Sie sind vermutlich noch nicht im Forum angemeldet - Klicken Sie hier um sich kostenlos anzumelden Impressum 
Forum Edgar Wallace ,...



Sie können sich hier anmelden
Dieses Thema hat 70 Antworten
und wurde 4.538 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker international
Seiten 1 | 2 | 3 | 4 | 5
Havi17 Offline




Beiträge: 3.763

29.03.2020 14:51
#46 RE: Tradition in neuem Gewand: Post- und Neo-Noirs ab 1959 Zitat · Antworten

Nennen wir es besser Reihe, also eine lose Folge von Madison Spielfilmen.

Gruss
Havi17

Ray Offline



Beiträge: 1.930

16.04.2020 13:27
#47 RE: Tradition in neuem Gewand: Post- und Neo-Noirs ab 1959 Zitat · Antworten

Stimmt, aber wenn wir schon so genau sind, nennen wir die Figur besser auch gleich beim richtigen Namen: Madigan.


Der Mitternachtsmann (The Midnight Man, USA 1974)

Regie: Roland Kibbee, Burt Lancaster

Darsteller: Burt Lancaster, Susan Clark, Cameron Mitchell, Harris Yulin u.a.



Frisch von einer Haftstrafe entlassen, die er wegen der Tötung des Liebhabers seiner Ehefrau verbüßen musste, tritt Ex-Polizist Slade eine Stelle als Nachtwächter in einem College an. Und die Stellung entpuppt sich als aufregender als gedacht: Schon in der ersten Nacht werden Tonbänder mit sensiblem Gesprächsinhalt gestohlen und kurz darauf eine junge Studentin getötet, die von dem Diebstahl betroffen war. Slade beginnt, Ermittlungen anzustellen und macht sich damit nicht nur Freunde...

Burt Lancaster übernahm nicht nur die Hauptrolle in diesem 1970er-Jahre-Thriller, sondern teilte sich auch Produktion und Regie mit Roland Kibbee. Der Film nimmt offensichtlich Anleihen beim klassischen Film Noir. Lancaster gibt einen verkappten Detektiv und der Mordfall entpuppt sich bald als eine Intrige größeren Ausmaßes. Auch eine Femme Fatale findet sich unter den Figuren. Trotz kleinerer Actionszenen handelt es sich um einen ruhigeren Vertreter des Genres, Lancaster agiert seinem Alter entsprechend. Seine Figur ist sehr sauber herausgearbeitet, wodurch eine Identifikation leicht fällt. Man fiebert mit, wenn sich Slade entgegen aller Widerstände und Anschläge auf seine Person von seinen Ermittlungen nicht abbringen lässt. Trotz einer Lauflänge von zwei Stunden kommt keine Langeweile auf. Im Hinblick auf die Auflösung verhebt sich der Film jedoch ein wenig in seinem Bestreben, immer weitere Verwicklungen und Überraschungen zu präsentieren. Dies wertet den Film in der Gesamtbetrachtung ein wenig ab. Gleichwohl ist "Der Mitternachtsmann" allemal sehenswert. In weiteren Rollen sind die seinerzeit viel beschäftigte Susan Clark („Nur noch 72 Stunden“, „Coogans großer Bluff“, „Die heiße Spur“) und der im Thriller-Fach enorm präsente Harris Yulin (ebenfalls „Die heiße Spur“, „Scarface“, „Training Day“) zu sehen.

Die Blu-Ray von Koch und Explosive Media zeigt den Film in erstklassiger Bildqualität. Als Bonus gibt es ein Wendecover, den Kino-Trailer und eine Bildergalerie.


Klassischer Thriller mit einem starken Burt Lancaster als Hauptdarsteller, Produzent und Regisseur in Personalunion, dessen Auflösung den Zuschauer mit immer neuen Enthüllungen ein wenig überfordert. 4 von 5 Punkten.

Ray Offline



Beiträge: 1.930

22.05.2020 13:34
#48 RE: Tradition in neuem Gewand: Post- und Neo-Noirs ab 1959 Zitat · Antworten

Der Tod kennt keine Wiederkehr (The Long Goodbye, USA 1973)

Regie: Robert Altman

Darsteller: Elliott Gould, Nina van Pallandt, Sterling Hayden u.a.



Eines Abends erhält Detektiv Philip Marlowe Besuch von seinem Freund Terry Lennox, der ihn bittet, ihn über die Grenze nach Mexiko zu fahren. Nach Ausführung des vermeintlichen Freundschaftsdiensts wird Marlowe prompt verhaftet. Grund: Die Frau seines Freundes Terry ist tot und Marlowe wird verdächtigt, seinem Kumpel zur Flucht verholfen zu haben. Nach seiner Entlassung erhält er von einer attraktiven jungen Frau den Auftrag, ihren Mann zu suchen. Als Marlowe abends von Gangstern aufgesucht und nach Geld gefragt wird, das Freund Terry ihnen schulde und die Gangster im Anschluss zu seiner neuen Auftraggeberin fahren, ahnt Marlowe, dass beide Fälle irgendwie zusammenhängen...

„Der Tod kennt keine Wiederkehr“ beruht auf dem Roman „Der lange Abschied“ von Raymond Chandler. Der Film ist anders als andere Produktionen dieser Zeit („Chinatown“, „Fahr zur Hölle, Liebling!“) kein Retro Noir, sondern verlegt die Handlung in das Los Angeles der 1970er. Der Marlowe in der Interpretation von Darsteller Elliott Gould („Ocean's 11-13“) wirkt dabei mit Anzug, Krawatte und Zigarette im Mund ein wenig wie aus der Zeit gefallen, zieht man seine Nachbarinnen zum Vergleich heran, die permanent barbusig auf dem Balkon Yoga-Übungen machen und Hasch-Kekse backen. Die Story ist eine genre-typische, wobei sogleich hervorgehoben werden muss, dass man anders als z.B. bei „Tote schlafen fest“ der Handlung von Anfang bis Ende gut folgen kann. Die beiden Fälle hängen wie schon in der Inhaltsangabe angedeutet letzlich zusammen, was vergleichsweise schlüssig dargetan wird. Der Handlungsverlauf punktet mit mancher Wendung und Überraschung, das Finale endet zudem mit einem kleinen Paukenschlag. Inszenatorisch bewegt sich das Werk von Robert Altman überdies auf hohem Niveau. Die Kamera bleibt ständig in Bewegung und hält die Neugierde des Zuschauers stets aufrecht. In einer Dialogszene wird der Betrachter durch Zoom auf ein dramatisches Geschehen aufmerksam gemacht, von dem die beiden in die Unterhaltung vertieften Figuren erst später Notiz nehmen. Durch diesen Wissensvorsprung kreiert Altman auf höchst effektive Weise Suspense. In musikalischer Hinsicht bemerkenswert ist, dass man weithin mit der Variation eines einzigen Musikstücks auskommt. Auf Seiten der Darsteller gibt es übrigens ein Wiedersehen mit Noir-Veteran Sterling Hayden, der den gesuchten Ehemann spielt, der sich als alkoholkranker Schriftsteller entpuppt. In einer Nebenrolle ohne Text ist zudem Arnold Schwarzenegger zu sehen.

Im Rahmen der Kinoauswertung war „Der Tod kennt keine Wiederkehr“ kein großer Erfolg beschieden, im Laufe der Zeit erhielt das Werk jedoch die verdiente Anerkennung. Inzwischen ist der Film von Koch in guter Qualität und reichlich Bonusmaterial als Blu-Ray/DVD-Kombo im Mediabook erhältlich.


Inhaltlich wie inszenatorisch überzeugende Chandler-Adaption, die Detektiv Marlowe gekonnt in das Los Angeles der frühen 1970er-Jahre überführt. 4,5 von 5 Punkten.

DanielL Offline




Beiträge: 4.155

22.05.2020 19:27
#49 RE: Tradition in neuem Gewand: Post- und Neo-Noirs ab 1959 Zitat · Antworten

Klasse, Der Tod kennt keine Wiederkehr liest sich gut und mit Koch als Label schreit das nach "In den Einkaufswagen".

Zunächst wage ich mich allerdings an eine Rückmeldung zu

NUR NOCH 72 STUNDEN.

Zitat
Der Film ist von dieser einzigartigen Atmosphäre durchtränkt, wie sie nur Polizeikrimis der späten 1960er- und frühen 1970er-Jahre ausstrahlen können.



Das ist DER Satz in deiner Besprechung, den ich total unterschreibe. Wenn Richard Widmark und Harry Guardino mit Anzug, Hemd, Krawatte und Hut zum Score von Don Costa durch die 1968'er Straßen Manhattans laufen - das hat schon das gewisse Etwas. Mein großes Problem ist nur: Das war's denn aus meiner Sicht fast, obwohl die Namen in der Cast & Crew-Liste da durchaus die Erwartungen hochschrauben. Nachdem ich bei der ersten Sicht im letzten Jahr noch dachte, der Film hätte mich vielleicht einfach an einem falschen Tag erwischt, traue ich mich nach der Zweitsichtung doch zu sagen: Alles in Allem ganz schön langweilig! Natürlich ist es interessant zu beobachten, dass Don Siegel hier im Prinzip schon sein großes Thema setzt: Die Staatsorgane und ihre Anfälligkeit, moralische Fragen, private Entbehrungen. Allerdings ist Dirty Harry mit Callahan, seinen Konflikten und der konstant erzählten Story um den Killer wirklich on point. NUR NOCH 72 STUNDEN beginnt und endet mit einer Situation, in der sich unsere Identifikationsfiguren wirklich selten dämlich anstellen. Dazwischen fragt man sich ständig, wo der Film nun eigentlich gerade hin will. Hier die Story um den gesuchten Verbrecher, hier Fonda als Polizei-Chef mit beruflichen Problemchen, dann ein bisschen Familienzwist bei jeder Hauptfigur privat,... Da will uns Siegel möglichst viele Studien seiner Charaktere auftischen und am Ende fehlt genau das, was auf der Rückseite der DVD Hülle behauptet wird: "Thriller mit atemloser Spannung". Kann ich wirklich überhaupt nicht bestätigen. Tolle Charakterköpfe in eindrucksvoller Atmosphäre und fadem, ereignisarmen Plot. Siegel wusste sich zu steigern. (2/5)

Gruß,
Daniel

Ray Offline



Beiträge: 1.930

22.05.2020 22:42
#50 RE: Tradition in neuem Gewand: Post- und Neo-Noirs ab 1959 Zitat · Antworten

Interessant, danke für die Rückmeldung.

Normalerweise würde ich nach zwei Sichtungen auch sagen "Das war's dann", wenn es bei mir nicht ausgerechnet bei dem vorliegenden Film erst beim dritten Mal richtig "Klick" gemacht hätte. Allerdings muss ich gleich einräumen, dass ich den Film vor der diesmaligen Sichtung wenigstens mit 3,5/5 im Gedächtnis abgelegt hatte. Warum er mir nunmehr wesentlich besser gefallen hat als bei den ersten beiden Sichtungen, darüber kann ich natürlich nur mutmaßen. Seinerzeit kannte ich mich allgemein im Bereich Noir bzw. Polizeithriller noch weniger gut aus und auch mit Widmark war ich noch deutlich weniger vertraut. Außerdem war ich diesmal durch die Virgil Tibbs-Reihe gewissermaßen "im Flow" was Polizeithriller dieser Zeit angeht, als ich den Film sah. Wobei "Nur 72 Stunden" tatsächlich eher ein Cop-Drama ist im Vergleich zu Filmen wie "Dirty Harry", die wie du richtig sagst deutlcih geradliniger sind. Muss man mögen.

schwarzseher Offline



Beiträge: 626

23.05.2020 10:51
#51 RE: Tradition in neuem Gewand: Post- und Neo-Noirs ab 1959 Zitat · Antworten

Ich muss zugeben das ich keine Filme nur deshalb mehrmals anschaue weil ich denke " hallo......das wars ? da muss doch mehr hinter stecken ....."
Aber einige Filme hat man ja irgendwie im laufe der Jahre doch mehrmals gesehen ( ohne besonderen Grund )
Ich glaube das der Polizeithriller auch über verschiedene Schienen läuft.
Virgil Tibbs eindeutig über den charismatischen Hauptdarsteller und der eindringlichen aber nicht aufdringlichen Beschreibung der Situation die alle oft nachdenklich zurück lässt.
Ganz anders Dirty Harry.....auch hier eine Situationbeschreibung ,ausufernde Kriminalität auf den Straßen.Und dann endlich mal einer der dem Pack mal richtig auf die F....haut.Im Grunde eher eine Linie mit Charles Bronson und seiner "Ein Mann sieht rot " Reihe.
Und dann die Widmarks usw. deren eigendlicher "Feind" sie selber mit ihrer Mittelmäßigkeit und ihren Problemen sind ( also die Rollen wohlgemerkt )

Alles funktioniert gut oder weniger gut mit dem jeweiligen Darsteller .Und oft sind die wirklich gut gewählt.

Ray Offline



Beiträge: 1.930

08.07.2020 22:52
#52 RE: Tradition in neuem Gewand: Post- und Neo-Noirs ab 1959 Zitat · Antworten

Narrow Margin - 12 Stunden Angst (Narrow Margin, USA 1990)

Regie: Peter Hyams

Darsteller: Gene Hackman, Anne Archer, Harris Yulin, J.T. Walsh u.a.



Im Rahmen eines Blind Dates mit einem erfolgreichen Rechtsanwalt wird Carol Hunnicut unbemerkt Zeugin, wie der Anwalt von dem Begleiter eines Klienten erschossen wird. Carol taucht unter und wird durch den zuständigen Staatsanwalt Caulfield in einem Ferienhaus in den Rocky Mountains aufgespürt. Als er mit einem Kollegen das Haus aufsuchen will, wird von einem Hubschrauber aus ein Anschlag auf das Haus verübt. Caulfield und Carol können mit einem Wagen fliehen, der Kollege ist tot. Einziger Ausweg scheint eine Fahrt mit dem Zug in Richtung Vancouver. Doch auch im Zug warten schon Menschen, die die unliebsame Zeuge beseitigen sollen...

„Narrow Margin – 12 Stunden Angst“ ist ein Remake des (mir noch unbekannten) klassischen Film Noirs „Um Haaresbreite“ („Narrow Margin“) aus dem Jahre 1952 von Richard Fleischer. Das Remake von Peter Hyams, das inzwischen auch schon 30 Jahre auf dem Buckel hat, funktioniert als klassischer Thriller und überzeugt von heutiger Warte aus mit handwerklich sehr ordentlicher und vor allem handgemachter Action, die man inzwischen so kaum noch vorfindet. Auch eine Lauflänge von knapp über 90 Minuten gibt es heute selten. Insofern hat man es im Ganzen mit einem ausgesprochen kurzweiligen Film zu tun, der zudem mit hohen Schauwerten um die Rocky Mountains punkten kann. Mit Gene Hackman („French Connection I & II“, „Die heiße Spur“) hat die Produktion darüber hinaus ein echtes Faustpfand für die Hauptrolle. Er gibt überzeugend den engstirnigen und höchst fokussierten Staatsanwalt. Leider tritt der immer gern gesehene Harris Yulin trotz zentraler Rolle nur zu Anfang und am Schluss auf. Seine Handlanger sind leider nicht sonderlich charismatisch, was ein wenig auf Kosten der Spannung geht. Anne Archer agiert als verfolgte Zeugin solide.

Der Film ist jüngst als Blu-Ray-/DVD-Kombo im Mediabook bei Koch erschienen. Das Bild ist gut, dazu gibt es ein paar kurze Interviews, Drehberichte, eine Bildergalerie und ein lesenswertes Booklet, das sich vor allem Regisseur Peter Hyams und der manchmal zweifelhaften Unterscheidung bei Regisseuren zwischen künstlerisch wertvollem „auteur“ und bloßem „Handwerker“ widmet. Für Thriller-Freunde und Fans von Gene Hackman allemal einen Blick wert.


Thriller alter Schule mit einem überzeugenden Gene Hackman in der Hauptrolle und überzeugender, handgemachter Action. Kleinere Schwächen in Konstruktion und Nebenfiguren werten den Film etwas ab. 4 von 5 Punkten.

Ray Offline



Beiträge: 1.930

12.12.2020 17:26
#53 RE: Tradition in neuem Gewand: Post- und Neo-Noirs ab 1959 Zitat · Antworten

Die Spur führt zurück - The Two Jakes (The Two Jakes, USA 1990)

Regie: Jack Nicholson, Harvey Keitel, Meg Tilly, Madeleine Stowe, Eli Wallach u.a.



Detektiv Jake Gittes wird vom Immobilienunternehmer Julius Berman beauftragt, den Beweis für die Untreue seiner Gattin zu liefern. Bei einer Abhöraktion in einem Hotel, bei der Bermans Frau inflagranti mit ihrem Liebhaber erwischt werden soll, dreht der mit anwesende Berman durch und erschießt den Mann, der sich als Bermans Geschäftspartner entpuppt. War die Affäre der Frau nur ein Vorwand, um sich Anteile des Geschäftspartners an einem gemeinsamen Bauprojekt zu sichern?

„Die Spur führt zurück“ ist eine Fortsetzung von Roman Polanskis Neo Noir-Klassiker „Chinatown“. Jack Nicholson schlüpfte ein weiteres Mal in die Rolle des Privatdetektivs und übernahm sogleich auch die Regie. Wie der Titel schon sagt, rekurriert der Film inhaltlich auf den Vorgänger, weshalb sich grundsätzlich eine chronologische Sichtung lohnt, wenngleich der Film auch funktioniert, wenn man „Chinatown“ noch nicht oder länger nicht gesehen hat. Nicholson stand ein ordentliches Budget zur Verfügung, was sich in der prächtigen Ausstattung zeigt. Die Handlung ist ganz in der Tradition der Chandler-Romane ein wenig auf Verwirrung und Schein und Sein angelegt, dazu gibt es herrliche Erzählerkommentare des Privatdetektivs aus dem Off. Nicholson tritt wie schon im Vorgänger sehr überzeugend auf, mit Harvey Keitel und Madeleine Stowe sind weitere Darsteller mit an Bord, die für gutes Schauspiel sorgen. Obwohl der Film die ein oder andere Länge hat, manche Figur etwas links liegen lässt (insbesondere die Lebensgefährtin von Gittes) und insgesamt (erwartungsgemäß) nicht an die Qualität des Vorgängers heranreicht, bietet „Die Spur führt zurück“ gleichzeitig doch
hochwertige Kriminalfilmunterhaltung, die den Zuschauer tief in das Los Angeles kurz nach Kriegsende eintauchen lässt.

Die frisch erschienene Blu-Ray von Universal zeigt den Film in einer für die Entstehungszeit exzellenten Qualität und ist vom Start weg für unter 10 Euro zu haben. Dafür muss man abgesehen von einem Wendecover auf Extras verzichten.


Wenn „Die Spur führt zurück“ auch nicht an den berühmten Vorgänger „Chinatown“ heranreicht, bietet der von Jack Nicholson höchstselbst inszenierte Film doch sehr gute Retrokrimi-Unterhaltung. 4,5 von 5 Punkten.

Ray Offline



Beiträge: 1.930

11.01.2021 21:27
#54 RE: Tradition in neuem Gewand: Post- und Neo-Noirs ab 1959 Zitat · Antworten

Da ist es, das erste ganz große Highlight in 2021.



Straßen der Nacht (Hustle, USA 1975)

Regie: Robert Aldrich

Darsteller: Burt Reynolds, Catherine Deneuve, Ben Johnson, Paul Winfield, Ernest Borgnine u.a.



Am Strand von Los Angeles wird die Leiche einer Striptease-Tänzerin gefunden. Lieutenant Phil Gaines geht schnell von Selbstmord aus. Der Vater der Toten gibt sich damit jedoch nicht zufrieden und strengt eigene Ermittlungen an. Dabei stößt er auf einen einflussreichen Anwalt, der zu den Kunden von Gaines‘ Lebensgefährtin, einer Edelprostituierten, zählt…

„Straßen der Nacht“ ist ein zu Unrecht etwas vergessener, absoluter Vorzeige-Noir. Burt Reynolds spielt den ermittelnden Polizisten, der seine Frau inflagranti mit ihrem Liebhaber erwischt hat und nun Halt bei einer Edelprostituierten, gespielt von Catherine Deneuve, sucht. Regisseur Robert Aldrich („Rattennest“) ist es gelungen, einen ungemein komplexen Polizeikrimi zu inszenieren. Die Figuren sind sehr fein herausgearbeitet, sowohl in der Beziehung Reynolds-Deneuve, die sehr gut harmonieren, als auch im Ermittlungsfall, finden sich in diesem Zusammenhang zahlreiche, hervorragend gespielte Szenen. In weiteren Rollen sind Paul Winfield als Partner von Reynolds – auch hier ist die Chemie enorm - sowie Ernest Borgnine als deren Vorgesetzter zu sehen, der sich überwiegend von Karottensaft zu ernähren scheint. Großartig auch Ben Johnson in der Rolle des Korea-Krieg gebeutelten Vaters der Toten, der das Abrutschen der Tochter ins Rotlichtmilieu und ihr Ende im (vermeintlichen?) Selbstmord nicht wahrhaben will. Im Laufe der Handlung drohen die berufliche und private Seite der Hauptfigur sich zu vermischen. Die Musik in den Liebesszenen erinnert ein wenig an den „Stecknadel“-Score von Morricone, dazwischen gibt es eine Reminiszenz an die Nouvelle Vague, wenn Reynolds und Deneuve sich zusammen „Ein Mann und eine Frau“ im Kino ansehen. Generell ist die Stadt der Engel in den 1970ern atmosphärisch exzellent eingefangen. Im Finale wird es nochmal furios, das Ende ist dem Ton des Films völlig angemessen. Summa summarum kann man diesen in jeder Hinsicht großartigen 1970er-Krimi nur allerwärmstens empfehlen.

Die recht günstig erhältliche DVD von Paramount bietet ein solides Bild.


Hervorragender, komplexer Polizeikrimi aus den 1970ern mit einem überzeugenden Burt Reynolds. 5 von 5 Punkten.

Der Mönch mit der Peitsche Offline



Beiträge: 476

11.01.2021 23:14
#55 RE: Tradition in neuem Gewand: Post- und Neo-Noirs ab 1959 Zitat · Antworten

Ernest Borgnine, auch bekannt als "Santini" aus der amerikanischen Actionserie, "Airwolf"!!!.

Ray Offline



Beiträge: 1.930

29.01.2021 12:03
#56 RE: Tradition in neuem Gewand: Post- und Neo-Noirs ab 1959 Zitat · Antworten

Zitat von Ray im Beitrag #4
Point Blank (USA 1967)

Regie: John Boorman

Darsteller: Lee Marvin, Angie Dickinson, Keenan Wynn u.a.



Ein Mann, der von allen nur "Walker" genannt wird (Marvin), wird bei einem Coup von seinem Freund und seiner Ehefrau gelinkt und niedergeschossen am Tatort zurückgelassen. Von dieser Schmach getrieben, begibt sich Walker auf eine Jagd nach seinem Geld, welche ihn über seinen Kumpanen in eine ominöse "Organisation" führt...

Sieht man gemeinhin "Die Spur des Falken" als Beginn des klassischen Noir an, so markiert "Point Blank" den Anfangspunkt für die Ära des Neo Noir. Doch was macht diesen Film so besonders, dass er einerseits an alte Traditionen anknüpfen, dabei aber gleichzeitig neue Wege gehen kann?

Zunächst der Tradition des Noir verpflichtet, wandeln durch die Geschichte ausschließlich verkommene Individuen. Ob die Machthaber der "Organisation" auf der einen oder diejenigen, die von ihr ausgenutzt werden, auf der anderen Seite. Demgegenüber steht eine Inszenierung, die in Kontrast zu den ausgereiften Licht- und Schattenbildern der klassischen Ära das Medium "Farbfilm" äußerst gewinnbringend einzusetzen vermag. Highlights sind insoweit die Szene im Jazz-Club, in der Walker sich hinter der Bühne in grelle Farben getaucht einen Kampf mit Handlangern der "Organisation" liefert oder jene, in der er sich zu seiner (Ex-)Frau begibt und dabei zwischen ihm und ihr hin- und hergeschnitten wird. Auffallend generell der Einsatz von Vor- und Rückblenden. Der Film wird getragen von einer einmaligen Direktheit. Es ist faszinierend, dabei zuzusehen, wie Walker mit seiner ruppigen, unverfrorenen Art gelingt, die "Organisation", die sonst wie ein Uhrwerk funktioniert, Stück für Stück auseinander zu nehmen. Ganz oben wartet auf ihn schließlich eine Überraschung.

Die "Organisation" steht stellvertretend für all jene durchorganisierten Machtapparate, in dem jeder Einzelne letzten Endes nichs wert und daher fungibel ist und derjenige, der ganz oben sitzt, alle Zügel in der Hand hält.

Auffällig ist die Duplizität der Ereignisse, so spielen etwa Anfang und Ende in Alcatraz. Ansonsten sind es Details, die Walker oft in Erinnerungen einfallen, die er so oder so ähnlich schon erlebt hat, mithin zum zweiten Mal erlebt.

Neben Lee Marvin als Walker sieht man in der weiblichen Hauptrolle Angie Dickinson. Die beiden hatten schon 1964 in "Der Tod eines Killers" gemeinsam vor der Kamera gestanden, der wie "Die Killer" von Robert Siodmak auf der gleichnamigen Hemingway-Kurzgeschichte beruht. Die Chemie der beiden stimmt sichtlich. Dickinson ist keine übliche Femme Fatale, sondern auch einer der Orientierungslosen, die von der "Organisation" ausgenutzt wurde und ein persönliches Schicksal erlitten haben. Sie hat nichts zu verlieren, schließt sich daher Walkers Rache an, jedoch nicht, ohne ihm zwischendrin mit beiden Fäusten entgegenzutreten. Jene Szene, in der sie sekundenlang mit beiden Fäusten auf Walker einschlägt und dann völlig entkräftet zusammenbricht, ist beispielhaft für die enorme Intensität des Films. Dickinsons Ausstrahlung gibt dem Film im Übrigen eine besondere (erotische) Note.

Das Ganze ist derart atemlos, dass die knapp 90 Minuten wie im Fluge vergehen.


"Point Blank" bietet einen fulminanten Auftakt in die Neo Noir-Ära. Eine an sich konventionelle Rachestory wird durch eine einzigartige Inszenierung und eine einmalige Unmittelbarkeit zu einem fesselnden Vergnügen. Es gibt an diesem Film schlicht nichts auszusetzen. 5/5 Punkten.



Mal wieder gesehen. Der Film ist und bleibt einfach eine Granate. In diesem Zusammenhang ist auch wieder die Episode der Podcast-Reihe "Ein Filmarchiv" sehr hörenswert.

https://filmarchiv.chamberofunderstandin...int-blank-1967/

Der Mönch mit der Peitsche Offline



Beiträge: 476

29.01.2021 16:08
#57 RE: Tradition in neuem Gewand: Post- und Neo-Noirs ab 1959 Zitat · Antworten

Toller amerikanischer "Sixties-Reißer"...echt klasse!!!.

Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 644

29.01.2021 18:52
#58 RE: Tradition in neuem Gewand: Post- und Neo-Noirs ab 1959 Zitat · Antworten

Ich hab den Film vor einigen Jahren aufgrund guter Rezensionen angeschaut, auch weil ich Sixties-Filme mag. Aber ich muss zugeben, bei mir hat er überhaupt nicht "gezündet". Fand ihn echt langweilig. Hab ich da was übersehen ? Käme sicher noch mal auf einen neuen Versuch an.
Lee Marvin, der "Wandering Star", ist eigentlich ein guter Einzelgänger-Typ für harte Sachen, aber mit der Handlung konnte ich nicht viel anfangen. Naja, wieder mal Geschmackssache.

Ray Offline



Beiträge: 1.930

29.01.2021 19:44
#59 RE: Tradition in neuem Gewand: Post- und Neo-Noirs ab 1959 Zitat · Antworten

Die ersten 15 Minuten sind vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, da wollte ein damals noch junger Regisseur zeigen, was er so alles im inszenatorischen Repertoire hat, wie im o.g. Podcast ausgefürht wird. Danach bietet er doch ausgesprochen stringente Genre-Unterhaltung. Dass du ihn als "langweilig" in Erinnerung hast, wundert mich doch ein wenig. Mir fallen umgekehrt wenige Filme ein, die kurzweiliger sind. Er ist von jeglichem unnötigen Story-Ballast befreit, bietet viele reizvolle Schauplätze, tolle Schauspieler (neben Marvin die wunderbare Angie Dickinson und den als Fiesling immer sehenswerten John Vernon). Ich würde "Point Blank" viellicht doch nochmal eine Chance geben. Ist ja auch schon mal eine Stimmungsfrage. Den exzellenten Ruf hat der Film m.E. völlig zu Recht. Wenn ich 10 Lieblingsfilme (genreübergreifend) nennen müsste, hätte "Point Blank" sehr aussichtsreiche Chancen, darunter zu fallen.

Ray Offline



Beiträge: 1.930

30.01.2021 11:04
#60 RE: Tradition in neuem Gewand: Post- und Neo-Noirs ab 1959 Zitat · Antworten

Apropos Lee Marvin, Angie Dickinson und Neo Noir: Koch veröffentlicht am 11.02. "Der Tod eines Killers" von "Dirty Harry"-Regisseur Don Siegel als Ultra HD-BluRay/einfache Blu-Ray-Kombo im Mediabook (neigen sich die Zeiten der Blu-Ray/DVD-Kombos dem Ende zu?), als Bonus gibt es obendrein das großartige Original "Die Killer"/"Rächer der Unterwelt" von Robert Siodmak mit Burt Lancaster und Ava Gardner, ebenfalls als Blu-Ray!

https://www.amazon.de/eines-Killers-Medi...ps%2C182&sr=8-1

Seiten 1 | 2 | 3 | 4 | 5
 Sprung  
Xobor Einfach ein eigenes Forum erstellen
Datenschutz