"Die guten Kritiken ließen jedoch das Publikum kalt. Die Besucherzahlen hielten sich in Grenzen, so dass die CCC bei der Auswertung von einem "Null-Geschäft" sprach und irritiert reagierte, weil man von dem Zbonek-Film durchaus überzeugt gewesen war." (S. 740)
Da mir selbst keine Zahlen vorliegen, habe ich mich auf diese Info verlassen. Sollte diese falsch sein, tut es mir leid. Dir liegen ja offenbar detaillierte Zahlen vor. Sollte der Film also doch ein Erfolg gewesen sein, wäre dies eine gute Nachricht, denn der Film hätte es verdient.
Im Zuge der BEW-Bewerterei habe ich mir nach recht langer Zeit diesen zweiten Edwin-Zbonek-Beitrag zur Reihe mal wieder angesehen. Mit deutlich gestiegener Überzeugung kann ich sagen, dass es sich, verglichen mit seinem famosen Henker, nur um den zweitbesten Beitrag Zboneks zur BEW-Welle handelt. Bewies der Österreicher beim Henker noch ein seltenes Gespür für Timing und Tempo, entglitt ihm selbiges beim Ungeheuer z.T. recht deutlich. Vor allem die erste Hälfte des Ungeheuers ist zu langatmig ausgefallen, als dass es einen an Schwung gewöhten Zuschauer sonderlich mitreißen könnte. Sicherlich ist es nicht zuletzt dem angeblich von Bryan himself überarbeiteten Drehbuch anzulasten, dass die Parallelmontage der realen Dirnenmorde und der von Felmy auf der Bühne erledigten Meucheltaten viel zu ausgeprägt ausfällt. Sonderlich geistreiche Seiten vermag aber auch die Inszenierung diesem Plot in er ersten Hälfte nicht abzuverlangen. Was indes deutlich hervorgehoben werden kann, ist die Kameraarbeit des ansonsten nicht selten für Großproduktionen engagierten Siegfried Hold. Er fand einige wirklich schöne Einstellungen von Licht und Schatten. Hold mühte sich ganz offenbar nach Kräften, auf diesem für ihn eher ungewöhnlichen Terrain nicht hinter Platzhirschen wie Löb oder Angst zurück zu bleiben.
In der zweiten Hälfte kommt der Film dann etwas deutlicher in Fahrt, verpasst jedoch den Schwung eines Henkers nach wie vor. Zwar verlässt das Geschehen den Handlungsort des Theaters nun endlich, bedeutend flüssiger verläuft die Geschichte deswegen dennoch nicht. Der Bodycount bleibt einem Schlitzerfilm gemäß entsprechend hoch. Nur gewinnt der Zuschauer streckenweise ggf. den Eindruck, als habe hinter der Kamera nicht nur der Stab gesessen, sondern auch ein Controller, der überwacht, dass die Mordrate nicht rückläufig wird. Das kennt man zwar prinzipiell von vielen Filmen jener Jahre. Im Falle des Ungeheuers jedoch wirkt die ganze Metzelei irgendwie seltsam aufgesetzt, fast beteiligungslos.
Dass es einmal mehr Dietmar Schönherr trifft, schlussendlich als Übeltäter aus dem Hut gezaubert zu werden, dürfte dem einen oder anderen Zuschauer bereits früh aufgefallen sein. Spätestens sein etwas umständlich gekünsteltes Schreiben mit der linken Hand in Kombination mit der Anschlussszene, in der er als Polizeiarzt seinem ermittelnden Inspektor berichtet, dass die Morde mit der linken Hand ausgeführt werden, sollte zu denken geben. Interessanterweise meine ich wenigstens bei der Mordszene im Auto bemerkt zu haben, dass der Maskenmann mit der rechten Hand das Messer führte. Hannes Felmy und Marianne Koch gehen ansonsten soweit in Ordnung. Auch Fritz Tillman erfüllt seinen Job als lebende falsche Fährte ordentlich. Hans Nielsen hingegen verblasst dann angesichts der ihm im Drehbuch zugedachten Rolle doch etwas. Er muss letztlich wie ein pensionsreifer Versager durch die Geschichte wandeln, die am Ende durch die Identifizierung eines Kindes (!) zur Aufklärung gebracht wird. Als wahres Horrorpärchen entpuppen sich ganz klar Peer Schmidt und Chariklia Baxevanos: Der beiden Darbietung hätte einem Boulevardstück am Berliner Kurfürstendamm eventuell gut zu Gesicht gestanden. Hier jedoch verpassen beide jede Chance, zumindest einigermaßen erträglich zu bleiben!
Logik als solche sollte man in Filmen dieser Art nicht erwarten. Das Ungeheuer trumpft indes diesbezüglich überaus deutlich auf. Da schreibt der moderne Jack the Ripper dem hilflosen Inspektor schon kleine Briefchen mit der Hand und dem Oberpolizisten soll dabei nicht aufgefallen sein, dass es sich um die Handschrift seines eigenen Polizeiarztes handelt? Ebenso fraglich bleibt, warum diese Handschrift obendrein der von Sir George (Fritz Tillmann) stark ähneln soll.
Handwerklich fallen überdies noch einige Probleme auf: In einer Einstellung ist die Studiodecke zu sehen, in einer weiteren kann die Arbeit des Tonmannes in Form eines Schattens verfolgt werden. Bei den Bauten handelt es sich z.T. um Recyclingware aus Henker und Würger, die schon in den Originalfilmen keinen besonders glücklichen Eindruck hinterließen, jedoch an einer Mauer das immerhin sehenswerte Kunststück vollführen, als Backsteine um die Ecke laufen zu können. Mindestens ein Schnittfehler lässt sich zudem ausmachen: Als Sir George des Nächtens aus seinem Haus verschwinden will, wird er dabei von Ann hinter einer Glastür beobachtet. Es erfolgt der Schnitt auf den Hausherren, der genau in die Richtung Anns blickt und dennoch unbehelligt das Haus verlässt, obwohl der Schnitt klar suggeriert, dass er seine Ziehtochter dort hätte gesehen haben müssen.
Noch ein Hinweis zu den Bauten der Außenszenen "Londons": Hierbei handelt es sich um die von F.J. Gottlieb zwei Monate zuvor bereits für das Phantom genutzten Bauten. Lediglich der Schriftzug "Sansibar" aus dem Phantom-Film wurde entfernt.
Lesen sich die obigen Zeilen zusammenfassend wie die Bewertung zu einem höchst mäßigen Film, so muss dies hier im Fazit etwas abgemildert werden. Zboneks Ungeheuer kann seinem eigenen Henker nicht das Wasser reichen. Jedoch handelt es sich nicht um einen schlechten Film. Kann man mit der etwas gemächlicheren Herangehensweise zurecht kommen und stören die Logikfehler dabei nicht, so bekommt man einen durchaus sehenswerten Sixties-Krimi präsentiert. Unter den alles in allem jedoch recht starken BEWs kann er zwangsläufig nur einen Platz im hinteren Feld belegen.
Zitat von DanielL im Beitrag #3 Ebenfalls ist mir gleich die Vielzahl der Goofs aufgefallen: (...) die Hauswände wackeln und teilweise ist die Studiodecke im Bild und dies nicht zu knapp!
Damit meinst du vermutlich die Szenen, die im Theater spielen. Das gehört aber so.
Ich finde den Film im großen und ganzen sehr gut. Ich hätte mir nur statt Fritz Tillmann Walter Rilla gewünscht, der für die Rolle auch eigentlich vorgesehen war.
Der Bryan- Edgar- Wallace- Film „Das Ungeheuer von London City“ von 1964, der ebenso wie der Henker von London eher dunkle und zwielichtige Charaktere vorstellt, thematisiert eine Mordserie in der Manier Jack the Rippers, die London in Atem hält und natürlich die Suche nach dem Täter, für den sich mehrere Personen anbieten. Vorgestellt werden der Schauspieler Richard Sand, schwach gespielt von Hans Jörg Felmy, der wie schon im Henker von London einen kaputten Charakter zum Besten gibt (diesmal einen psychisch labilen Exjunkie). Sand, angeblich ein großer Schauspieler, stellt im Theater Jack the Ripper dar, was ihm offensichtlich emotional sehr zusetzt. Das Stück, das sich laut Film an die historischen Tatsachen hält (Jack the Ripper, entleibt sich selber im Beisein der Polizei mit einem Messer ???????) ist in London ein riesen Aufreger, da die aktuellen Morde mit dem theatralischen Vorbild von der Polizei, vor allem von Inspektor Dorn (Hans Nielsen) in Zusammenhang gebracht werden. Das wirklich skandalöse ist die Maske in der Hans- Jörg-Felmy in diesem Schmierentheater auftritt, das den Zusehern im Film als seriöse Bühne verkauft wird.
Richard Sand, die Erstbesetzung im Poe- Theater
Hier die Zweitbesetzung
Sands Freundin ist Ann Morley (Marianne Koch) die bei ihrem Onkel, dem Parlamentsmitglied Sir George (Fritz Tillmann mit schlecht sitzender Perücke) in gewohnt opulenter schlossartiger Kulisse lebt. Sie war lange Zeit mit ihrem Jugendfreund, dem Polizeiarzt Dr. Greely verbandelt (Dietmar Schönherr), der auch ein Freud von Sand ist. Marianne Koch spielt routiniert, vermag aber keinen Glanzpunkt zu setzten. Fritz Tillmann wirkt unglaublich pompös, da wäre etwas weniger mehr gewesen. Einzig Dietmar Schönherr stellt lebhaft einen glaubwürdigen Charakter dar....... jedenfalls zuerst!
Neben der Polizei bemüht sich noch der Privatdetektiv Teddy Flin (Peer Schmidt) mit seiner Freundin Betty (Chariklika Baxevanos) vergebens um die Aufklärung des Falls. Die beiden bedienen den unvermeidlichen humorigen Teil des Filmes. Peer Schmidt macht dies allerdings ganz sympathisch. Er ist kein Hanswurst wie Chris Howland, was daran liegen mag, dass er ein guter Schauspieler und kein Radiomoderator ist.
Durch den relativ kleinen Kreis möglicher Täter, werden für den Zuschauer Finten gelegt. Da der Mörder mit Gummigaloschen und Kleppermantel bekleidet am Anfang des Film in Erscheinung tritt, muss sich der Zuseher ein ums andere Mal fragen, ob es nicht diese, oder jene gummibestiefelten Füße waren die dem Ungeheuer von London- City gehören. Sir George wird gar mit dem gleichen Mantel versehen, was nicht nur den Filmzuschauer sondern auch seine Nichte auf die falsche Fährte bringt. Sir George ist jedoch lediglich ein alter Schwerenöter, der sich mit einer jungen Frau aus dem horizontalen Gewerbe vergnügt, die ebenfalls Opfer des neuen Rippers wird. Darüber hinaus, besucht er heimlich in der Nervenheilanstalt, einen alten, dem Wahnsinn anheim gefallenen Freund der, ÜBERRASCHUNG, ÜBERRASCHUNG, der irre Vater des ebenfalls irren Polizeiarztes ist, der schlussendlich durch eine Augenzeugin enttarnt werden kann. Der Wahnsinn ist selbstverständlich erblich. Kausale Zusammenhänge dieser Art mögen sich in Krimis oft finden, hier wirkt es aber doch all zu konstruiert.
Mein Fazit: Der Film bleibt sowohl was den Plot, als auch die darstellerischen Leistungen angeht hinter dem Henker von London zurück. Von mir gibt´s deshalb 3 von 5 Punkten
Eigentlich ist es noch zu früh, mich über diesen Film auszulassen, da er in der Besprechungsreihenfolge erst kommt. Ich sehe ihn auch deutlich hinter "Würger", "Henker" und "Phantom", aber trotzdem einigermaßen passabel. Das Komik-Pärchen habe ich eher nervig in Erinnerung. Sehr stark fand ich Böttchers Musik, die mich an den "Fälscher von London" erinnert.
Bryan Edgar Wallace: Das Ungeheuer von London-City (1964)
Regie: Edwin Zbonek
Produktion: CCC-Filmkunst - Artur Brauner, BRD 10.02.1964 bis 16.03.1964
Darsteller: Hansjörg Felmy, Marianne Koch, Dietmar Schönherr, Hans Nielsen, Chariklia Baxevanos, Fritz Tillmann, Walter Pfeil, Peer Schmidt, Kurd Pieritz, Elsa Wagner, Adelheid Hinz, Gerda Blisse, Manfred Grote, Kai Fischer, Gudrun Schmidt
Handlung:
In London sorgt eine grausame Mordserie an Prostituierten, die ganz im Stile von Jack The Ripper verübt wird, für Angst und Schrecken. Zur gleichen Zeit läuft ein Theaterstück, in dem es ebenfalls um den Ripper geht. Die Titelfigur wird von dem Schauspieler Richard Sand gespielt, der dadurch automatisch in Verdacht gerät. Bei einer der Aufführungen wird ihm ein echtes Messer, anstelle einer Requisite, untergejubelt, was beinahe fatale Folgen hat. Der psychisch angeschlagene und ehemals drogensüchtige Sand gerät dadurch völlig aus der Fassung. Die Morde gehen weiter, wobei der Ripper von einem kleinen Mädchen beobachtet wird, das dabei unvorsichtigerweise eine Puppe vor dessen Füsse fallenlässt…
Anmerkungen:
Dieser mittlerweile 4. Streich der BEW-Reihe hat auf der Habenseite einiges zu bieten. Kameraführung, Ausleuchtung, Atmosphäre und Dekor sind hervorragend und setzen die Serie visuell ganz im Stile der Vorgänger fort. Besonders gelungen sind Szenen wie jene, wo der Ripper seinen Schatten auf das arme Opfer wirft. Derartige, offensichtlich vom Stummfilm inspirierte, Einstellungen beschwören eine richtig schöne Grusel-Krimi-Stimmung herauf, an der man sich als Fan kaum sattsehen kann. Gestützt wird das Ganze von Martin Böttchers wunderbarer Musik, die natürlich kaum zu Überbieten ist (zumindest für einen Böttcher-Fan, wie mich). Das Titelthema erinnert sogar ein bisschen an jenes von „Der Fälscher von London“.
Leider hält der Streifen im weiteren Verlauf nicht, was er verspricht, schleichen sich doch einige unnötige Längen ein. Der Schluss mit der Aufdeckung des Täters wirkt recht plump und holprig. Wie bereits beim „Henker von London“ wurde auch hier ein psychologischer Hintergrund für die Taten eingebracht, welcher am Ende dem Zuseher erklärt wird. Ganz im Gegensatz zum Henker wirkt das Ganze allerdings viel zu konstruiert, an den Haaren herbeigezogen und wenig überzeugend. Durch den Umstand, dass eine erworbene Geisteskrankheit weitervererbt worden sein sollte, wird das Publikum geradezu für dumm verkauft. Auch lässt dies wohl jeden in der Erblehre nur einigermaßen kundigen die Haare raufen.
Das von Peer Schmidt (1926-2010) und Chariklia Baxevanos (geb.1936) dargestellte Pärchen bedient den Comedy-Part und nervt dabei mit seinem Herumgealbere derart, dass die düstere Stimmung, welche die für damalige Verhältnisse recht brutalen Verbrechen des Rippers heraufbeschwören, zeitweise regelrecht kaputtgemacht wird. Die beiden hätten in einen Film in Stile von „Ohne Krimi geht die Mimi nie in’s Bett“ abgeschoben gehört, was diesem Streifen sicher einigen Schaden erspart hätte. Besonders offensichtlich wird der Mischmasch nicht zusammenpassender Stilelemente bei dem Mord an dem Dienstmädchen. Diesem geht eine, an einen Klamauk-Film erinnernde, Rangelei voraus, die nicht nur Fehl am Platz, sondern geradezu peinlich ist. Dabei scheint Zbonek wirklich jegliches Feingefühl dafür abhandengekommen zu sein, wie weit er gehen kann. War es doch gerade der zurückhaltende Humor, der die BEW-Filmen in Verbindung mit den düsteren Tabuthemen so auszeichnete, wurde hier überflüssigen Albernheiten viel zu viel Raum gegeben. Der Ripper selbst und seine Mordmethode mit Rasiermesser nimmt einiges vom, sich später entwickelnden, Giallo-Genre vorweg, allerdings in wesentlich reizvolleren Gothic-Bildern. Die Auftritte und Morde des Titelcharakters sind sehr atmosphärisch umgesetzt. Bei einigen Szenen im Prostituiertenmillieu hat man allerdings den Eindruck, sie schon einmal gesehen zu haben...sie scheinen irgendwie beim Phantom von Soho geklaut.
Hans Nielsen gibt als Inspektor einen farblosen und wenig nachhaltigen Auftritt zum Besten, was aber nicht zuletzt auch dem Drehbuch geschuldet ist. Hansjörg Felmys zerissener Charakter ist eine auffällige Abwandlung seines Inspektor Hillier im "Henker" und damit durchaus gelungen. Dennoch hätte man hier psychologisch etwas tiefer schürfen können und eine mögliche Schizophrenie Sands in's Spiel bringen, sodass er wirklich ernsthaft als möglicher Mörder in Frage kommen könnte. Einen strahlenden Helden sucht man vergeblich, weshalb einmal mehr jeder der Täter sein kann (außer dem Hauptverdächtigen natürlich ).
Eigentlich könnte man fast meinen, dies wäre Zboneks erster Thriller gewesen, in dem seine Krimi-Expertise, welche den Höhenflug mit dem wunderbaren "Henker von London" ermöglichte, noch nicht ausgereift war. Leider war es umgekehr und er konnte das von ihm selbst vorgegebene Niveau nicht halten.
Fazit:
Bedauerlicherweise reiben sich die unübersehbaren Vorzüge, die vor allem in der tollen Bildersprache und der Musik ihren Ausdruck finden, an den vielen Albernheiten und dem schwachen Schluss. Bei einem, wie es anfangs den Anschein hat, fast sicheren "5 von 5 Punkte-Film", bleiben am Schluss „lediglich überdurchschnittliche“ 3,5 von 5 übrig, was besonders Schade ist, wenn man bedenkt, was hier mit einigen wenigen Veränderungen bzw. Unterlassungen alles herauszuholen gewesen wäre.
Gubanov
(
gelöscht
)
Beiträge:
12.02.2017 20:45
#71 RE: Bewertet: BEW - "Das Ungeheuer von London City" (6)
Bryan Edgar Wallace: Das Ungeheuer von London-City
Kriminalfilm, BRD 1964. Regie: Edwin Zbonek. Drehbuch: Robert A. Stemmle (frei nach Bryan Edgar Wallace). Mit: Hansjörg Felmy (Richard Sand), Marianne Koch (Ann Morlay), Fritz Tillmann (Sir George), Hans Nielsen (Inspektor Dorne), Dietmar Schönherr (Dr. Morel Greely), Walter Pfeil (Horrlick), Kurd Pieritz (Maylor), Peer Schmidt (Teddy Flynn), Chariklia Baxevanos (Betty Ball), Gudrun Schmidt (Evelyn Nichols) u.a. Uraufführung: 2. Juli 1964. Eine Produktion der CCC-Filmkunst Berlin im Gloria-Filmverleih München.
Zitat von Das Ungeheuer von London-CityEs scheint, als würde sich die Geschichte wiederholen: Inspektor Dorne ist einem Mörder auf der Spur, der leichte Mädchen mit einem Rasiermesser aufschlitzt – ganz im Stil des berühmten Londoner Serienkillers Jack the Ripper. Ausgerechnet zum Zeitpunkt der ersten Taten führt ein zweifelhaftes Theater ein Stück auf, das an den Ripper erinnert. Der Hauptdarsteller Richard Sand gerät unter Verdacht, doch vielleicht ist das bei Nacht durch London-City schleichende Ungeheuer auch an ganz anderer Stelle zu finden ...
Eine Mordserie im Londoner Rotlichtviertel. Wann könnte ein Bryan-Edgar-Wallace-Film zum letzten Mal so eine innovative Story gehabt haben? Ach richtig, der letzte basierte ja auf der gleichen Grundidee. Und wo man gerade dabei war, Anleihen zu nehmen, meinte man wohl, es würde auch nicht schaden, schon in der Prätitelsequenz eine Einstellung aus dem „Phantom von Soho“ wiederzuverwenden, weil es am Ende sowieso niemand merken würde. Was der Wikipedia-Artikel galant mit der Aussage umschreibt, dass der Film „sowohl künstlerisch als auch geschäftlich [...] nicht an den Erfolg früherer Filme der Reihe anschließen“ konnte (Quelle), könnte weniger blumig auch einfach Unkreativität oder Faulheit genannt werden. Noch vor der Edgar-Wallace-Reihe der Rialto ging Artur Brauner bei BEW also den Weg des geringen Widerstands, die Ideen einzelner ikonische Krimiklassiker leicht abzuwandeln und sie fast unverhüllt zu recyceln. Wurde 1967 ein berühmter Hund von Baskerville auf die Pfaueninsel umgesiedelt, so hielt 1964 eben schon Jack the Ripper in den Spandauer Gassen Einzug.
Eine solche Hommage hätte durchaus Überzeugungspotenzial gehabt, wenn sie handwerklich gut gemacht und gebührender Respekt gegenüber dem Original zu erkennen gewesen wäre. Beide Aspekte lässt „Das Ungeheuer von London-City“ vermissen, das in seinem Stil fast ununterscheidbar von „Das Phantom von Soho“ ausfällt und damit weder dessen Mankos in Bezug auf Längen im Film, eintönige Drehorte oder unglaubwürdige Nebendarsteller beseitigt. Edwin Zbonek, der schon dem „Henker“ mehr schadete als nützte, stellt im „Ungeheuer“ nun sein inszenatorisches Unvermögen vollends zur Schau, indem er eigentlich atmosphärische Nachtszenen bis zur Unendlichkeit auswälzt und Dialogszenen in lapidarster Weise „herunterfilmt“. Selbst eigentlich atemberaubende Schlüsselszenen wie das Finale mit dem Kind, das den Mord beobachtet, versanden im Nichts, wenn Zbonek auf dem Regiestuhl sitzt. Das Ergebnis ist ein Film, dessen größte Schockwirkung in seiner dräuenden Langeweile besteht. Dies setzt sich bis zum Finale fort, in dem der Schurke nach dem gleichen Muster identifiziert wird, dessen sich bereits „Der Würger von Schloss Blackmoor“ und „Der Henker von London“ bedienten. Die magische Formel beim Mitraten in BEW-Krimis scheint darin zu bestehen, auf Liebesdreiecke zu achten: Der entbehrenswertere der beiden Buhler um die junge Dame entpuppt sich mit fast schon zwangsläufiger Sicherheit als Täter.
Viel mehr als einige halbgare Referenzen zum Fall Jack the Ripper finden sich im Film nicht – freilich wäre eine realere Umsetzung allein schon an den Zensurbedingungen zum Produktionszeitpunkt gescheitert. Robert A. Stemmle verfiel als Ausgleich auf die Idee, den Ripper-Kult in einem Theaterstück zu spiegeln, dessen Funktion, einen Verdächtigen nach dem anderen zu präsentieren, allerdings reichlich bemüht wirkt. Auch wird der Film erneut von überbordendem Humor belastet, der diesmal in Gestalt von Peer Schmidt und – besonders unerträglich lispelnd – Chariklia Baxevanos dargeboten wird. Das Theater bietet den Ulknudeln äußerst viel „Spiel“-Raum für ihren Holzhammer-Slapstick, dem nur halbherzig mit dem Liebesdrama zwischen Hansjörg Felmy und Marianne Koch entgegengesteuert wird. Koch ist in ihrer Rolle chronisch unterfordert und darf nur vereinzelt an Scream-Queen-Traditionen anknüpfen, ohne im Gegenzug auch nur den geringsten Funken charakterlicher Dreidimensionalität zugestanden zu bekommen.
Dass der Film von einem weiteren der typischen Martin-Böttcher-Dudelscores zusammengehalten wird, gibt dem antriebslosen Streifen, der allerbeste Chancen auf meine rote BEW-Laterne hat, den letzten Rest.
Die Jagd auf die Ripper-Inkarnation erweist sich für den Zuschauer als Herausforderung. Nicht als geistige oder als spannungsgeladene, sondern als Geduldsprobe, während man immer unruhiger auf die Uhr schielt. Erbärmlich schwache Figuren in einem 08/15-Schauerkrimi ohne Schauereffekte – das resultiert in düpierenden 1,5 von 5 Punkten. Der Gloria-Filmverleih, der bis dato fast alle BEW-Filme in die Kinos gebracht hatte, wollte nach „Das Ungeheuer von London-City“ dann auch nichts mehr von der Reihe wissen ...
Du scheinst an Edwin Zbonek ja einen echten Narren gefressen zu haben, Gubanov.
Da du ja schon am „Henker“ kaum ein gutes Haar gelassen hast, ist die noch schlechtere Bewertung des „Ungeheuers“ irgendwo konsequent, dennoch kann ich sie in dieser Härte aus Fan-Sicht nicht wirklich nachvollziehen, zumal noch das überflüssige Remake des schon nicht besonders gelungenen Erstlings und die filmische Schlaftablette von einem „gelben Grab“ vor dir liegt.
Die Tötungsszenen haben gerade zu Anfang große Klasse und gehören zu den nicht wenigen Glanzpunkten der Reihe, obschon sich im Laufe des Films zugegebenermaßen eine gewisse Übermüdung einstellt. Die Besetzung ist für einen Epigon immer noch überdurchschnittlich und die Überschneidung Realität/Fiktion vorliegend in meinen Augen ordentlich umgesetzt. In Sachen Auflösung und Humor verdient sich der Streifen Minuspunkte, da sind wir uns denke ich alle einig. Aber 2,5/5 scheint mir doch das mindeste zu sein, was dieser solide Genrefilm verdient.
Ich persönlich halte an meiner 3,5/5-Wertung fest und schließe mich somit Patricks Resümee an.
Ich hatte ja vor nicht allzu langer Zeit auch das wiederholte Vergnügen mit dem BEW-Ungeheuer (siehe oben). Punkte ließ ich seinerzeit aus - warum auch immer. Letztlich liefe es bei mir wohl auch auf ca. 3 von 5 Punkten hinaus. Sicher aber nicht weniger als 3. Der Film hat gerade gegenüber dem meisterhaften Henker leider handwerkliche Schwächen, die man nicht übersehen kann. Das vielfach variierte Thema des Rippers mag auch nicht eben als sonderlich originell empfunden werden. Edwin Zboneks Stärken lagen, sofern man das anhand von nur zwei bekannten Filmen überhaupt resümieren kann, in der Darstellerführung und der offenkundigen Absicht, tiefergreifende Charaktere auf die Leinwand zu bringen, wobei er insofern hier von beiden Büchern dahingehend begünstigt war, neben schwarzen und weißen Charakteren auch graue inszenieren zu können. Das war nicht in allen Büchern jener Jahre der Fall. Insofern bleibt bei mir unter dem Strich vor allem die Kombination Zbonek/Felmy ein Pluspunkt, auf den sich Henker und Ungeheuer berufen können. War Felmys Part im Henker noch verhalten depressiv angelegt, ist er im Ungeheuer offenkundig mit den Nerven am Ende, bringt sich dadurch in Verdacht und weniger plakativ durch das Lungern hinter dunklen Fenstern oder nebligen Hauswänden. Das Einflechten des Berliner Boulevardtheaters in Form von Peer Schmidt und Chariklia Baxevanos wäre sicher entbehrlich gewesen.
Gruß Jan
Gubanov
(
gelöscht
)
Beiträge:
13.02.2017 14:05
#74 RE: Bewertet: BEW - "Das Ungeheuer von London City" (6)
Ich sollte noch anmerken, dass ich die Jess-Franco-und-Klaus-Kinski-Version dieses Stoffes nicht unbedingt besser, aber doch erträglicher anzuschauen fand.
Zitat von Jan im Beitrag #73.... Edwin Zboneks Stärken lagen, sofern man das anhand von nur zwei bekannten Filmen überhaupt resümieren kann, in der Darstellerführung und der offenkundigen Absicht, tiefergreifende Charaktere auf die Leinwand zu bringen, wobei er insofern hier von beiden Büchern dahingehend begünstigt war, neben schwarzen und weißen Charakteren auch graue inszenieren zu können.
Nun ja, sein bekanntester und bester Film war ja eigentlich "Die Flucht" mit Götz George und Günther Ungeheuer. Und mit diesem Streifen hat Regisseur Edwin Zbonek auch bewiesen, dass er´s richtig gut konnte. Zboneks Stärken hat Jan dabei schon gut auf den Punkt gebracht. Wie ich finde, hat Zbonek den völlig konträren Genrefilm 'Henker' auch gut gemacht, sicherlich ist er einer der stärksten 'BEWs'. Das 'Ungeheuer' kann man zwar beim besten Willen nicht so richtig weit vorn sehen, aber bei 3 statt nur 1,5 Pünktchen wohl schon....