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Dieses Thema hat 62 Antworten
und wurde 5.525 mal aufgerufen
 Filmbewertungen
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Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

17.05.2009 12:36
#46 RE: Bewertet: BEW - Die neunschwänzige Katze (9) Zitat · Antworten

Zuerst war ich skeptisch, da ich aufgrund der marktschreierischen Rückseite des DVD-Pappschubers einen Splatter-und Ekelfilm erwartet habe. Ein Mann mit verdrehten Augen und dem Mund voller Blut und zwei Mäuse auf dreckigem Boden.
Nachdem mir versichert wurde, es handele sich hierbei um eines von Dario Argentos harmloseren Werken, war ich erst einmal beruhigt und lehnte mich gespannt in meinem Stuhl zurück, in Erwartung einer fesselnden Geschichte im Stil von "Cosa avete fatto a Solange".
Es ergeben sich durchaus Parallelen in der Inszenierung. Vor allem das Farbenspiel ist beeindruckend. Der Gegensatz zwischen Grün, Braun und Grau und einem kräftigen Rot werden exzessiv betont. Ich habe mir die Mühe gemacht und alle Auftritte dieser vielsagenden Farbe notiert. Rot steht hier für den rasenden Wahn, die Leidenschaft und das vergossene Blut und ist überall zu sehen. Es wird dabei hervorstechend in Szene gesetzt, da es sich nicht um ein natürliches, sanftes Rot handelt, sondern um ein Signalrot; aggressiv, warnend, dominierend. Das Kleid des kleinen Mädchens, die Pinnwand im Büro, das Auto von Dr. Calabrese, der Schein der Taschenlampe, die roten Jacketts der Reporter am Bahnhof, das Poloshirt von Giordani, ein roter Teppich, rote Türen, die rote Polsterung eines Autos, rote Aschenbecher und rote Milchtüten.
Das Bild ist klar und gestochen scharf, wobei zwei Szenen allerdings nicht digital restauriert worden sind. Die erste Szene ist das Gespräch zwischen Prof. Terzi und seinem Mitarbeiter Braun, der ihm seine Kündigung mitteilt. Die zweite verschwommene Szene ist das Auffinden der Leiche von Braun durch Giordani und Manuel.
Die immer wieder eingefügten englischen Dialoge bei der Langfassung regen zum Schmunzeln an, da sie teilweise wirklich entbehrlich gewesen wären (die Szene im Polizeibüro, als der Beamte nur "Konversation" machen wollte). Die Musik von Ennio Morricone unterstreicht die Handlung dezent und ist ebenso melancholisch wie der Score zu "Solange".
Sehr erfreut war ich, dass wir es bei diesem Film gleich mit drei positiven Hauptfiguren zu tun haben: Carlo Giordani, dem Reporter; Franco Arno, dem blinden Kreuzworträtsel-Ersteller und seiner kleinen Nichte Lori. So balanciert sich das Grauen wieder ein wenig aus und bietet eine Zuflucht im Reigen der Morde.
James Franciscus agiert in bester Fuchsberger-Manier und bringt alle dafür benötigten Eigenschaften mit: gutes Aussehen, Charme, Entschlossenheit und ruhiges Handeln.
Er wird von Karl Malden und Cinzia de Carolis tatkräftig unterstützt. Catherine Spaak dient mehr dazu, die exzentrischen Modekreationen der Siebziger Jahre zu präsentieren. Ihre Figur ist ein Blickfang für Männer, kann dann aber den anfangs versprochenen Suspense leider nicht erfüllen. Was zwischen Prof. Terzi und seiner Adoptivtochter vorgeht oder nicht, bleibt im Dunkeln, obwohl das geheime Tagebuch interessante Ansätze verspricht. Ist Anna nun freiwillig seine Geliebte oder erzwungene Gefährtin? Einen weitaus spannenderen Auftritt hat Rada Rassimov als Bianca. Ihre Ermordung wird in beklemmender Weise inszeniert, wobei das Anbahnen ihres Todes weitaus gelungener komponiert ist als ihr eigentliches Sterben, bei dem ich mir angesichts des tropfenden Bluts aus ihrem Mund dachte, nun könnte man auch abblenden. Doch Diskretion ist eben nicht das Stilmittel des italienischen Giallo. Eine bedrückende Atmosphäre liegt über dem ganzen Film und manifestiert sich in den vielen Nachtszenen, wobei besonders der Besuch der Totengruft der Familie Merusi hervorzuheben ist. In brillanter Weise wird die Banalität der Öffnung des Sarges mit Grusel und böser Vorahnung vermengt. Malden und Franciscus glänzen hier durch den schnellen Wechsel zwischen Vertrauen und Misstrauen. Für einen schrecklichen Moment glaubt Giordani und damit der Zuseher, dass der Blinde hinter allem steckt und nun auch den Reporter töten will. Das große Finale auf dem Dach endet mit dem Fahrstuhl zum Schafott. Ein wenig Humor blitzt auf, als Giordani den Barbier besucht und dieser dauernd davon spricht, was er mit dem Schreiber des Artikels über den Rasiermessermord machen möchte. Diese Szene und der Suspense mit der vergifteten Milch erinnern an Altmeister Hitchcock, der gerne schwarzen Humor und Nervenkitzel verwendet hat. So hinterläßt dieser Film einen wirklich nachhaltigen Eindruck, wobei vor allem die Todesangst der Opfer und das sympathische Spiel von Franciscus und Malden im Gedächtnis bleiben.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

17.05.2009 15:27
#47 RE: Bewertet: BEW - Die neunschwänzige Katze (9) Zitat · Antworten


Die neunschwänzige Katze
Il gatto a nove code / The Cat O’Nine Tails




Heute wieder einmal gesehen und folgende Meinung gebildet:

- Darsteller
Was „Die neunschwänzige Katze“ bei Argento-Fans verhältnismäßig unbeliebt, hier aber sehr populär macht, dürfte die Tatsache sein, dass der Zuschauer sich an ein durch und durch positiv gestaltetes Ermittlertrio klammern und in ihm einen Halt finden kann, der ihn leicht über alle Schrecken des Films hinwegträgt. James Franciscus und Karl Malden bilden dabei die beiden Hauptfiguren, denen man (mit der Ausnahme einer sehr spannenden Schlüsselszene) uneingeschränktes Vertrauen schenkt. Ihr Spiel stützt den Film und macht ihn gleichsam so liebenswert wie er eben ist. Die übrigen italienischen Darsteller machen ihre Sache gut, wobei ich einschränken muss, dass Catherine Spaak überhaupt nicht mein Ding ist und eher wie ein aufgedonnerter Pudel als wie eine zumindest anfänglich gepriesene Heldin aussieht und dass andererseits die Charaktere der Wissenschaftler genauer hätten herausgearbeitet werden müssen. Hier gibt es zwar durchaus interessante Ansätze, aber sie wurden hin und wieder nicht weit genug geführt, sodass neben dem Täter auch noch mindestens ein weiterer Forscher reichlich unauffällig wirkt. Ansonsten freut man sich über einige bekannte Gesichter und Stimmen, die wirkungsvoll als Auflockerungen eingesetzt sind.



- Regie
Dario Argento zeigt in „Die neunschwänzige Katze“ abermals ein erstklassiges Gespür für einen gelungenen Giallo. Seinen Äußerungen zum Film ist zu entnehmen, dass er die „Katze“ nicht mag, weil ihm ihre Machart nach dem Erfolg seines Debütfilms aufgezwungen wurde. Vielleicht ist es gerade dieses Missfallen Argentos, das dem Film im Sinne eines recht klassischen Spannungskrimis zugute kommt. Denn Argento geizte trotz einiger Mengen Blut an seinen und genretypischen Erkennungsmerkmalen wie überspitzter und unnötiger Brutalität und Sexualität. Vieles davon kommt nur versteckt oder in ganz realistischer Wirkung auf den Bildschirm. Dies macht die „Katze“ zu einem idealen Einstiegsgiallo, der auch von vielen hier favorisiert wird, weil er zahlreiche Parallelen zu herkömmlichen Wallace- und anderen Krimis aufweist.
Vergiftete Milch (der klassische Hitchcock lässt grüßen), der Held eingesperrt in der Gruft (der klassische Wallace lässt grüßen), Verbrechen mit wissenschaftlich-politischem Hintergrund (der klassische Durbridge lässt grüßen)... Was ich damit ausdrücken will, ist kein Plagiatsvorwurf, da das Script kaum in Anlehnung an einen der genannten Faktoren geschrieben worden sein dürfte, sondern den Grund, warum „Die neunschwänzige Katze“ so gut bei den Forumsusern ankommt und überhaupt als Film so gut funktioniert: Es liegt an der unerhörten, aber eher konventionellen Spannung, die sich in Szenen aufbaut, die vertrauter nicht sein könnten.
Dazu gesellt sich jedoch der neue, anziehende, exotische Reiz des Giallo, der, perfekt technisch ausgeführt, einen ganz delikaten Schuss in das Filmsüppchen gibt. Typische Ingredenzien wie die „Sicht des Mörders“, die stummen Szenen oder das ausgeklügelte Farbenspiel sowie nicht zuletzt die in ihrer Explizität zunehmenden, aber in ihrer Brutalität abnehmenden Mordszenen zeugen davon. Beides zusammengenommen, lässt die „neunschwänzige Katze“ zu einem einmaligen Schnittpunkt der alten und der neuen Phase im Wallace-Filmgeschäft werden.

- Drehbuch
Das Drehbuch ist nicht besser und nicht schlechter als man es von einem guten Giallo erwarten kann. Zwar verfügt es über einige Logiklöcher und Unwahrscheinlichkeiten und versäumt es, das eigentlich hochinteressante Mordmotiv angemessen auszuschlachten, aber diverse Vorteile können nicht verleugnet werden. So liegt es auch am Drehbuch, dass die Spannungsmomente in „Die neunschwänzige Katze“ so gut gelungen und so klug positioniert worden sind. Schock und Zweifel werden in dezenten, aber wirkungsvollen Portionen eingestreut. Daneben treten die obligatorischen menschlichen Abgründe auf. Interessant ist, dass auf eine gelungene Liebesbeziehung im Gegensatz zu anderen Filmen dieser Machart kein Wert gelegt wird.
Humoristische Szenen wie die beim Friseur oder beim Beleidigungsduell fallen sehr skurril und umso amüsanter aus – ungewohnt amüsant für einen Giallo, gewohnt amüsant für einen klassischen Kriminalfilm. Unterstrichen wird dies von der deutschen Synchronisation, die, oftmals als Kalauer-Synchro verschrien, hilft, die Grausamkeiten des Films angenehm auszubalancieren, und ganz nebenbei dem Zuschauer von heute einige „flotte Sprüche“ der 1970er Jahre nahebringt.



- Kamera
In schönstem Scope-Format fängt die Kamera sowohl die repräsentativen Bilder Roms, des Forschungsinstituts und der schönen, damals modernen Wohnungen von Terzi und Merusi ein und verdeutlicht überdies den Kontrast zu dunklen, nächtlichen oder unpersönlichen Szenen auf dem Friedhof, dem Bahnhof oder dem Fotoatelier. Mehrfach wird Geschehen aus den Augen des Mörders gezeigt. Besonders erwähnenswert ist die Schnitttechnik, zwischen zwei Szenen mehrmals hin- und herzuschneiden, bevor man letztendlich bei einer neuen verbleibt.

- Musik
Mit „Ninna nanna in blu“ schuf Ennio Morricone ein einprägsames und wehmütiges, zugleich aber harmonisches und beinahe kindliches Thema, das die Auftritte der kleinen Lori aufgreift. Dass man Morricone auch für diesen Soundtrack wieder gewinnen konnte, war ein Kabinettstück, denn die Musik ist absolut gleichwertig mit der aus dem Vorgängerfilm „The Bird with the Crystal Plumage“ und dem späteren „Geheimnis der grünen Stecknadel“.
Unter der Zeit hört man giallotypisch disharmonisches Zwischengeplänkel, das die Atmosphäre gut unterstützt, ohne Filmbilder aber keinen Bestand hat. Schade ist deshalb, dass man nach dem grandiosen Ende für die Schlussmusik statt des Hauptthemas ein solches Stück ausgewählt hat, das nicht in der Lage ist, die Qualität des gesamten Finales ohne den Zusatz bewegter Bilder zu erreichen und die Handlung entsprechend aufzulösen und abzurunden.



- Gesamtwirkung
Von kleinen Schwächen abgesehen, bietet „Die neunschwänzige Katze“ beste Unterhaltung in der Grauzone zwischen Giallo und Spannungskrimi. Die erstklassigen Auftritte der Hauptdarsteller (Percy Lister hat James Franciscus zurecht mit Joachim Fuchsberger verglichen) bügeln die Durchschnittlichkeit einiger anderer Rollen wieder aus. Der Humor, der zwischen die unheimlichen oder blutigen Szenen gemischt wird, erheitert auf angenehme Weise. Da es jedoch andere Giallos gibt, die mir noch besser gefallen, erhält „Die neunschwänzige Katze“ nicht die ganz volle Punktzahl:

Meine Wertung: 4,5 von 5 Punkten.

2. Edgar-Wallace-Grand-Prix: Übersicht / Epigonen-Grandprix: Übersicht / Quoten
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Joachim Kramp Offline




Beiträge: 4.901

17.05.2009 15:54
#48 RE: Bewertet: BEW - Die neunschwänzige Katze (9) Zitat · Antworten

Zitat von Gubanov
- Gesamtwirkung
Von kleinen Schwächen abgesehen, bietet „Die neunschwänzige Katze“ beste Unterhaltung in der Grauzone zwischen Giallo und Spannungskrimi. Die erstklassigen Auftritte der Hauptdarsteller (Percy Lister hat James Franciscus zurecht mit Joachim Fuchsberger verglichen) bügeln die Durchschnittlichkeit einiger anderer Rollen wieder aus. Der Humor, der zwischen die unheimlichen oder blutigen Szenen gemischt wird, erheitert auf angenehme Weise. Da es jedoch andere Giallos gibt, die mir noch besser gefallen, erhält „Die neunschwänzige Katze“ nicht die ganz volle Punktzahl:

Meine Wertung: 4,5 von 5 Punkten.


Da es für mich die NUMMER EINS unter den Giallos gibt würde mich interessieren welche Dir besser gefallen!!

Joachim.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

17.05.2009 16:00
#49 RE: Bewertet: BEW - Die neunschwänzige Katze (9) Zitat · Antworten
Spontan würde ich ganz klar sagen:
- Das Geheimnis der grünen Stecknadel
und
- Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe

2. Edgar-Wallace-Grand-Prix: Übersicht / Epigonen-Grandprix: Übersicht / Quoten
UND NOCH MEHR LINKS: Der Lümmel-Blog / Das Lümmel-Forum
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Joachim Kramp Offline




Beiträge: 4.901

17.05.2009 16:12
#50 RE: Bewertet: BEW - Die neunschwänzige Katze (9) Zitat · Antworten

Zitat von Gubanov
Spontan würde ich ganz klar sagen:
- Das Geheimnis der grünen Stecknadel
und
- Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe


Wenn ich die beiden ECHTEN Edgar Wallace (STECKNADEL & HALBMOND) mitzähle, kommt er natürlich auch bei mir immer auf den zweiten Platz. Bei meiner Giallo-Liste lasse ich immer die beiden echten Wallace-Filme weg.

1. DIE NEUNSCHWÄNZIGE KATZE
2. DAS GEHEIMNIS DER SCHWARZEN HANDSCHUHE
3. DAS GEHEIMNIS DES GELBEN GRABES
4. DIE NACHT DER ROLLENDEN KÖPFE (blöder dt. Titel)
5. VIER FLIEGEN AUF GRAUEM SAMT
6. SIEBEN JUNGFRAUEN FÜR DEN TEUFEL
7. PROFONDO ROSSO

Joachim.

DanielL Offline




Beiträge: 4.155

17.05.2009 16:27
#51 RE: Bewertet: BEW - Die neunschwänzige Katze (9) Zitat · Antworten
Alle Gialli, die mit der dt. Wallace-Welle in Kontakt gekommen sind, zeigen teilweise noch ein recht klassisches Konstrukt eines Kriminalfalles, nicht nur DIE NEUNSCHWÄNZIGE KATZE.

Auch HANDSCHUHE, als Fortsetzung der Beiden dann auch VIER FLIEGEN, STECKNADEL, HALBMOND und darüber Hinaus Filme wie BLUTIGE SEIDE weisen diese Eigenschaften auf, auch wenn sie bereits deutlich von den charakteristischen Merkmalen des Thrillers beeinflusst sind.

Ganz entschieden halte ich DIE NEUNSCHWÄNZIGE KATZE für stärker als DAS GEHEIMNIS DER SCHWARZEN HANDSCHUHE. Man kann sehr schön an der Trilogie sehen, dass Argento noch in der Entwicklung ist und sein Können von Film zu Film steigert. (Platzierung zw. KATZE und FLIEGEN könnte man diskutieren).

STECKNADEL und HALBMOND verfügen zwar ebenfalls jeweils über solide handwerkliche Arbeit und durchaus kreative Plots, doch letztlich messe ich diesen beiden Filmen weniger Bedeutung bei, da sich die Spannung wesentlich mehr aus spekulativem Sex & Crime ergibt, als bei der Tier-Trilogie von Argento, wo insbesondere die Motivation der handelnden Personen (tlw. aufwendig) herausgearbeitet wird.

Das Argento, der heute zurecht in erster Linie für seine surreale Inszenierung von Horrorszenarien geschätzt wird, selbst scheinbar die Wichtigkeit seiner frühen Gialli verkennt, ist bedauerlich, denn diese Filme haben was seinen im neuen Jahrtausend hergestellten Werken wie CARD PLAYER oder DO YOU LIKE HITCHCOCK fehlt: Erzählerische Dichte!

Gruß,
Daniel

Blap Offline




Beiträge: 1.128

19.02.2010 15:51
#52 RE: Bewertet: BEW - Die neunschwänzige Katze (9) Zitat · Antworten

Die folgenden Zeilen beziehen sich auch die ungekürzte Version!


Die neunschwänzige Katze (Italien, 1970, Originaltitel: Il gatto a nove code)

Der Wachmann eines Forschungsinstitutes wird von einem Einbrecher niedergeschlagen, jedoch wird offensichtlich nichts aus den Räumlichkeiten gestohlen. An dem betreffenden Abend war der erblindete, ehemalige Journalist Franco Arno (Karl Malden) in der Nähe unterwegs, begleitet von der kleinen Lori. Den beiden fiel ein geparktes Auto auf, in dem zwei Männer eine angeregte Unterhaltung führten, Lori konnte aber nur einen der Insassen erkennen. Wenig später erdeckt Lori ein Bild des Mannes in einer Tageszeitung, er wurde Opfer eines tödlichen Unfalls. Arno kommen diese Zufälle merkwürdig vor, er wendet sich an den aktiven Journalisten Carlo Giordani (James Franciscus). Der zeigt sich interessiert und beginnt mit Nachforschungen. Dabei tun sich mehr und mehr Spuren und Verdachtsmomente auf, es kommt zu weiteren Todesfällen, die längst nichts mehr mit Unfällen zu tun haben. So geraten auch Carlo, Franco und Lori in grösste Gefahr...

"Die neunschwänzige Katze" ist der zweite Film aus Argento "Tier-Trilogie", zu der man auch "Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe" (L'uccello dalle piume di cristallo / The Bird with the crystal Plumage, 1969) und "Vier Fliegen auf grauem Samt" (4 mosche di velluto grigio / Four Flies on grey Velvet, 1971) zählt. Die Filme sind handlungstechnisch völlig eigenständig, werden lediglich durch ihre "tierischen" Titel verbunden, wobei die zunächst willkürlich gewählten Titel durchaus einen tieferen Sinn haben. Dazu kann ich nicht mehr schreiben, denn es würde zu unvermeidbaren, anprangerungswürdigen Spoilern kommen.

Aus heutiger Sicht würde ich eher "Die neunschwänzige Katze" für Argentos ersten Giallo halten, denn im Gegensatz zum tatsächlichen Erstling wirkt dieser Film ein wenig "gewöhnlicher" als "Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe". Während "Handschuhe" und "Blutige Seide" (Mario Bava, 1964) so etwas wie die Archetypen des Genres darstellen, kommt "Katze" IMHO deutlich weniger prägend daher, als wäre der Meister noch ein wenig auf der Suche. Dies soll nun nicht heißen der Film wäre mißlungen, nur steht er insgesamt ein wenig im Schatten der anderen Frühwerke von Dario Argento. Natürlich bekommt der Giallo-Fan die geliebten Zutaten auch hier liebevoll präsentiert, nur fällt das Menu diesmal ein bißchen weniger opulent aus. Malden und Franciscus machen ihren Job gut, gleiches gilt für die Nebendarsteller, unter denen man z.B. Horst Frank und Gesichtsruine Werner Pochath findet. Kein Fan des Genres kommt an den frühen Werken von Dario Argento vorbei, dies gilt ausdrücklich auch für "Die neunschwänzige Katze". Die deutsche Synchro möchte ich zwar nicht als mißlungen bezeichnen, jedoch kommt sie manchmal ein wenig zu schnoddrig daher.

Weltweit liegen zahlreiche DVD Auswertungen des Filmes vor. Die deutsche "Deluxe Special Edition" von Starlight Film ist recht ordentlich geworden. Auf zwei DVDs bekommt man die ungekürzte Originalfassung und die Kinofassung geboten. Abgerundet wird das Paket durch eine stattliche Menge Bonusmaterial, die Scheiben kommen in einem schicken Digi samt Schuber. Zeitweise wurde die Auflage regelrecht verschleudert. Inzwischen haben die Preise deutlich angezogen, von daher kann es durchaus Sinn machen, sich nach einer ausländischen Ausgabe umzusehen!

Ein guter Giallo! Der Sprung in die Spitzengruppe bleibt dem Film jedoch verwehrt. 7/10

Lieblingszitat:

"Rasiermesser als Waffe, Kinder, Kinder!"
"Tja, worauf die Leute alles kommen..."

Vom Ursprung her verdorben

Joachim Kramp Offline




Beiträge: 4.901

24.06.2010 08:30
#53 RE: Bewertet: BEW - Die neunschwänzige Katze (9) Zitat · Antworten

Nach erneuter Sicht immer noch 100%ige Begeisterung für diesen erstklsassigen Giallo. Von der ersten Minute an Spannung in bester Hitchcock-Manier. Hitchcock verstand es Personen und Geschichten miteinander zu verknüpfen. Und das ist Argento hier auch perfekt gelungen. Der Blinde Karl Malden mit seiner Nichte - eine Ergänzung wie sie seinesgleichen sucht. Jede Szene spannungsgeladen aufgebaut in einer nicht uninterssanten Geschichte von der man ja Ende der 60er im Glauben war dass es solche Erbfolgen gibt - mal sehen, vielleicht wird sie ja eines Tages wahr und ein Wissenschaftler stellt bei sich die negativen Erbanlagen fest....
Die Musik gehört zu dem Allerbesten was Morricone in dieser Richtung je komponiert hat.
FAZIT: Der Giallo den man sich mehrmals im Jahr ansehen kann - und das noch nach rd. vier Jahrzehnten!

Joachim.
*Filme und Bücher werden niemals alt!*

Joe Walker Offline




Beiträge: 755

24.06.2010 09:30
#54 RE: Bewertet: BEW - Die neunschwänzige Katze (9) Zitat · Antworten

Joachim, ganz meine Meinung. Ist auch mir einer der 'liebsten' Gialli.

http://joewalker.myblog.de/joewalker/art...e-EA-15-07-1971-

Gruß
Joe Walker

Glasauge Offline




Beiträge: 1.321

22.02.2011 16:22
#55 RE: Bewertet: BEW - Die neunschwänzige Katze (9) Zitat · Antworten

Den Film habe ich noch nicht gesehen, werde ihn wohl heute abend gucken. Nur mal in den Anfang hineingeguckt und ich muss sagen, wer aus den ersten zwei Minuten soviel rausholen kann, ist wirklich ein Meister


Ich liebe diesen Soundtrack

Glasauge
Aurum potestas est!

Glasauge Offline




Beiträge: 1.321

22.02.2011 20:40
#56 RE: Bewertet: BEW - Die neunschwänzige Katze (9) Zitat · Antworten

Gerade geguckt und muss sagen:

Argento hat ein Meisterwerk geschaffen!!!
Der Film macht selbst "Wait until Dark" auf meiner Liste den Platz streitig. Ich empfehle allerdings, vor Sehen des Films den Trailer nicht zu gucken, sonst ist die ganze Milchglasszene für die Katz


10/10 Punkten

Glasauge
Aurum potestas est!

wallace-fan Offline




Beiträge: 895

19.07.2011 22:30
#57 RE: Bewertet: BEW - Die neunschwänzige Katze (9) Zitat · Antworten

Habe eben den Film gesehen und erlaube mir folgende Punktebewertung:
(Sachlich, ohne meine Abneigung gegen Giallos gegenüber s/w-Wallace-Filmen, ohne Einfluss der DVD-Qualität, ohne voriger Betrachtung
des Filmtrailers):


10-1 Punkt wegen der meiner Meinung nach unlogischen Aufklärung am Ende,
9-1 Punkt wegen manchmal langatmiger Handlungsabläufe / Handlungsstränge,
8-0,5 Punkte für den unangemessenen Titel im Bezug auf die Handlung.

7,5 von maximalen 10 Punkten.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

15.09.2013 12:50
#58 RE: Bewertet: "Die neunschwänzige Katze" (1970, BEW 8) Zitat · Antworten

„Die neunschwänzige Katze“ belegt mit 61,10 von 70 Punkten Platz 04 von 35 im Giallo-Grandprix 2013. Der Film wurde also mit durchschnittlich 4,36 Punkten pro Person bewertet. Unter zwölf Teilnehmern erhielt er sieben Top-Ten-Nominierungen.

Anzahl der abgegebenen Bewertungen: 10
mit 64,40 Punkten auf Platz 04 in der Kategorie Stil (Inszenierung und Bild)
mit 56,70 Punkten auf Platz 14 in der Kategorie Schock und Provokation
mit 59,50 Punkten auf Platz 06 in der Kategorie Plot und Spannung
mit 60,20 Punkten auf Platz 08 in der Kategorie Darsteller
mit 62,30 Punkten auf Platz 08 in der Kategorie Musik
mit 64,40 Punkten auf Platz 07 in der Kategorie Giallo-Faktor
mit 60,20 Punkten auf Platz 06 in der Kategorie Freie Wertung
Gehe zum IMDb-Eintrag / OFDb-Eintrag

Ray Offline



Beiträge: 1.931

16.12.2015 21:27
#59 RE: Bewertet: "Die neunschwänzige Katze" (1970, BEW 8) Zitat · Antworten

Die neunschwänzige Katze (I/FR/BRD 1971)

Regie: Dario Argento

Darsteller: Karl Malden, James Franciscus, Catherine Spaak, Pier Paolo Capponi, Horst Frank u.a.



Habe auch diesem Film eine zweite Chance gegeben, diesmal entspricht meine Einschätzung jedoch weitgehend der meiner Erstsichtung, soweit ich mich erinnere.

"Die Neunschwänzige Katze" ist im Vergeich zu seinem Vorgänger ein recht konventioneller Kriminalfilm, wenn man einmal von der wieder recht extravaganten Inszenierung der Tötungen sowie der Musik Ennio Morricones absieht. Dies wird häufig mit dem größeren Einfluss der ausländischen Produzenten begründet. Man musste es halt irgendwie allen recht machen...

Da ich nichts gegen konventionelle Thriller habe, empfinde ich es zunächst sogar als erfrischend, dass einem ausnahmsweise mal kein behandschuhter Killer mit dunklem Mantel, Hut und Rasierklinge präsentiert wird, der aus irgendwelchen Gründen einen Rachefeldzug verübt. Denn obwohl es sich dabei um Markenzeichen des Giallo handelt, offenbaren sie auch ein wenig die fehlende inszenatorische und narrative Bandbreite an Ideen. Damit meine ich natürlich nicht die Kreativität der Inszenierung, sondern eher die sich häufig gleichenden Formalia.

Dennoch sieht man dem Film ein wenig an, dass er ein Kompromiss entgegenstehender Vorstellungen ist. "Lieber nicht zu brutal, nicht zu extravagant, nicht zu skurril", so in der Art werden die Anweisungen der Produzenten wohl ungefähr ausgefallen sein. Lässt man die kreative Zurschaustellung der Morde außen vor, fehlt dem Film die Kreativität des Vorgängers, was sich insbesondere in der Auflösung zeigt, die vergleichsweise banal ausfällt. Zudem ist es inkonsequent, einerseits eine stringente Krimihandlung zu verfolgen, andererseits für einen "Whodunit" aber kaum Futter zu liefern. Die Nebenfiguren bleiben überwiegend auf der Strecke, die im Endeffekt unwichtige Figur der Anna Terzi wird dagegen zu sehr in den Vordergrund gerückt, ohne dass dies für das Konstrukt irgendeine Berechtigung hätte.

Gleichfalls im Bereich der Darsteller zieht der Film den Kürzeren. Karl Malden als blinder Hobbyschnüffler und seine umwerfend liebenswerte Nichte bilden ein hinreißendes Duo, welches eines entsprechenden Vergleichspaars in anderen Produktionen ermangelt und daher als "einzigartig" bezeichnet werden darf. In Kontrast dazu steht James Franciscus, bei dem ich die hier mehrfach angestellten Vergleiche zu Fuchsberger nur sehr bedingt nachvollziehen kann. Formal betrachtet würde ich dem noch zustimmen, für meine Begriffe kommt er gleichwohl eher unsympathisch herüber, was vielleicht auch an dem ein oder anderen dämlichen Spruch liegen dürfte, welcher hier in "bestem Schnodderdeutsch" geklopft wird. Spätestens bei dem mit dem N-Wort hört jeder Spaß auf und weicht einem erheblichen Fremdscham. Catherine Spaak kann noch weniger überzeugen. Ihre Figur wirkt wenig ausgearbeitet, ihr Spiel ohne Aussagekraft. Ob es am Drehbuch oder der Synchronisation liegt, weiß ich nicht, aber die Dialoge der beiden geraten mitunter unfreiwillig komisch. Daher flacht der Film auch ab, sobald er sich von dem Duo Malden/De Carolis zu Franciscus/Spaak hangelt. Gegen Musante und Kendall kommen die beiden jedenfalls bei Weitem nicht an. Horst Frank füllt seinen ersten Part im Wallace-Universum hingegen sehr ansprechend aus und bleibt von den Nebendarstellern am meisten in Erinnerung.

Insgesamt merkt man dem Film an, dass sein Budget verdoppelt wurde, was sich besonders an den vermehrten Außenaufnahmen in Rom (Höhepunkt die rasante Autofahrt im Porsche) bemerkbar macht. Positiv im Gedächtnis bleiben auch die kleinen Hitchcock-Anleihen (Szene beim Friseur, Milch).

Das Grundthema Morricones ist sehr gelungen und ein echter Ohrwurm, in den Spannungsszenen ist die Musik jedoch weniger effektvoll und innovativer geraten, so dass auch hier ein Qualitätsunterschied zu den "Handschuhen" erkennbar ist.


Eher konventionell geratener Thriller mit einiger inszenatorischer Raffinesse, der jedoch auf nahezu allen Ebenen hinter seinem Vorgänger zurückbleibt. 3,5/5 Punkten.

Ray Offline



Beiträge: 1.931

03.03.2016 19:20
#60 RE: Bewertet: "Die neunschwänzige Katze" (1970, BEW 8) Zitat · Antworten

Hier habe ich mir erstmals die Originalfassung gegönnt. Meiner Meinung nach sind einige Mordszenen etwas ausgedehnter zu sehen, ansonsten handelt es sich vorwiegend um ergänzende Dialogszenen, was dazu führt, dass der Film so noch etwas langatmiger wird. Er geht sehr gut los, das Niveau nimmt dann m.E. aber zusehends ab. Empfand ich bei der Erstsichtung die beiden ersten Argento-Werke noch als gleichwertig, driften sie zusehends auseinander. "Handschuhe" sehe ich deutlich stärker inzwischen.

Tendiere hier eher zu 3/5.

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