So, ich habe mir heute einmal Jerry Cotton angesehen.
Zunächst einmal muss ich sagen, dass mich der Streifen doch positiv überrascht hat. Was hatte ich nach den recht infantilen Trailern für eine Posse erwartet, aber das erwartete Schreckensszenario ist zum Glück ausgeblieben.
Boss & Stennert haben eine gute Arbeit geleistet. Ich muss vor allem das Handwerkliche loben. Die Bilder sich ungeheuer kräftig im Farbton und auch sonst sehr gut komponiert. Das ist echtes Kino-Niveau! Auch die Action-Szenen wissen zu überzeugen. Hier möchte ich einmal den Zweikampf zwischen Cotton und Schmidt im Untergrund loben. Der ist so glänzend choreografiert und packend geschnitten, dass ich für einen Moment vergessen habe, dass der Film eine deutsche Krimikomödie ist. Die beiden Regisseure beweisen in jedem Fall großes inszenatorisches Geschick. Wenn sie jetzt mit Ernsthaftigkeit, einem höheren Budget und einem besseren Drehbuch an Mabuse heran gehen, so habe ich eigentlich diesbezüglich keine größere Bedenken mehr.
Die Story ist leider sichtlich banal und durchschaubar. Wer die Person im Hintergrund ist, dürfte wohl keinen Zuschauer vor große Probleme gestellt haben. Sollte Cotton wirklich in Serie gehen, muss man sich definitiv kreativere und ausgefeiltere Geschichten ausdenken. Auch bei den Charakteren muss man mehr in die Tiefe gehen. Außer Cotton und Decker bleiben alle anderen Figuren sichtlich eindimensional. Das trifft vor allem auf die Frauenrollen zu. Christian Tramitz hat mich sichtlich überrascht. Ich habe ihn (wie etwa auch Oliver Kalkofe oder Bastian Pastewka) nie als richtigen Schauspieler ernst nehmen können, aber hier tritt er sehr glaubhaft als knallharter Agent mit sparsamer Mimik auf. Auch Christian Ulmen präsentiert sich erträglicher als vermutet, bleibt für mich aber trotzdem einer der großen Wermutstropfen des Films. Er ist eben doch eine Spur zu dämlich und tollpatschig. Ich frage mich, was der ursprünglich vorgesehene Rick Kavanian wohl aus der Rolle gemacht hätte. Monica Cruz kann als verführerische Malena überzeugen, aber ihre Figur ist irgendwie recht überflüssig. So ist sie mehr optisches Beiwerk, als ernsthafter Charakter. Daryl Zanuck wird von Christiane Paul mit routinierter Kälte gespielt. Die unnahbare Frau kann sie ja schon länger mit der ihr typischen stoischen-ernsten Miene darstellen. Herbert Knaup kann der Rolle des FBI-Chefs wenig abgewinnen und ist für die Handlung eigentlich überflüssig. Die Riege der Neben- und Gastdarsteller ist mit Jürgen Tarrach, Moritz Bleibtreu, Frank Giering, Christoph Maria Herbst, Oliver Kalkofe und Bastian Pastewka passend besetzt. Jeder fügt sich gut ein, besonders Bleibtreu als selbstverliebter Gangster ist klasse. Das schauspielerische Highlight des Films bietet aber ganz klar Heino Ferch als Obergangster Klaus Schmidt. Auch wenn diese Figur mit ihren zahlreichen künstlichen Gliedmaßen und Klischees (Deutscher!) eigentlich wie die ultimative Parodie auf sämtliche Gangster-, Mafia- und James Bond-Schurken anmutet, schafft es Ferch die Rolle glaubhaft auszugestalten und in allen seinen Szenen sichtbar bedrohlich zu wirken. Bravo!
Trotzdem gibt es auch manches zu kritisieren. Die Balance zwischen Ernsthaftigkeit und Humor gelingt nicht immer glücklich. Natürlich sollte man so eine Klischee-Groschenroman-Geschichte (wie sie Cotton nun mal darstellt) nicht bierernst präsentieren, aber es wird eben zu oft Ironie mit Klamauk verwechselt. Hierbei ist nicht so eine Blödelmaskerade wie mit dem Chinesen ein Problem. Nein, es sind die ernsten Einzelszenen, in die dann plötzlich Klamauk-Elemente einbrechen, die stören. Wenn Zanuck etwa Cotton und Decker im Treppenhaus stellt und eine ernste Konversation entsteht, müssen die Beiden dann unbedingt in so einem Matrix-Move das Treppenhaus hinunterstürzen, damit der ewig schreiende Decker zur Beruhigung eins auf die Nase kriegt? Auch im Finale fehlt die nötige Ernsthaftigkeit, etwa wenn Decker auf Kommando am jammern ist oder der Haupttäter mit einem lakonischen „Da haben sich ja zwei Idioten gefunden.“ auf den Lippen stirbt.
Insgesamt ist Jerry Cotton ein angenehmer Krimi mit humoristischen Einlagen, der mit einer glänzenden Optik, gut aufgelegten Schauspielern und einer geschlossenen Inszenierung zu überzeugen weis. Sollte ein weiterer Teil produziert werden, so ist eine Steigerung in allen Belangen aber absolut notwendig.
Die 70.000 Besucher sind natürlich eine herbe Enttäuschung. Das sind alles andere als gute Vorzeichen für das Einspielergebnis. Selbst "Neues vom Wixxer" hatte 250.000 Zuschauer am Start-Wochenende. Ich muss diesen Negativ-Trend leider bestätigen. In meiner Vorstellung waren ganze 3 Leute (mich eingeschlossen!). Das habe ich noch nicht erlebt. Am Anfang dachte ich: Du wirst doch wohl nicht alleine hier sitzen! Aber das ist leider nicht zu ändern. Man muss das Endergebnis abwarten, aber auf die DVD-Erlöse würde ich nicht zu sehr setzen. Für die Bewilligung einer Forstsetzung ist der Erfolg an der Kinokasse schon wichtig, sonst könnte man ja direkt auf DVD veröffentlichen.
Sehr interessante Kritik! Kino ist heutzutage bei 95 % aller Filme eine bessere Werbeveranstaltung. Der Großteil der Deutschen sieht sich seine Filme zuhause an und kauft sie für 10-15 Euro im Laden, insofern ist der DVD Release heutzutage von größerer Bedeutung. Ich hoffe, das die gute Mundpropaganda dem Film zuträglich ist, weil den meisten Leuten der Film ziemlich gut gefällt, leider aber die Kritiker es anders sehen.
Fernsehen und DVD sind genauso wie das Radio vor Jahren als reines Hintergrundmedium abgerutscht. Neben dem Film wird gebügelt, in der Zeitung geblättert und als Folge der im privaten TV gewohnten Werbeunterbrechung zwischendurch zum Kühlschrank, oder auf den WC gegangen. Ausnahmen bestätigen die Regel. Hinzu kommt das überall diese Comedy .... läuft, man derer überdrüssig ist und sich allmählich daran gewöhnt hat, daß aus Deutschland eben nur dies, oder im ernsten Genre Anti-"Kriegs"-Filme laufen.
Ein Kinobesuch ist da etwas anderes. Man muß zwangsläufig zuschauen und man möchte das sicher auch eben mit einem höheren Anspruch, als das was z.B. im TV läuft. Einige mit dem Vorsatz es eben früher als auf DVD, oder nächstes Jahr im TV zu sehen. Insofern ist das Kino schon ein achtbarer Barometer für den anspruchsvollen Zuschauer bzw. gelungenen Abend und spiegelt natürlich auch die PR zum Film wider.
Es wurde ja schon oft genug angesprochen. Ich wünsche mir von deutschen Produzenten viel mehr Mut zu ernsthaften und guten Filmen, eben großes Kino und nach einem Erfolg eine ebenso aufwendige Fortsetzung. Von den Darstellern wünsche ich mir, daß ich mich darauf verlassen kann, daß diese auch ihre Qualität ob Drehbuch und Regie halten, sodaß das für mich ein Garant für einen erfolgreichen Film ist. Wenn dieser Erfolg im Vorfeld stimmt, dann werden auch wieder mehr Leute ins Kino pilgern.
Gruss
Havi17
"We cannot solve the problems we have created with the same thinking that created them" Albert Einstein
"You will be assured in your thinking through people you know and search" B.H.
"Den Reifegrad einer Gesellschaft erkennt man daran, wie man mit dessen schwächsten Glied umgeht- den Alten und den Kindern" Hopi-Indianer
"Gefällt mir gut, daß Sie loyal sind - Eigentlich bin ich nur ehrlich" Rififi am Karfreitag
Ich war heute mit einem Freund in dem Film. Und ich muss zugeben, dass er mir sehr gut gefallen hat. Als ich den Trailer und einige Ausschnitte gesehen habe, hatte ich den Film ehrlich gesagt gedanklich schon fast abgehakt. Zum Glück waren sowohl der Trailer als auch die Ausschnitte nicht sehr repräsentativ. Der Film macht wirklich Spaß. Tramitz macht sich sehr gut als Cotton, Christian Ulmen schwankt zwischen ziemlich gut (in den "leiseren" Szenen) und ziemlich nervig (sobald er den Depp spielt). Schön waren auch einige Anspielungen auf die alten Filme, die man aber vermutlich nur bemerkt, wenn man diese auch kennt. Die Christallo Bar dürften vermutlich die wenigsten der übrigen Zuschauer mit der Bowling Bahn aus dem ersten Cotton Film in Verbindung gebracht haben. Die schlechten Zuschauerzahlen kann ich zumindest für die heutige Vorstellung leider bestätigen. Auch wenn es die 18 Uhr Vorstellung war, waren insgesamt 6 Zuschauer doch ein bisschen wenig. Ich hoffe, dass vielleicht auch durch gute Mundpropaganda die Zahlen noch etwas besser werden. Der Abschluss des Films wirkt ja doch so, als wäre dieser Film quasi der Auftakt für ein neues "Dream-Team" gewesen.
Übrigens gibt es zur Zeit noch ein recht originelle Gewinnspiel von der Kinokette Cinestar und der Deutschen Bahn. Ein "Agent" fährt mit der deutschen Bahn durch die Republik. Über twitter wird bekannt gegeben wo er ist. Wer ihn mit den Worten "Wo ist Decker?" anspricht erhält einen Code, mit dem man auf jeden Fall ein Gewinn erhält.
Irgendwie ist es schon komisch, die Kritiker zerreißen den Film aber die meisten Zuschauer die ihn gesehen haben, finden ihn gut. Ich hoffe schwer, das der Film sein Geld macht, wenigstens über einen längeren Zeitraum. Sollte es im Kino tatsächlich nicht funktionieren hoffe ich wirklich auf gute DVD Abverkäufe. Anfänglich dachte ich, das der Film gerade bei den Wallace Fans viel Schelte einstecken muss und genau dies ist nicht der Fall. Das freut mich sehr! So viele Filme finden heutzutage gar nicht mehr den Weg ins Kino, deswegen habe ich immer noch beste Hoffnung, das der Film noch lohnenswert wird und man vielleicht doch mit einem zweiten Teil rechnen darf. Naja, erstmal ist sowieso Mabuse dran und wahrscheinlich (hoff) auch ein dritter WiXXer mit der Karin Dor, mit ihr kann ja nix mehr schief gehen!
Hier wurden nach Zahlen aus der damaligen Zeit gefragt. Bis etwa in die 80ern wurden kaum Zahlen von Filmen veröffentlicht, nur Benotungen oder Index-Zahlen. Die Kinobesitzer meldeten nach Start von "Schüsse aus dem Geigenkasten" meist ausgezeichnetes, hervorragendes bzw. sehr gutes Geschäft. Nach Insider-Infos hatte der erste Film nach einem Jahr 2,8 Millionen Besaucher in der Bundesrepublik Deutschland. Zufällig startete in Köln im Capitol sowohl "Schüsse aus dem Geigenkasten" als auch "Goldfinger". Bei Goldfinger (mit Premiere-Bonus) hatte der Film in fünf Tagen 15.521 Besucher "Schüsse aus dem Geigenkasten (ohne Premiere-Bonus, die war in der Lichtburg Essen) wurden für fünf Tage 10.445 Besucher gemeldet, was ein sensationelles Ergebnis war. Ich versuche einmal Vergleichszahlen für Saarbrücken zu finden und sie Euch dann mitteilen.
Der Cotton Film hat halt auch Pech durch den momentanen 3D Hype. Wenn man bedenkt, das Alice im Wunderland und Avatar am Wochenende zusammen 500.000 Zuschauer hatten, weiß man woher der Wind weht. Ich hoffe, ich muss in Zukunft nicht alle Filme in 3 D sehen. Irgendwann heißt es sonst nicht mehr alte Filme sind uncool, sondern 2 D Filme sind uncool.
Als jahrzehntelanger Cotton-Leser habe ich mir den Film heute endlich angeschaut.Es kamen darin wohlvertraute Figuren und Namen vor, wie z. b. June Clark, Mr. High, Steve Dillaggio, Zeerookah etc. Also ich hatte ganz schön gelacht.Es wurden einige Klischees veralbert, wie z. B. daß Jerry soundsoviele Stunden nicht mehr geschlafen hat. Auch sein Alleinsein in seiner Junggesellenbude war gut rübergebracht mit dem leeren Kühlschrank. Da waren natürlich auch Sachen drin die nur Insider, also Cotton-Leser wissen können. Wie z. B. die Nennung von Dr. Windermere, der in den Romanen als Maskenbildner im New Yorker Field Office tätig ist. Christiane Paul, amazonenhaft, sehr sexy, hat mir gut gefallen. Auch Heino Ferch war toll, hier wurde mal so richtig das Klischee vom ewig bösen Deutschen in der angelsächsischen Filmwelt vera.... Wir waren gerade mal, mich eingeschlossen, 5 Besucher in der Vorstellung um 16.15 Uhr. Der Film kam von einem anderen Kino rüber ins Kino-Center, genau gesagt in den dortigen kleinen Kinosaal und wird pro Tag nur noch einmal um 16.15 Uhr gezeigt. Sagt schon alles. Schade, daß er ein Flop wurde. Übrigens hat der Bastei-Lübbe Verlag jetzt ein tolles Buch herausgebracht "Gman Jerry Cotton- eine Hommage an den erfolgreichsten Krimihelden der Welt." 29,99 Euro. Ist natürlich hauptsächlich interessant für die Cotton-Leser. Ich bekam das Buch direkt vom Verlag umsonst zugeschickt. Weshalb? Wer das Buch hat, der schlage doch bitte mal die Seite 163 auf...
Es sollte auch schon eine Jerry-Cotton-Ausgabe des Schwarzkopf&Schwarzkopf-Verlages "Ein Fall für das FBI - Die Jerry Cotton Filme" erscheinen. Leider ist diese bis heute nicht erschienen.
Ich habe mir auf der Leipziger Buchmesse das bei Bastei Lübbe erschienene Jerry-Cotton-Buch angeschaut. Es ist mit einem strukturierten festen Einband ausgestattet und kommt wie eine Akte vom FBI daher. Der Hauptteil des Buches beschäftigt sich mit dem Phänomen Cotton von den Heftchenromanen bis zu den Nader-Filmen. Zahlreiche s/w-Fotos bieten einen stimmungsvollen Einblick in diese Zeit. Ca. 20 Seiten sind dem aktuellen Filmprojekt gewidmet. Das Buch ist liebevoll gemacht und bietet gerade dem Cotton-Fan sicher einen schönen Überblick (der echte Fan wird allerdings viele Fakten bereits kennen). Der Preis ist mit knapp 30€ sicher heftig und wird den Gelegenheitsfan kaum zum Kauf animieren. Meine Vermutung: das Buch wird recht bald (1/2 Jahr) zum deutlich reduzierten Preis in den einschlägigen Vermarktungsketten (jokers, Weltbild) oder auf den Restetischen bei Hugendubel landen, wenn der Film hier nicht einen deutlichen Sprung nach vorn schafft. Schade, denn das Buch ist echt gut gemacht!!!
BillyBoy03
"Wer die Bundesrepublik Deutschland mit einer Bananenrepublik vergleicht, tut den lateinamerikanischen Staaten arg unrecht!" TW
Ich muss gestehen, das ich den Besuch einer Vorführung immer noch vor mir herschiebe. Liegt es am Tramitz, liegt es am Ulmen das ich dem ganzen Film sehr skeptisch gegenüber bin? Oder am Trailer, der mich nicht begeistern konnte. Der Film macht auf mich einen durchschnittlichen Eindruck. Nach dem Motto: Kann man anschauen, muss am aber nicht. Also im Grunde beim ersten Eindruck eine 3- als Schulnote. Ich würde mich auch nicht als Cotton-Fan bezeichnen. Die Farbfilme schaue ich mir recht gerne an. Die "Romane" hatte ich zwar schon ein paar Mal in der Hand, nach dem lesen der ersten Sätze habe ich die aber schnell wieder zurück ins Zeitschriftenregal gelegt. Die sind mir dann doch zu Trivial.
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