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Dieses Thema hat 45 Antworten
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 Film- und Fernsehklassiker national
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Georg Offline




Beiträge: 3.263

27.08.2010 15:09
#16 RE: Deutsche Fernsehproduktionen nach Agatha Christie Zitat · Antworten

"Mord im Pfarrhaus" kommt sehr behäbig daher, stimmt, Inge Langen als Miss Marple (im Nachspann "Fräulein Marple") ist natürlich eine totale Fehlbesetzung, wenn man an die Rutherford denkt, die sicherlich für den Großteil der Inbegriff aller Marple-Darstellungen ist. Sie wirkt in dem Film tatsächlich sehr jung, das ist mir auch beim Sehen aufgefallen. Insgesamt kommt Langen aber der bewusst etwas blassen Christie-Figur der Miss Marple wohl näher. Dabei hätte das deutsche Fernsehen auch jede Menge resolute ältere Damen gehabt, die diese Rolle mit Bravour ähnlich wie die Rutherford spielen hätten können.

Georg Offline




Beiträge: 3.263

17.09.2010 17:41
#17 RE: Deutsche Fernsehproduktionen nach Agatha Christie Zitat · Antworten

Ein Fremder klopft an
HR 1967, Regie: Kurt Früh, Darsteller: Gertrud Kückelmann und Heinz Bennent sowie Karl Georg Saebisch, Edda Seippel u.a.

Infos zum Inhalt: http://krimiserien.heimat.eu/fernsehspie...derklopftan.htm

Da mir dieser Film nun vorliegt (bestellbar übrigens für jedermann für 50 Euro beim HR-Mitschnittservice), möchte ich einige Worte darüber verlieren.

Mit dieser Verfilmung liegt ein wahnsinnig spannender und hervorragend gespielter Fernsehkrimi vor! Die Handlung beschränkt sich auf zwei Orte: die Wohnung Cecilys und (ab Minute 20 ca.), das einsame Landhaus, fernab jeglicher Zivilisation gelegen, von Szenenbildner Horst Klös sehr stilecht gestaltet. Der Film weist Studioatmosphäre auf, wurde also mit mehreren Kameras gleichzeitig gedreht. Im Gegensatz zu sonstigen Christie-Krimis baut dieser Film psychothrillerartig die Spannung auf. Nicht die Frage "Wer ist der Mörder?" steht im Mittelpunkt, sondern "was hat der nervöse, etwas kränkliche Bruce (Heinz Bennent) mit Cecily (Gertrud Kückelmann) vor?" ist die zentrale Frage. Es tauchen immer mehr Verdachtsmomente auf. Man fragt sich ständig, worauf das Ganze hinaus laufen wird und wird mit den letzten 20 Minuten, die hervorragend von Bennent und Kückelmann getragen werden, belohnt: eine überraschende Wende, tolle Großaufnahmen (Bennent IST der Psychopath, er spielt ihn nicht!!!) und Ablenkungsmanöver seitens Cecilys lassen einen hier kaum zu Atem kommen.

Heinz Bennent in seiner Rolle als nervöser, kränklicher Ehemann, der etwas verbirgt und niemanden in seinen im Landhaus gelegenen Keller lässt, ist die Idealbesetzung. Ein Vergnügen, ihm zuzusehen. Die Rolle selbst ist so fordernd, dass ich mir hier auch sehr gut Klaus Kinski vorstellen hätte können, Bennents Spiel erinnert mich ein wenig an ihn. Gertrud Kückelmann stellt ihre Schauspielkunst vor allem in der letzten halben Stunde unter Beweis, als sie gemeinsam mit dem Psychopathen Bennent nachts alleine im einsamen Landhaus ist, dessen sämtliche Türen versperrt sind. Nette und sympathische Nebenrollen spielen Edda Seippel als überdrehte Tante und Karl-Georg Saebisch als Arzt (so hätte ich mir einen Arzt anno '67 auch vorgestellt!). Der Film kommt ohne Musik aus und die Spannung entwickelt sich lediglich aus dem Spiel, dem Verhalten und den Gesprächen der beiden Hauptdarsteller.

Mir gefällt "Ein Fremder klopft an" wesentlich besser als "Mord im Pfarrhaus" (Quest / 1970) und "Black Coffee" (Wirth / 1973), annähernd auf gleichem Niveau (vielleicht auch etwas darunter) bewegt sich nur "10 kleine Negerlein" (von Hans Quest). Übrigens dürfte es beim Film ein Titelschutzproblem gegeben haben, bei der Erstsendung 1967 lief er noch als "Ein Fremder klopft an", in der ersten Wiederholung 1968 dann plötzlich als "Love from a Stranger". Dieser Verdacht wird durch die HR-Kopie bestätigt, bei der statt des Titels ein schwarzes Bild mit dem Titel "Love from a Stranger" ohne Ton eingeblendet wird, worauf plötzlich die weiteren Titeleinblendungen direkt in die Handlung und mit Hintergrundton zu sehen sind.

Der Film kommt ohne Außenaufnahmen aus, besticht aber gerade durch seine kammerspielartige Atmosphäre, die für die beklemmenden Finalszenen unbedingt nötig sind. Von mir eine absolute Empfehlung!

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

18.09.2010 14:54
#18 RE: Deutsche Fernsehproduktionen nach Agatha Christie Zitat · Antworten

Wie sind Bild- und Tonqualität?

Georg Offline




Beiträge: 3.263

18.09.2010 19:16
#19 RE: Deutsche Fernsehproduktionen nach Agatha Christie Zitat · Antworten

Ein paar Screenshots (die Qualität ist natürlich durch die Bildverkleinerung schon etwas gemindert):
Bildqualität ist ok, Ton passt auch!
Was man eben von einer 1967-er-Produktion erwarten kann!

Angefügte Bilder:
PDVD_098.jpg   PDVD_099.jpg   PDVD_100.jpg   PDVD_101.jpg   PDVD_102.jpg   PDVD_103.jpg   PDVD_104.jpg   PDVD_105.jpg   PDVD_106.jpg  
Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

22.01.2011 16:39
#20 RE: Deutsche Fernsehproduktionen nach Agatha Christie Zitat · Antworten

Agatha Christie: Zehn kleine Negerlein

TV-Kriminalfilm, BRD 1969. Regie: Hans Quest. Drehbuch: Franz Peter Buch. Mit: Alfred Schieske (Sir Lawrence Wargrave), Fritz Haneke (General Mackenzie), Nora Minor (Emily Brent), Ingrid Capelle (Vera Claythorne), Rolf Boysen (Philip Lombard), Alexander Kerst (Dr. Armstrong), Werner Peters (William Blore), Peter Fricke (Anthony Marston), Günther Neutze (Rogers), Edith Volkmann (Mrs. Rogers) u.a. Erstsendung: 5. Juli 1969, ZDF.

Zitat von Zehn kleine Negerlein, Inhalt von Georgs Krimihomepage
In Hans Quests Verfilmung des Agatha-Christie-Stücks "And Then There Where None" werden zehn Menschen, die sich untereinander nicht kennen, auf eine einsame Insel geladen. Am Abend erfahren sie per Tonband, dass sie alle sterben werden. Auf dem Kaminsims stehen zehn kleine Holzfiguren, von denen jedes Mal eine kaputt ist, wenn der unbekannte Rächer zugeschlagen hat ...


Im Jahr 1969 genügte es für eine abendfüllende TV-Produktion noch, nur aus der Abfilmung des Theaterskripts ohne medienspezifische Eigenleistungen zu bestehen. Im Gegensatz zum vier Jahre später verfilmten Christie-Stoff „Black Coffee“, dem man seine Bühnenherkunft zwar anmerkte, bei dem sie jedoch aufgrund der abwechslungsreichen und professionellen Inszenierung nicht so schwer ins Gewicht fiel, stellen die „zehn kleinen Negerlein“ von Hans Quest doch dramatisches Minikalkül in Reinform dar. Keine einzige Außenaufnahme, nur ein Szenenbild, ein Zimmer, ständige Abgänge und sofortige Neuauftritte erwecken nicht den Eindruck, als habe man sich beim ZDF sonderlich mit der Vorlage auseinandergesetzt.

Dies bestätigt auch die Besetzung. Wer die Schnapsidee hatte, den raubeinigen Günther Neutze als Butler zu besetzen und Rolf Boysen in der Rolle des verschlagenen ehemaligen Militaristen Lombard, dem gebührt die eindeutige Kritik, die Charaktere der Vorlage nicht ganz verstanden zu haben. Überhaupt hinterlässt Boysen mit seiner sonderbaren Physiognomie und der geradezu lächerlichen Sonnenbrille, die wohl nur den Zweck erfüllt, ihn zwielichtig erscheinen zu lassen, nicht den Eindruck, den man von dem Darsteller einer so wichtigen Rolle erwarten darf. Es ist daher sehr aussagekräftig, dass sein Name erst an fünfter Stelle in der Besetzungsliste genannt wird. Weder um ihn noch um die ebenso farblose Ingrid Capelle beginnt man sich zu irgendeinem Zeitpunkt Sorgen zu machen. Gerade einmal Werner Peters als William Blore und Alfred Schieske als Richter Wargrave werden ihren Pendants in der Originalvorlage gerecht, zumal Schieske im Finale die wohl eindrucksvollste Szene der gesamten, ansonsten reichlich langweiligen und sich mit 110 Minuten wie Kaugummi ziehenden Produktion erhält.

Es steht außer Frage, dass man ebenfalls das von Agatha Christie für die Theaterversion von „And Then There Were None“ verkappte Happy-End verwendete. Das interessante Sachbuch „Agatha Christie’s Secret Notebooks“ von John Curran, in dem die Notizbücher, die die Queen of Crime zur Planung ihrer Werke nutzte, analysiert werden, fasst zusammen, dass „Zehn kleine Negerlein“ nicht den einzigen Fall einer Täteränderung bei einer Weiterverarbeitung des Erstwerks in Christies Œuvre darstellt:

Zitat von John Curran: Agatha Christie’s Secret Notebooks, S. 80f
The following are examples of Christie’s reworked ideas, many of which are discussed elsewhere in this book. Some elaborations are obvious:

• „The Case of the Caretaker“ / „Endless Night“
• „The Mystery of the Plymouth Express“ / „The Mystery of the Blue Train“
• „The Market Basing Mystery“ / „Murder in the Mews“
• „The Submarine Plans“ / „The Incredible Theft“
• „The Mystery of the Baghdad Chest“ / „The Mystery of the Spanish Chest“
• „Christmas Adventure“ / „The Adventure of the Christmas Pudding“
• „The Greenshore Folly“ (unpublished) / „Dead Man’s Folly“

In other cases she challenged herself when adapting and expanding by changing the killer:

• „The Secret of Chimneys“ / „Chimneys“
• „The Second Gong“ / „Dead Man’s Mirror“
• „Yellow Iris“ / „Speaking Cyanide“
• „The Incident of the Dog’s Ball“ / „Dumb Witness“

Some stage versions differ from their source novels ...

• „Appointment with Death“ presents a new villain with a compelling and daring solution.
• „The Secret of Chimneys“ introduces many variations on the original novel, including a new killer.
• „Ten Little Niggers“ unmasks the original killer within a very different finale.


Schwache Adaption, die höchstens live eine nennenswerte Wirkung hätte entfalten können. So bleibt sie ein geschlechtsloses Beispiel übervereinfachenden Herunterkurbelns. Sogar das Fernsehen von 1969 wäre zu besseren Literaturverfilmungen in der Lage gewesen. 2 von 5 Punkten.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

04.02.2011 20:09
#21 RE: Deutsche Fernsehproduktionen nach Agatha Christie Zitat · Antworten

BEWERTET: "Zehn kleine Negerlein" (Deutschland 1969)

Zitat von Agatha Christie: Meine gute alte Zeit. Eine Autobiografie
Was kann man mit einem Mörder anfangen? Lässt sich Schlechtigkeit kurieren? Nein, nicht mit lebenslänglichem Zuchthaus - das ist gewiss eine weit grausamere Strafe, als es der Schierlingsbecher im alten Griechenland war.


Und dann gab's keines mehr - Agatha Christie hatte die Geschichte ursprünglich so angelegt, dass keiner der geladenen Gäste des Mr. Owen seinen Aufenthalt auf der Insel überlebt. Doch dann änderte sie ihre Meinung und die Handlung wurde für eine Bühnenumsetzung umgeschrieben. Diesem Beispiel sind alle populären Verfilmungen des Stoffes gefolgt, mit einer Ausnahme.

Das Fernsehspiel von 1969 wurde mit spärlichen Mitteln umgesetzt. Große Namen wie Hans Quest (Regie), Werner Peters oder Alexander Kerst garantieren noch nicht für eine qualitativ hochwertige Produktion. Bis zum ersten Mord vergeht sehr viel Zeit; Zeit, die an der Geduld des Zusehers nagt und keine erhellenden Erkenntnisse bringt. Die Einführung der Charaktere hätte auch zügiger abgewickelt werden können. Der erste Höhepunkt ist das Abspielen der Platte auf dem Grammophon. Leider weisen die folgenden Todesfälle einige Ungereimtheiten auf: Anthony Marsden (Peter Fricke) zuckt noch mit den Augen, als er schon tot sein sollte, und das Verschwinden der Figuren am Kamin kann man sich auch nicht recht erklären, da die Feuerstelle an einem zentralen Punkt des Raumes angesiedelt ist. Die Geräuscheffekte sind recht hübsch. Man hört den Regen gegen die Scheiben prasseln, das Rauschen des Windes und später die Sirene eines Schiffes. Die Bibliothek ist stimmig und wird leider nur in einer kurzen Szene gezeigt. Die meisten Morde geschehen außerhalb des Blickfelds des Zuschauers. Mrs. Rogers stirbt im Schlaf, ihr Mann wird in der Küche erschlagen, Dr. Armstrong findet man tot im Wasser treibend. Richtige Spannung kommt nur kurz vor der Ermordung von Richter Wargrave auf. Ein gellender Schrei, Dunkelheit und dann - Großaufnahme: der tote Richter in Robe und Perücke.

Ein weiteres Mal noch schwingt sich das Drehbuch zu Höhen empor, als der Täter im Finale aus seinem Versteck kommt und versucht, die letzte Überlebende mit einem Strick zu erdrosseln (die Szene erinnerte mich an eine entsprechende Sequenz aus "Das Pendel des Todes" mit Vincent Price und Barbara Steele). Doch gleich wird die Dramatik wieder fortgefegt und der Weg frei gemacht für das Paar Claythorne und Lombard - eine Verbindung, die kurioser nicht sein könnte. Kraftvolle Darsteller wie Werner Peters, Alfred Schieske und Fritz Haneke können nur teilweise über die Schwächen ihrer Kollegen (Rolf Boysen, Peter Fricke und Ingrid Capelle) hinwegtäuschen. Besonders Rolf Boysen ist eine Zumutung.

Das Vergnügen an dieser Produktion wurde zudem leider durch eine sehr schlechte Tonqualität getrübt. Hier zeigt sich wenigstens, welcher der Darsteller eine ordentliche Sprechausbildung genossen hat. Herr Boysen erweist sich durch sein Nuscheln auch in diesem Punkt als Fehlbesetzung. Richter Wargrave - schreiten Sie zur Tat!

Fazit: Leider hat man die Chance vergeben, eines der kältesten und beklemmendsten Werke der englischen Kriminalschriftstellerin fürs deutsche Fernsehen so umzusetzen, dass es von nachhaltiger Wirkung ist. Was bei Durbridge formidabel gelang, scheiterte bei Christie kläglich. Schade.

schwarzseher Offline



Beiträge: 626

20.03.2013 18:46
#22 RE: Deutsche Fernsehproduktionen nach Agatha Christie Zitat · Antworten

Bei meinem "Durcharbeiten" der Straßenfeger-Boxen habe ich nun auch "Mord im Pfarrhaus" angesehen. Als Christie-Fan steht und fällt das Gesamtbild mit Miss Marple. Durch diese eher dümmliche und farblose Besetzung bzw. Spielweise von Inge Langen wird der ganze Film heruntergezogen (nein, ich gehe nicht von Margaret Rutherford aus, eher Joan Hickson!). Daher: leider eine irgendwie überflüssige Version.

Mark Paxton Offline




Beiträge: 347

23.03.2013 18:59
#23 RE: Deutsche Fernsehproduktionen nach Agatha Christie Zitat · Antworten

Zitat von schwarzseher im Beitrag #22
"Mord im Pfarrhaus" ... leider eine irgendwie überflüssige Version.

Tja, ich fand die Miss Marple, die hier vorkommt, eher blass. Natürlich weiß ich, dass die Figur auch bei Agatha Christie so ist, aber ich kann mich auch mit Inge Langen nicht so anfreunden. Was die deutschen Christie-Adaptionen betrifft, so darf man natürlich nicht vergessen, dass das keine Romanadaptionen sind, sondern Theaterstücke. So gesehen sind das von Haus aus schon vorprogrammierte Kammerspiele, die hauptsächlich durch die Leistungen der Darsteller punkten ...

schwarzseher Offline



Beiträge: 626

24.03.2013 10:55
#24 RE: Deutsche Fernsehproduktionen nach Agatha Christie Zitat · Antworten

Die Kammerspiel-Machart empfinde ich gar nicht mal als Problem. Aber in den Romanvorlagen ist Miss Marple immer der Mittelpunkt, wo die geistigen Fäden zusammenlaufen (klar, Story drumherum / Mord / Verdächtige etc.). Aber es konzentriert sich immer alles auf Miss Marple und Inspector XY oder ihren Neffe oder ... (wie bei Holmes und Watson). Man sieht und hört sozusagen ihre kleinen grauen Zellen arbeiten (würde jetzt Hercule Poirot sagen ...). Dieses Flair geht hier komplett verloren.

Gerade auf bestimmte Personen fixierte Storys leben auch von den passenden Darstellern. Stimmen die nicht, stimmt die ganze Story irgendwie nicht. Übrig bleibt ein Kammerspiel, das wenig mit Agatha Christie zu tun hat.

Georg Offline




Beiträge: 3.263

24.03.2013 12:05
#25 RE: Deutsche Fernsehproduktionen nach Agatha Christie Zitat · Antworten

Ich glaube, was Mark Paxton sagen wollte, ist, dass der ZDF-Film Mord im Pfarrhaus nicht auf dem Roman basiert, sondern auf der 1949 von Moie Charles und Barbara Toy auf Christies Roman basierender angefertigten Bühnenfassung. Es ist somit ein verfilmtes Theaterstück und KEINE Adaption des gleichnamigen Romans. Und damit geht man von völlig anderen Voraussetzungen aus. Man kann also Hans Quest langsame oder tempolose Inszenierung vorwerfen, nicht aber, dass er nicht werkgetreu gearbeitet hat. Im Gegenteil, er hat 1:1 das von Peter Goldmann ins Deutsche übertragene Bühnenstück umgesetzt, so wie das bei vielen anderen Fernsehspielen der 60er-Jahre der Fall war.
Mir gefällt Mord im Pfarrhaus übrigens auch weniger.

schwarzseher Offline



Beiträge: 626

24.03.2013 12:13
#26 RE: Deutsche Fernsehproduktionen nach Agatha Christie Zitat · Antworten

Von den Theaterstücken habe ich gar keine Ahnung. Ich gehe von den Romanen und mehr oder weniger gelungenen Filmfassungen aus. Wenn die Umsetzung des Bühnenstücks das so vorsieht, ist das okay. Dann ist das nur einfach nicht mein Geschmack.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

24.03.2013 12:30
#27 RE: Deutsche Fernsehproduktionen nach Agatha Christie Zitat · Antworten

Die Differenz zwischen Roman und Theaterstück hat aber auch etwas mit den Erwartungen der Zuschauer zu tun. Wenn ein Film unter dem Namen Agatha Christie angekündigt wird, dann erwartet man auch eine Agatha-Christie-Verfilmung, andernfalls hätte man da Charles & Toy drüberschreiben können. Quest hat in diesem Fall (wie auch bei den "Negerlein") einfach am Geschmack und den Erwartungen des Publikums vorbeiinszeniert, weil die Form des abgefilmten Theaterstücks natürlich eine eher suboptimale Kunstform darstellt. Sie nimmt die Nähe von Publikum und Bühne sowie die Spontanität, die das Theater ausmacht, und verzichtet auch auf den Spannungsgehalt und die Schauwerte, die man sich von einem Fernsehspiel erwartet. Warum man es bei den Christie-Adaptionen dennoch so gehalten hat? Wahrscheinlich, weil sowohl die Rechtesicherung als auch die Produktion an weniger Schauplätzen einfach billiger war.

Georg Offline




Beiträge: 3.263

24.03.2013 14:29
#28 RE: Deutsche Fernsehproduktionen nach Agatha Christie Zitat · Antworten

Zitat von Gubanov im Beitrag #27
Wahrscheinlich, weil sowohl die Rechtesicherung als auch die Produktion an weniger Schauplätzen einfach billiger war.

Ita est, würde ein Römer sagen - so ist es.
Zitat von Gubanov im Beitrag #27
... weil die Form des abgefilmten Theaterstücks natürlich eine eher suboptimale Kunstform darstellt.

Die Idee der Fernsehmacher war aber in den 50ern und 60ern genau das zu schaffen: ein Zwischenstück zwischen Theater und Film zu erzeugen, daher auch der Name 'Fernsehspiel'.
Zitat von Gubanov im Beitrag #27
Quest hat in diesem Fall (wie auch bei den "Negerlein") einfach am Geschmack und den Erwartungen des Publikums vorbeiinszeniert.

Quest hat einen Stoff umgesetzt, den er von der Produktion so erhalten hat. Wenn schon, dann hat das ZDF - und das ist Deine subjektive Meinung - eine Geschichte gewählt, die am Geschmack des Publikums vorbei ging.
Zitat von Gubanov im Beitrag #27
Wenn ein Film unter dem Namen Agatha Christie angekündigt wird, dann erwartet man auch eine Agatha-Christie-Verfilmung, andernfalls hätte man da Charles & Toy drüberschreiben können.

Der Name wird ja auch im Vorspann erwähnt: "von Agatha Christie, dramatisiert von ...". Die beiden Briten haben doch nichts anderes gemacht, als Film- oder Fernsehautoren, wenn sie ein Drehbuch schreiben. Und den Namen des Drehbuchautors über den von Agatha Christie zu stellen, würde Dir doch sicherlich auch nicht bei den POIROT-Folgen oder Ähnlichem einfallen, oder?

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

12.01.2014 14:58
#29 RE: Deutsche Fernsehproduktionen nach Agatha Christie Zitat · Antworten



BEWERTET: "Ein Fremder klopft an" (Deutschland 1967)
Mit: Gertrud Kückelmann, Heinz Bennent, Gudrun Thielemann, Edda Seipel, Karl-Georg Saebisch, Rudolf Krieg, Werner Siedhoff, Barbara Morawiecz u.a. | Nach dem Kriminalstück von Frank Vosper, basierend auf einer Erzählung von Agatha Christie | Deutsche Übersetzung und Bearbeitung von Peter Goldbaum | Regie: Kurt Früh

Cecily Harrington und ihre Freundin Mavis haben je 10.000 Pfund in der Lotterie gewonnen. Während sich Mavis einen Urlaub gönnt und Cecily mit ihrem Verlobten auf Hochzeitsreise gehen will, soll die Wohnung untervermietet werden. Cecily hadert jedoch mit der Aussicht, ihren aus dem Sudan zurückgekehrten Nigel zu heiraten. Sie sehnt sich nach Freiheit und einem Abenteuer. Als sich der Amerikaner Bruce Lovel für die Wohnung bewirbt, beendet Cecily ihre Verlobung. Sie heiratet den geheimnisvollen Fremden und zieht mit ihm in ein abgelegenes Landhaus. Nach und nach bekommt sie das Gefühl, dass mit ihrem Mann etwas nicht stimmt....

Zitat von Bruce Lovel zu Cecily Harrington
Die meisten Menschen lehnen alles Aufregende ab und verkriechen sich in eine muffige Ecke des Lebens.


Das heitere Naturell von Cecily Harrington verhindert nicht, dass sie sich Gedanken über ihr künftiges Leben macht. Sie ist seit fünf Jahren verlobt, hat ihren Zukünftigen aber seit zwei Jahren nicht gesehen. Der unerwartete Geldsegen bietet ihr Gelegenheit, sich eine Auszeit aus ihrem Bürojob zu nehmen, der keine neuen Herausforderungen bietet, sondern an Gewohnheiten festhält. Als sie Bruce Lovel trifft, der frei heraus seine Ansichten kund tut und sich einem abwechslungsreichen Leben ohne Zwänge verschrieben hat, wittert Cecily die Chance, ihrem Leben eine neue Wendung zu geben. Es ist ein letztes Aufbäumen, bevor sie sich einreiht in die Armee der resignierten Pflichterfüller, deren Leben sich zwischen Morgenzeitung, Pendlerverkehr, Büro und Abendbrot abspielt und in dem sich jeder Tag gleicht wie ein Ei dem anderen.



Cecily wirkt auf den ersten Blick wie eine typische Bürgerin des Mittelstands. Sie kleidet sich ihrem Beruf entsprechend, trägt eine Föhnfrisur und flache Schuhe. Ihre Ansichten sind liberal; sie spürt, dass sie noch nicht alles gesehen hat, was ein erfülltes Leben ausmacht und empfindet für den Fremden eine Seelenverwandtschaft, die ihr die ruhige Freundschaft mit Nigel nie geben konnte. Die Aussicht, ihren Tagesablauf selbst bestimmen zu können, hat sie übermütig werden lassen. Sie wird unvorsichtig und betont ihre angeborene Heiterkeit und die Offenheit allem Neuen gegenüber noch mehr als zuvor. Bruce gibt sich den Anschein eines freien Geistes, ist aber dennoch introvertiert und gehemmt. Er ist leicht reizbar und gibt gern die Marschrichtung vor, was Cecily von der ersehnten Freiheit bald in eine neue Abhängigkeit führt. Fühlte sie sich als baldige Ehefrau Nigels eingeschränkt, so hat sie sich mit der Entscheidung für den Individualisten Bruce ein neues Gefängnis geschaffen - ein geheimnisvolles zwar, aber im Prinzip ein viel restriktiveres als bei dem braven Staatsbürger Nigel. Bruce' Ansichten über Frauen, Macht und Geld sind weitaus aggressiver und konservativer als die seines biederen Rivalen. Heinz Bennent verkörpert den berechnenden Mann mit der ihm eigenen Verletzlichkeit, die Misstrauen und Mitleid gleichermaßen nährt und ihn für schwache, aber auch skrupellose Rollen prädestiniert. Gertrud Kückelmann zeigt als lebhafte Durchschnittsfrau ein natürliches Spektrum von der abenteuerhungrigen Freundin über die optimistische Ehefrau bis hin zur starken Kämpferin. Angenehm reihen sich auch Gudrun Thielemann, die man aus halbseidenen "Stahlnetz"-Rollen kennt, und Karl-Georg Saebisch in die Runde ein; beide Darsteller sind wichtige Unterstützer der weiblichen Hauptfigur. Edda Seipel, laut und schrullig, spielt die aufdringliche Verwandte, deren Besuche stets unwillkommen sind.

Zur Bildqualität: Die fliehende Kamera stellt vor allem in der Wohnung von Cecily und Mavis zu Beginn eine Störung dar, da die Personen jedes Mal, wenn sie sich schnell bewegen, dem Ausdruck "Flimmerkiste" alle Ehre machen. Im Landhaus bessert sich die Situation deutlich, was sicher auch durch die gedämpfte Ausleuchtung begünstigt wird.

Ein spannendes und höchst anheimelndes Krimivergnügen, das seine Geschichte schlüssig und in Details nachvollziehbarer Logik erzählt. Viele Wendungen werden früh angedeutet, was gerade in der psychologischen Parallele zwischen der Märchenerzählerin Scheherezade und Cecily in Bedrängnis, sichtbar wird. Heinz Bennent, dem seine blonden Haare ein jugendliches Aussehen verleihen und dem die Kolorierung sichtlich zu schaffen macht (er fährt sich des öfteren in die Haare), prägt das Stück von Agatha Christie und hinterlässt einen bleibenden Eindruck. 5 von 5 Punkten

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

22.03.2014 21:45
#30 RE: Deutsche Fernsehproduktionen nach Agatha Christie Zitat · Antworten



Agatha Christie: Love from a Stranger (Ein Fremder klopft an)

TV-Kriminalfilm, BRD 1967. Regie: Kurt Früh. Drehbuch: Peter Goldbaum (Vorlage: Frank Vosper, Agatha Christie). Mit: Gertrud Kückelmann (Cecily), Heinz Bennent (Bruce), Edda Seippel (Tante Loo-Loo), Gudrun Thielemann (Mavis), Rudolf Krieg (Nigel), Karl-Georg Saebisch (Dr. Gribble), Werner Siedhoff (Hodgson), Barbara Morawiecz (Lisa) u.a. Erstsendung: 5. Dezember 1967, ARD.

Zitat von Love from a Stranger (Ein Fremder klopft an)
Er interessiert sich für die Wohnung, die die junge Mavis vermieten will. Als er auf ihre Freundin Cecily trifft, ändert Bruce jedoch seine Meinung. Gerade jetzt, wo die beiden Frauen eine stattliche Summe in der Lotterie gewonnen haben, lohnt es sich, nicht die Wohnung, sondern ihre Bewohnerinnen zu übernehmen. Bruce heiratet Cecily und zieht mit ihr auf ein einsames Landhaus – noch bevor die Braut entdecken kann, dass sie jetzt einen Mörder zum Mann hat ...


Agatha Christie ist die Meisterin des Whodunits. Es ist deshalb sowohl ungewöhnlich als auch bedauernswert, dass man zur Verfilmung ausgerechnet eines jener Stücke auswählte, das nicht über einen unbekannten Mörder berichtet, sondern die Fakten von Anfang an auf den Tisch legt. Die folgenden Geschehnisse sind Schritt für Schritt vorhersehbar und auch wenn es dem Film gelingt, eine präsente Bedrohung und Spannung aufzubauen, so lässt er doch Innovativität und eine besondere Ausstrahlung vermissen. Man hat das Gefühl, die zwanzigste Verfilmung eines „gaslicht“-ähnlichen Stoffes mit der aus diesen Geschichten üblichen Rollenverteilung zwischen bitterbösem Mann und todnaiver Frau zu sehen.

Die Dramaturgie ist durchaus geschickt aufgebaut. Das Kriminalspiel wird in Form eines Zweiakters dargeboten, dessen erster Teil in der Stadtwohnung und dessen zweite Hälfte in dem Landhaus angesiedelt ist. Wie üblich wird das Land mit abgeschiedener Hilflosigkeit gleichgesetzt, auch unterstreichen die Dekors der Studiobauten die althergebrachte Bauweise der ländlichen Unterkunft: Holz dominiert den urigen Schauplatz, der wie für das ultimative Verbrechen gemacht zu sein scheint.

Dass Gertrud Kückelmann die nötige Wandlungsfähigkeit und Bildschirmpräsenz mitbringt, um die große Rolle der Cecily Harrington voll auszufüllen, muss zu keinem Zeitpunkt bezweifelt werden. Man merkt, dass Kückelmann die professionelle Schule alter Kinofilme genoss, bevor sie zum Fernsehen übersiedelte – 1957 war „Spielbank-Affäre“ ihr letzter Auftritt auf der großen Leinwand. Die Besetzung Heinz Bennents als bedrohlicher Liebhaber ist schon deutlich schwieriger. Während Bennent jenen Szenen, in denen Bruce seinem aufbrausenden Temperament freien Lauf lässt, eine angenehme Würze verleiht, so mag er als unkonventioneller Charmebolzen am Anfang des Films nur wenig zu überzeugen. Noch immer zweifle ich Bennents Eignung für Casanova-Rollen an – dieser Auftritt bestätigte mich erneut in der Meinung, dass er dafür nicht der passende Mann war.

Die Produktion verfügt mit dem Part der Tante Loo-Loo über markanten Humor, der mehrfach nah am Rande des Klamauks vorbeischrammt, aber letztlich doch als überzeugend bewertet werden muss. Die Klatschtante und Schreckschraube fügt sich nahtlos in das Bild einer hoffnungslos romantisierten Geschichte, die selbst für Christie-Verhältnisse ungewöhnlich irreal und konstruiert erscheint. Vielleicht liegt das daran, dass die Queen of Crime lediglich für die Grundidee der Story verantwortlich zeichnete, die sie in der Kurzgeschichte „Philomel Cottage“ niederschrieb. Sowohl die Ausdehnung des Plots auf ein ganzes Theaterstück als auch dessen Neubearbeitung als Fernsehfassung lag in den Händen anderer Autoren. Der deutsche Bearbeiter Peter Goldbaum traf die ungewöhnliche Entscheidung, den Film unter dem englischen Titel „Love from a Stranger“ aufzuführen.

Nach altbekanntem Rezept gebackene Kriminalgeschichte, die in einem furiosen Spannungsfinale mündet, bis dahin den Zuschauer jedoch mehrfach auf die Probe stellt. Die Besetzung ist nicht übermäßig prominent, die weibliche Hauptrolle versteht ihr Handwerk jedoch hervorragend. Die Erzählstruktur hätte eine Frischzellenkur vertragen. 3,5 von 5 Punkten.

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