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Dieses Thema hat 114 Antworten
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 Film- und Fernsehklassiker international
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Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

28.12.2014 14:23
#61 RE: THRILLER (Krimiserie von Brian Clemens, GB 1973-1976) Zitat · Antworten

BEWERTET: "Ein Butler für Madame" (Ring Once for Death)
mit: Nyree Dawn Porter, Michael Jayston, Barry Nelson, Clare Sutcliffe, Thorley Walters, Janet Key, Victor Winding, Richard Oldfield | Regie: Robert D. Cardona

Laura Vallence, eine vermögende Witwe im besten Alter, kehrt aus Washington nach England zurück, um dort einen Neubeginn zu wagen. Ihr alter Freund, der Diplomat Hugo Fane, besucht sie regelmäßig, da er sie schon lange verehrt. Als Laura den Butler Roger Masters einstellt, weiß sie noch nicht, dass er bereits mehrere seiner Dienstherrinnen langsam vergiftet und sich so in den Besitz ihres Vermögens gebracht hat. Laura vertraut dem Butler und ist bald völlig von der Außenwelt isoliert. Als ihr Freund Hugo nach ihr sehen will, kommt es zu einer Tragödie ...



Das perfide Spiel eines Mannes, der sich durch exzellente Manieren, stoische Ruhe und souveräne Anpassungsfähigkeit auszeichnet, birgt höhere Gefahren in sich als das Verbrechen eines weniger gebildeten Mannes. Durch sein untadeliges Auftreten hat er sich Respekt verschafft, sowohl bei seinen Arbeitgeberinnen, als auch bei Außenstehenden. Er hat zwar die Rangordnung des Dienens verinnerlicht, sich jedoch längst selbst über die anderen erhoben, ohne dass diese es merken. Sein Wort gilt und kaum jemand wagt Widerspruch. Wenn ja, wird er oder sie aus dem Weg geschafft. Die sympathische Laura Vallence ist in ihrem neuen Zuhause noch unsicher und verlässt sich deshalb gern auf den Rat von ihr nahe stehenden Personen. Hier bietet sie eine Angriffsfläche, die ihr zum Verhängnis wird. Sobald sie die Verantwortung aus der Hand gibt, verliert sie ihre Selbstbestimmung und sieht sich bald einer Situation ausgeliefert, die tödliche Gefahren für sie und ihre Freunde birgt. Der Plan von Roger Masters ist durchdacht und erprobt (man erinnere sich an die Prä-Titel-Sequenz), mit einfachen Mitteln gelingt es ihm viel zu erreichen. Das klassische und schon hundertfach gezeigte Motiv der Habgier und Geltungssucht greift auch hier und wird in eindringlichen Bildern vorgeführt. Mehrfach schlittert Laura Vallence am Rande der Befreiung entlang, wird aber immer wieder zurückgeworfen - durch ihre Krankheit und den Butler und seine Helferin. 5 von 5 Punkten.

Neben den engagiert spielenden Hauptdarstellern sieht man Urgestein Thorley Walters ("Miss Marple: 16 Uhr 50 ab Paddington" [1961], "Sherlock Holmes: The Sign of Four" [1983]) als versoffenen Arzt und Komplizen des eiskalten Butlers.

* Eine charakteristische Szene aus dem 1941 entstandenen Hitchcock-Film "Verdacht" findet hier eine Wiederholung: Das von innen beleuchtete Glas mit der vergifteten Milch wird die Treppe ins Schlafzimmer der Frau hinaufgetragen.

Georg Offline




Beiträge: 3.263

01.01.2015 20:11
#62 RE: THRILLER (Krimiserie von Brian Clemens, GB 1973-1976) Zitat · Antworten

Sehr schöne Einschätzung dieser bitterbösen Episode. Michael Jayston ist für mich einer der besten Thriller-Bösewichte, herrlich ist er auch in der in meinen Augen noch besseren Folge Ein Sarg für die Braut.

Zitat von Percy Lister im Beitrag #61
* Eine charakteristische Szene aus dem 1941 entstandenen Hitchcock-Film "Verdacht" findet hier eine Wiederholung: Das von innen beleuchtete Glas mit der vergifteten Milch wird die Treppe ins Schlafzimmer der Frau hinaufgetragen.

Das ist ja bekanntlich auch kein Zufall: Autor Brian Clemens hat sich ganz bewusst an vorhandene Thriller-Themen und -Szenen gehalten und diese mitunter abgewandelt.

athurmilton Offline



Beiträge: 1.083

02.01.2015 00:03
#63 RE: THRILLER (Krimiserie von Brian Clemens, GB 1973-1976) Zitat · Antworten

Die Besprechungen hier machen richtig Lust auf die Serie. Ich kann es kaum erwarten mit den 11 Thriller-Episoden endlich anzufangen - mit ein paar Freunden wollen wir demächst halb Komödien - halb Krimi-Abende machen (Jeeves and Wooster vs. Thriller)!

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

04.01.2015 13:32
#64 RE: THRILLER (Krimiserie von Brian Clemens, GB 1973-1976) Zitat · Antworten

Lieber Georg, ich bin Deiner Empfehlung gefolgt und habe mir Folge 6 angesehen. Allerdings muss ich gestehen, dass ich den Twist sehr schnell durchschaut habe und das "absolut verblüffende Ende" für mich keine Überraschung war. Ich ahnte sehr früh, wie die Geschichte ausgehen wird und der Plan ist fast perfekt, mit einer Ausnahme: Der Barist Freddy weiß von der Existenz von Stella MacKenzie - er hat sie schließlich mehrmals mit Mark Walker im Hotel gesehen.

BEWERTET: "Ein Sarg für die Braut" (A Coffin for the Bride)
mit: Helen Mirren, Michael Jayston, Michael Gwynn, Arthur English, Marcia Fox, Tony Steedman, Hugh Morton u.a. | Regie: John Sichel

Mark Walker hat bereits zwei Ehefrauen getötet und beerbt. Er geht dabei immer nach dem gleichen Muster vor: Ältere, einsame Frauen, meist vermögende Witwen, werden von ihm umworben und erleiden wenige Wochen nach der Hochzeit einen tödlichen Unfall. Der Rechtsanwalt Oliver Mason schöpft Verdacht und überlegt, wie man dem Mann beikommen könnte. Da Walker nach jedem Verbrechen Namen und Aussehen ändert, ist es nicht einfach, ihm auf die Spur zu kommen. Eines Tages passiert etwas, womit der hartgesottene Mörder nicht gerechnet hat: Er verliebt sich in eine junge Frau. Gleichzeitig macht er die Bekanntschaft mit der schwerreichen Witwe Angela Laidlaw ...



Die Prätitelsequenz zeigt die Schattenseiten einer profitablen, aber ungleichen Allianz: Während sich der Ehemann in Fitnessübungen flüchtet, um den Annäherungen seiner barocken Ehefrau zu entgehen, wird dem Zuseher suggestiv vermittelt, dass der Tod der Frau angesichts ihrer Zügellosigkeit gerechtfertigt sei. Das Publikum soll die "Unmöglichkeit" der Verbindung als belastend wahrnehmen und deshalb kein Mitleid mit dem Opfer empfinden. Etwas moderater halten sich Zu- und Abneigung beim zweiten Verbrechen die Waage, welches jedoch rasch und hinter verschlossenen Türen stattfindet. So richtig beginnt die Episode erst mit den Nachforschungen des Rechtsanwalts, dem die angeblichen Unfälle nicht mehr aus dem Kopf gehen und der den Mann überführen möchte, der sich auf so raffinierte Weise bereichert. Beim Anblick von Masons Sekretärin kommt einem kurz der Gedanke, der Anwalt könnte sie als Köder für Walker ins Rennen schicken, aber diese Idee wird rasch fallengelassen. Mit dem Auftritt der rothaarigen Angela kommen Humor und Suspense ins Spiel, da sie nicht zu der Kategorie 'leichte Beute' gehört. Wer die Ohren spitzt und die Mimik der Frau beobachtet, reimt sich die Hintergründe zusammen und stellt sich einzig die Frage, wie der gute Walker aufs Kreuz gelegt werden wird. Zwei Möglichkeiten bestehen: entweder wird der Spieß einfach umgedreht oder Walker wird überführt und der Gerichtsbarkeit ausgeliefert. Michael Jayston, ein harmlos aussehender Mann ohne besondere Kennzeichen, bringt beste Voraussetzungen für die Rolle des Erbschleichers und Heiratsschwindlers mit. Die spätere 'Oscar'-Preisträgerin Helen Mirren tritt weitaus subtiler auf und dosiert ihre Energie wohlwissend, dass man sich immer einen letzten Trumpf im Ärmel behalten muss. Die Kraft, die der zerbrechlich aussehenden, fast durchsichtig erscheinenden Frau innewohnt, kann leicht unterschätzt werden, doch Zähigkeit und Ausdauer sind ihre großen Pluspunkte. 4 von 5 Punkten.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

11.01.2015 14:30
#65 RE: THRILLER (Krimiserie von Brian Clemens, GB 1973-1976) Zitat · Antworten

BEWERTET: "Mord im Hochhaus" (I'm the Girl He Wants to Kill)
mit: Robert Lang, Julie Sommars, Tony Selby, Geoffrey Whitehead, Ken Jones, Anthony Steel, Susan Tracy u.a. | Regie: Shaun O'Riordan

Die Amerikanerin Ann Rogers arbeitet in London für die Firma Parker Industries Inc. und muss abends öfter Überstunden machen. Als sie wieder einmal spät nach Hause kommt, begegnet ihr ihm Treppenhaus ein untersetzter Mann mit Halbglatze, der sich auffällig benimmt. Kurz darauf findet sie die Leiche ihrer Nachbarin und gibt der Polizei eine genaue Beschreibung des Mannes, der bereits eine andere Frau getötet hat. Wenige Tage später erkennt Ann den Gesuchten in einem Uhrmacher wieder und flüchtet in Panik in das Hochhaus, in dem sie arbeitet. Der Mann folgt ihr und lässt sich dort einschließen, um ihr nach Büroschluss aufzulauern ...



In wahrhaft rasantem Tempo kommt die Geschichte auf den Zuschauer zu: Der erste Mord an einer von einer Party heimkehrenden Frau wirkt in seiner unvermittelten Brutalität beklemmend und bedient sich einer eindrucksvollen Bildersprache. Das Böse, das aus dem Schatten tritt und der Lebendigkeit eines Menschen mit einem energischen Messerstich ein Ende bereitet (schön illustriert anhand der Luftballons), erhält in der Prätitelsequenz einen Unheimlichkeitsbonus, der über die gesamte Spieldauer anhält und durch die gnadenlose Entschlossenheit des Täters zu einer massiven Bedrohung anwächst. Robert Lang vermittelt dabei eine latente Perversion am Töten, ohne auf Gründe für seine Taten schließen zu lassen. Der schmierig und phlegmatisch aussehende Mann muss ohne Dialogsätze auskommen, was sein Handeln noch animalischer erscheinen lässt. Julie Sommars zeichnet eine fleißige Arbeitsbiene, deren Elan und Pragmatismus in den angstvollen Stunden allein im Hochhaus auf die Probe gestellt werden. Die atemlose Jagd durch das Bürogebäude, dessen Fahrstühle, Gänge und Räume in seiner spartanischen Nüchternheit bedrohlich wirken, entwickelt sich zu einem Wettkampf in der Kunst des klugen Handelns. Das Auf und Ab des Lifts, dessen Geräusche in ihrer Schlichtheit unheimlich wirken; die Schatten im Stiegenhaus und die zunächst völlig ahnungslose Polizei verstärken die Ausweglosigkeit, in der sich die Heldin befindet. Tony Selby als kerniger britischer Polizeibeamter kommt immer ein paar Sekunden zu spät, was den Zweikampf im Hochhaus umso verzweifelter erscheinen lässt. Geoffrey Whitehead ("Durbridge: The Doll") ist als süffisanter Kollege Selbys zu sehen. "Mord im Hochhaus" ist bisher meine Lieblingsfolge und erhält von mir wegen ihrer Dynamik und ihres hohen Spannungsgrades klar 5 von 5 Punkten.

Georg Offline




Beiträge: 3.263

11.01.2015 18:59
#66 RE: THRILLER (Krimiserie von Brian Clemens, GB 1973-1976) Zitat · Antworten

Wieder zwei sehr schöne Besprechungen, Percy, denen ich absolut zustimme! Für mich war übrigens (Gott sei Dank) bei "Ein Sarg für die Braut" beim ersten Sehen nicht klar, wie der Hase läuft und ich kenne eine Menge Leute, die das auch nicht durchschaut haben. Sogesehen schade für Dich. Aber ich denke, Du hast Dich dennoch gut "amüsiert".

Die "Hochhaus"-Episode ist wirklich ein atemberaubender Thriller par excellence, so soll spannende Unterhaltung sein! Und obwohl ich die Folge nun schon so oft gesehen habe, ist mir Geoffrey Whitehead bisher nie aufgefallen ... Die Figur des Killers ist wirklich selten gut gespielt, allein, dass er kein Wort spricht macht ihn umso unheimlicher. Cool fand ich auch, dass er im Abspann einfach als "The Man" bezeichnet wird.

Tarzan Offline



Beiträge: 1.038

13.01.2015 07:30
#67 RE: THRILLER (Krimiserie von Brian Clemens, GB 1973-1976) Zitat · Antworten

Nun ist auch Brian Clemens gestorben. Sein Werk wird bleiben!

Georg Offline




Beiträge: 3.263

14.01.2015 18:51
#68 RE: THRILLER (Krimiserie von Brian Clemens, GB 1973-1976) Zitat · Antworten

Eine schlimme Nachricht! Ein Mann, der immer etwas im Schatten anderer Genrevertreter stand, zu Unrecht. Er war einer der ganz großen Meister des Fachs, ohne den die Thriller-Welt (im wahrsten Sinne des Wortes) wesentlich ärmer gewesen wäre!

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

18.01.2015 20:00
#69 RE: THRILLER (Krimiserie von Brian Clemens, GB 1973-1976) Zitat · Antworten

BEWERTET: "Der Tod kam in der Nacht" (Night is the Time for Killing)
mit: Judy Geeson, Charles Gray, Jim Smilie, Alister Williamson, Jacki Piper, Duncan Preston, Jeffry Wickham, Edward Burnham, Anthony Nash, Milos Kirek u.a. | Regie: John Cooper

Helen Marlow steigt in der Euston Station in London in den Nachtexpress, um aufs Land zu fahren. Nach einem schweren Jahr braucht sie Erholung. Sie hat die letzten Monate in einer Nervenklinik verbracht, nachdem sie ihren Verlobten bei einem Autounfall unbeabsichtigt getötet hat. Zu ihren Mitreisenden zählen der Australier Bob Mallory und ein Mann namens Vance, der an allem etwas auszusetzen hat und die Zugfahrt für unter seiner Würde betrachtet. Einige Stunden später findet Helen seine Leiche im Abteil, doch als sie es dem Zugbegleiter meldet, ist der Tote verschwunden. Kurz darauf sitzt er gewohnt sarkastisch im Speisewagen und gibt Belehrungen von sich. Niemand glaubt Helen, die verzweifelt versucht, ihre Beobachtungen zu beweisen ...



Judy Geeson erinnert an die australische Schauspielerin Cate Blanchett. Sie ist nicht der Typ, mit dem man gleich warm wird; zu konfus und eigenwillig erscheinen ihre Gedankenwelt und ihr introvertiertes Verhalten. Dennoch spürt man, dass man sie nicht voreilig abstempeln sollte und sich von den üblichen Klischeevorstellungen über Blondinen mit herzförmiger Oberlippe lösen sollte. Die Spionage-Geschichte, die den Rahmen für die Ereignisse ihm Schlafwagen bildet, kommt muffig und uninteressant daher; in Ermangelung eines Geheimagenten 007 bleiben die Intentionen beider Seiten schwammig und unspektakulär. Für den nötigen Glamour sorgt Charles Gray, der spätere Bruder Mycroft des englischen Detektivs Jeremy "Sherlock" Brett. Er wird von Friedrich Schoenfelder synchronisiert, der dem Snob die nötigen Nuancen der Dekadenz und der Blasiertheit verleiht. Er erinnert an die Zeiten des großen William Powell, dessen Gentleman-Detektiv sich mit Martinis und Bonmots die Zeit vertrieb. Leider können die Vorfälle im Nachtexpress den Zuseher nicht wie erwartet fesseln und die Handlung bleibt unbefriedigend. Dafür wird ein zweites Vorurteil des Zusehers widerlegt und gezeigt, dass man ruhig auch einmal zu einem unkonventionellen Naturburschen Vertrauen fassen darf - gerade inmitten steifer britischer Egomanen. 3 von 5 Punkten.

Mark Paxton Offline




Beiträge: 347

20.01.2015 20:15
#70 RE: THRILLER (Krimiserie von Brian Clemens, GB 1973-1976) Zitat · Antworten

Ich fand die Demaskierung am Ende von"Der Tod kam in der Nacht" recht überraschend und gut. Ich mag Krimis, die in Zügen spielen! Diese Episode hat einige Überraschungen parat, wenngleich sie nicht 100%ig überzeugt. Da gebe ich dir recht.

Lord Peter Offline




Beiträge: 621

25.01.2015 14:35
#71 RE: THRILLER (Krimiserie von Brian Clemens, GB 1973-1976) Zitat · Antworten

ACHTUNG, SPOILER ZU DEN FOLGEN 4-6!

Was ich kaum für möglich gehalten hätte - nach den für mich eher enttäuschenden drei Folgen der ersten DVD legt die zweite Scheibe 200% zu. Innovation ist auch hier eher nicht vorhanden, aber das macht ja nichts - sofern der Rest stimmt. Schauspielerisch ist auf das britische Fernsehen in der Regel Verlaß, und sofern kein Experimentierer wie Peter Hammond am Ruder sitzt, stimmt auch die Umsetzung. Die Skripte waren bisher der Pferdefuß, das Hauptproblem scheint mir allerdings das Timing zu sein. 65 Minuten ist für die dargebotenen Stories oft einfach zu lang und verlangt den Charakteren meist irrationales bis schlicht blödes Verhalten ab, um es soweit kommen zu lassen. 50 Minuten hätten es oft auch getan.

"Die geschlossenen Augen" ist davon allerdings weniger betroffen, zwar läßt man sich einige Zeit, bis die Blinden endlich merken, daß da was nicht stimmt (wobei auch noch auf weibliche Intuition gesetzt wird), doch nachdem der (vermeintlich) ungleiche Kampf gegen die Killer endlich losgeht, stellt sich doch ein gewisses Mitfiebern ein. Zudem sind Ausgangssituation und Setting endlich auch mal nicht alltäglich. Nach den ersten drei Folgen eine eindeutige Steigerung.

"Ein Butler für Madame" fällt dagegen leider wieder leicht ab, diese Story gibt einfach nicht genug her für die Laufzeit. Clemens wildert hier übrigens ungeniert bei Hitchcock, nicht nur, daß die Folge praktisch ein Remake der zweiten Hälfte von "Berüchtigt" ist, auch das berühmte leuchtende Milchglas aus "Verdacht" wird hier buchstäblich auf dem Silbertablett serviert. Leider fällt das Tempo im Mittelteil etwas sehr niedrig aus, und Hugo Fane hat sich seinen Abgang aufgrund seiner Unvorsichtigkeit selbst zuzuschreiben. Auch die durchaus ausgefeilte Charakterisierung des Butlers täuscht nicht darüber hinweg, hier hätte man etwas straffen können. Dennoch oberes Mittelfeld.

"Ein Sarg für die Braut" stellt dann den bisherigen Höhepunkt dar (auch wenn man einen Teil der Pointe schon frühzeitig riechen kann), und hier ist auch die Laufzeit endlich einmal angemessen. Auch ist es endlich einmal eine Story, deren Ausgang man nicht nach fünf Minuten vorhersagen kann (der Abgang des Rechtsanwalts nach 15 Minuten war eine echte Überraschung). Allerdings stellt sich abschließend doch die Frage, wie man für den Mord an einer Person verurteilt werden kann, die es nie gegeben hat ...

Langsam verstehe ich den Kult um die Serie einigermaßen, denn abgesehen vom stellenweise zu gemächlichem Tempo haben die Filme einiges zu bieten. Mal schauen, was die dritte Disc bereithält ...

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

01.02.2015 14:25
#72 RE: THRILLER (Krimiserie von Brian Clemens, GB 1973-1976) Zitat · Antworten

BEWERTET: "Das schwarze Haus" (Someone at the Top of the Stairs)
mit: Donna Mills, Judy Carne, Francis Wallis, Alethea Charlton, Peter Cellier, Brian McGrath, David De Keyser u.a. | Regie: Brian Clemens

Chrissie und Gillian sind aus den Vereinigten Staaten für ein Jahr nach London gekommen, um zu studieren. In einem alten viktorianischen Haus finden sie eine preisgünstige Unterkunft. Schon bald darauf stellt Chrissie fest, dass sich die Bewohner des Hauses merkwürdig verhalten. Sie scheinen das Gebäude nie zu verlassen, finden alles fabelhaft und pflegen einen betont liebenswürdigen Umgangston, obwohl sie sonst geradezu gefühllos wirken. Im Obergeschoss wohnt ein gewisser Mr. C., den noch nie jemand zu Gesicht bekommen hat, der aber alles zu beobachten scheint. Der Student Gary, dem Mrs. Oxhey nicht einmal die Tür geöffnet hat, freundet sich mit Chrissie an und will sie aus dem Haus holen. Derweil befindet sich Gillian in großer Gefahr ...



Die Geschichte arbeitet vor allem mit Gegensätzen und zeigt dies anhand von optischen Attributen auf. Das wuchtige Gebäude entspricht dem Stil seiner Zeit, als es galt, möglichst funktional zu bauen und dabei zu berücksichtigen, dass allen Anforderungen entsprochen wird. Familien hatten damals noch Hauspersonal, das untergebracht werden wollte, man benötigte Stauraum für Lebensmittel, sowie Platz für die Arbeiten, die im Haushalt anfielen. Alle Bewohner des Hauses entsprechen ihrer Umgebung, weshalb die jungen Frauen wie Fremdkörper wirken und neues Leben in die muffigen Räume bringen. Die Sympathien des Zuschauers ruhen von Anfang an auf der blonden Chrissie, die nicht nur hübscher als ihre Freundin ist, sondern auch aufmerksamer und nachdenklicher. Dumme Menschen lässt man gern in ihr Verderben laufen. Obschon die Hinweise zu Beginn wohldosiert gestreut werden und sich eine bedrohliche Atmosphäre aufbaut, flacht diese zwischendurch ab und findet in den Ereignissen im Obergeschoss des Hauses einen abstrusen Abschluss. Luzifer und Beelzebub werden bemüht, um die Phantasien eines Wahnsinnigen zu rechtfertigen, dessen Lebenserhalt durch "frisches Blut" garantiert wird. Klassische Elemente aus den Schauergeschichten der Viktorianischen Ära werden hier mit dem Entsetzen einer aufgeschlossenen Amerikanerin kombiniert. Coca Cola und Wrigley's Spearmint treffen auf den Typ 'gentry parson', den englischen Landpfarrer mit Backenbart und gestärktem Kragen. Seine endlosen Ausführungen, die er selbstherrlich und monoton abliefert, sollen die Hintergründe für die Geschehnisse rechtfertigen, sorgen aber für ein befremdliches Kopfschütteln. Die von Georg bereits angesprochene Farbsymbolik zaubert ein unheimliches Flair. 4 von 5 Punkten.

Markus Offline



Beiträge: 683

03.02.2015 17:03
#73 RE: THRILLER (Krimiserie von Brian Clemens, GB 1973-1976) Zitat · Antworten

Zitat von Lord Peter im Beitrag #47
"Das schwarze Haus" ist dann einfach nur noch Käse, zumal man nach Kenntnis der Pointe merkt, daß der Zuschauer eindeutig verschaukelt wurde.
Denn wenn alle Einwohner des Hauses die vorherigen Opfer von Mr. Cartney sind, müßte doch auch Sally Thurston (das Teaser-Opfer) dort herumlaufen - tut sie aber nicht, sonst käme man ja direkt auf die Lösung. Und auch die Naivität von Gillian läßt nur noch ein mitleidiges Kopfschütteln zu, als sie offenen Auges in ihr Verderben rennt.
Die "böse Abschlußpointe" ist dann auch schon obligatorisch.

Du hast recht, aber
wenn ich es richtig sehe, hätte Sally Thurston sogar im Haus auftauchen können. Ihr Schicksal wird schließlich nur angedeutet. So wäre es ein zusätzlicher Twist gewesen, die vermeintlich Ermordete vermeintlich kerngesund wiederzusehen. Allenfalls mit der Suche des Vaters hätte man vorsichtig umgehen müssen. Dafür hätte die Tochter ihn dann ins Haus locken können, während es etwas seltsam wirkt, dass er sich so freimütig in das gefährliche Haus bewegt.

Gruß
Markus

Lord Peter Offline




Beiträge: 621

07.02.2015 16:05
#74 RE: THRILLER (Krimiserie von Brian Clemens, GB 1973-1976) Zitat · Antworten

Ja hoppla, was ist das denn? Mit fortschreitender Laufzeit wird auch die deutsche Folgenauswahl immer besser.

"Mord im Hochhaus" ist nach "Die geschlossenen Augen" endlich mal wieder eine Folge, die das Prädikat "Thriller" tatsächlich verdient. Mit eigentlich minimalen Mitteln wird ein Maximum an Atmosphäre und Spannung generiert, hier ist auch keine Minute überflüssig, endlich paßt das 64-Minuten-Format. Einzig die üble Synchronstimme von Julie Sommars (Ursula Vogel, zum Synchronzeitpunkt mit 61 Jahren viel zu alt, "verschönerte" auch schon Linda Thorson in der ersten Folge) trübt das Vergnügen etwas.

"Experten unter sich" bringt mit dem Privatdetektiv Earp einen alten Bekannten aus der nicht synchronisierten Folge "An Echo of Theresa" zurück und läßt ihn einen Durbridge-artig verschachtelten (und vermeintlich eindeutigen) Mordfall aufklären, der einen tatsächlich noch mit einem echten Überraschungsende verblüffen kann. "Thrillig" ist die Sache zwar zugegebenermaßen weniger (gerade im Vergleich zur vorherigen Folge), aber sauber geplottet und ohne Längen - auch hier ist die Laufzeit genau richtig. Earp erscheint diesmal etwas milder gestimmt und nicht mehr ganz so großspurig wie in der Debütfolge, was aber auch an Uwe Friedrichsens ironischer Synchronstimme liegen kann, während Dinsdale Landon selbst in der Originalfassung mit fast stoischem Ernst agiert. In einer Nebenrolle als unsympathischer Inspektor agiert übrigens Edward "Dr. Watson" Hardwicke, hier noch etwas schlanker und ohne Schnurrbart (aber schon hier gewillt, immer nur dem offensichtlichen Augenschein zu trauen, anstatt nachzudenken ).

Zwei hervorragende Episoden eröffnen die dritte Disc, mal gespannt, was die letzten drei Folgen noch so bieten ...

Lord Peter Offline




Beiträge: 621

08.02.2015 18:14
#75 RE: THRILLER (Krimiserie von Brian Clemens, GB 1973-1976) Zitat · Antworten

Den Abschluß der dritten DVD bildet "Der Tod kam in der Nacht", eine ebenso klassische wie unglaubwürdige Spionage-Story um eine immer wieder auftauchende Leiche in einem Nachtzug, die zur selben Zeit quicklebendig im Speisewagen das Personal drangsaliert. Clemens zitiert hier erneut ausgiebig Hitchcock ("Eine Dame verschwindet"), erzählt die Geschichte aber durchaus überraschend und spannend, wenn auch nicht sonderlich realistisch (Thema Gesichtsmasken und Stimmen imitieren). Die Identität des Doppelgängers kann man sich auch frühzeitig denken, aber der Trumpf ist diesmal der Humor, insbesondere von Seiten Charles Grays als aufgeblasener und scharfzüngiger britischer Snob (in der deutschen Fassung kongenial synchronisiert von Friedrich Schoenfelder).

Etwas abstruser als die vorherige Folge und nicht so packend wie "Die geschlossenen Augen" oder "Mord im Hochhaus", aber immer noch eine gute Stunde gelungene Unterhaltung ohne große Längen. Und jetzt kommen nur noch zwei Folgen ...

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