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Dieses Thema hat 16 Antworten
und wurde 3.562 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker national
Seiten 1 | 2
Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

12.01.2013 14:10
Die beliebtesten Fernsehkrimis der DDR Zitat · Antworten

Als „Die beliebtesten Fernsehkrimis der DDR“ bewirbt Weltbild zur Zeit seine Sammler-Edition mit Titeln wie „Gefährliche Fahndung“, „Polizeiruf 110“, „Blaulicht“ oder „Der Staatsanwalt hat das Wort“. Da diese und andere Produktionen potenziell auch für das Forum nicht uninteressant sind, soll dieses Thema den bestehenden DEFA-und-DDR-Krimi-Thread um eine Möglichkeit zur Diskussion von TV-Serien und -Episoden ergänzen. Es sei auch auf die bereits besprochenen TV-Produktionen hingewiesen, die sich in dem anderen Themenstrang finden lassen und die Titel „Gelb ist nicht nur die Farbe der Sonne“, ursprünglich für die Serie „Polizeiruf 110“ geplant, sowie die Mehrteiler „Tote reden nicht“ und „Botschafter morden nicht“ umfassen.



Beginnen möchte ich mit „Blaulicht“. Diese Reihe umfasste 29 Episoden, von denen zwei (Nummern 9 und 18) als Doppelfolgen angelegt waren, sodass man manchmal auch von 31 Folgen lesen kann. Nicht alle von ihnen sind erhalten; einige existieren nur noch in Form des Original-Drehbuchs. Auf DVD erschienen sind bisher #4, #6, #7, #8 und #9.1 / #9.2. Hier eine Übersicht:

#01, 20.08.1959: Tunnel an der Grenze
#02, 15.10.1959: Zweimal gestorben
#03, 10.12.1959: Mädchen in Zelle 7
#04, 14.01.1960: Kippentütchen
#05, 10.03.1960: Das perfekte Alibi
#06, 21.04.1960: Ein gewisser Herr Hügi
#07, 24.05.1960: Waggon 27-14-44 G
#08, 28.07.1960: Die Butterhexe
##09.1, 15.10.1960: Der Kindermörder, Teil 1
##09.2, 16.10.1960: Der Kindermörder, Teil 2
#10, 08.12.1960: Splitter

#11, 22.01.1961: Gardez!
#12, 19.03.1961: Brandnacht
#13, 12.11.1961: Antiquitäten
#14, 10.12.1961: Die Meute
#15, 15.02.1962: Das Gitter
#16, 15.04.1962: Bitte um mildernde Umstände
#17, 14.06.1962: Schwarzes Benzin
##18.1, 23.03.1963: Heißes Geld, Teil 1
##18.2, 24.03.1963: Heißes Geld, Teil 2
#19, 15.05.1963: In vierundzwanzig Stunden
#20, 27.10.1963: Wunder wiederholen sich nicht

#21, 29.12.1963: Kümmelblättchen
#22, 28.05.1964: Prozess Jutta H.
#23, 18.10.1964: Freizügigkeitsverkehr
#24, 01.07.1965: Auftrag Mord
#25, 25.06.1966: Ein Mann zuviel
#26, 13.11.1966: Maskenball
#27, 27.03.1967: Der vierte Mann
#28, 02.12.1967: Nachtstreife
#29, 27.10.1968: Leichenfund im Jagen 14

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

12.01.2013 15:45
#2 RE: Die beliebtesten Fernsehkrimis der DDR Zitat · Antworten



Blaulicht: Kippentütchen
Episode 4 der TV-Kriminalserie, DDR 1960. Regie: Hans-Joachim Hildebrandt. Drehbuch: Günter Prodöhl. Hauptdarsteller: Bruno Carstens (Oberleutnant Bruno Wernicke), Alexander Papendiek (Leutnant Alexander Thomas), Horst Torka (VP-Meister Horst Timm), Werner Senftleben (Staatsanwalt Siebert). In den Gastrollen: Peter Dommisch, Gerhard Rachold, Peter Friedrich, Ortfried Knorr, Vera Gürnt, Friedrich Teitge, Frank Michaelis, Wolfgang Kammerer u.a. Erstsendung: 14. Januar 1960.

Zitat von Blaulicht: Kippentütchen
In einer Schrebergartenkolonie wird ein Mord begangen: Ein unbekannter Täter, der Holzpantinen trägt und ein Kippentütchen raucht, erschlägt heimtückisch eine alte Frau, um ihr Erspartes zu rauben. Unter Verdacht geraten der Neffe der Toten und dessen Clique, die sich uneins darüber ist, ob sie der Polizei helfen sollte oder nicht. Einige Mitglieder bringen die VP-Beamten auf eine heiße Spur: In den Überresten einer gesprengten Bunkeranlage findet man Hinweise auf den Mörder ...


Gestatten, sein Name ist Wernicke. Die erste DDR-Krimiserie „Blaulicht“ verfügte bereits seit ihren Anfängen im Jahr 1959 über stets wiederkehrende Hauptdarsteller, von denen der zunächst verschlafene, aber – erst einmal mit einem Fall konfrontiert – dann doch hellwache Oberleutnant die führende Rolle einnimmt, während ihm Leutnant Thomas und VP-Meister Timm in diesen oder jenen Fragen (Laborerkenntnisse, Spurensicherung etc.) zuarbeiten. Es ist verwunderlich, warum die BRD für ihren ersten kontinuierlichen Serienermittler zwei Jahre länger benötigte, möchte man die Idee, die durch Mehrteiler bereits gut etabliert war, als nicht sonderlich abwegig einschätzen.
Bruno Wernicke erhält von Namensvetter Bruno Carstens (alle Hauptdarsteller durften ihren echten Vornamen in die Serie mitnehmen) sehr menschliche Züge: Ein Familienvater ist er, lebt in Eintracht mit Frau und Sohn, arbeitet hartnäckig in seinem Beruf und ist in diesem zwar erfahren, aber noch nicht so lange beschäftigt, um zu einem alten Schreibtischtäter verkommen zu sein oder gar etwas mit der braunen Vergangenheit zu tun zu haben. So viel weiß man nach der Folge „Kippentütchen“, die in der ursprünglichen Ausstrahlungsreihenfolge an vierter Stelle stand, sich aber gut als Einstieg in die Welt des „Blaulichts“ eignet. Sie zeigt deutlich, was den Fernsehautoren und -redakteuren im Osten wichtig erschien: einen spannenden Fall zeichnen mit Mord, unheimlichen Nachtaufnahmen, vielen Verdächtigen, Whodunit und glänzenden Kombinationen – aber nebenbei auch das ideale Zusammenleben im Staat schildern. Die Polizei sieht sich damit nicht nur in der Pflicht, ein Verbrechen aufzuklären, sondern auch eine Gruppe trinkender und West-Jeans tragender Rocker auf den rechten Weg zurückzuführen und sie mit der Jugendorganisation FDJ auszusöhnen, von der sie sich abgewandt haben.
Das in der Folge geschilderte Tötungsdelikt bleibt weitgehend ideologiefrei, entwickelt aber auch nur marginales Interesse, das erhoffen lässt, dass sich weitere Folgen noch mehr ins Zeug legen. Opfer und Umgebung bleiben tief in der Kleinbürgerlichkeit verwurzelt. Immerhin geben sie so dem Berliner Dialekt fast durchgängig eine prominente Bühne. Momente sich andeutender Genialität, in denen die Ermittler an Vorbilder wie Sherlock Holmes erinnern, dringen von Zeit zu Zeit dennoch durch und befriedigen den Zuschauer: Die kluge Kombination, die mit dem Zigarettentütchen und den Wetterverhältnissen der Mordnacht zusammenhängt, verweist ebenso auf die deduktiven Fähigkeiten des englischen Pfeifenträgers wie die Sequenz mit dem Spürhund „Greif“, der sich als treuer Gefährte auf der Suche nach Indizien beweist.

Einschätzung: 3,5 von 5 Punkten
Kleine Ortskunde der DDR: Berlin-Mahlsdorf.
Heute im Bezirk Marzahn-Hellersdorf im Osten der Bundeshauptstadt gelegen, wurde Mahlsdorf bereits im 13. Jahrhundert gegründet. Die DDR-Zeit erlebte der Stadtteil also nur als kurze Episode, was sich auch darin niederschlug, dass er im Gegensatz zu seinen Nachbarn von Plattenbauvierteln weitgehend verschont blieb. Aufgelockerte Wohnbebauung dominiert Mahlsdorf ebenso wie die besondere Landschaftsform des Berliner Balkons, einer eiszeitlichen Landschaftskante an der Ortsteilgrenze zu Kaulsdorf. In dem Fall vom „Kippentütchen“ spielen eine Kleingartenanlage sowie die Entfernungen von Mahlsdorf nach Schöneweide und in die Innenstadt eine Rolle.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

13.01.2013 15:00
#3 RE: Die beliebtesten Fernsehkrimis der DDR Zitat · Antworten



Blaulicht: Ein gewisser Herr Hügi
Episode 6 der TV-Kriminalserie, DDR 1960. Regie: Hans-Joachim Hildebrandt. Drehbuch: Günter Prodöhl. Hauptdarsteller: Bruno Carstens (Oberleutnant Bruno Wernicke), Alexander Papendiek (Leutnant Alexander Thomas), Horst Torka (VP-Meister Horst Timm), Werner Senftleben (Staatsanwalt Siebert). In den Gastrollen: Gerhard Schinschke, Edith Volkmann, Inge Herbrecht, Brigitte Lindenberg, Gaby Jäh-Hoffmann, Gerti Pfab, Erich Gutte, Ursula Rank u.a. Erstsendung: 21. April 1960.

Zitat von Blaulicht: Ein gewisser Herr Hügi
Er behauptet, er käme aus der Schweiz und suche eine Frau fürs Leben. Dabei hat Herr Hügi es nur auf das Geld der Jungfern abgesehen, denen er Honig um den Mund schmiert. Nachdem er eine Zahnärztin auf dem Standesamt sitzen lässt, wendet sich deren Vater an die Polizei, damit dem Heiratsschwindler das Handwerk gelegt wird. Bruno Wernicke und seine Kollegen nehmen die Spur auf und verfolgen sie bis nach Warnemünde.


Die sumpfigen Gartenpfade des Proletariats verlässt Folge 6, bei der der Titel „Ein gewisser Herr Hügi“ bereits unverwunden verrät, mit welchem Vergehen sich die Polizisten Wernicke, Thomas und Timm zu beschäftigen haben. Und obwohl Heiratsschwindel bei weitem kein so schlimmes Verbrechen wie Mord ist, so übt es doch in Roman-, Film- oder Fernsehstoffen immer und immer wieder eine gewisse Faszination aus, die mit dem Enttäuschen bösartig hervorgerufener Erwartungen, mit dem unmittelbaren Profit aus dem Leiden anderer und der klassischen Rollenkonstellation von Mann und Frau zusammenhängt. Letztere bleibt zwar in dieser Produktion in ihrer traditionellen Ausformung erhalten – der Mann als abstoßender, aber überlegener Planer, die Frau als naives, hilfsbedürftiges Geschöpf –, wird aber durch die Fortschrittlichkeit der DDR in puncto Gleichberechtigung der Geschlechter stellenweise immerhin aufgelockert. Die Frauen, die dem Heiratsschwindler Hügi zum Opfer fallen, sind keine reichen Justizialratswitwen, die ihr Lebtag lang nichts anderes getan haben, als respektabel auszusehen, sondern stehen fest im Berufsleben und erarbeiten sich das Vermögen, dessentwegen sie Herrn Hügi so begehrenswert erscheinen, selbst. Zahnärztin ist die eine, eine Pension leitet die andere. Erinnern wir uns an „Kippentütchen“ zurück, so kommt uns sogar eine weibliche Polizeimedizinerin in den Sinn.
Auch wenn sich die Handlung recht gediegen anlässt und weitgehend ohne nennenswerte Spannung auskommt, so erhalten die vergifteten Komplimente, denen man lange Zeit zuhört, doch durch die geschickte Verkörperung Gerhard Schinschkes eine ansprechende Qualität. Sie lassen sogar darüber hinwegsehen, wenn sich einmal der Schatten eines Mikrofongalgens weit ins Bild hineinbewegt und in aller Ruhe dort zum Nebendarsteller wird. Das „Blaulicht“-Team scheute sich – hier mag man fast Vergleiche mit dem „Kriminalmuseum“ ziehen – auch nicht, einen manchmal fast schon skurrilen Humor einfließen zu lassen, der es diesmal auf eine wenig einnehmende Pirnaerin mit entsprechendem Mundwerk abgesehen hat. Ihr ist es zu verdanken, dass Leutnant Thomas diesmal sogar höchstselbst verhaftet wird ...
Was Eisenbahnfreunden gefallen und Geografen verwundern wird, ist, dass für den zu Beginn der Episode zu sehenden Expresszug von Berlin-Ostbahnhof nach München nicht nur Aufnahmen vom Anfangsbahnhof, sondern auch in der Station Zoologischer Garten auf Westberliner Territorium gemacht worden sind. Dass dies 1960 für den DFF noch möglich war, erstaunt mich und lässt leise Zweifel aufkommen, ob es sich bei der fraglichen Einstellung nicht vielleicht um eine geschickte Vorspiegelung falscher Tatsachen handelt. Ganz unpassend wäre das ja nicht, nicht wahr Herr Hügi?

Einschätzung: 4 von 5 Punkten
Kleine Ortskunde der DDR: Warnemünde.
Das Seebad, das seit 1323 zur Hafenstadt Rostock gehört, liegt an der Mündung der Warnow in die Ostsee. Die malerischen Häuschen des Vöörreeg und Achterreeg bieten nicht nur fürs „Blaulicht“ eine ansehnliche Kulisse – jährlich zieht die Warnemünder Woche, der drittgrößte Segelwettbewerb Deutschlands, 2000 Segler und über eine halbe Million Besucher an. Während der deutsch-deutschen Teilung nutzten zwei Segler die Törns zur Republikflucht.

Billyboy03 Offline




Beiträge: 714

16.01.2013 22:36
#4 RE: Die beliebtesten Fernsehkrimis der DDR Zitat · Antworten

Danke für die Einblicke. Habe die Doppel-DVD inzwischen auch erhalten, komme aber nicht richtig zum Gucken, der Zeit wegen.

BillyBoy03

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

17.01.2013 14:25
#5 RE: Die beliebtesten Fernsehkrimis der DDR Zitat · Antworten

Das Buch "Der deutsche Fernsehkrimi" (Brück, Guder, Viehoff und Wehn) aus dem Verlag J.B. Metzler widmet der DDR-Serie "Blaulicht" ein eigenes Kapitel und schreibt u.a.: "Während sich die Darstellung von Kriminalität in der Westreihe "Stahlnetz" vollständig auf die Bundesrepublik bezog, griff "Blaulicht" Kriminalität auf, die sich aus der Teilung Deutschlands ergab. Die Wurzeln der Verbrechen lagen in der ersten Staffel, die bis 1961 lief, grundsätzlich in Westberlin. [...] Aufschlussreich ist, dass in "Blaulicht" die deutsch-deutsche Grenze zwar gezeigt und erwähnt wurde, die Mauer aber weder optisch noch verbal eine Rolle spielte. Wurden auch Grenzübergänge, Kontrollen an diesen Punkten und vergitterte Abwasserkanäle gezeigt, die Mauer blieb ein Tabu." (Seiten 34-36)

Georg Offline




Beiträge: 3.263

17.01.2013 19:56
#6 RE: Die beliebtesten Fernsehkrimis der DDR Zitat · Antworten

Dazu auch ein Auszug aus dem interessanten über 41seitigen Artikel "Das Kriminalgenre im Fernsehen der DDR" von Andrea Gunder (pp. 11-13). Das Kapitel II.2. widmet sich der Serie Blaulicht.

Zitat
Ein Jahr später beginnt eine Reihe im DDR-Fernsehen, die - ob Zufall oder nicht - der west-deutschen Krimireihe Stahlnetz auf dem Fuße folgt : Blaulicht. Aus der Arbeit unserer Kri-minalpolizei. Die erste Episode Tunnel an der Grenze wird am 20.08.1958 gesendet. Bis zum 27.10.1968 strahlt das Fernsehen 29 Folgen aus. Sendeplatz ist zuerst der Donnerstag¬abend 20.15 Uhr, nach Vorverlegung der Aktuellen Kamera 20.00 Uhr. Ab 1961 erfolgt die Ausstrahlung sonntags 20.00 Uhr.
Die Idee zu dieser Reihe stammt vom Schriftsteller Günter Prodöhl, der von Beginn an mit dem Regisseur Hans-Joachim Hildebrandt zusammenarbeitet. Ideen für die Sendungen ent-stammen Prodöhls langjähriger Tätigkeit als Gerichtsreporter. Auf der Grundlage authentischer Fälle, die in Berlin angesiedelt sind und auf die spezifische Situation der geteilten Stadt einge¬hen, läßt der Autor das Kriminalistenkollektiv Oberleutnant bzw. später Hauptmann Wernicke (Bruno Carstens), (Ober-)Leutnant Thomas (Alexander Papendieck), VP-Meister bzw. Leut¬nant Timm (Horst Torka) ermitteln.
Über das Anliegen der Sendereihe gibt ein Konzeptionspapier Auskunft, das die Dramatur-gin Evelyn Heyden-Kirst 1959 verfaßt : Man will dem "speziellen Publikumsinteresse an Kriminalspielen entsprechen", jedoch "Spannung mit anderen Mitteln" als "Nervenkitzel", Action usw. erzeugen. Um verbrechensvorbeugend und -aufklärend wirken zu können, muß die "Zusammenarbeit zwischen Kriminalpolizei und Bevölkerung bei der Verhinderung und Aufklärung von Verbrechen" verbessert werden. In Anbetracht der politischen Situation Ber-lins Ende der fünfziger Jahre ist es nicht verwunderlich, daß die Frage 'Welche Kriminalität ergibt sich aus der Teilung Deutschlands?' den thematischen Schwerpunkt der Reihe bildet und dabei die Wurzeln der Verbrechen, die in Blaulicht begangen werden, zumeist in Westber¬lin liegen. Beispiele für das Aufgreifen grenzüberschreitender Kriminalität sind folgende Episoden:
• Fall eines Heiratsschwindlers - eines Schweizers - der seine Opfer in der DDR sucht (Ein gewisser Herr Hügi, 21.04.1960);
• Fall von Warendiebstahl aus plombierten Güterwagen, in den ein Westberliner Paar verwic-kelt ist (Waggon G 27144, 24.05.1960);
• Westberliner Trickbetrügerin, die sich als Mitarbeiterin des Sozialamtes ausgibt und ältere Menschen übervorteilt, verlagert ihr Betätigungsfeld in den Ostteil der Stadt (Die Butterhe-xe, 28.07.1960);
• Der Westberliner Polizei gelingt es nicht, einen Kindermörder zu fassen, ein weiterer Kin-dermord geschieht im Ostsektor. (Kindermörder, 15./16.10.1960);
• Ost-West-Schiebereien mit Autos, initiiert von Westberliner Kriminellen, diesmal zusammen mit einem Franzosen, der sich als Mitarbeiter der Militärregierung ausgibt (Gardez!, 22.01.1961);
• Menschenschmuggel des Westberliner Geheimdienstes führt zu einem Mord (Auftrag Mord, 01.07.1965).
Auffällig ist dabei die Betonung der Unfähigkeit, ja gar Korruption, der Westberliner Be-hörden und der Überlegenheit der Volkspolizei im sogenannten demokratischen Sektor. In der Programmzeitschrift Funk und Fernsehen der DDR wird der Inhalt der Episode Butterhexe folgendermaßen beschrieben: "Jahrelang blieb sie unentdeckt, obwohl nach Hunderten von Fällen genaue Personenbeschreibungen über sie vorlagen, obwohl die Stumm-Polizei nach ihr fahndete." Erst als die Betrügerin im Ostteil der Stadt agiert, wird sie gefaßt. In Kindermör-der ist die Westberliner Kripo nicht in der Lage drei Morde aufzuklären, die Westberliner Ju-stiz verurteilt einen Unschuldigen, erst ein Mord im Ostsektor der Stadt und die Ermittlungen des VP-Kollektivs um Hauptmann Wernicke führen zur Ergreifung des Täters. Die erste Staffel (12 Folgen) spielt in Berlin. Mit dem Start der zweiten Staffel (12.11.1961), die sechs Episoden umfaßt, verlassen die Blaulicht-Ermittler die Hauptstadt und klären Fälle in Leipzig und an der Ostseeküste. Thematisch bleibt jedoch die Beschäftigung mit grenzüberschreiten-der Kriminalität bestimmend. So geht es in der 13. Episode Antiquitäten um die illegale Aus-fuhr von Kunstschätzen der DDR, organisiert durch einen westdeutschen Auktionator. Und - ähnlich der ersten Staffel - wird auch hier die westdeutsche Polizei der Unfähigkeit überführt: In der Episode Schwarzes Benzin (14.06.1962) sind es Volkspolizisten, die den Mord an einem Tankstellenbesitzer in Wetzlar aufklären.
Die Reaktion der Zuschauer ist überwiegend positiv. Laut einer Untersuchung der Abtei-lung Außenverbindung (Vorläuferin der Zuschauerforschung) des Deutschen Fernsehfunks antworteten auf die Frage
• Sehen Sie die Sendereihe Blaulicht regelmäßig?
76,4 % der Befragten mit ja
23,6 % der Befragten mit nein.
• Auf die Frage, wie ihnen die Sendung gefiele, antworteten mit
sehr gut 45,1 %
gut 54 %
befriedigend 0,9 %.
Trotz der "einzigartigen Resonanz bei einem Publikum aller Schichten und Altersstufen" , der positiven Resonanz in der Programmzeitschrift , der offiziellen Anerkennung der Blau-licht-Macher durch das Ministerium des Innern (Verleihung des Ehrenzeichens der Deutschen Volkspolizei) verschlechtern sich die Arbeitsbedingungen für das Blaulicht-Team. Nach Aus-sage der Dramaturgin Heyden-Kirst führt ein Mangel an geeigneten Stoffen zur Einstellung. Das Reservoir, aus dem Autor Prodöhl aus seiner Zeit als Gerichtsreporter schöpft, geht zur Neige und der gesellschaftliche Partner, das Ministerium des Innern, ist nicht bereit, neues Material zu liefern. 1964, 1966 und 1967 werden nur je zwei Folgen ausgestrahlt, 1965 gar nur eine. Die Reihe endet 1968.
In der Frühzeit des DDR-Fernsehens - in den fünfziger und bis Mitte der sechziger Jahre - ist die fik¬tionale Darstellung von Kriminalität also geprägt von folgenden Erklärungsstrategien: Beim Fernsehpitaval ist Kriminalität ein historisches Phänomen und zugleich ein Charakteristikum anderer, überholter Gesellschaftsformen (Kaiserreich, Weimarer Republik, aber auch der Ge¬sellschaftsform der BRD). In der Reihe Blaulicht ist Kriminalität ein aus der BRD und West-Berlin 'importiertes' Phänomen. Gemeinsam ist diesen beiden Erklärungszusammenhängen, daß sie Ursachen von Kriminalität, ob historisch und/oder räumlich, außerhalb der DDR-Gesell¬schaft verorten. Mit der Abgrenzung der DDR durch den Bau der Berliner Mauer steht zumin¬dest die letztere Erklärungsstrategie auf dem Prüfstein. Der Weiterbestand grenzüberschreiten¬der Kriminalität - so Klaus 1992 - hätte "staatliche Ohnmacht" impliziert und "letztlich den Mauerbau diskreditiert". Doch ist es tatsächlich so, daß mit dem Bau der Mauer im August 1961 der grenzüberschreitenden Kriminalität im Fernsehen ein Ende gesetzt wird?

Billyboy03 Offline




Beiträge: 714

10.11.2013 13:33
#7 Die beliebtesten Fernsehkrimis der DDR Zitat · Antworten

Blaulicht (Box 1) erscheint!!!

Soeben auf Amazon angekündigt:

Produktinformation

Darsteller: Bruno Carstens, Alexander Papendiek, Horst Torka, Werner Senftleben, Peter Dommisch
Regisseur(e): Hans-Jürgen Hildebrandt, Werner Noack, Norbert Buechner, Manfred Mosblech
Format: Dolby, PAL
Anzahl Disks: 2
FSK: Freigegeben ab 12 Jahren
Studio: Studio Hamburg Enterprises (AL!VE)
Erscheinungstermin: 24. Januar 2014
Spieldauer: 277 Minuten

Kurzbeschreibung
Die DDR-Variante von STAHLNETZ und Vorläufer von POLIZEIRUF 110 erstmals auf DVD!

Blaulicht , zwischen 1959 und 1968 ausgestrahlt und Vorläufer des populären Polizeirufs 110 , ist der Titel einer Krimireihe des Fernsehens der DDR, deren Folgen auf aktenkundigen Kriminalfällen beruhten. Die Reihe war die Antwort des DDR-Fernsehens auf die ein Jahr zuvor in der Bundesrepublik erfolgreich gestartete Reihe Stahlnetz . Blaulicht hatte einen vergleichbaren Erfolg im DDR-Fernsehen. Die feste Gruppe von Ermittlern - Hauptmann Wernicke (Bruno Carstens), Oberleutnant Thomas (Alexander Papendiek) und Leutnant Timm (Horst Torka) - war die erste dieser Art im deutschen Fernsehen. Bis auf wenige Ausnahmen wurden die Blaulicht -Folgen als Live-Sendungen produziert! Für die eingängige Titelmusik bediente man sich der Melodie der US-Fernsehserie Peter Gunn (1958 1961) von Henry Mancini.

Von den 29 produzierten Folgen sind nur 23 vollständig erhalten.

Folge 2 - Zweimal gestorben
Folge 4 - Kippentütchen
Folge 6 - Ein gewisser Herr Huegi
Folge 7 - Waggon 27 - 14 44 G

Das Cover zeigt relativ scharfe Filmbilder, hoffentlich wurden die Folgen inzwischen digital restauriert. In der Weltbild-Ausgabe ist das nicht der Fall, die Qualität der Aufnahmen läßt da arg zu wünschen übrig. Dort bekommt man 6 Folgen auf 2 DVDs für ca. 15 Euro.
Man hat sich vermutlich entschlossen, die 23 vorhandenen Teile (21 x eine Folge, 1 x Zweiteiler) auf 6 Boxen a zwei DVDs zu verteilen. 2 Filme pro DVD erscheinen mir eichlich verschwenderisch, die Laufzeit eines Teils liegt i.d.R. bei ca. 70 min.

BillyBoy03

Editiert von Gubanov am 10.11.2013, 13.45 Uhr - Beitrag in passenden Thread verschoben

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

10.11.2013 13:51
#8 RE: Die beliebtesten Fernsehkrimis der DDR Zitat · Antworten

Kann mich deinem Tenor nur anschließen: Grundlegend ist die Veröffentlichung zu begrüßen, und sie ist auch eine logische Konsequenz der verstärkten TV-Krimi-Auswertungen in den letzten Jahren. Ob ich nochmal zugreife, weiß ich noch nicht, weil ich aus der Weltbild-Edition noch einige ungesehene Folgen herumliegen habe. Ich stimme dir außerdem auch zu, dass die Auswertung nicht so hätte aufgebläht werden müssen. Ein typisches Problem bei uns interessierenden TV-Produktionen. Man käme meist mit deutlich weniger DVDs aus, dann könnten die Labels ihre Preise aber nicht rechtfertigen (letzte Beispiele z.B. Stahlnetz, uWanninger). Eine einzige 8-DVD-Box hätte völlig ausgereicht.

Hier das Vorabcover für die erste Box. Ich frage mich, wie man auf die darauf abgebildeten Jahreszahlen kommt.



Aus der Bildqualität des Covers kann man indes nicht auf die Bildqualität der DVDs schließen. Benutzt man die Zoomfunktion bei Amazon, sieht man, dass es sich bei den verwendeten Bildern nicht um Filmscreenshots handeln kann - bei der Auflösung müssen es Pressefotos sein.

Georg Offline




Beiträge: 3.263

10.11.2013 18:51
#9 RE: Die beliebtesten Fernsehkrimis der DDR Zitat · Antworten

Auf dem Cover ist auch ein Fehler - Box 01 - 1965-1971?!?!
Grundsätzlich eine tolle Veröffentlichung, soviele Boxen daraus zu machen ist aber wirklich übertrieben. Ist schon ein Preis bekannt?

Billyboy03 Offline




Beiträge: 714

12.11.2013 18:29
#10 RE: Die beliebtesten Fernsehkrimis der DDR Zitat · Antworten

Soll am 24.01.2014 lieferbar sein und steht mom. für 18,99 Euro bei Amazon.

BillyBoy03

Mark Paxton Offline




Beiträge: 347

31.03.2014 17:26
#11 RE: Die beliebtesten Fernsehkrimis der DDR Zitat · Antworten

Nach "Tod in der Kurve", den ich als angenehmen englischen DDR-Kriminalfilm empfand, kommen bald zwei weitere Krimis aus dem DDR-Fernsehen auf DVD:

"Die letzte Begegnung" (1987)
https://www.ardvideo-shop.de/70-f49149-d...-begegnung.html

Darsteller: Otto Mellies, Ruth Reinecke, Hanns-Michael Schmidt, Arno Wyzniewski, Stefan Lisewski, Gerald Schaale, Walter Plathe, Heide Kipp, Klaus Mertens, Renate Geißler

Klingt nach einer DDR-typischen Spionagegeschichte

"Radiokiller" (1980)
https://www.ardvideo-shop.de/70-f49148-dvd-radiokiller.html

Darsteller: Erik S. Klein, Willi Schrade, Gojko Mitic, Andrzej Konic, Ernst Meincke, Jörg Knochée, Fred Delmare, Wilfried Pucher, Jürgen Zartmann, Katharina Lind

Kann jemand etwas dazu sagen?

Billyboy03 Offline




Beiträge: 714

31.03.2014 17:56
#12 RE: Die beliebtesten Fernsehkrimis der DDR Zitat · Antworten

Ich habe "Radiokiller" als Kind / Jugendlicher im TV gesehen, die Erinnerungen sind allerdings blass. Eine typische, leicht unglaubwürdige Ost-Spionage-Story, sehr stereotyp in der Handlung (böser Westen). Den werde ich mir vermutlich nicht zulegen.
Interessanter ist "Die letzte Begenung", den Film habe ich allerdings (wissentlich) nie gesehen ...

Was "Tod in der Kurve" angeht, stimme ich dir zu. Bis auf ein paar Fehler in der Ausstattung ist er recht flott erzählt und die Systemkritik am Westen ist nicht ganz so plakativ.

BillyBoy03

Billyboy03 Offline




Beiträge: 714

30.05.2014 00:35
#13 RE: Die beliebtesten Fernsehkrimis der DDR Zitat · Antworten

Film abzugeben (weil doppelt vorhanden)

Tod in der Kurve

Guter DDR-TV-Krimi, s/w, whodunit, spielt in England
siehe Die Krimihomepage

Original DVD, einmal gespielt, gern im Tausch gegen eine andere DVD. PN gern an mich.

BillyBoy03

blofeld Offline




Beiträge: 407

30.05.2014 23:03
#14 RE: Die beliebtesten Fernsehkrimis der DDR Zitat · Antworten

Ich hatte während der Wendezeit den Roman "Die letzte Begegnung" von Otto Bonhoff (Das Unsichtbare Visier) gelesen. War der erste DDR-Krimi den ich las. Darum war es auch interessant jetzt einmal die Verfilmung dieses Romans zu sehen. Was mir auffiel war, daß in dem Roman der Ermittler als Offizier des MfS vorgestellt wurde, in der Verfilmung aber eine direkte Nennung des MfS fehlt. Es wird nur mal von der Abwehr geredet. Ein 08/15-Wessi, der den Roman nicht kennt und die Verfilmung sieht, könnte denken hier wäre ein regulärer Ermittler der Kripo der VP tätig.

Billyboy03 Offline




Beiträge: 714

21.06.2014 14:25
#15 RE: Die beliebtesten Fernsehkrimis der DDR Zitat · Antworten

Habe mir inzwischen doch die BLAULICHT-DVDs 1 und 2 zugelegt, obwohl einige Folgen in der Weltbild-Box bereits enthalten sind. Die Preise liegen jetzt bei 15 bis 20 Euro, das dritte Set wird sicher bald ähnlich kosten.
Trotz digitaler Restaurierung bleibt die Bild- und Tonqualität in teilen bescheiden. Das ursprüngliche Material scheint ziemlich schlecht zu sein ...

Zur Serie selber ist ja bereits einiges gesagt worden. Der letzte Film der 2. Box mit dem Titel "Antiquitäten" erscheint mir bemerkenswert. Zum einen thematisiert er recht deutlich die Staatsgrenze der DDR (an der Usedomer Ostseeküste) und zeigt die Arbeit der Grenzpolizei und der Küstenwache (bei der Verfolgung des Täters), zum anderen hört man ein paar despektierliche Bemerkungen zum DDR-Alltag (der Chef der Abteilung ist abwesend, er fungiert als Berater bei der DEFA für die Produktion von Kriminalfilmen, was von seinen Untergebenen mit den Worten kommentiert wird, das sei gewiss kein leichter Job, denn man wisse ja nie, ob der Film freigegeben werde.
Die Handlung bietet spannende Wendungen, man ahnt zwar, wer in den lukrativen Schmuggel mit Antiquitäten verwickelt ist, aber die Auflösung des Mordes auf Usedom bringt doch eine gewisse Überraschung mit sich.
Auch in dem Film "Splitter" gibt es kleine kritische Einsprengsel, so z.B. wenn ein Taxifahrer die mangelnde Funkentstörung seines alten Gefährts damit erklärt, dass es die vorgeschriebenen Entstörer wieder mal nicht zu kaufen gäbe.

Alles in allem atmosphärisch gelungene, solide Krimikost.

DDR-Produkt zum Film: Kunstschiebereein waren nicht allein die Domäne privater Geschäftemacher. Im Film direkt auch benannt, versilberte der Staatliche Kunsthandel der DDR Kunstwerke aus musealen Beständen gegen Devisen in den Westen. Als diese Quellen nahezu ausgeschöpft waren, intensivierte man den Druck auf private Sammler, ihre Sammlungen an den Staat zu verkaufen. Mittels eigens veränderter Steuergesetzgebung wurden zahlreiche Sammler wegen angeblicher Steuerhinterziehung kriminalisiert und deren Besitz konfisziert. Der Bereich Staatlicher Kunsthandel wurde zunehmend vom MfS (Abteilung Kommerzielle Koordinierung KoKo, Leitung Alexander Schalck_Golodkowski) gelenkt. Über private galerien und Kunsthändler im Westen wurden Millionenwerte in den westlichen Kunstmarkt verbracht, um u.a. Embargoprodukte für die DDR-Industrie zu beschaffen, aber auch Konsumprodukte für die Bevölkerung oder die Staatsführung in Wandlitz einzukaufen.

BillyBoy03

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