Zitat von ziemlichgut erstmal gratulation und danke zu diesem sehr inhaltsreichen und informativen thread!
Danke!
Zitat von ziemlichgut mir ist nicht so ganz klar, wieviel folgen mit siegfried lowitz als "der alte" wirklich produziert wurden. waren doch mehr als 22. um die vierzig? gibt es noch mehr dvd-boxen?
Wie Daniel schon schrieb, sind es 100 Episoden und es sind derzeit die ersten 47 davon in chronologischer Reihenfolge in zwei Boxen erhältlich. Sehr zu empfehlen, ziehe ich sowohl "Derrick" als auch "Ein Fall für Zwei" vor!
15. "Zeugenaussagen" mit Siegfried Lowitz, Michael Ande, Jan Hendriks, Walter Sedlmayr, Maria Singer, Bruno Hübner, Hannes Stein, Ralf Wolter, Karl Obermayr, uvm.
Stab
Buch Herbert Rosendorfer Musik Raimund Rosenberger Titelmusik Peter Thomas Kamera Rolf Kästel Regie Theodor Grädler
Der Tod der alten Marie Schöttl treibt Kommissar Köster an den Ort des brutalen Geschehens und bringt ihn samt Assistent Heymann mit einer gar illustren Schar feinster Tatzeugen zusammen. Vor allem Senatsrat a.D. Dr. Frank (Hannes Stein) tut sich hervor, vertraut seinem liebsten Freund, dem Feldstecher, und kann so genaueste Angaben zu Tathergang, Nachbarschaft und allen möglichen sich daraus ergebenen Verbindungen kundtun. Doch Köster und Heymann verlassen sich nicht ausschließlich auf den wissbegierigen Senatsrat und machen eine seit Jahrzehnten schwielende Familienfehde sowie einen jüngst entlassenen Straftäter ausfindig, den auch Dr. Frank nicht mit dem Feldstecher sah...
Der große Reiz dieser Episode des Südtirolers Herbert Rosendorfer liegt vor allem im Lokalkolorit seiner Akteure begründet. Der Münchener Vorort bietet hierzu eine vorzügliche Bühne und das bayrische Urgestein Theodor Grädler, sonst eher Garant für behäbiges Abfilmen des zugrundeliegenden Skriptes, scheint wahrhaft Gefallen an der Inszenierung von Land und Leuten gehabt zu haben (in der Tat wirkt neben dem Landshuter Grädler und den Ur-Bayern Sedlmayr, Obermayr und Singer auch noch der Münchener Raimund Rosenberger als Komponist mit). Grädlers Regiestil wirkt hier flexibler und deutlich weniger eingefahren als bei vielen seiner übrigen Episoden für "Der Alte". Er ist die richtige Wahl und Produzent Ringelmann tat gut daran, keinem extrovertierteren Regisseur das streckenweise recht abgedrehte Rosendorfer-Buch anvertraut zu haben. Das hätte den Bogen eventuell überspannt.
Fazit: Für Bayern-Fans und solche, die es werden wollen, ein ganz besonders nettes Schmankerl.
16. "Der Pelikan" mit Siegfried Lowitz, Michael Ande, Rosemarie Fendel, Christian Berkel, Eva-Ingeborg Scholz, Siegmar Schneider, Ralf Wolter, uvm.
Stab
Buch Rosemarie Fendel (als Jan Gutova) Musik Titelmusik Peter Thomas Kamera Igor Luther Regie Johannes Schaaf
Erwin Kösters Feierabend findet sein jähes Ende, als er auf dem Nachhauseweg mit einem beherzten Sprung in die Isar der Schauspielerin Sarah Deller (Fendel) das Leben rettet. Die lebensmüde Mittvierzigerin gibt an, ihren Mann, den bizarr homosexuell veranlagten Hermann Deller (Schneider), nach einer durchzechten Party mit einem Gespielen erschossen zu haben. Köster hegt alsbald Zweifel, ob die versierte Schauspielerin nicht ein Drama aufführt und jemanden schützt...
Gut zwei Jahre gelang es Produzent Helmut Ringelmann, diese Episode zurück zu halten. Beinahe an einem Stück mit Schaafs Pilotfilm 1976 gedreht, moderte "Der Pelikan" jahrelang im Archiv, wodurch sich auch der Auftritt Ralf Wolters als Journalist Kriegl erklärt, der schon im Erstling "Die Dienstreise" zu sehen war und nun, zwei Jahre danach, in "Der Pelikan" erneut einen Auftritt absolviert. Ringelmanns Geschmacksempfinden trügte indes nicht und das Werk des Ehepaares Schaaf/Fendel wäre besser für immer im Giftschrank geblieben. Die verquasteten Ideen der ehemaligen Franziska Keller aus "Der Kommissar" sind weniger bizarr -wie sie vermutlich wirken sollten!- als vielmehr reichlich öde, zäh und verworren. Der Film erweckt leider nur allzu oft den Eindruck, als drehe sich vorrangig alles um die Hauptdarstellerin Fendel, die sich selbst die passenden Passagen in den Mund schrieb. Der so gewählte Auftritt verkommt bedauerlicherweise zum Rohrkrepierer und lässt die Aktrice bisweilen ins Chargieren abdriften. Der putzige und grundlegend unfreiwillig komische Auftritt des Mordopfers im Rahmen einer Rückblende lässt darüber hinaus die Erkenntnis reifen, dass Frau Fendel nicht sonderlich viele Gedanken an etwas anderes verschwendete, als an sich selbst.
Fazit: Dankenswerterweise Fendels einziger Beitrag zur Reihe "Der Alte".
"Zeugenaussagen" ist wirklich eine der besten Folgen der Serie, schönes bayerisches Ambiente, und wie Du schreibst, Jan, für den Langeweiler Grädler eine durchaus spannende und interessante Inszenierung. Es macht richtig Spaß, den vielen bayerischen Gaststars zuzusehen und immerhin wissen wir jetzt auch, dass Köster katholisch ist. Im "Pelikan" erfahren wir dann ja, dass er einen 38jährigen (?) Sohn in Amerika hat und geschieden ist. Die Folge "Der Pelikan" hatte ich auch eher immer schwächer in Erinnerung, beim Wiedersehen vor ca. einem Monat, hat sie mir dann doch nicht sooo schlecht gefallen. Die Inszenierung ist interessant, ich hätte mir den Johannes Schaaf dann doch öfter als Regisseur gewünscht (statt Brynych z.B.). Es handelt sich halt um keine "Tsching-Bumm"-Folge sondern eher um eine ruhigere Angelegenheit. Das Thema war damals in den 70ern sicherlich provokativ. Die Fendel hat sicherlich nicht umsonst ein (noch dazu männliches) Pseudonym als Autorin angenommen... Interessanter Weise war ja Ralf Wolter in Folge 15 "Zeugenaussagen" in einer anderen Rolle zu sehen und dann in der 16. Folge wieder als Kriegel. Erklärt sich natürlich durch die frührere Produktion der Folge (bereits als 3. Folge produziert!!). Millinger hat ja auch einen viel größeren Part (ist sogar am Tatort!!) und Jan Hendriks ist wie im Pilot nicht dabei.
P.S.: Ähnlich lange wurde "Nach Kanada" mit Klaus Löwitsch zurückgehalten. Produziert als 15. Folge (noch zwei Episoden vor "Zeugenaussagen" die FOlge 17 war) und erst als 29. Episode ausgestrahlt. Auch hier übrigens wieder Musik von Raimund Rosenberger, hängt wohl mit der Produktionsnähe mit "Zeugenaussagen" zusammen.
Zitat von GeorgDie Inszenierung ist interessant, ich hätte mir den Johannes Schaaf dann doch öfter als Regisseur gewünscht (statt Brynych z.B.).
Da stimme ich Dir zu, wohingegen ich Deinen Namen in der Klammer gerne gegen Grädler tausche.
Schaaf, der ja als Schauspieler und Regisseur schon im "Kommissar" dabei war, gilt ja auch grundsätzlich als vorzüglicher Regisseur, der bedauerlicherweise auch außerhalb der Ringelmann-Reihen nur sehr wenig Filme inszenierte. Leider hört und liest man stets, dass seine Lebensgefährtin von nicht unerheblich dominantem Naturell gewesen sein soll und ihm, sobald sie am Set war, gerne hineingepfuscht hat. Bei MOMO war wohl selbst Produzent Horst Wendlandt wenig erbaut von Frau Fendel.
Mir missfällt vor allem, dass "Der Pelikan" zu einer Art Selbstdarstellung der Autorin und Hauptdarstellerin verkommt. Das Thema selbst war sicher auch zum Ende der 70er nicht alltäglich und provozierte im deutschen TV, wie ja einige andere frühe Folgen der Reihe auch. Man denke an den Aufstand der Polizeigewerkschafter nach Giovannis "Der Alte schlägt zweimal zu" oder an den (damals) gar unfassbaren Umstand, dass die Täterin in Vohrers "Erkältung im Sommer" entkommt.
Wer weiß, gemessen an Episoden aus den Reihen "Derrick" oder "Der Kommissar" käme evtl. auch "Der Pelikan" besser bei mir weg. Im Rahmen des "Alten" jedoch gibt es zu viele erstklassige Beiträge, als dass ich mich zu einer besseren Bewertung durchringen könnte.
17. "Die Sträflingsfrau" mit Siegfried Lowitz, Michael Ande, Jan Hendriks, Henning Schlüter, Eleonore Weisgerber, Dirk Galuba, Bruno Dietrich, Benno Sterzenbach, Wolf Roth, Beate Hasenau, uvm.
Stab
Buch Oliver Storz Musik Frank Duval Titelmusik Peter Thomas Kamera Rolf Kästel Regie Alfred Vohrer
Der verurteilte Sexualstraftäter Werner Stumm (Galuba) kommt nach fünf Jahren Haft frei und hat nur das eine Ziel, mit seiner Verlobten Hanne (Weisgerber) ein ruhiges und friedliches Leben zu führen. Doch beide haben die Rechnung ohne den Wirt gemacht: Sowohl die Familie Hannes (u.a. Sterzenbach) als auch der findige Reporter Harald Klemm (Roth) setzen ihnen zu und verfolgen die beiden auf Schritt und Tritt. Vor allem Hannes Bruder Thomas (Dietrich) setzt alles daran, die Beziehung seiner Schwester zu dem sog. "Annemohnenmörder" zu Fall zu bringen. Plötzlich geschieht ein neuer "Annemohnenmord" und Stumm rückt ins Vesier von Reporter, Familie und nicht zuletzt von Hauptkommissar Köster...
Nach Vohrers selbst verfasstem Totalausfall "Bumerang" liegt dieser Episode ein Skript des bekannten Autors und Regisseurs Oliver Storz zugrunde, der schon den Pilotfilm zu "Der Alte" sowie zu Vohrers "Erkältung im Sommer" verfasste. Gemessen an diesen beiden Episoden fällt "Die Sträflingsfrau" leicht ab, bietet allerdings reichlich Entfaltungsmöglichkeiten für Regisseur Alfred Vohrer, seine aus der langjährigen Tätigkeit als Kinoregisseur gewonnenen Erfahrungen hinsichtlich intensiver Schauspielerführung einzusetzen. Viele Szenen wirken so eindringlich und sorgfältig vorbereitet. Ein Wiedersehen gibt es ansonsten mit Beate Hasenau, die bei Vohrer schon im GORILLA VON SOHO und in JEDER STIRBT FÜR SICH ALLEIN zu sehen war.
Fazit: Eindringliche und überaus solide Unterhaltung.
18. "Die Kolonne" mit Siegfried Lowitz, Michael Ande, Marius Müller Westernhagen, Andreas Seyferth, Reinhard Kolldehoff, Wolfgang Müller, Bruno Dallansky, Xenia Pörtner, uvm.
Stab
Buch Bruno Hampel Musik Titelmusik Peter Thomas Kamera Heinz Hölscher Regie Günter Gräwert
Harry Salbach (Seyferth) verdingt sich tagsüber als überaus talentierter Drücker einer Anzeigenkolonne. Des Nächtens engagiert sich der Jüngling als nicht minder talentierter Liebhaber der verheirateten Renate Moll. Nach erfolgreich absolvierter Liebesübung kehrt Salbach eines Abends in die Pension zurück, in der er und seine Drückerkollegen untergekommen sind und nur wenigen Minuten, nachdem Salbach auf sein Zimmer verschwunden ist, muss der Wirt der Pension, Herr Basinsky (Kolldehoff), auch schon wieder die Treppe empor klettern, um den jungen Gast ans Telefon zu rufen. Der ungehobelte Pensionswirt staunt nicht schlecht, als er Salbach zusammengesunken und mausetot vor einem Heizkörper findet, inmitten der Scherben einer Bierflasche, die ihm ein Fremder über den Schädel gezogen hat. Kommissar Köster ermittelt und findet vor allem in Benno Flade (Westernhagen) einen überaus mitteilungsbedürftigen Informanten...
Mit "Die Kolonne" tritt ein für den weiteren Verlauf der Reihe nicht unmaßgeblicher Mann hinter der Kamera erstmals in Erscheinung: Günter Gräwert. Sein Erstling bei "Der Alte" ist der Auftakt zu 44 weiteren Folgen, die er für die Serie inszenierte, oftmals selbst verfasste und in denen er z.T. kleinere Gastauftritte absolvierte. "Die Kolonne" bildet bereits ansatzweise das ab, was dem ausgebildeten Schauspieler Gräwert stets wichtig war: extrovertierte Schauspielführung, scharf gezeichnete Charaktere und ein gelungenes Timing. So wird die mit einer zum Ende hin überraschenden Wendung aufwartende Geschichte um die Drückerkolonne selten langatmig oder behäbig umgesetzt. Die Episode hat Schwung, obschon das schauspielerische Talent eines Marius Müller Westernhagen eher hölzerner Natur ist. Sehenswert ist der junge Sänger allemal.
Fazit: Sicher nicht Gräwerts beste Episode, aber durchaus ein gelungener Einstand.
In Antwort auf:Sicher nicht Gräwerts beste Episode, aber durchaus ein gelungener Einstand.
Finde ich auch. Bei Gräwert (hier im Abspann ja noch Graewert) gab's eigentlich nie Enttäuschungen und ich muss gestehen, dass er eigentlich mein Lieblingsregisseur bei Ringelmann ist. Er hat sogar die meisten faden Vogeler-Drehbücher noch irgendwie gerettet. Sehr sympathisch auch, dass er fast ausschließlich mit Martin Böttcher, den er ja schon von Kara Ben Nemsi kannte, beim Alten und Derrick zusammengearbeitet hat (bis zum Crash zwischen Böttcher & Ringelmann).
Interessant beim Alten war und ist auch immer noch (gewesen) wenn man alte Schauspieler aus Wallace-Filmen nach Jahren und in Farbe zu sehen bekam - das kam allerdings eher selten vor war aber sehr interessant und auch folglich aufschlussreich.
Hier - nach der kompletten Durchsicht der ersten Box - die dazugehörige Rangliste:
1. Toccata und Fuge 2. Jack Braun 3. Die Kolonne 4. Ein unkomplizierter Fall 5. Die Rache 6. Die Dienstreise 7. Lohngeld 8. Der Spieler 9. Konkurs 10. Erkältung im Sommer 11. Der Alte schlägt zweimal zu 12. Ein Koffer 13. Zeugenaussagen 14. Die Sträflingsfrau 15. Nachtmusik 16. Der schöne Alex 17. Verena und Annabelle 18. Blütenträume 19. Marholms Erben 20. Zwei Mörder 21. Der Pelikan 22. Bumerang
Inzwischen sind auch die ersten 15 Folgen mit Rolf Schimpf als Kommissar Kress auf DVD erschienen
TÖDLICHE FREUNDSCHAFT (Folge 108, 5. September 1986)
Die Episode beginnt ähnlich wie die 83er-Derrick-Folge „Tödliches Rendezvous“ – ein Bankräuber, der einen Angestellten erschossen hat, kidnappt auf der Flucht einen Taxifahrer. Entsetzt stellen die beiden fest, dass sie sich kennen, früher Schulfreunde waren. Der Gangster zwingt seinen alten Freund, in eine einsame Hütte zu fahren …
Leider zündet die Geschichte nicht richtig, bleibt belanglos und langweilig, kann weder Spannung noch zwischenmenschliche Konflikte transportieren, entwickelt kaum Atmosphäre - man ist verwundert, dass Günter Gräwert in Personalunion als Regisseur und Autor dafür verantwortlich zeichnet. Schuld liegt vielleicht auch bei den beiden Hauptdarstellern, Peter Sattmann und Walter Renneisen, zwischen denen der Funke nicht recht überspringen will und denen man ihre jeweiligen Rolleninterpretationen – den eiskalten Verbrecher gleich wie den unbeschwerten Turnschuhboy – nicht wirklich abnimmt. Die Szenen in der Hütte knistern selten, Geschrei ersetzt psychologische Spannung.
Rolf Schimpf als Kommissar Kress agiert sympathisch und verschmitzt, auch seine Mannen schlagen sich tapfer, in Nebenrollen trifft man ein paar interessante Typen – Ilse Künkele als Bankkundin, Dieter Schidor als Wirt, Robert Naegele als Apotheker, zuwenig allerdings, um der Folge etwas Esprit zu verleihen. Auch Martin Böttchers Musik bleibt eher unauffällig.
Eine wohlhabende, vornehme Unternehmerfamilie mit einer Leiche im Keller, ein unliebsames, in der Regel angeheiratetes Familienmitglied, das finanzielle Zuwendungen einfordert, dunkle Familiengeheimnisse aufdecken will oder mit seinem Lebenswandel die Familienehre besudelt – der Stoff, aus dem schon so mancher Krimi gestrickt wurde. Bruno Hampel hat das Sujet für diese frühe Kress-Folge ebenfalls abgewandelt, nicht uninteressant, aber auch nicht sehr raffiniert, Überraschungsmomente bleiben Mangelware, die Geschichte läuft etwas zu glatt auf ihr Ende hin – mit den üblichen Versatzstücken aus dem Regelbuch des Krimis.
Schnell ist offensichtlich, dass der vermeintliche Selbstmord des Schwiegersohns/Schwagers ein geschickt getarnter Mord ist und dass die Familie ihre Finger im Spiel hat – einfallsreich zwar die Idee, sich mit einem gefälschten Telefonanruf ein Alibi zu verschaffen, schade, dass nicht versucht wurde, das Geheimnis üm den Tod des jungen Mannes etwas länger zu verschleiern. Der versierte Krimischauer erkennt zudem relativ einfach die Stimme des Anrufers. Auch Wolfgang Beckers Regie bleibt auffällig ideenlos, erst zum Ende hin – Stichwort Hausdurchsuchung und Verhöre im Polizeibüro – erkennt man die Handschrift des Meisters. Sehr verhalten auch die musikalische Untermalung.
Darstellerisch gibt es nichts auszusetzen: Amadeus August und Sven-Eric Bechtolf verkörpern sehr überzeugend die arrogant-schleimigen Söhne des (Pelz)-Hauses, die elegante Gisela Uhlen als Mutter und Verena Peter als Schwester bzw. Frau des Toten müssen erkennen, dass sie zu lange die Augen vor der Wirklichkeit verschlossen haben. Sympathisch und engagiert Beate Finckh als unvermutet in den Fall verwickelte junge Frau. Zudem darf man sich über ein Wiedersehen mit Rehbeinchen Helma Seitz als Haushälterin freuen – wie so viele Haushälterinnen im deutschen Fernsehkrimi ist auch sie mit einem zweifelhaften Neffen gestraft. Zu den Kriminalern bleibt nicht viel zu sagen: Rolf Schimpf – tritt zurückhaltend-sympathisch auf - bleibt für mich immer im Schatten seiner Kollegen Ode, Tappert oder Lowitz.
Volker Vogelers verquaster Psychokrimi handelt von einer Art „tödlichem Viereck“, bestehend aus dem Ehemann, seiner Frau, deren jüngeren Geliebten und dessen neuer Freundin. Der Auftakt vermag noch zu überzeugen (die Szenen im Boxclub und der dazugehörigen Ur-Münchner Gaststätte, der Mord auf offener Straße), dann rutscht die Geschichte bald aber in ziemlich unglaubwürdige Krimikonfusion ab. Der Autor packt alle klassischen Motive für Mord und Verbrechen hinein – Liebe, Hass, Geldgier, Ehehölle, Betrug, dabei bleibt schon die kriminalistische Konstruktion recht gewagt, das Kardinalproblem ist, dass es ihm kaum gelingt, den handelnden Personen Leben und Seele und damit auch Glaubwürdigkeit einzuhauchen – ein Schwierigkeit, die viele Vogeler-Drehbücher kennzeichnet.
Handwerklich kann man der Folge nichts vorwerfen, im Gegenteil, Alfred Weidenmanns Regie ist lebendig, stilsicher und abwechslungsreich, die Darstellern bemühen sich, den hohlen Figuren etwas Leben einzuhauchen, scheitern aber mehr oder weniger, am ehesten überzeugt noch Udo Vioff als wortkarger, arroganter Ehemann, der mit eiskalter Entschlossenheit seine Ziele verfolgt, der eleganten Christiane Hörbiger hätte ich allerdings eine differenziertere Rolle gewünscht. Markus Boysen als junger Liebhaber bleibt nur bedingt nachhaltig, in einer Nebenrolle Werner Schnitzer als glatter Anwalt. Die Kriminalisten dürfen sich in dieser Folge mehr profilieren, besonders bei den Undercover-Ermittlungen zu Beginn, wenn Henry in den Boxring steigt, die Ecken und Kanten, die Vogeler Rolf Schimpf mitgibt, lassen diesen mitunter stur und unsympathisch wirken. Markus Böttcher als Riedmann hat in dieser Folge Pause, dafür begegnen wir einem alten Bekannten aus Köster-Zeiten, Meyer zwo alias Wolfgang Zerlett.
TATVERDACHT (Folge 111 / 12. Dezember 1986)
Diese Folge zeigt, dass Volker Vogeler durchaus auch bekömmliche Krimikost verfassen kann, meist dann, wenn er auf Holzhammer-Psychotragödien verzichtet und sich mehr auf das rein Kriminalistische konzentriert – da müssen die Protagonisten auch nicht so viel Tiefgang und Schärfe besitzen, um glaubwürdig zu wirken. Günter Gräwerts frische, bodenständige Regie hilft der recht interessanten Geschichte zusätzlich auf die Sprünge, vereint Spannung (das Attentat zu Beginn) und realistische Alltagssequenzen, schafft auch durch die Schauplatzwahl immer ein nachvollziehbares Umfeld.
Unter den Augen des Staatsanwalts und von Kommissar Kress und seinem Team wird ein Raubüberfall rekonstruiert. Ein Geldbote wurde dabei schwer verletzt und sitzt seitdem im Rollstuhl. Bevor der Hauptverdächtige einen Komplizen nennen kann, wird er vom Dachboden eines umliegenden Hauses aus beschossen. Während der Mann mit lebensgefährlichen Verletzungen ins Krankenhaus kommt, beschäftigten sich Kress und seine Leute noch mal mit den damals in den Fall verwickelten Menschen …
Eine direkte Hauptrolle hat diese Folge nicht, alle Darsteller sind aber sehr typgerecht besetzt und werden von Gräwert geschickt geführt, erwähnenswert die spröde, leise Lisa Kreuzer als Ehefrau des Verdächtigen und Hanno Pöschl als ihr schmieriger Freund, Manfred Zapatkas Auftritt als Verdächtiger bleibt zu klein, Akzente setzen Maria Singer als Hausfrau, Hans Stadtmüller als nervös-aufdringlicher Zeuge, Toni Berger als Waffenhändler und Stefan Reck als querschnittgelähmtes Opfer. Die Kriminalisten sympathisch und engagiert, ein Wiedersehen gibt’s mit Meyer zwo, Jan Meyer alias Löwinger ersetzt in diesen Anfangsfolgen gelegentlich Werner Riedmann.