Ich finde das gerade interessant! Während die Rialto-Filme zwar fiese Morde beinhaltete, aber dennoch sehr im Schöne Welt-Prinzip hingen hat Brauner mit seiner Bryan Edgar Wallace-Reihe zwar teilweise plagiiert, aber dennoch was Eigenständiges entwickelt. Mordmotive sind hier Rache für Vergewaltigung (wurde bei Rialto nicht einmal angedeutet soweit ich mich erinnere), Rache für die Zugrunderichtung durch Drogen und Ähnliches. Täter sind Polizeibeamte oder dem Polizeiaperat nahestehende Personen und Happy Ends gibt es nicht immer, vorallem nicht immer für die in Zentrum stehenden Personen. Dadurch war Brauner eigentlich schon viel weiter als Wendtlands Rialto mit den tatsächlichen Schwarz-Weiß-Filmen. Bei Brauner dominiert Grau! --- http://www.agentennetz.de.vu ---
Eine sehr interessante und wichtige Beobachtung, Fabi! Damit nähern sich die CCC-Filme auch schon etwas dem Film noir an. Brauner hatte eben einen weisen Blick in die Zukunft gehabt und erkannt, das in Zukunft härterer Tobak gefordert war- das hat man bei Rialto ja erst 1966 wahrgenommen!
Naja, aber Rialto hat ab 66 ja nicht härteren Tobak gedreht, sondern spaßigere Klamauk-Krimis beziehungsweis das Ganze gleich an die Italiener abgegeben... --- http://www.agentennetz.de.vu ---
Na ja, du weißt schon was ich meine- z. B. sind "Das Geheimnis der weißen Nonne" und "Die blaue Hand" ja reich an Brutalitäten (ersterer hat mit 22 Toten den höchsten Body-Count der Reihe) und hier und da gibt es auch einmal ein paar Brüste... Ich meine das ab 1966 eben die reißerischen, spekulativen Elemente und die grellen Effekte mehr wurden. Das das ganze damit trashiger wurde ist ja selbstredend! Je offenkundig plakativer etwas ist, desto trashiger ist es meistens auch (Zitat aus dem dt. Kinotrailer zu "Exzesse im Folterkeller": "Ein Inferno menschlicher Abartigkeiten und sexueller Verirrungen!!! Blutjunge Mädchen als wehrlose Opfer einer krankhaft veranlagten, sadistischen Bestie, die nur im Töten Lust empfinden kann!!! Menschen die nur ein Ziel vor Augen haben: SEX in allen Perversionen!!! Junge Biester- Heiß und nackt im Folterkeller der geheimen Lüste!!!") Diese Auszüge sind so ziemlich das zum schreien komischste an deutscher Kinowerbung das ich je erlebt habe. Und das gerade weil sie so offenherzig an niedrige Triebe im Zuschauer plädieren und ihm gleich klar machen das es hier Jungfrauen, Peversionen und Blut zu sehen gibt.
Und das trifft im Grunde auch auf die Wallace-Filme zu. Schließlich behaupte ich jetzt einfach mal das "Das Geheimnis der weißen Nonne" auch ein antiklerikaler Film aus dem klerikalen England ist. Und man denke nur an die Entwicklung der Reihe ab 1968!
Ich habe mir "Das Phantom von Soho" gestern nochmal angesehen und stimme mit Fabian überein.Die Ermittler bei Bryan Edgar Wallace sind keine klassischen Helden und es gibt auch keine Heldin,die gerettet werden will.Vielmehr hat die die weibliche Hauptfigur bereits Leiden hinter sich und versucht selbst,damit fertig zu werden bzw.nimmt das Heft selbst in die Hand und sucht nach einer Lösung.Sie steht am Ende alleine da (wie es im wirklichen Leben ja auch ist), die Ermittler können keine Veränderung bewirken,keine Lebenshilfe geben und kommen auch als Ehepartner nicht in Frage.Somit sind die Bryan-Edgar-Wallace-Filme durchaus härter als die frühen Edgar-Wallace-Filme.
Sehe ich auch so. Allerdings ist in dem kurz vorher entstandenen Rialto-Film "Der Zinker" eine ähnliche Konstellation: Barbara Rütting als manchmal sogar verdächtig erscheinende Kriminalschriftstellerin (!), die auch am Ende leer ausgehen muß. Heinz Drache als potentieller neuer Partner wird nur noch unterschwellig beleuchtet, obwohl sein Elford viel weniger bieder ist als Borsches Inspektor Patton.
Ich freue mich, dass mir hier so viele zustimmen. Ich sehe in dieser härteren Gangart auch den Grund, warum viele Edgar Wallace-Fans die Filme, die nach Vorlagen seines Sohnes gedreht wurden meiden. Was mag der durchschnittliche Edgar Wallace-Film am meisten an seinen Favoriten? Schöne schwarz-weiße London-Atmosphäre, Klare Charakterzeichnungen (Gut gegen Böse), Happy Ends, wohliger Grusel... Die Bryan Edgar Wallace-Filme boten das nicht immer. Happy Ends und wohliger Grusel gab es nur begrenzt und selbst auf die London-Atmosphäre wurde fast schon verzichtet, vergleicht man die Reihe mal mit den Rialto-Filmen, wo überall der Big Ben reingeschnitten wurde wo es auch nur irgendwie passte. Die Charakterzeichnungen gehen bei Bryan völlig in grau unter, nimmt man mal Chris Howland und Jürgen Vogel dabei heraus. Sir Philip im Phantom ist nicht ganz sauber, Borsche scheint auch nicht der perfekte Ermittler zu sein und scheint sich im Nachtleben garnicht unwohl zu fühlen, beziehungsweise scheint es zu kennen. Felmi ist zwar Ermittler, aber wird am Ende als Henker enttarnt und so weiter. Bei Vater Wallace war das höchste der Gefühle mal ein Verbrecher, der sich als Polizeispitzel herausstellte (Zinker, Gasthaus) oder auch eine sympathische Figut, die als Bösewicht enttarnt wird ("Der unheimliche Mönch", obwohl Arent dort Karin Dor helfen will). "Der rote Kreis" sehe ich als Ausnahme an, der wurde ja auch sehr nahe am Roman verfilmt. Der Detektiv ist am Ende der Täter, nun gut! --- http://www.agentennetz.de.vu ---
Na na, Fabi, nicht spoilern! Ich habe den "Henker" erst vor einem halben Jahr zum ersten Mal vollständig gesehen und wenn ich da hier gelesen hätte wer der Täter ist... Jedenfalls nimmt diese "Sympathie-Verteilung" auch schon die Antihelden des Giallo bzw. Italowestern vorweg. Ende der 60ziger Jahre sollte das ja auch von Europa nach Amerika schwappen, wo dies in den Filmen von Sam Peckinpah, Arthur Penn oder "Easy Rider" aufgegriffen wurde.
Die "härtere Gangart" fällt mir bei den CCC-Filmen auch auf. Als Paradebeispiel gelten hier wohl auch die Mabuse-Filme (zumindest die ersten vier)!
Die Sache mit dem "Kitsch-Happy End" (armes, verfolgtes Mädchen verliebt sich in den Ermittler)ist bei Edgar Wallace eigentlich auch fast nur bei den Reinl-Filmen zu sehen. Paradebeispiel sind für mich immer noch die Schlußszehnen aus DER UNHEIMLICHE MÖNCH und beim FROSCH - fast wie im Heimatfilm...
Genau, fast wie im Heimatfilm. Das finde ich nicht gut. "Das Phantom von Soho" ist ein deutlich modernerer, damals zeitgemäßerer Krimi als einige Edgar-Wallace-Filme (z.B. eben Reinls Filme und auch "Die seltsame Gräfin"). Die Story hätte glatt als Giallo verfilmt werden können. Dieser Aspekt und eben die großartige Besetzung und atmosphärische, meines Erachtens hochspannende Umsetzung machen diesen Film zu einem meiner Favoriten unter denWallace-Krimis.
In Antwort auf: ...Chris Howland und Jürgen Vogel...
Da ist Dir ein Fauxpas unterlaufen,Du meinst natürlich Peter Vogel,der mir bei Bryan Edgar Wallace ("Das 7.Opfer" und "Phantom von Soho") sehr gut gefällt.
Ist klar, dass Jürgen damals noch nicht mitgewirkt hat, das kommt von dieser ganzen Medienpräsenz von ihm und Daniel Brühl wegen "Ein Freund von mir"... --- http://www.agentennetz.de.vu ---
Zuerst war ich skeptisch ob Dieter Borsche, der ja in sehr vielen Filme immer den Gangster spielte, in der Rolle des Insp. Pattn überzeugen könne. Aber das ist ihm voll gelungen. Die kühle die er als Inspektor ausstrahlt ist irgendwie faszinierend. Genauso ging es mit Hans Söhnker. Die Story gefällt mir sehr gut, erinnert auch ein bisschen am Im Banne des Unheimlichen. Der Soundtrack von Martin Böttcher ist erstklassig, gesonders das Lied "Soho" von Tanja Berg. Das der Film vom Regisseur F. J. Gottlieb schlecht umgesetzt sein soll, kann ich nicht nachvollziehen, ich fand ihn spannend.
Fazit: Sicher kein Meisterwerk, aber ein Film den ich mir immer wieder gern anschauen werde. 4/5 Punkten
Schade übrigens, dass der Film nicht im Fernsehen läuft (bzw. lange nicht mehr gelaufen ist). Wenn ich richtig weiß, dürfte er irgendwo bei RTL2 oder einem ähnlich schlechten Sender in der Schublade liegen.
Gruß, Ewok
Gubanov
(
gelöscht
)
Beiträge:
06.11.2007 20:08
#30 RE: Bewertet: BEW - "Das Phantom von Soho" (5)
Zitat von ewok2003Schade übrigens, dass der Film nicht im Fernsehen läuft (bzw. lange nicht mehr gelaufen ist). Wenn ich richtig weiß, dürfte er irgendwo bei RTL2 oder einem ähnlich schlechten Sender in der Schublade liegen.
Der Film ist doch im September erst im Nachtprogramm des ZDF gelaufen, oder?