Bei "Blaulicht" werden wohl nur "die besten Folgen" veröffentlicht. Schade. Sinnvoll wäre eine chronoligsche Veröffentlichung. So halbe Sachen (unvollständige DVD-Boxen) sind für mich eigentlich nichts.
Kriminalfilm, DDR 1957. Regie: Hans-Joachim Kunert. Drehbuch: Jens Gerlach, Hans-Joachim Kunert. Mit: Hartmut Reck (Rudi Prange), Annegret Golding (Ilse Schulz), Rudolf Ulrich (Walter Prange), Sonja Sutter (Walter Pranges Freundin), Hans-Peter Minetti (Kriminalkommissar Stein), Jochen Brockmann (Kriminalkommissar Rollberg), Charlotte Küter (Frau Prange), Harry Engel (Gerhard Schröder), Harry Hindemith (Erwin Beier), Karin Hübner (Bettina Sandmann) u.a. Uraufführung: 10. Januar 1958. Eine Produktion des DEFA Studio für Spielfilme.
Zitat von Tatort BerlinAls Vorbestrafter hat Rudi Prange es schwer, wieder in Arbeit und sozialem Leben Fuß zu fassen. Kaum hält er mit seiner Vergangenheit nicht mehr hinterm Berg, wird er mit Misstrauen und Anschuldigungen konfrontiert. Selbst seine Freundin droht er auf diese Weise zu verlieren. Sie hält es für möglich, dass er in einen Raubmord verwickelt ist – dabei hat sich Rudi seit der Haft nichts mehr zu Schulden kommen lassen ... Bis jetzt!
Unzählige Male haben wir die Geschichte erzählt bekommen von dem entlassenen Sträfling, der seine lieben Probleme mit der Wiedereingliederung ins Alltagsleben hat. Die überwiegende Mehrheit dieser Geschichten – egal von welcher Seite der Staatsgrenze – hat eines gemeinsam: Sie werden aus der Perspektive eines geläuterten Menschen erzählt, bei dem die Strafe zu einer Besinnung und Besserung geführt hat, der nun aber gegen ein hartnäckiges Stigma in den Köpfen der Menschen ankämpfen muss. Eigentlich ist dieser Ansatz ganz und gar nicht unsozialistisch: Er glorifiziert den kleinen Mann, appeliert an das Gute im Menschen und propagiert, dass alle Personen nur in einem festen gesellschaftlichen Gefüge funktionieren können. Dennoch muss die Resozialisierung von Häftlingen als ein verhältnismäßig junges Phänomen angesehen werden, das in der DDR noch später und spärlicher als in der BRD an Bedeutung gewann. Zwar erließ man 1968 in der DDR das sogenannte Strafvollzugs- und Wiedereingliederungsgesetz, doch der Jurist und aktuelle Justizminister des Landes Brandenburg, Volkmar Schöneburg, schreibt in einem Kommentar der Zeitung Potsdamer Neueste Nachrichten:
Zitat von Volkmar Schöneburg: Resozialisierung schützt – alle, Potsdamer Neueste Nachrichten, 25. August 2012, QuelleDas Bundesverfassungsgericht hat [...] bereits 1973 eine eindeutige Antwort gegeben: Der Vollzug ist auf die Resozialisierung des Gefangenen auszurichten. So steht es auch in der Brandenburger Landesverfassung, Artikel 54. Die Antwort ist eine Antwort im Interesse der Sicherheit der Bevölkerung. Denn bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts – in der DDR bis 1989 – versuchte man im Vollzug, das dissoziale Verhalten der Verurteilten durch äußere Disziplinierung quasi wegzudressieren. Das trug aber dazu bei, dass die Rückfallquote der Entlassenen exorbitant hoch war. Die Inhaftierten verloren nämlich so jede Fähigkeit, Konflikte mit der Gesellschaft gewaltlos bzw. produktiv zu lösen.
Im Grunde ist genau das auch das Problem, dem sich Rudi Prange gegenübersieht. Er trägt sich natürlich mit den besten Absichten, findet Arbeit und Anschluss, verfügt aber andererseits nicht über die nötige Ruhe und Gelassenheit, gegen ihn gerichtete Vorwürfe in einer sachlichen Weise zu klären oder sich in irgendeiner Art und Weise helfen zu lassen. Auch deshalb ist seine Wandlung in der zweiten Hälfte des Films, als er sich dann doch wieder auf krumme Touren einlässt, bei genauerer Betrachtung dramaturgisch folgerichtiger, als sie auf den ersten Blick erscheinen mag.
Dass die Produktion auf Hartmut Reck zurückgreifen konnte, war ein echter Glücksfall, denn dem späteren Edgar-Wallace-Schauspieler nimmt man sowohl Redlichkeit und ernsthafte Beteuerungen als auch eine gewisse Hitzköpfigkeit ab. Mit dieser Mischung hindert ihn nichts daran, voll und ganz zum Publikumsliebling zu avancieren, zumal der Stoff ja auch ohne Zweifel darauf ausgerichtet ist, ihm über die Schulter zu schauen und auf diese Weise näher zu kommen. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass die Polizisten, die ihn zwischenzeitlich auf dem Kieker haben, blutrünstige Jagdhunde sein müssen. Im Gegenteil: Hans-Peter Minetti und Jochen Brockmann hinterlassen einen für ihre Rollen erstaunlich sympathischen und unaufdringlichen Eindruck, was dadurch bestärkt wird, dass sich „Tatort Berlin“ nicht scheut, zu zeigen, dass sich sogar die Ermittler einmal irren können. – Auch die übrige Besetzung stimmt bis in die Nebenrollen. In einer solchen begegnen wir übrigens erneut Sonja Sutter, die gänzlich anders auftritt als in „Sie kannten sich alle“. Obschon „Tatort Berlin“ noch ein paar Monate früher gedreht wurde, verlieh sie der Frau mit den Initialen MM eine desillusionierte, verhärmte und abstoßende Aura, die so gar nichts mit der jungen Herta Klausner im Groschopp-Film zu tun hat.
Für einen gesellschaftskritischen Kriminalfilm der 1950er Jahre weist „Tatort Berlin“ ein überdurchschnittlich hohes Tempo auf. Gleich zu Beginn versetzt er den Zuschauer in die Funkzentrale der Volkspolizei, wo ohne inszenatorische Schnörkel in die Situation eingeführt wird. Außer ständig neu eintreffenden Meldungen von Verkehrsdelikten bis hin zu Schießereien hört man nichts, als der Vorspann über die Gesichter der Funker rollt. Einer ähnlich nüchternen Machart fühlt sich der Rest des Films verpflichtet, wenngleich aufgrund der deutlichen Dramatisierung nicht von semidokumentarischer Objektivität, wie sie etwa im Nachkriegs-Berlin aus „Leichensache Zernik“ durchklingt, die Rede sein kann.
Deutlich wird aber dennoch, dass es „Tatort Berlin“ nicht wirklich darum geht, die Frage „Wer war der Täter“ in den Mittelpunkt zu stellen. Sie ist ausschließlich Zweck und Ziel, hat aber keinen nennenswerten Einfluss auf den steinigen Weg, den Rudi Prange gehen muss, bevor sein Name von unnötigen Verdächtigungen befreit wird. Geflissentlich blendet der Film ab, ohne zu beleuchten, dass Prange erneut mit Schwierigkeiten zu rechnen haben wird. In Anbetracht der Tatsache, dass ihn nun keine Geheimnisse mehr von seiner Partnerin trennen, sollte er die Spitzfindigkeiten eines Lebens als Vorbestrafter allerdings im zweiten Anlauf besser kontrollieren können.
Sicher geht einiges, was „Tatort Berlin“ zeigt, nur als Verklärung der Wirklichkeit durch; gleichzeitig verströmt der Film aber neben Spannung auch einen Sinn für Humanität und die immense Bedeutung von Vertrauen für das Zusammenleben der Menschen. Er gilt somit in meinen Augen als besonders gelungenes Beispiel für einen DEFA-Krimi, der die Mischung zwischen Unterhaltung und Propaganda aufs Genaueste austariert.
★★★★★Filmwertung: 5 von 5 Punkten ★★★★★ Rote-Socken-Faktor: 3 von 5 Punkten (Es kommt zu deutlichen Fingerzeigen gegen Westberlin und seine faulen, verkommenen Bewohner. Ohne sie und ihre fehlleitenden Verlockungen, so „Tatort Berlin“ implizit, würden viele Verbrechen in Ostberlin gar nicht erst geschehen. Und dass die DDR-Rechtsprechung mild und verständnisvoll agiert, wird wohl auch nur wenige Zuschauer verwundern.)
Kindheitserinnerung: Martin Flörchinger als König Löwenzahn in dem DEFA-Märchenfilm „König Drosselbart“ von 1965. Der bayerische Künstlersohn debütierte 1951 in „Die Meere rufen“ und wurde von da an zu einem gefragten Gesicht der DEFA. 1954 Mitwirken in der u.a. in Görlitz gedrehten Filmbiografie „Ernst Thälmann – Sohn seiner Klasse“ neben Günther Simon. Während Flörchinger in „Tatort Berlin“ nur kurz als Richter zu sehen ist, spielte er im folgenden DDR-Krimi „Seilergasse 8“ die Hauptrolle des Ermittlers. Leben und Filme Flörchingers auf den Seiten der DEFA-Stiftung. In Görlitz verbliebener Filmschriftzug „Wählt Thälmann!“ von den Filmaufnahmen 1954.
Zitat von Mark Paxton im Beitrag #46Bei "Blaulicht" werden wohl nur "die besten Folgen" veröffentlicht. Schade. Sinnvoll wäre eine chronoligsche Veröffentlichung. So halbe Sachen (unvollständige DVD-Boxen) sind für mich eigentlich nichts.
Das ist der Haken an der Sache. Ich frage mich, wie man aus der 4 DVDs umfassenden Serie "Gefährliche Fahndung" eine 2 DVD-VÖ machen will (denn es scheint ja immer um 2 DVDs zu gehen pro VÖ).
Letztlich ist das gar nicht soooo günstig wie man denkt. Und wenn da exklusive Filme angeboten werden, bleibt die Ahnung, dass diese bald darauf in den normalen VÖ-Status reinrutschen werden ...
Von "Blaulicht" sind sowieso nicht alle Folgen erhalten, weshalb eine chronologische Auswertung ebenfalls lückenhaft wäre. Für Einsteiger wie mich ist die Sammleredition hochwillkommen (ich habe mich erstmal angemeldet) und ob sie mich überzeugt, wird sicher demnächst hier zu lesen sein. Auf jeden Fall erhalte ich erstmal eine unschlagbar günstige Auswertung der "Gefährlichen Fahndung", die zudem verdeutlicht, wie einige Labels ihre DVD-VÖs manchmal gern aufblasen. Weltbild macht sich da effektiver an die Sache, was durchaus nicht schlecht ist - allerdings hoffe ich dann auf schriftliche Beigaben, z.B. ein Booklet.
Zitat von Gubanov im Beitrag #49Von "Blaulicht" sind sowieso nicht alle Folgen erhalten, weshalb eine chronologische Auswertung ebenfalls lückenhaft wäre. Für Einsteiger wie mich ist die Sammleredition hochwillkommen (ich habe mich erstmal angemeldet) und ob sie mich überzeugt, wird sicher demnächst hier zu lesen sein. Auf jeden Fall erhalte ich erstmal eine unschlagbar günstige Auswertung der "Gefährlichen Fahndung", die zudem verdeutlicht, wie einige Labels ihre DVD-VÖs manchmal gern aufblasen. Weltbild macht sich da effektiver an die Sache, was durchaus nicht schlecht ist - allerdings hoffe ich dann auf schriftliche Beigaben, z.B. ein Booklet.
Okay, wenn man 4 Scheiben auf 2 presst, kanns gehen. Bei Blaulicht gibt es 8 erhaltene Folgen, alle anderen sind verschollen. Blöd wäre es, wenn man 4 oder 4 Folgen bei Weltbild bekommt und dann der fehlenden wegen doppelt kaufen muß. Aber es ist eine Überlegung wert ... Der Tipp ist jedenfalls gut.
Es wäre doch möglich, dass Weltbild zwei "Blaulicht"-Doppel-DVDs herausbringt, um alle erhaltenen Folgen zu berücksichtigen. Bei anderen Serien wie "Polizeiruf 110" oder "Der Staatsanwalt hat das Wort" sind Komplett-VÖs in der Sammleredition natürlich illusorisch, aber bei so umfassenden Projekten freue ich mich eher über eine unkomplizierte Anfütterung, als dass ich mich über den potenziellen Doppelkauf ärgere. Im Zweifelsfall gibt es schließlich eBay, wo man aus Weltbild-Sammlereditionen erfahrungsgemäß noch immer relativ gutes Geld schlagen kann. Aber das ist alles Zukunftsmusik.
Kriminalfilm, DDR 1959/60. Regie: Hans-Joachim Kunert. Drehbuch: Günter Kunert, Hans-Joachim Kunert. Mit: Martin Flörchinger (Albert Schirding, Hauptmann der VP), Manja Behrens (Frau Schirding), Dieter Perlwitz (Peter Schirding), Dietrich Kerky (Werner Hallgast), Rudolf Ulrich (Herbert Zallner), Rolf Herricht (Kurt Lisowski), Johannes Arpe (Professor Horn), Gerlind Ahnert (junge Verkäuferin), Werner Lierck (betrunkener Matrose Heinzi), Lore Frisch u.a. Uraufführung: 11. August 1960. Eine Produktion des DEFA Studio für Spielfilme.
Zitat von Seilergasse 8Tropfendes Wasser aus dem obersten Stockwerk macht die Mieter im Hause Seilergasse 8 darauf aufmerksam, dass in der Wohnung von Lisa Gau etwas nicht stimmen kann. Sie verschaffen sich Zutritt und finden die Leiche der jungen Frau. Da trifft es sich gut, dass der verantwortliche Kriminalist, VoPo-Hauptmann Schirding, nur zwei Treppen weiter unten wohnt. Ihm bereitet der Fall aber einiges Kopfzerbrechen – vor allem als sein Sohn unter Verdacht gerät, Lisa Gau ermordet zu haben ...
Auch wenn er nicht wirklich in dieses Thema passt, so erinnert „Seilergasse 8“ doch in gewisser Hinsicht an Udo Jürgens und sein Lied von einem „ehrenwerten Haus“. Über weite Teile findet man sich nämlich tatsächlich in jenem Mehrparteienhaus wieder, bei dem es sich – die Adresse lässt es vermuten – noch um einen jener in den späteren Tagen der DDR recht unpopulär gewordenen Altbauten handelt, die mehr und mehr zugunsten des neuen Komforts der Plattenbaukomplexe vernachlässigt oder abgebrochen wurden. Ähnliches klingt bereits an, wenn die nächtliche Abstellung des Warmwassers, eine defekte Flurbeleuchtung und unwirtliche Kellerräume die verwöhnten Mieter von heute zum Schmunzeln anregen. Wichtiger erscheinen jedoch diejenigen, die die Nummer 8 bevölkern: unterschiedliche Typen und Familien, die sich gegenseitig nur oberflächlich kennen und damit für Missverständnisse und Verdächtigungen durchaus empfänglich sind. Angenehm undoktrinistisch schaut das durch, was der Filmdienst meint mit seiner Beschreibung, dass ...
Zitat von Filmdienst zu „Seilergasse 8“, aus: Das Kabel-Eins-Filmlexikon, Quelle„... die viel beschworene ‚sozialistische Menschengemeinschaft’ kritisch durchleuchtet und ad absurdum geführt wird“.
„Seilergasse 8“ verhält sich sogar so unprätentiös, die Auswirkungen der Arbeit eines Volkspolizisten zu hinterfragen, die dazu führen können, dass er gegen seine eigenen Familienmitglieder Ermittlungen anstellen und sie wie beliebige Verdächtige behandeln muss. Schirding macht trotz moralischer Zweifel keinen Unterschied zwischen seinem Sohn und anderen potentiellen Tätern, was ihn trotz einiger unnötig kratzbürstiger Momente in eine souveräne Hauptfigur verwandelt. Dieter Perlwitz bleibt als sein Sohn für dessen zwiespältige Position mitten im Geschehen erstaunlich farblos, erhält aber Schützenhilfe von Manja Behrens, die aufopfernd in der Mutterrolle zu sehen ist.
Blicke darf der Zuschauer aber auch außerhalb des Tatorts schweifen lassen. Beispielsweise auf die gerade in Bau befindlichen neuen Hafenanlagen von Rostock („VEB Seehafen Rostock“), die Pate stehen für eine immer weiter in das Milieu der Matrosen und großen Schiffe abgleitende Geschichte. Nicht immer schafft es „Seilergasse 8“ dabei, die Spannung konstant zu halten. Durch den Wunsch, immer wieder Witz und Humor einzubringen, gelingen zwar häufig kleine Schenkelklopfer (Stichworte: „Du giftiger Molch! Du mickrige Sprotte! Du hässlicher Uhu!“), allerdings leidet die Stringenz der Handlung zu gleichen Teilen. Ergänzt man außerdem die großteils eher laxe Charakterisierung der Hausbewohner, so kommt man zu dem Schluss, dass stilistisch zwar alles in Ordnung, inszenatorisch aber einiges im Argen ist. Das ist überraschend, denn für Regie und Drehbuchmitarbeit zeichete mit Hans-Joachim Kunert derselbe Filmschaffende verantwortlich wie für den außerordentlichen „Tatort Berlin“. Er landete dann auch wenigstens insofern einen Erfolg mit seiner Produktion, als der Rostock-Krimi 1961 auch in den bundesdeutschen Kinos zur Aufführung kam.
Heiteres Mörderraten ohne nennenswerte stilistische Höhepunkte. „Seilergasse 8“ kann man in erster Linie Nostalgikern empfehlen, die sich zu nordischen Schauplätzen hingezogen fühlen, denn in der Wahl seines Regionalbezugs ist der Film recht innovativ. In allen anderen Aspekten kommt er trotz wenig anbiedernder Töne über eine gesunde Routine nicht hinaus.
★★★☆★ Filmwertung: 3,5 von 5 Punkten ★★★★★ Rote-Socken-Faktor: 1 von 5 Punkten (So gut wie keiner. Nur ein Arbeiter lässt sich zur kurzen Anmerkung hinreißen, er hätte sich „drüben“ nicht mehr wohlgefühlt.)
DDR-Produkt zum Film: Lange Straße Rostock. Die mit der Karl-Marx-Allee in Berlin vergleichbare repräsentative Magistrale, die im Film in zwei Szenen zu sehen ist, entstand unter Ulbrichts Ägide, um in der neuen Hafenstadt ein architektonisches Zeichen des sozialistischen Wiederaufbaus zu setzen. Dementsprechend hörte das beeindruckende Ensemble zunächst auf den Namen „Straße des Nationalen Aufbauwerks“. Eintrag zur Langen Straße bei Wikipedia.org.| Kindheitserinnerung: Herricht und Preil. Rolf Herricht, in „Seilergasse 8“ als sympathischer Kriminalassistent zu sehen, trat bereits seit 1953 als Komiker neben Hans-Joachim Preil in einer großen Zahl an Sketchen auf. Immer wieder brachten sie die Zuschauer zum Lachen, indem sie ihre angestammten Rollen wortgewandt und mit einmaligem Timing variierten: „Das ist das Geheimnis unserer Zusammenarbeit. Preil: das Herzchen. Überheblich, arrogant. Der mit dem erhobenen Zeigefinger. Und Rolf immer der mit der Bauernschläue.“ Das Geheimnis des großen Erfolges von Herricht und Preil auf MDR.de. Sketch „Die Briefmarke“ bei Youtube.
Der Film kommt in der Darstellung der alten Gassen und Häuser mit den für sozialistische Verhältnisse teils unwürdigen Lebensbedingungen recht kritisch daher, für das Drehbuch zeichnet ja Günter Kunert verantwortlich, einer der bedeutenden deutsch-deutschen Dichter der Gegenwart. Die Spannung bleibt leider im Lauf der Handlung auf der Strecke, weil die (von oben sicher geforderte) politische Belehrung Überhand nimmt, und die Figur des Täters, eines Individualisten und Karrieristen, bleibt stereotyp und blass.
Das nostalgische Flair des alten Rostock jedoch und die recht menschlich gezeichneten Ermittler, die sogar "Kanal-Ede" von Schnitzler auf den Plan riefen, lassen über manche Schwachstelle gern hinweg sehen.
Ich habe mich doch entschlossen, die Sammler-Edition zu testen. Gestern konnte ich die ersten beiden Folgen der Serie "Gefährliche Fahndung" gucken.
Die DVD-Hülle: Amray-Doppelhülle mit einer Coverillu in Querdesign. Grundidee ist ein alter DDR-Fernseher, in dessen Bildbereich dann ein Szenenfoto nebst Titel eingebaut ist.
Beilagen / Booklet / Bonus: nix.
DVD-Menü: alle abspielen / Teil 1, Teil 2, Teil 3 abspielen (kurios: Als Label ist nicht "DDR-TV-Archiv Krimi" verwendet worden, sondern versehentlich "DDR-TV-Archiv Kinder", allerdings nur im Menü, nicht auf der Hülle!).
Bild: 4:3, laut Cover digital restauriert, allerdings bereits in den ersten beiden Teilen sehr unterschiedliche Bildqualitäten, einige Szenen wirken auf meinem Player (Blu-ray, 40-cm-TV) reichlich verpixelt (nur kurz).
Ton: Mono 2.0, dem Alter entsprechend in Ordnung.
Fragebogen Marktforschung: Es gibt einen recht ausführlichen Fragebogen, in welchem man die Macher seine Einschätzung zur Gestaltung und zur Auswahl mitteilen kann. Schöne Idee ist die Frage, welche Serien oder TV-Filme man noch vermisst in der genannten Auswahl der bisherigen 15 Titel.
Fazit: Ich werde sicher einige Folgen der Edition kaufen, allerdings genau abwägen.
Danke für deine Beschreibung. Ich hatte mich direkt nach dem Hinweis angemeldet, warte aber immer noch auf die Startausgabe. Schade, dass keine Booklets angeboten werden.
@elvis: Stimmt. Da hatte ich eine ältere Aussage, die ich an anderer Stelle aufgeschnappt hatte, verwendet. Es sind 23 Teile vorhanden, allerdings wurden nach der Wende vermutlich nur acht Teile im TV ausgestrahlt. Danke für den Hinweis!
Straßenfeger-Box 44 Tote reden nicht / Botschafter morden nicht
Produktinformation
Darsteller: Werner Toelcke, Horst Schulze, Annekathrin Bürger, Johannes Arpe, Ljubomir Kisselitschki Format: Dolby, PAL Sprache: Deutsch (Dolby Digital 2.0 Mono) Region: Region 2 Bildseitenformat: 4:3 - 1.33:1 Anzahl Disks: 4 FSK: Freigegeben ab 12 Jahren Studio: Studio Hamburg Enterprises (AL!VE) Erscheinungstermin: 21. September 2012 Spieldauer: 393 Minuten
Als begeisterter Krimi-Fan habe ich lange auf eine Veröffentlichung der Filme um den Detektiv Weber gewartet. Einige Fälle habe ich in meiner Jugend als Buch gelesen, allerdings nie die Gelegenheit gehabt, die fast legendären Mehrteiler des DDR-Fernsehens zu sehen, die dort wohl ähnliche Einschaltquoten mit sich brachten wie die Durbridge-Filme im Westen.
Und ich wurde nicht enttäuscht! Es geht gleich von Anfang an zur Sache: wir erleben eine rasante Verfolgungsfahrt, bei der Weber aus dem fahrenden Auto heraus auf den Wagen des Flüchtenden schießt und das Auto die Böschung hinab saust. Es handelt sich um das Ende des Films, das wird aus dem off-Kommentar des Erzählers Weber klar. Überwiegend aus seiner Sicht erzählt der Zweiteiler eine spannende Kriminalgeschichte aus Westdeutschland, deren realer Hintergrund der Contergan-Skandal bildet. Mit den für die politischen Verhältnisse in der DDR üblichen kapitalismuskritischen Seitenhieben wird die Geschichte eines verwickelten Kriminalfalles erzählt, der bis in die Zeit des sog. 3. Reiches zurück reicht. Die Auflösung ist einigermaßen überraschend, auch wenn man den Täter möglicherweise aufgrund der Erzählweise des Films in Verdacht hat. Mehr möchte ich zur Handlung nicht verraten.
Wenn man den (frühen) DDR-Krimis ja Vieles nachsagen konnte, ein flotter Erzählstil gehörte sicher nicht dazu. Umso mehr überzeugt dieser Film aus dem Jahr 1963 daher genau mit seiner Geschwindigkeit, die freilich gemächlich ist verglichen mit der heutigen Zeit. Ein Schwachpunkt von DDR-Filmen, die im westlichen Aussland spielten, war die Ausstattung. Zwar sind diverse Autos zu sehen, auch die Kleidung wirkt modern und westlich, die Wohnungen und Häuser der "guten Gesellschaft" erinnern in der Ausstattung und dem Mobiliar doch teils an realsozialistische Tristesse. Auch die Fahrten über die Autobahnen mit dem holprigen Belag vermag nicht zu überzeugen. Die szenische Optik, der filmische Aufbau sind stark an die zur gleichen Zeit im Westfernsehen gezeigten Unterhaltungsfilme angelehnt. Es gibt die verruchte Bar mit der singenden Inhaberin, Pokerszenen, Treffen in Restaurants, es gibt den bärbeißigen Kommissar, der vor den Vorgesetzten kuscht, den jungen Wilden (Weber), der auch auf eigene Faust ermittelt, eine Liebeshandlung nebst happy end ...
Im Gegensatz zu den vom Label Icestorm herausgegebenen DEFA-Krimis hat sich ard-Video die Mühe gemacht, die Filme vor der VÖ neu abzutasten, was sich gelohnt hat. Das Bild schwankt in der Qualität nur mäßig, der Ton (Mono, 2.0) ist ordentlich. Als Zugabe gibt es den aktuellen Straßenfeger-Trailer sowie ein Interview mit dem Autor und Hauptdarsteller, Werner Toelcke.Einen minimalen Abzug bekommt die DVD-Box für ihre geringe Laufzeit. Die beiden Serien mit ihren insgesamt 5 Teilen und ca. 390 min. hätten bequem auf zwei DVD-Scheiben gepaßt (wie Weltbild mit der der gerade gestarteten Sammler-Edition DDR-Krimis gezeigt hat). Dafür sind die gut 30€, die in den meisten Shops dafür verlangt werden, recht heftig.
Da ich momentan den zweiten Film noch nicht gesehen habe, werde ich mich dazu nicht äußern. Ich gehe jedoch davon aus, daß die Qualität mind. die gleiche ist. Ich hoffe, trotz der minimalen Einschränkungen, daß ard-Video fortsetzt und weitere Toelcke-Filme herausbringt!
4,5 von 5 Punkten
In Anlehnung an Gubanov: Produkt zum Film: Das Medikament Contergan - ein bis 1961 in der Bundesrepublik millionenfach verkauftes Schlaf- und Beruhigungsmittel, welches durch seine nervenschädigende Wirkung gerade beim menschlichen Fötus den schwersten Medikamentenskandal der BRD verursachte. 1970 wurde der Prozeß wegen "Geringfügigkeit" eingestellt. Lt. Bundesverband Contergangeschädigter kamen in Deutschland ca. 5000 betroffene Kinder zur Welt. Erst 46 Jahre nach Bekanntwerden der schädigenden Wirkung kam es durch die geballte Medienpräsenz des Themas durch den 50. Jahrestag der Markteinführung von Contergan und den Fernsehzweiteiler "Contergan" im ZDF kurz darauf zu ersten Gesprächen am 7. Dezember 2007 zwischen Grünenthal und dem Bundesverband der Contergangeschädigten. (Quelle: Wikipedia)
"Tote reden nicht" ist sicherlich ein gelungener Krimizweiteiler mit sehr ernstem Hintergrund. Dass westdeutsche Polizeiwägen durch ostdeutsche Fahrzeuge und die Autobahnen durch gepflasterte Straßen ersetzt werden mussten, kann man der Produktion nachsehen. Interessant ist ja auch, dass der Darsteller des Kommissars während der Dreharbeiten verstarb und man gewaltig tricksen musste, um die Aufnahmen verwenden zu können (Werner Toelcke erzählt davon ja im Bonusinterview).
"Botschafter morden nicht" ist sicherlich auch kein schlechter Beitrag, etwas langsam, aber mit einem tollen Soundtrack und doch einigen Überraschungen samt Cliffhangern.