Ich stimme Jan was mich betrifft zu. Für mich steigt der eine oder anderer Wallace, wobei ich inzwischen einige überhaupt nicht mehr ansehen mag, was früher undenkbar gewesen wäre.
Hier sehe ich als Grund den Unterhaltungswert, vielleicht vergleichbar mit einem Krimi, der nur von dessen Auflösung lebt und wenn man diese nicht vergißt oder vergessen kann keinen Reiz mehr für ein erneutes ansehen bietet.
Interessant, wie sich der Blickwinkel durch die neuen Sichtungen geändert hat. Gleich geblieben gegenüber meiner letzten Liste von 2016 ist für mich das (eindeutige) Schlusslicht "Gesicht im Dunkeln", das nun wirklich so gut wie keine "redeeming qualities" hat. "Gorilla" und "Buckliger" bleiben in meiner Flop-5 und sinken noch tiefer, von den Flop-Plätzen 4 und 5 auf die jeweils zweit- bzw. drittschlechteste Position. "uMönch" (damals eher eine symbolische Wahl) und "blaue Hand" fallen nach erneuter Begutachtung aus meiner Flop-5 heraus und werden durch "Peitschenmönch" (noch flacher als sein s/w-Pendant) und "Akasava" ersetzt. Obwohl ich Letzteren eigentlich mag, ist er objektiv gesehen handwerklich einfach zu schlecht, um nicht in dieser Liste enthalten zu sein.
Damit ist meine Flop-5 (vrmtl. erstmals?) rein farbig. Es sollte aber auch ein "shout out" an "Verrätertor" und "Schlangenfluch" rausgehen - ihr seid nah an diesen erlauchten Plätzen dran.
"Akasava" ist nicht handwerklich schlecht, das ist einfach Jess Francos Stil und er wusste immer genau, was er tat. Kennst du "Das Geheimnis des Dr. Z" oder andere seiner früheren Filme? Der konnte auch klassisches Handwerk, wenn er wollte. Er hat sich aber irgendwann ziemlich vom klassischen Erzählen gelöst und einen eher skizzenhaften, improvisierten, hingerotzten Stil angeeignet, der absolut einzigartig ist und bisweilen völlig faszinierende, traumartige, surreale Filme hervorgebracht hat. Nicht umsonst gibt es immer mehr Kritiker, die seine Filme schätzen und auch der Goya für sein Lebenswerk kommt nicht von ungefähr. "Der Teufel kam aus Akasava" ist seine Variante eines pulpigen Abenteuerkrimis, filmischer Free Jazz, der zwar nicht die surrealen Sphären seiner Meisterwerke erreicht, aber trotzdem ein faszinierendes Werk ist.
Auch "Das Gesicht im Dunkeln" muss ich vehement verteidigen, allein die Kameraarbeit mit der ungewöhnlichen Kombination aus Handkameraeinsatz und Bildkompositionen, die an Renaissance-Ölgemälde erinnern gehört zu den besten Arbeiten der ganzen Wallace-Reihe. Der Gothik-Hauch, der durch das Alexander-Anwesen bläst, die sogartige Story, die Verzweiflung in Klaus Kinskis Gesicht, die immer stärker wird, die menschlichen Abgründe des eiskalten Täters...ein Psychothriller der Extraklasse, die Werbung lügt nicht. Ich werde es nie verstehen, warum dieser Film so unbeliebt unter den Wallace-Fans ist. Der ist tausend Mal cleverer und doppelbödiger als der andere Psychothriller der Reihe ("Der Fälscher von London").
Die beiden Sprösslinge der Adelsfamilie "von Soho" sind bunte Knallbonbons, die mir großen Spaß machen. Alfred Vohrer dreht hier schön auf, ohne Rücksicht auf Verluste, Ernsthaftigkeit oder vermeintlich guten Geschmack.
Wer sagt, Francos Filme seien nicht schlecht und bloß Ausdruck seiner unermesslichen surrealen Kreativität, und wer das "Gesicht" mit Renaissance-Ölgemälden vergleicht, stand wahrscheinlich auch klatschend im Martin-Gropius-Bau, als Joseph Beuys dort einen Erdhaufen als Kunst deklarierte. Die Grenze zwischen "Ist das Kunst oder kann das weg" ist für mich in solchen Fällen und auch bei diesen miesen Wallace-Filmen eindeutig überschritten, aber andere mögen das anders sehen. Kommt auf den persönlichen Geschmack und vielleicht auch ein bisschen auf die Zuneigung zu des Kaisers neuen Kleidern an. Man kann natürlich in vieles viel hineininterpretieren, wie wir erst neulich wieder gelesen haben.
Bei jenen Filmen, denen die augenfälligen Stärken fehlen, muss wohl viel hineininterpretiert werden. Vielleicht bin ich zu einfach gestrickt um die Qualitäten von Francos Werken und vom Gesicht erkennen zu können - genauso wie es mir misslingt, den künstlerischen Wert von ein paar zusammengeschmierten Farben in diversen "Gemälden" auszumachen. Und das "Gesicht" soll ein Psychothriller der Extraklasse sein??.....Ich kann mich nicht daran erinnern, mich jemals bei einem "Psychothriller" mehr gelangweilt zu haben.
Zitat von DerHexer im Beitrag #172"Akasava" ist nicht handwerklich schlecht, das ist einfach Jess Francos Stil und er wusste immer genau, was er tat. Kennst du "Das Geheimnis des Dr. Z" oder andere seiner früheren Filme? Der konnte auch klassisches Handwerk, wenn er wollte. Er hat sich aber irgendwann ziemlich vom klassischen Erzählen gelöst und einen eher skizzenhaften, improvisierten, hingerotzten Stil angeeignet, der absolut einzigartig ist und bisweilen völlig faszinierende, traumartige, surreale Filme hervorgebracht hat. Nicht umsonst gibt es immer mehr Kritiker, die seine Filme schätzen und auch der Goya für sein Lebenswerk kommt nicht von ungefähr. "Der Teufel kam aus Akasava" ist seine Variante eines pulpigen Abenteuerkrimis, filmischer Free Jazz, der zwar nicht die surrealen Sphären seiner Meisterwerke erreicht, aber trotzdem ein faszinierendes Werk ist.
Auch "Das Gesicht im Dunkeln" muss ich vehement verteidigen, allein die Kameraarbeit mit der ungewöhnlichen Kombination aus Handkameraeinsatz und Bildkompositionen, die an Renaissance-Ölgemälde erinnern gehört zu den besten Arbeiten der ganzen Wallace-Reihe. Der Gothik-Hauch, der durch das Alexander-Anwesen bläst, die sogartige Story, die Verzweiflung in Klaus Kinskis Gesicht, die immer stärker wird, die menschlichen Abgründe des eiskalten Täters...ein Psychothriller der Extraklasse, die Werbung lügt nicht. Ich werde es nie verstehen, warum dieser Film so unbeliebt unter den Wallace-Fans ist. Der ist tausend Mal cleverer und doppelbödiger als der andere Psychothriller der Reihe ("Der Fälscher von London").
Die beiden Sprösslinge der Adelsfamilie "von Soho" sind bunte Knallbonbons, die mir großen Spaß machen. Alfred Vohrer dreht hier schön auf, ohne Rücksicht auf Verluste, Ernsthaftigkeit oder vermeintlich guten Geschmack.
Handwerk bezieht sich nicht nur auf die Arbeit eines Regisseurs. Und selbst Hitchcock hätte Probleme gehabt einen handwerklich sehr guten Film hinzustellen, wenn der Kameramann des betreffenden Films sein Handwerk nicht beherrscht. Im Falle von "Akasava" ist tatsächlich die Kameraarbeit und der Schnitt handwerklich nicht gut. Die Kamera verfehlt bei den Zooms (ja, die sind ein Stilelement von Francos Arbeit) ständig das Ziel (nein, das ist kein Stil mehr, sondern handwerklich schlecht), von den vielen Situationen, wo der Kameraassistent die Schärfe nicht trifft ganz zu schweigen. Dazu diese hingeschluderte Beleuchtung, wo oftmals scheinbar einfach ein Open Face irgendwo an die Decke gebouncet wurde um zumindest die nötige Grundhelligkeit zu schaffen. Das Ganze wirkt dann am Ende noch dazu im Schnitt eilig zusammengezimmert um den Kinostart-Termin einzuhalten. Es gab ja nicht umsonst einige Gerüchte dazu, dass Franco das Budget überschritten hat und deswegen irgendwann für letzte Szenen im Tropenhaus in München drehen musste statt an der tatsächlichen Location - oder war das beim "Todesrächer"? Jedenfalls mag Jess Franco ein Regisseur gewesen sein, der dazu im Stande war gute Filme abzuliefern und dem ich durchaus zugestehe als Künstler sehr eigenständige Werke auf die Beine gestellt zu haben, aber "Akasava" sieht aus wie eine zu gering budgetierte Auftragsarbeit, die mit wenig Herzblut (den Schauspielern liest man es am Gesicht ab) und vielleicht teils auch mangelndem Können (einiger Mitarbeiter) umgesetzt wurde. Der Soundtrack ist tatsächlich großartig - letztlich ist die Musik von Hübler & Schwab aber bereits 1969 aufgenommen worden und wurde dann für "Akasava", "Vampyros Lesbos" und "Sie tötete in Ekstase" lizensiert, hier kann man also nur eine passende Musikauswahl bescheinigen - allerdings kann ich mir bei Artur Brauner auch sehr gut vorstellen, dass er einfach die beiden LPs lizensiert hat und Franco auferlegt hat aus Kostengründen die bestehende Musik bei allen drei Filme einzusetzen, damit er keinen Komponisten beauftragen und teure Studiostunden bezahlen muss.
Ähnlich gelagert sind die Probleme beim "Gesicht". Ich habe mich glaube ich an anderer Stelle bereits dazu geäußert, dass ich selten einen so uneinheitlichen Film gesehen habe. Einerseits gibt es die - wohl von dir gemeinten "Renaissance-Ölgemälde" und andererseits die "hingeschluderten" Handkameraaufnahmen. Anders als du, gehe ich hier aber nicht von einer "ungewöhnlichen Kombination" und bewussten Entscheidung aus. Auch hier gibt es ja genug Stimmen, die davon sprechen, Freda habe sämtliche Drehpläne überzogen. Dies wird einfach daran liegen, dass er versucht hat in einem kompakten "Deutschkrimi"-Drehplan Kunst zu produzieren. Die schön ausgestalteten Einstellungen musste er (bzw. das Team) dann an anderer Stelle mit One Takes ohne großartige Lichtgestaltung und aus der Hand geschossen wieder aufholen. Nur mit Hektik und mangelnder Zeit lassen sich auch die Anschlussfehler (wie der schon beinahe legendäre Hut von Kinski, der sich unsichtbar machen kann) erklären. Wenn man so arbeitet, ist es kein Wunder, dass das Resultat extremste Probleme im Pacing hat (die angesprochenen Probleme mit dem Erzählrhythmus und dem Tempo), bzw. sogar einfach nur langweilig daherkommt. Dass ich bisher nur die deutsche Kinofassung gesehen habe, die wohl ohne jegliches Verständnis dafür, was Freda erzählen wollte, entstanden ist, ist dem Ganzen wohl nicht förderlich, nur durch den Schnitt lässt sich aus dem Chaos allerdings wohl kaum ein Meisterwerk schälen.
Vielen Dank für deine Einschätzung aus fachmännischer Perspektive.
Natürlich können wir alle nur mutmaßen, aber ich gehe nach wie vor davon aus, dass sowohl Franco als auch Freda (bzw. Manuel Merino und Gabor Pogany) genau wussten, was sie taten. Im Falle von Franco ziehen sich die handwerklichen Mängel (oder Charakteristika ;-)) ja durch seine gesamte Filmographie ab den späten 60ern. Das kann nur vorsätzliche Nachlässigkeit sein, und die gehört bei Ihm einfach dazu und macht einen gewissen Charme aus, den man halt mag oder auch nicht. Es entsteht eine eigensinnige Ästhetik, die er so konsequent in seinen Filmen verfolgt hat, dass es kein Zufall sein kann und auch nicht immer nur durch Budgets und Zeitmangel bedingt.
Fredas Kunstanspruch zeigt sich auch in anderen Filmen (z.B. dem großartigen "Das Geheimnis des Dr. Hichcock"). Der Mann gilt außerhalb von Deutschland zu Recht als Ikone des Gothik-Horror und war Mario Bavas Lehrmeister. Ich bewerte "Das Gesicht im Dunkeln" anhand der ungekürzten Fassung. Und die funktioniert für mich dramaturgisch sehr gut. Für die gekürzte deutsche Version kann er nichts. Es kann tatsächlich sein, dass die Handkamera-Szenen tatsächlich dem Zeit- und Budgetdruck geschuldet sind, aber gerade diese Uneinheitlichkeit macht für mich einen großen Reiz aus, weil sie so ziemlich einzigartig ist und den Film weniger glatt wirken lässt. Wahrscheinlich geht da auch keiner mit, aber man könnte sie als Sinnbild für John Alexanders Zerrissenheit sehen.
Sicher habe ich einen etwas weniger nüchternen Rezeptionsansatz als die meisten anderen hier im Forum, aber ist das ein Problem? Was ich damit nur sagen möchte ist, dass die Bewertung von Kunst sehr subjektiv ist und es nie eine objektive Wahrheit geben kann. Und gerade Formulierungen "Es ist ja wohl klar, dass XY ein schlechter Film ist" oder "Regisseur XY ist ein Nichtskönner" in mir einen gewissen Streitgeist auslösen, gerade wenn es um Werke oder Künstler geht, die ich mag. Das ist bei Freda und Franco definitiv der Fall. Ich hatte zwar mit beiden meine ersten Begegnungen im Wallace-Kontext, komme aber mittlerweile nicht mehr von der reinen Wallace-Perspektive, was die Beurteilung der Filme angeht. Dafür kenne ich mittlerweile zu viele andere Werke der beiden.
Sind wir hier eigentlich in einem Generationswechsel oder ist es mangels Wallace Neuigkeiten jetzt "modern" diese Machwerke wie Akasava /Gorilla/Gesicht irgendwie als verkannte Top Wallace Filme zu etablieren oder verstehe ich das alles einfach nicht ? Diese Filme sind einfach......schlecht im Sinne der Wallace Serie und auch als "normale " Krimis kann man nur hoffen das man frühzeitig einschläft vor Langeweile ( oder Selbstschutz )
Verzeihung...natürlich jedem seine Meinung und Geschmack .....aber nach den letzten Versuchen hier noch einen aussergewöhnlichen verkannten Kunstgenuss zu suggerieren ..... wollte ich das Ganze mal wieder etwas erden
Klar kann das auch eine Generationenfrage sein. Ich bin zumindest lange nach dem Ende der Reihe geboren. Aber ich meine es völlig ernst. Ich gehe nicht konform mit der etablierten Meinung der Wallace-Fans und schlafe halt eher bei der Gräfin oder dem Bogenschützen ein als beim Gorilla oder Gesicht.
Ich glaube da hast du nicht ganz unrecht mit etabliert ( wohl eher alt ) dieses Wallace Gefühl das man als Kind/Jugendlicher hatte und das sich auch gehalten hat ( bei einigen Jugenderinnerungen denkt man ja später..puh doch eher nicht so gut aus heutiger Sicht )lässt nicht mehr los und da passen einige Spätwerke einfach nicht rein.Egal ob man die jetzt erwachsen /vernünftig oder wie auch immer analysiert . Ohne diese Einstellung/Gefühl wäre man kaum gefühlte 50 Jahre Fan dieser Filme inkl. Boxenkauf und noch einmal das ganz Blu ray usw usw. und natürlich das durchkauen der Filme hier mit Gleichgesinnten wo man doch kaum glaubt das noch nicht alles ( auch von jedem ) dazu gesagt wäre.