Zitat von tilomagnet im Beitrag #105Selten so einen Blödsinn gelesen!
Finde ich überhaupt nicht. Nach Durchsicht der betroffenen Filem passt der Vergleich, sehr genau. Letztlich zeichnet jeder Regisseur seine persönliche Einstellung zum Leben auch in seinen Filmen. Sehr gut Savini!
Zitat von tilomagnet im Beitrag #105Selten so einen Blödsinn gelesen!
Finde ich überhaupt nicht. Nach Durchsicht der betroffenen Filem passt der Vergleich, sehr genau. Letztlich zeichnet jeder Regisseur seine persönliche Einstellung zum Leben auch in seinen Filmen. Sehr gut Savini!
Der zitierte Vergleich stammte allerdings nicht von mir, ich habe ihn lediglich zitiert und würde ihm auch nicht zustimmen. Reinl hatte neben der Romantik auch ein Gespür für Action und (siehe frühere Beiträge von mir in diesem Thread) stellte Gewalt mitunter für die damalige Zeit sehr drastisch dar (reißerische Würgeszenen, herausspritzendes Blut).
Vohrer brachte sicher durch seine Handschrift eine neue Note in die Serie (impossible Shots); aber zu dem Zeitpunkt, als er federführend wurde, hatte er seinen Stil entwickelt und man konnte darauf warten, dass in einem von ihm inszenierten Wallace-Film Ratten, Schlangen oder Skelette vorkommen würden.
Zitat von Savini im Beitrag #83Über die verbreitete Vorstellung, Vohrer sei der "Sadist" und Reinl der "Romantiker" der Reihe gewesen, habe ich mich mit zweien ausgetauscht. X meinte, möglicherweise habe Horst Wendlandt Reinls Neigung zu sadistischen Darstellungen "gebremst", die er bei anderen Produzenten eher auslebte. Da wäre natürlich die Frage, ob der Produzent bei solchen Details zusätzlich eingriff. Jedenfalls war für X Vohrer nicht der "Sadist", sondern eher der "(schwarze) Humorist" der Wallace-Filme; Gewalt sei bei ihm stärker mit schwarzem Humor kontrastiert gewesen (Ausnahmen gingen stark mit Herbert Reinecker als Drehbuchautor konform), bei Reinl eher mit romantischen und gefühlvollen Momenten (wodurch sie noch krasser wirkten). Y meinte ähnliches und sah zusätzlich einen Unterschied bei beiden in der Vorbereitung von Gewalt und Mord: Bei Reinl käme sie oft schockartig und plötzlich, bei Vohrer werde sie eher vorbereitet und zelebriert, was ihn an Hitchcocks Unterscheidung von "Überraschung" und "Spannung" erinnerte. Da könnte etwas dran sein. Mir ist zumindest beim "unheimlichen Mönch" aufgefallen, dass dieser bei mir trotz der effektvollen Musik nie Gruselgefühle aufkommen ließ. Denn bei seinen Morden ist es (abgesehen von der ersten und letzten Tat) immer so, dass er wie aus dem Nichts aufzutauchen scheint, zuschlägt und wieder verschwindet, wodurch sich nicht aufbauen kann. Bei den Morden des "anderen" Mönches, der blauen Hand, des Buckligen oder Unheimlichen sieht es anders aus.
Nach Rücksprache mit X (Y ist nicht mehr zu kontaktieren, hatte in anderen Fällen aber nichts dagegen, weshalb ich es hier mal riskiere) wären hier einige Passagen aus demn entsprechenden Mails, die zwischen 2011 und 2015 geschrieben wurden. Von X: "Reinl inszenierte meiner Meinung nach keineswegs härter als sonst - man darf "Die weiße Spinne" natürlich nicht an den Winnetou-Filmen messen. Gerade in seinen Krimis, die er für andere Produzenten realisierte, zeigte er einen für die Zeit ungewöhnlichen Hang zum Sadismus (die bluttriefende Kehle und die Elektrocution in "Der Frosch mit der Maske" (vor Wendlandts Zeit), die Enthauptungen in "Der Würger von Schloß Blackmoor", das Säureskelett und der Flammenwerfer in "Im Stahlnetz des Dr. Mabuse") - da nimmt "Die weiße Spinne" keine Ausnahmestellung ein." "Vohrer sehe ich übrigens keineswegs als "Sadisten", sondern als Humoristen der Reihe an (sich häufende Brutalitäten in den späteren Wallace-Filmen gehen ja eindeutig mit Reinecker als Buchautor konform, während sie in den von Peterson geschriebenen deutlich ironischer angehaucht sind, da hatte Vohrer aber auch noch mehr Zeit, seine Filme auszuarbeiten). Petzel hat ja kritisch über die Szene aus "Unter Geiern" geschrieben, in welcher der erschossene Geier (entgegen allen Darsteller-Listen der Deutsche Holger Kepich) durch die Saloon-Tür schwingt - das wäre bei Reinl nie möglich gewesen. Dabei übersah er allerdings eine Szene wie die Explosion im Wachturm aus "Der Schatz im Silbersee", die sogar noch von einem fiesen Schrei begleitet wird (z.B.)" "Aber es ist mir schon früher aufgefallen, dass Reinl im Grunde weitaus mehr zu Sadismen neigte als Vohrer. Nur: Wendlandt bremste ihn ganz energisch. Als Indizien kann ich ins Felde führen: "Der Frosch mit der Maske" (vor Wendlandts Zeit) mit dem aus der Halswunde fließenden Blut in Frontalaufnahme und der Elektroschock-Szene sowie natürlich Brauners "Der Würger von Schloss Blackmoor" mit seinen geradezu ausufernden Widerlichkeiten - das wäre bei Wendlandt nicht möglich gewesen. Vohrers Härte ist nur scheinbar, da er sie nicht durch Romantik ausgleicht wie Reinl (was allerdings eher den Kontrast und damit auch die Härte erhöht), sondern durch Skurrilität und Humor, was aber nicht jedermanns Sache ist und (das ist wohl der Knackpunkt) in dieser Form auch nicht der Mayschen Vorlage entspricht."
Von Y: "Sämtliche dieser Szenen stehen natürlich schon im Drehbuch drin, für mich haben die typischen Genre-Filme dieser Art bei Reinl und Vohrer in etwa den gleichen Anteil an solchen Sequenzen. Der Unterschied liegt für mich aber in der Umsetzung und da kann ich mich anschließen, daß es bei Reinl mehr Sadismus/Gewalt im Vordergrund gibt. Er inszenierte das vergleichsweise hart und mitunter sehr auf den Schock ausgerichtet. Unvermittelte Brutalität kommt bei ihm oft vor. Vohrer dagegen baut aus meiner Sicht gerne die Spannung über die Atmosphäre auf und läßt manche Szenen grausamer scheinen, als sie sind. In "Die toten Augen von London" hat Vohrer einige meiner Lieblingsmorde eingebaut und hat das, finde ich, sehr gut gemacht. Man weiß, daß ES bald passiert, das ist nicht so unvermittelt wie bei Reinl. Den Mord an Ady Berber hätte Reinl wohl abrupter inszeniert, Vohrer läßt genug Raum dafür, daß einem die Figur sogar noch leid tun kann. Vohrer braucht meist mehr Zeit und macht gern ein wenig "Suspense", Reinl ist direkter, oft sogar drastisch. Aber die Anzahl solcher Handlungsmomente dürfte bei den Filmen beider ziemlich gleich sein, nur die Umsetzung ist anders. Mir hat übrigens mal eine Aussage von Joachim Fuchsberger sehr gefallen, der sinngemäß meinte, er habe mit Reinl und vor allem Vohrer zwei der besten deutschen Regisseure gehabt. Es werde ihnen immer vorgeworfen, reine Routinefilmer gewesen zu sein - aber wer aus reiner Routine regelmäßig Filme von Qualität machen kann, kann kein schlechter Regisseur sein. Ein Visconti, Lommel oder Schlöndorff habe es leicht, alle heiligen Zeiten ein Meisterwerk. Aber Unterhaltung mit Qualität (im Rahmen üblicher Auf und Abs), das sei eine große Leistung gewesen. Noch ein Abstecher - Georg Solti wurde mal gefragt, wen er für den größten Dirigenten des 20. Jahrhunderts halte. Zum Erstaunen mancher nannte er keinen großen Namen, sondern pauschal alle Dirigenten, die Musiktheater en Suite dirigieren, also über lange Zeiträume stets dasselbe Stück, bis es ausläuft - und dabei die Qualität halten, ohne daß es fad wird." "Reinl hatte durchaus einen Sinn für Romantik, aber in einem sehr klassischen Sinn - fast so, als hätte er ein wenig der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Referenz erwiesen. Da du "Der Würger von Schloß Blackmoor" erwähntest, hier zeigt sich das teils in den schönen Schloßaufnahmen. Überhaupt sind in seinen Krimis oft solche Momente zu finden, allerdings wirken dadurch auf mich seine Schockeffekte nicht schlimmer. Eher manchesmal etwas aufgesetzt selbstzweckhaft. In "Die Nibelungen" und "Die Schlangengrube und das Pendel" konnte er die Romantik-Ader ja auch ganz schön ausleben. Persönlich bevorzuge ich eher den ironischen, schwarzhumorigen Anstrich von Vohrer. Allerdings muß ich sagen, daß Reinl aus einem schlechten Drehbuch mehr herausholen konnte mit seinem Inszenierungsstil, als Vohrer dies tat - der brauchte offenbar einen gewissen Standard bei der Qualität des Drehbuches. Einen Husch-Pfusch-Krimi wie "Der Gorilla von Soho" hätte Reinl sicher kurzweiliger gemacht. So sind auch seine "Jerry Cotton"-Beiträge trotz aller Logiklöcher ziemlich gut gemacht und lassen einem wenig Zeit zum Nachdenken. Dennoch mag ich insgesamt, um auf Wallace zurückzukommen, Alfred Vohrers Beiträge deutlich lieber als jene Reinls. Dessen Genre-Beiträge, die ich sehr schätze, sind "Die Bande des Schreckens" und "Die weisse Spinne". "Der Frosch mit der Maske" ist ein aus der Zeit heraus betrachtet ausgesprochen gelungener Film, aber "Der rote Kreis" sagt mir bereits mehr zu." "Die Schauspielerführung war bei Vohrer auf jeden Fall intensiver, bei Reinl waren sie mehr auf sich gestellt. Das hat alles Vor- und Nachteile. Laut Fred Williams waren jene der Zunft, die sich mehr vom Regisseur erwarteten, sehr im Stich gelassen." "Dieter Eppler wurde mehrfach als einer der "Lieblingsschauspieler" von Reinl bezeichnet, was wohl stimmen dürfte. Ich glaube, Reinl hatte schon was über für Männer, die robust und kerlig wirkten - in vielen seiner Filme sind diese zu finden. Übrigens fand ich Eppler im "Würger von Blackmoor" zwar nicht schlecht, aber ich nahm ihm das nicht ganz ab. Eppler ist keiner, der mit einem Diamantenschleifbohrer hantiert zum Quälen - der ist handfester." "Ich mochte Dieter Eppler immer sehr gerne, auch im "Würger" fand ich ihn nicht schlechter als sonst. Er war ein stets zuverlässiger Schauspieler, der im besten Sinne seine meist dürftig geschriebenen Rollen stets ausfüllte. Wenn er in besagtem Film etwas aufgedreht wirkt, dann wohl auch wegen der plakativen Inszenierung, die Reinl stellenweise hatte. Hier fällt mir übrigens gerade ein, daß ich auch "Die weisse Spinne" deutlich brutaler fand als seine Wallace-Filme, aber bei weitem nicht so drastisch wie den ´Würger´." "´Die weisse Spinne´ ist für mich einer von Reinls allerbesten Filmen und wirklich ohne Durchhänger inszeniert. Er ist aber auch sehr brutal, finde ich - viel brutaler als der ´Würger´ und kommt großteils ohne humorvolle Einlagen aus." "Reinl konnte Actionszenen gut bringen, Nahkampfsequenzen waren mitunter etwas ambivalent, aber man sollte sie nicht unterschätzen. George Nader sprach Reinl jegliches Gespür für Faustkämpfe vor der Kamera ab, weil er immer zu früh "Cut!" rief. Bei den Cotton-Filmen gibt's da tatsächlich einige kleine Durchhänger, aber insgesamt war Reinl hier meiner Meinung nach schon in Ordnung. Allerdings fiel mir auf, daß in den Karl May-Filmen, vor allem im ersten, die Kampfszenen teils gekünstelter wirken, als sonst bei ihm. Vielleicht weil die Choreographie größer war und er ja immer alles selbst machen wollte. Aber die schlechtesten Reinl-Kampfszenen sind noch immer besser als die besten aus Eddie Constantins "Eddie macht dies und Eddie macht das"-Filmen..."
Gut, diese Zitate betrafen jetzt stärker Reinls Stil. Aber nachdem zu diesem bisher meist speziell in Bezug auf Romantik und Action etwas gesagt wurde, zu Vohrer dagegen stärker in Bezug auf "impossible shots", Schlangen etc. wollte ich es einfach mal bringen. In ein paar Stunden kommt noch etwas zur erläuterung, warum das Thema gerade jetzt wieder aufgewärmt wurde.
Hier wäre nun das angekündigte Zitat: In dem 2024 erschienenen Buch "Winnetou 1. Teil. Das Drehbuch und sein Weg auf die Leinwand" heißt es, dass die Szene zu Beginn, in der der "Schwarze Adler" von Santer und dessen Leuten gefangengenommen und gefoltert wird, ursprünglich sehr viel drastischer gefilmt wurde. "Bei der ersten Sichtung des gedrehten Filmmaterials (Muster) in Berlin wurde diese Szene als zu brutal und blutig angesehen, weshalb eine Anweisung nach Jugoslawien erging, dass man den Einsatz von Bühnenblut reduzieren sollte." Illustriert wird diese Aussage mit einem Standfoto, auf dem Oberkörper und Gesicht des "Schwarzen Adlers" von Narben übersät sind. (S. 47) Diese Information aus dem 2024 erschienenen Buch scheinen die 2011 und 2013 von X geäußerte Theorie zu stützen, Wendlandt könnte Reinl bei Gewaltdarstellungen "gebremst" haben. Natürlich könnte man einwenden, dass die Karl-May-Filme sich damals an eine jüngere Zielgruppe richteten als die nach Edgar Wallace. Aber gerade weil Reinls Winnetou-Filme die romantischen und märchenhaften Atmosphäre besonders stark betonten, fällt es besonders auf, dass er es trotzdem für vorstellbar hielt, hier eine für die damalige Zeit relativ heftige Folterszene einbauen zu können.
Zitat von DanielL im Beitrag #60Harald Reinl - Er h Harald Reinl war damit ein verlässliche Bank für die Produzenten, nur äußerst selten versemmelte er einen Film. Bei Reinl wusste man was man bekommt. Er machte handwerklich sehr solide Arbeit und hatte ein hervorragendes Gespür für die temporeiche Inszenierung. Damit waren bei ihm aber kaum Überraschungen zu erleben, er experimentierte nicht viel. Insgesamt sorgte er mit der von ihm angestoßenen Krimiwelle zwar für eine neue Messlatte, einzelne, aus speziellen Szenen heraus entwickelte stilistische Innovationen kamen von ihm aber weniger, weil er dazu aufgrund seines geradlinigen Arbeitsstils gar nicht Gelegenheit bekam. Vohrer probierte viel hier und da und konnte dabei genial sein oder genial daneben. Immer wieder hört man von Schauspielern Reinl habe seine genaue Vorstellung gehabt wie sie zu spielen hatte und er gab ihnen das meiste genau vor. Dies merkt man seinen Filmen noch heute an und hat sich meistens bewährt. Vohrer ließ seinen Schauspielern wesentlich mehr Freiheiten und konnte dabei gewinnen oder verlieren. (...) Vohrer war der Verspielte und er konnte genial sein dabei. Unzählige prägende Stilmittel brachte er in die Wallace-Reihe. Er machte aus der Edgar-Wallace-Reihe eine Popkultur. Seine Art von Humor, seine Effekte und seine Arrangements sollten Markenzeichen für die Wallace-Reihe werden. Einen Reinl Film erkennt man stets als gelungenen Film, aber seine stilistische Handschrift erkennt man dennoch weniger. Bei Vohrers Filmen merkt man nach kurzer Zeit, dass man es mit einem Vohrer zu tun hat. Die durch den Mund aufgenommene Karotte oder dergleichen sind da nur die Spitze des Eisbergs. Reinl wäre vermutlich nie auf so Sachen gekommen, wie Beethovens Fünfte zu den Morden des Jake gleichzusetzen, oder Einstellungen visuell so zu überzeichnen, das sie grotesk wirken aber letztlich den Krimi noch fantastischer machen. Aber: Voher konnte dabei eben auch ins Klo greifen. Klappergespenster und Albernheiten á la Gorilla sind die Kehrseite dieser Medaille. Auch konnte Vohrer eindeutig schlechter mangelhafte Drehücher kompensieren als Reinl. Reinl hatte einfach mehr Konstanz. Letztlich bekam die Reihe durch all diese Späßchen auch ihre trashige Note, die zweifellos mit der Farbära der Reihe verbunden ist. (...) Beide Regisseure waren unersetzlich für Wallace, beide haben Vorzüge, wobei Reinl unterm Strich und auf dem Papier die Nase vorn hat, während Vohrer das vielleicht interessantere Phänomen ist. Reinl hat der Suppe wunderbar gekocht, Vohrer hat sie mit seiner Gewürzmischung unverwechselbar gemacht.
In der Vergangenheit wurden schon viele für Vohrer typische Stilmittel genannt, sowohl hier als auch in anderen Threads, etwa seine Vorliebe für Schlangen, Spinnen, Ratten oder Skelette, die herunterfallenden Puppen (die leicht als solche zu erkennen sind) oder skurrile Kameraeinstellungen. Auch wenn Reinl keinen so ausgeprägten Stil gehabt haben mag, würde mich interessieren, ob manche bestimmte Sachen nennen könnten, die für ihn typisch wären. Oft heißt es eher pauschal, er habe ein Gespür für Action oder Romantik gehabt, daneben habe er selbst aus schwachen Drehbüchern flotte oder zumindest solide Filme machen können. Mögliche Unterschiede bei der Darstellung von Mord- und Folterszenen wurden bereits diskutiert. Was die gefühlvolle Ebene angeht, so hebt Joachim Kramp bei seinem Audiokommentar zum "Frosch" die Auseinandersetzung zwischen Vater und Sohn in der "Lolita-Bar" hervor; daneben gab Reinl zwischenmenschlichen Gefühlen auch sonst etwas mehr Raum, während bei Vohrer Gefühle zwischen männlicher und weiblicher Hauptfigur oft kaum spürbar erscheinen. Was die Gefühlsebene angeht, so fällt hier das "Glasauge" aus dem Rahmen, wobei diese Liebesgeschichte tragisch endet. Hier könnte man natürlich einwenden, dass dies teilweise schon durch die Drehbücher vorgegeben war. Mir ist aufgefallen, dass Reinl eine sehr spezielle Art hatte, seine Filme zu beenden: Bei seinen Krimis gehört entweder die letzte oder die vorletzte Einstellung einem Liebespaar, das miteinander turtelt oder einer glücklichen Zukunft entgegengeht bzw. -fährt. Ist es die vorletzte Einstellung, so gebührt die letzte der Sidekick-Figur des Films. Dieses Schema gilt sowohl für seine Wallace-Filme als auch für seine Epigonen, egal ob BEW, LWW oder Mabuse. Als einzige Ausnahmen fielen mir nur "Zimmer 13" und "Im Stahlnetz des Doktor Mabuse" ein. Seine Karl-May-Filme enden zuverlässig damit, dass Winnetou und Old Shatterhand gemeinsam davonreiten, untermalt von Martin Böttchers Musik (abgesehen natürlich von "Winnetou III").
Vielleicht sind jemandem noch weitere konkrete Beispiele für Reinls Handschrift aufgefallen?
Die Antwort nach typischen Reinl-Stilmitteln hast du dir ja schon weitgehend selbst gegeben.
Die Schlusseinstellung mit Liebespaar würde ich auch als typisch bezeichnen, wobei man das natürlich auch bei Vohrer findet.
Dann wird ihm ja stets nachgesagt, als ehemaliger Bergfilmer stets Wert auf Postkartenmotive gelegt zu haben. Das finde ich auch nachvollziehbar. Mag es bei einem Western oder Heimatfilm in den Alpen besonders naheliegen, einen Panorama-Schwenk einzubauen, so muss man mit Blick auf die Krimi- und Abenteuerfilme sagen, dass er auch hier gerne Außenmotive (Schlosspark etc.) weit bebilderte. Dagegen drehte Vorher – übertrieben gesagt – klaustrophobische Studiofilme, besonders natürlich in der Spätphase. Wobei natürlich auch Trends in der Produktion den Stil prägen. So kann man zwar festhalten, dass Philipp mit der Themsentoten das Geschehen beispielsweise wiederum vollständig aus dem Studio hinausverlegt, dies aber auch ingesamt bei den Filmen dieser Jahre zu beobachten war. Bei den Italo-Wallace findet man viel stärker die mobile Handkamera eingesetzt, was im Zusammenspiel mit dem Plot ein dortiges Stilmerkmal wurde (z.B. subjektive Täter/Opfer-Sequenzen). Es ist also auch immer ein Zusammenspiel vieler Faktoren. Trotzdem kann ich mir den Establishing-Shot vom Schloss “Marks Priory” beim indischen Tuch bei einer angenommenen Regie von Reinl nur unter seinem Protest vorstellen.
Reinl legte außerdem viel Wert auf “Action”, wie er in einer der raren Behind-the-Scenes-Reportagen (ich glaube es war ein Fernsehbericht zu einem Cotton?) selbst betont. Da der moderne Actionfilm noch nicht geboren war, bedeutete dies für Reinl v.a., dass sich sein Held im Lauf der Geschichte prügeln musste und es entsprechend temporeiche Passagen geben muss. Wobei er ja auch schon – insbesondere Winnetou eingerechnet –ordentlich was wegsprengte und in die Luft jagte.
Zitat von DanielL im Beitrag #114Die Antwort nach typischen Reinl-Stilmitteln hast du dir ja schon weitgehend selbst gegeben.
Gut, aber ich dachte mir, dass anderen weitere Punkte einfallen könnten - so wie dir.
Zitat von DanielL im Beitrag #114Die Schlusseinstellung mit Liebespaar würde ich auch als typisch bezeichnen, wobei man das natürlich auch bei Vohrer findet.
Tatsächlich? Da fiele mir höchstens die letzte Szene beim "Gasthaus" ein.
Zitat von DanielL im Beitrag #114Trotzdem kann ich mir den Establishing-Shot vom Schloss “Marks Priory” beim indischen Tuch bei einer angenommenen Regie von Reinl nur unter seinem Protest vorstellen.
Ob er eventuell auch die Szene, in der Tanner vergeblich versucht, von der Halbinsel wegzukommen, gezeigt hätte, statt den Anwalt nur davon erzählen zu lassen?
Zitat von DanielL im Beitrag #114Reinl legte außerdem viel Wert auf “Action”, wie er in einer der raren Behind-the-Scenes-Reportagen (ich glaube es war ein Fernsehbericht zu einem Cotton?) selbst betont. Da der moderne Actionfilm noch nicht geboren war, bedeutete dies für Reinl v.a., dass sich sein Held im Lauf der Geschichte prügeln musste und es entsprechend temporeiche Passagen geben muss. Wobei er ja auch schon – insbesondere Winnetou eingerechnet –ordentlich was wegsprengte und in die Luft jagte.
Prügeleien gab es allerdings auch bei Vohrer ("Augen", "Tuch", "Bann" und speziell "Glasauge") oder Gottlieb ("Abt", "Gruft", 7. Opfer"), Explosionen im Karl-May-Genre auch bei Vohrer ("Old Firehand") oder Philipp ("Ölprinz", "Apanatschi"). Sicher wurden beide Genres zuvor von Reinl geprägt, und an bestimmten Standards orientierten sich dann auch spätere Autoren/Regisseure. Aber ich kann mir kaum vorstellen, dass diese andernfalls ganz auf diese Zutaten verzichtet hätten.
Vohrer war eigentlich Prügelspezialist. Die Szenen in "Unter Geiern"-"Ölprinz"-"Surehand" und sogar im "Glasauge" u.a. Ja und wer es nicht glaubt. Vohrer inszenierte sogar (ungenannt) die Schlägerei im "Ölprinz". Der Schauspieler und Synchronsprecher Alexander Welbat tritt hier ebenfalls ungenannt auf. Ich vermute einen Zusammenhang als Freund im Synchronbereich von Vohrer.
Zitat von DanielL im Beitrag #114Die Schlusseinstellung mit Liebespaar würde ich auch als typisch bezeichnen, wobei man das natürlich auch bei Vohrer findet.
Tatsächlich? Da fiele mir höchstens die letzte Szene beim "Gasthaus" ein.
Schon bei den Augen war doch auch Nora Ward am Ende dabei. Aber du hast natürlich Recht, selbst wenn bei Vohrer das Liebespaar Teil der letzten Szene war, lag der Fokus dennoch klar auf der Schlusspointe und nicht dem Happy End. Was bei Roland, Ashley und Gottlieb ähnlich war.
Anton (ich nehme den Rächer jetzt mal dazu) und Frankel haben hingegen ähnlich wie Reinl die Romanze am Ende etwas mehr herausgestellt. Wobei bei Frankel natürlich Romanze und Gag am Ende quasi eins sind.
Eine Sonderrolle nimmt von Báky ein, da gebührt der Titelfigur die letzte Ehre.
Zitat von Count Villain im Beitrag #117Schon bei den Augen war doch auch Nora Ward am Ende dabei. Aber du hast natürlich Recht, selbst wenn bei Vohrer das Liebespaar Teil der letzten Szene war, lag der Fokus dennoch klar auf der Schlusspointe und nicht dem Happy End. Was bei Roland, Ashley und Gottlieb ähnlich war.
Natürlich ist Nora in der letzten Szene dabei, und ihre Verlobung mit Larry wird ausdrücklich erwähnt. Aber zwischen den beiden kommt es innerhalb des Films weder zur Umarmung noch zum Kuss. Es fällt generell auf, dass solche Szenen speziell bei Vohrers Beiträgen zur Serie relativ selten sind. Bei Reinl dagegen gibt es auch die kurze Szene im "Fälscher", als Peter Clifton zu sich kommt und von seiner Frau gepflegt wird. Keine direkte Liebesszene, aber doch emotional gefärbt und insofern etwas aus dem Rahmen fallend, gerade weil sie dramaturgisch nicht unbedingt nötig war.
Zitat von Count Villain im Beitrag #117Anton (ich nehme den Rächer jetzt mal dazu) und Frankel haben hingegen ähnlich wie Reinl die Romanze am Ende etwas mehr herausgestellt. Wobei bei Frankel natürlich Romanze und Gag am Ende quasi eins sind.
Das war es bei Anton im Grunde auch, und bei Reinl konnte diese Vermischung ebenfalls vorkommen ("Spinne", "Würger").
Ich finde schon, dass es für die Dramaturgie im Fälscher wichtig ist zu zeigen, dass aus der Vernunftheirat langsam Zuneigung und Liebe wird. Auch für den Kriminalfall ist es wahrscheinlich nicht ganz unerheblich, ob seine Frau im Laufe des Films zu ihm hält oder nicht - obwohl der größte Fürsprecher natürlich Bourke ist.
Zitat von Count Villain im Beitrag #119Ich finde schon, dass es für die Dramaturgie im Fälscher wichtig ist zu zeigen, dass aus der Vernunftheirat langsam Zuneigung und Liebe wird. Auch für den Kriminalfall ist es wahrscheinlich nicht ganz unerheblich, ob seine Frau im Laufe des Films zu ihm hält oder nicht - obwohl der größte Fürsprecher natürlich Bourke ist.
Dass sich ihre Gefühle Peter gegenüber geändert haben, wurde von ihr natürlich sowohl ihrem Onkel als auch Inspektor Bourke gegenüber ausgesprochen; und dass sie zu ihm hält, wurde durch den Wechsel des blutbefleckten Hemdes und das Verstecken des Hammers schon deutlich. Insofern wäre die Szene nicht unbedingt nötig gewesen und es spricht für Reinls Sinn für zwischenmenschliche Emotionen, dass er sie beibehielt.