika ist sehr gelungen, technisch ist der Film auch auf einem überdurchschnittlichen Level. Die Dunkelheit der Nacht, das Spiel mit den Schatten und der Score, der zudem noch Melodien von Protest Sänger Woody Guthrie bietet, erzeugen eine extrem bedrückende und ausweglose Stimmung.
Gesehen habe ich den Film von der Warner DVD wo er in der Film Noir Collection Box 4 Erschienen ist und sich eine DVD mit Anthony Manns „Side Street“ teilt in dem ebenfalls Farley Granger mitwirkt. Die DVD bietet ein gutes, scharfes Bild, eine gutverständliche Englische Tonspur und Englische Untertitel, zudem gibt es einen Audiokommentar mit Farley Granger sowie weiter Bonusmaterial. Erst als ich den Kommentar hier verfasst habe viel mir auf, das der Film auch bei uns in der Kinowelt ArtHaus Collection erschienen ist – unter dem Alternativtitel „Im Schatten der Nacht“. Zur Deutsch Fassung kann ich somit keine Aussagen machen, der Film selbst jedoch ist absolut empfehlenswert.
5 von 5 von mir.
Mag der Buchswald tot sein, der Buchsgeist lebt weiter!
Herstellungsland: USA Erscheinungsjahr: 1949 Drehbuch: Sydney Boehm Kamera: Joseph Ruttenberg Schnitt: Conrad A. Nervig Musik: Lennie Hayton Länge: ca. 82 Minuten Regie: Anthony Mann Cast: Farley Granger, Cathy O'Donnell, James Craig, Paul Kelly, Jean Hagen, Paul Harvey, Edmon Ryan, Charles McGraw, Edwin Max, Adele Jergens
Nun also der Zweite Teil des Double Features von Warner.
Farley Granger und Cathy O´Donnell spielen erneut ein junges Paar unter Druck. Sie ist Schwanger, er, Joe Norson, hat keinen festen Job. Bei einer Gelegenheitsarbeit, Entdeckt er im Büro seines Chefs 200 $ am Boden liegen. Als er sie Aufheben will, erweckt das die Aufmerksamkeit der im Büro anwesenden. Das Geld wird „geborgen“ und versorgt. Irgendwo anders in NY erpresst eine Dame einen älteren Herrn mit Fotos – Ihrem Vorgehen nach, betreibt die Dame diese Art von Geschäft regelmäßig. Der Erpresste Zahlt widerwillig die 30000, kurz darauf wird die Dame tot aus dem Wasser gefischt.
Bei Norsons nächsten Besuch im Büro ist der Chef außer Haus und auch sonst niemand anwesend. Kurzentschlossen bricht den Schrank auf und lässt das Geld mitgehen – Doch anstelle der 200 $ findet er 30:000$! Mit der Situation völlig überfordert deponiert er das Geld bei einem ihm bekannten Barkeeper – Getarnt als Geschenk für seine Frau und löst damit eine verheerende Kettereaktion aus.
Während Farley Granger und Cathy O´Donnell ein Jahr zuvor noch durch das ländliche Amerika flohen und die Charaktere im Zentrum des Films standen beherrscht hier die Stadt New York das Geschehen. Der Film beginnt mit einer recht langen aber durchaus faszinierenden Sequenz in der das Unübersichtliche New York von oben gefilmt wird.
Danach starten wir nicht gleich in die Handlung ein, wir sehen das dreckige Stadtbild nun aus der Nähe – von Unten- Unterlegt vom Voiceover eines Polizisten, der einigen mehr oder weniger wissenswertes über seine Stadt und deren Bewohner zu Besten gibt. Ist die Handlung dann mal „Endlich!“ in Gang gekommen, wird sie recht solide und zielstrebig erzählt. Eine Spur führt zur nächsten, die „Gangster“ sind steht einen schritt schneller als unser „Held“ und die Polizei ist auch stets zur Stelle wenn alles vorbei ist ...
Farley Grange trägt dabei die größte Verantwortung – ist er doch die einzige Person, welche über den Gesamten Handlungsverlauf Screen Time hat. Er löst diese Aufgabe durchaus ansprechend. Seine Frau ist zuerst im Krankenhaus und später bei der Polizei und Cathy O´Donnell bekommt daher leider kaum etwas Interessantes zu spielen.
Die Feindbilder wechseln des Öfteren, richtig prägnant bleibt aber kaum einer in Erinnerung. Die 82 Minuten sind schnell vorbei und man könnte nicht sagen, dass der Film langweilig währe – allerdings fehlt es doch etwas an interessanten Charakteren – Vielleicht hätte man nicht so viel Zeit am Anfang und für die Finale Verfolgungsjagt verbrauchen sollen, sondern lieber die Figuren besser ausarbeiten. Und auf das angedeutete "Happy End" verzichtet!!!
Als Gegenentwurf zu „They Live By Night“ ganz interessant – Wie das halt so mit Double Features ist, ein Teil will man sehen, den anderen kann man sich ansehen ... Da gibt es besseres aber auch schlechteres.
3 von 5
Mag der Buchswald tot sein, der Buchsgeist lebt weiter!
Kriminalfilm, USA 1949. Regie: Nicholas Ray. Drehbuch: John Monks jr., Daniel Taradash (Buchvorlage: Willard Motley). Mit: Humphrey Bogart (Andrew Morton), John Derek („der Hübsche“ Nick Romano), George Macready (Staatsanwalt Kerman), Allene Roberts (Emma), Susan Perry (Adele Morton), Mickey Knox (Vito), Barry Kelley (Richter Drake), Dooley Wilson (Klavierspieler), Cara Williams (Nelly), Jimmy Conlin (Kid Fingers) u.a. Uraufführung (USA): 21. Februar 1949. Uraufführung (BRD): 17. November 1954. Eine Produktion von Santana Pictures.
Zitat von Vor verschlossenen TürenSein Leben ist verkorkst: Der Vater starb im Gefängnis und dann geriet auch Nick Romano, aufgewachsen in Elendsvierteln, auf die schiefe Bahn. Die Besserungsanstalt erzeugte mit ihren brutalen Methoden nur Hass und Verachtung – einen Anreiz zu Arbeit und Anstrengung sieht Nick nicht. Nun wird ihm ein Polizistenmord vorgeworfen. Doch sein Anwalt Andrew Morton zweifelt trotzdem an seiner Schuld.
„And introducing John Derek as Nick Romano“ verkündet der Vorspann, der schnell einer Schießereiszene in einem düsteren Viertel einer amerikanischen Großstadt weicht. John Derek, der sein Hauptrollendebüt in „Knock on Any Door“ abgibt (der deutsche Alternativtitel „Stadt unter Anklage“ gefällt mir persönlich noch besser als „Vor verschlossenen Türen“), stellt den zentralen Protagonisten des Films dar. Die Lebensgeschichte des Nick Romano ist voll von Steinen und Schikanen, aber auch von leichtfertig vergebenen Chancen. Dessen verzweifelte Entschlossenheit, sich an einen zum Scheitern verurteilten Lebensentwurf zu klammern, lässt dem Jungschauspieler viele Freiheiten, ein nachhaltiges und erinnerungswürdiges Porträt zu zeichnen. Bogart fällt die Credit-Erstnennung dagegen nur als Zugeständnis an seine Erfahrung und Popularität zu. Er gibt den „guten Anwalt“, hat aber auch eine dunkle Seite, denn das fehlende Engagement seiner Kanzlei führte erst zu dem Tode des alten Romano, der den Abstieg des Sohnes auslöste.
Ein hervorstechendes Merkmal ist der sozialkritische Aspekt des Films, der kaum mehr als Unterton bezeichnet werden kann, wenn Anwalt Morton am Ende mit dem Finger auf jeden einzelnen zeigt und sinngemäß feststellt „Sie, Sie und Sie – wir alle sind Schuld daran, dass Nick Romano sich so entwickelte.“ Diese Verteidigungsrede ist, auch wenn sie es im Grunde genommen bei seiner Erzählerrolle bewenden lässt, der große Moment für Humphrey Bogart und ging vor allem deshalb in die Annalen der Filmgeschichte ein, weil Regisseur Nicholas Ray die gesamte Szene am Stück drehen wollte und Bogart noch nie einen so langen Monolog auswendig gehalten hatte. Alles funktionierte jedoch bestens: Ein großer Teil des ersten Takes findet sich im fertigen Film wieder.
Das Gericht spielt eine wichtige Rolle und den Geschworenen, an die sich Morton wendet, fällt dieselbe Position zu wie dem Zuschauer. Jeder soll sich ein Bild davon machen, wie es zu der Anklage und zu den Verdächtigungen gegen „den Hübschen Romano“ kam. Als Gegenspieler trifft Humphrey Bogart auf den entschlossenen, offenbar kriegsversehrten und sehr prinzipientreuen Staatsanwalt Kerman in Person des Charakterdarstellers George Macready, der ebenso überzeugt wie ein Richter, der so menschlich ist, dass er während der Verhandlung sogar schwitzen darf. Erst am Ende, als er im Namen des Gesetzes spricht, stellt er die Justiz als Institution dar und ist deshalb gelungenerweise nicht als Person im Bild.
Zitat von Charles Bogle: Nicholas Ray: The Glorious Failure of an American Director, LinkThe witch-hunts generated enormous pressures on left-wing artists such as Ray, who were not prepared for the onslaught. The filmmaker’s personal life began spiraling out of control during this period. Ray had a disastrous marriage to the gifted but unstable actress Gloria Grahame, and squired various Hollywood starlets from party to party while drinking, taking drugs and gambling away large sums of money.
Die Ehe mit Grahame (1948 bis 1952) fällt in den Produktionszeitraum von „Knock on Any Door“, macht sich jedoch ebenso wenig negativ bemerkbar wie Rays politische Tendenzen. Dafür sind Geschichte und Inszenierung zu eindeutig realistisch und schnörkellos gehalten: Gerade in dem Teil des Films, in dem man als Zuschauer alle Lebensstationen Romanos mit durchlebt, fällt die von manchen Kritikern angeprangerte „Entschuldigung eines Verbrechers“ kaum ins Auge. Alle Ereignisse, die zu Nick Romanos Persönlichkeitsbild beigetragen haben, dienen nur der Verdeutlichung seiner Ansichten und Beweggründe, nicht aber deren Rechtfertigung. So hielt sich Ray auf einer geschmackvollen Distanz zu einer möglichen Glorifizierung Romanos, auch weil er sich nicht scheute, einige Bilder besonderer Härte (vor dem Selbstmord Emmas oder beim Sturz seines Freundes nach einem Überfall) einzubauen. Zusätzlich wird durch die Figur des Andrew Morton verdeutlicht, dass es ganz und gar nicht allein an Milieu und Behandlung durch die Gesellschaft liegt, wie sich ein Individuum entwickelt. Jede Entschuldigung für Romanos Taten verschwindet mit der Existenz des Anwalts, der ebenfalls die Besserungsanstalt durchmachte, aus demselben Umfeld kam und dennoch aufgrund von Disziplin und starkem persönlichen Willen einen Weg in ein ehrliches Leben fand.
Manch einer hat es schwerer als ein anderer – diese Kritik an den Vorurteilen und Verhaltensweisen der Gesellschaft gegenüber ihren schwachen Gliedern nimmt man aus „Vor verschlossenen Türen“ mit, ohne sich auf die Füße getreten zu fühlen. Einfühlsame Momente und schockierende Situationen vor teils ärmlicher, teils gerichtlicher Kulisse füllen einen Film Noir mit Überlänge gekonnt aus. 4,5 von 5 Punkten.
Die DVD von Sony Home Entertainment ist sehr schmal ausgefallen. Der Film wurde erst im April 2011 herausgebracht, zu einem Zeitpunkt also, als die Veröffentlichungen alter Backkatalogtitel bei den großen Labels bereits so gut wie eingestellt war. „Vor verschlossenen Türen“ verdankt seine VÖ der hochgestochen betitelten Platinum Classic Film Collection, kommt aber mit Eco-Hülle ohne Inlay oder Wendecover und natürlich auch ohne digitalen Bonus daher. Das Menü ist nicht einmal auf den Film personalisiert, zeigt keinen Titel oder Kapitel, sondern nur die Sprachauswahl und den Filmstart mit einigen Filmrollen im Hintergrund. Naja, das Bild ist immerhin akzeptabel, wenngleich an Rollen- oder Szenenwechseln manchmal vermehrt Artefakte zu sehen sind.
Erwähnenswert finde ich die deutsche Synchronisation. Sie stammt immerhin aus dem Jahr 1954 und beschert neben den gerollten Rs von O.E. Hasse auf Humphrey Bogart auch eine Begegnung mit Siegfried Schürenberg. Zudem: Wer hätte gedacht, dass man in den prüden Fünfzigern das Wort „Nutte“ durch die deutschen Kinos posaunen würde?
Herstellungsland: USA Erscheinungsjahr: 1950 Drehbuch: Sydney Boehm, Richard Brooks, Leonard Spigelgass Kamera: John Alton Schnitt: Ferris Webster Musik: Rudolph G. Kopp Länge: ca. 93 Minuten Regie: John Sturges Cast: Ricardo Montalban, Sally Forrest, Bruce Bennett, Elsa Lanchester, Marshall Thompson, Jan Sterling, Edmon Ryan, Betsy Blair, Wally Maher, Ralph Dumke
Vivian Heldon ist in Schwierigkeiten. Die junge Frau ist mit ihrer Miete im Rückstand und die Person von der sie Hilfe erwartet, weicht ihr aus. In der Bar in der sie für gewöhnlich ihre „Kundschaft“ sucht trifft sie auf den betrunkenen Henry Shanway, dessen Frau gerade ihr Baby verloren hat. Unter dem Vorwand, seinen Wagen aus dem Parkverbot zu fahren, zieht sie Mit Henry los in Richtung des Wohnorts ihres Unwilligen Helfers. Von einem Imbiss aus Telefoniert sie Noch einmal und lässt dann den Verwirrten Henry zurück um Pünktlich zum Treffpunkt zu kommen. Einige Zeit später findet man in den Dünen das Skelett einer jungen Frau. Mit Hilfe der Universität von Harvard nun der Zustände Ermittler Peter Moralas den Tod der ihm Unbekannten Frau aufzuklären.
Nun, ein richtiges Film Noir Feeling wollte bei der Betrachtung von Mystery Street nicht aufkommen. Der Fall wird sehr Direkt und ohne Große Twists erzählt, der Ermittler steht im Mittelpunk. Er Zweifelt zwar gelegentlich an sich und seien Fertigkeiten ist aber doch mehr Held wie Antiheld. Am Ende gibt es zudem ein klassische Happy End für die Unschuldigen.
Was jetzt aber nicht bedeuten soll, der Film wäre schlecht – Ganz im Gegenteil! Wir haben es mit einem für die Entstehungszeit sehr Modern wirkenden Krimi zu tun. Besonders auffallend und interessant ist der Einsatz des Harvard Professor Dr. McAdoo. Die Konstellation fast an die Aktuelle Fernsehserie „Bones“.
Darstellerisch werden einem kaum große Nahmen geboten, doch alle Beteiligten lösen ihre Aufgabe durchaus zufriedenstellend und auch die Inszenierung von John Sturges wirkt unauffällig aber flüssig und Storyorientiert. Insgesamt ein durchaus sehenswerter Krimi, der wie eine Mischung aus „Bones“ und Hitchcocks „Der Falsche Mann“ wirkt. Ungewöhnlich aber gelungen.
4 von 5
Mag der Buchswald tot sein, der Buchsgeist lebt weiter!
Herstellungsland: USA Erscheinungsjahr: 1946 Drehbuch: Clifford Odets, Cornell Woolrich Kamera: Nicholas Musuraca Schnitt: Roland Gross Musik: Hanns Eisler Länge: ca. 93 Minuten Regie: Harold Clurman Cast: Susan Hayward, Paul Lukas, Bill Williams, Joseph Calleia, Osa Massen, Lola Lane, Jerome Cowan, Marvin Miller, Roman Bohnen, Steven Geray
Als der Matrose Alex Winkley langsam nüchtern wird, findet er Geld in seiner Hosentasche. Erschrocken stellt er fest, das er es wohl der ebenfalls betrunkennen Edna Bartelli gestohlen haben muss, die ihn mit in ihre Wohnung genommen hatte. Erinnern kann er sich nicht daran. Bei dem Versuch das Geld zurückzubringen, stolpert er und seine neue Bekanntschaft die desillusionierte aber gutherzige June Goth über Ednas Leiche. Hat Alex selbst Edna erwürgt? Unvorstellbar für den Naiven Jungen Mann! Doch wer würde ihm glauben Schenken? Nach kurzer Überlegung beschließen June und Alex den Mörder zu finden. Ihnen bleibt allerdings nur bis zum Morgengrauen Zeit, denn dann fährt Alexs Bus – Und der Bruder der Toten weis, wer Alex ist und wo er hin muss.
Ein Unschuldiger unter Verdacht, die Situation scheinbar ausweglos – das kling nach klassischem Noir Stoff. Doch das was uns Theaterregisseur Clurman in seinem einzigen Kinofilm vorsetzt ist nicht so genau zu klassifizieren ...
Sicher, man hat die recht gelungen Grundstory von Woolrich und mit Susan Hayward sicher keine schlechte Hauptdarstellerin, trotz allem kommt eher wenig Spannung auf. Clurmann spielt Theater – Die Charaktere, die Gesten und besonders der Humor sind überzogen, die Dialoge sehr Eigenwillig – Da fängt schon mal einer der Darsteller für ein paar Zeilen an zu reimen, oder gibt philosophische Weisheiten von sich – Besonders Hayward wirkt ratlos, Todernst erzählt sie den größten Unsinn und wirkt dabei so fehl am Platz ...
Bill Williams sieht aus wie ein zu groß geratenes Kleinkind und benimmt sich auch dementsprechend, während Joseph Calleia sich damit begnügt, wie ein Gangster auszusehen ... Nur Paul Lukas geling es, seinen Charakter trotz komischer Entscheidungen symphatisch werden zu lassen. Das Ende ist zwar überraschen, wirkt allerdings etwas inkonsequent.
Unterhaltsam ist Deadline At Down auf jeden Fall – Doch denke ich nicht, das das in dieser Art von den Machern beabsichtig war.
Loben muss ich die DVD aus der Film Noir Collection 5 von Warner – Für das alter tolles Bild und guter Ton.
Mag der Buchswald tot sein, der Buchsgeist lebt weiter!
Herstellungsland: USA Erscheinungsjahr: 1946 Drehbuch: Bernard C. Schoenfeld, Jay Dratler, Leo Rosten Kamera: Joseph MacDonald Schnitt: J. Watson Webb Jr. Musik: Cyril J. Mockridge Länge: ca. 93 Minuten Regie: Henry Hathaway Cast: Lucille Ball, Clifton Webb, William Bendix, Mark Stevens, Kurt Kreuger, Cathy Downs, Reed Hadley, Constance Collier, Eddie Heywood, Colleen Alpaugh
Nach 2 Jahren Gefängnis wider auf freiem Fuß, eröffnet Privatdetektiv Galt ein neues Büro in New York. Doch nicht nur er hat die Stadt gewechselt – auch seinen Ex-Partner Jardin hat es aus San Francisco weg und nach New York gezogen. Eines Abends bemerkt Galt wie einen Verfolger in einem auffälligen weißen Anzug. Als er diesen zur rede Stellt, nennt er Jardin als Auftrageber. Galt hat noch eine Rechnung mit Jardin offen, verdankte er ihm doch die ungerechtfertigte Verhaftung wegen fahrlässiger Tötung, aber was will Jardin von Galt und welche Rolle spielt Jardins Gönner, der Galeriebesitzer Hardy Cathcart und seine junge hübsche Frau Mary? Da wird Jardin in Galts Büro ermordet und nur seine Sekretärin Kathleen Steward glaubt an seine Unschuld.
Feind im Dunkel ist einer der eher Umstrittenen Noir Klassiker – Viele kennen ihn, einige Lieben ihn andere bezeichnen in als eher Misslungen und uninteressant. Und alle haben irgendwie recht…
Die Story ist Typisch Film Noir, fast schon etwas zu Klischeelastig, aber durchaus interessant. Doch während die Meisten Privatdedektieve desillusionierte aber harte Männer sind, kommt Mark Stevens' Bratford Galt sehr weinerlich und selbstmitleidig rüber. Die Plötzliche Liebe die ihm Kathleen Steward entgegenbringt , das Vertrauen das sie in ihn hat und das Risiko das sie eingeht um ihm zu helfen kann ich beim besten willen nicht nachvollziehen… Hinzu kommt noch die komische Frisur, die Lucille Bell aus heutiger Sicht wie eine Witzfigur aussehen lässt.
Besser fährt da schon die Gegenseite. Kurt Kreuger gibt einen herrlich schmierigen Jardin ab, Clifton Webb ist als Undurchsichtiger Galeriebesitzer perfekt und William Bendix als Mann im Weisen Anzug schön Abstoßend.
Westernspezialist Henry Hathaway (Der Marshal / True Grit) inszeniert seinen Film durchaus schwungvoll und auf optisch hohem Nieveau. Gerade die Schattenspiele sind bemerkenswert. Die Tongestaltung ist zumindest in der Deutschen Fassung total Misslungen. Stellenweise fehlt über eine Dauer von über 10 Minuten jede Untermahlung – Auch Alltägliche Geräusche, dann hört man hin und wider leises Gedudel wie aus großer Entfernung, während in den Bars und Kneipen der Jazz „Plärrt“. Dabei spielt es keine Rolle, ob wir uns gerade in einer Spannungssequenz oder bei einem belanglosen Spaziergang befinden.
Das und die schwachen Helden ziehen den Film leider herunter. Schade, Feind im Dunkel schöpft sein Potential leiden nicht aus. Dazu Passt auch die DVD von Fox – Ansehbar aber nicht wirklich gelungen. Das Bild ist Unruhig und hat gerade in den ersten Minuten mit Problemen zu kämpfen, der Ton ist dumpf und schwankend.
So kann ich nicht mehr als 3 von 5 Punkten vergeben.
Mag der Buchswald tot sein, der Buchsgeist lebt weiter!