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Dieses Thema hat 47 Antworten
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 Film- und Fernsehklassiker national
Seiten 1 | 2 | 3 | 4
Gubanov ( gelöscht )
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10.10.2014 16:20
#31 RE: Sherlock-Holmes-Hörspiele mit Peter Pasetti und Alexander Kerst Zitat · Antworten



Sherlock Holmes auf Freiersfüßen

Kriminalhörspiel, BRD 1963, nach der Erzählung „The Adventure of Charles Augustus Milverton“ (Charles Augustus Milverton) von Sir Arthur Conan Doyle, The Strand Magazine April 1904. Regie: Heinz-Günter Stamm. Mit: Peter Pasetti als Sherlock Holmes und Klaus Behrendt als Dr. Watson. In weiteren Rollen: Bum Krüger, Paul Dahlke, Gustl Datz, Elfie Gerhart. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunk.

Zitat von Sherlock Holmes auf Freiersfüßen
Sherlock Holmes ist einem gemeinen Erpresser auf der Spur: Charles Augustus Milverton, den er mit einer gefährlichen Giftschlange vergleicht, kennt alle Geheimnisse der oberen Zehntausend und schlägt aus seinem Wissen (un-)gehörigen Profit. Erst als sich Holmes mit Milvertons Hausmädchen in eine Romanze einlässt, kann er genug Details über den Haushalt in Erfahrung bringen, um einzubrechen und die seine Klientin belastenden Dokumente zu stehlen. Doch der nächtliche Diebeszug wird von unerwarteten Ereignissen unterbrochen ...


Wie auch immer man zu Sherlock Holmes’ Verhalten gegenüber dem Milverton’schen Hausmädchen stehen mag – Alistair Duncan wirft in seinem Buch „Eliminate the Impossible“ zu Recht auf, dass Holmes mit der erschwindelten Verlobung genau jenes Verbrechen begeht, das er in „Eine Frage der Identität“ James Windibank zur Last legt –, so muss man „Charles Augustus Milverton“ für diese Variation im liebeslosen Leben des Meisterdetektivs doch sehr dankbar sein. Auch die Art und Weise, in der Sir Arthur Conan Doyle die Neuigkeit an seine Leser und an Watson heranträgt und die glücklicherweise für die Hörspielfassung unverändert übernommen wurde, ist unglaublich komisch: Watson, naiv wie er eben manchmal ist, freut sich sogleich über den seltsamen Charakterwandel seines Freundes, nur um dann entrüstet über dessen Methoden zu sein, obwohl eine Instrumentalisierung der Affäre im Sinne seines aktuellen Falles doch so viel besser zur Person des Sherlock Holmes passt als eine unanalytische Liebe aus purer Romantik.

Holmes und Watson laufen gerade dann zu Hochform auf, wenn der Gegner, den sie bekämpfen, besonders abgefeimt und bösartig ist. Von Charles Augustus Milverton kann man das ohne Zweifel behaupten: „Spürst du nicht auch so ein schleichendes, beklemmendes Gefühl, als stündest du vor einer Viper im Zoo? Als sähest du ihr gerade in die tödlichen Augen und beobachtest sie, wie sie lautlos ihrem todbringenden Gewerbe nachgeht? Genau diesen Eindruck macht Milverton auf mich“. Wahrlich eine nette Einführung der Rolle Paul Dahlkes! Dass man an „Sherlock Holmes auf Freiersfüßen“ dennoch als eine der vergnüglichen Episoden zurückdenkt, liegt in erster Linie an den voll ausgespielten humoristischen Qualitäten des Einbruchs, bei dem Pasetti und Behrendt ihre Hörer zu Komplizen einer ereignisreichen und durchaus erfolgreichen Nacht machen.



(Sherlock Holmes & Dr. Watson: Die besten Fälle, Der Audio-Verlag, September 2006, CD 2)

Gubanov ( gelöscht )
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10.10.2014 18:00
#32 RE: Sherlock-Holmes-Hörspiele mit Peter Pasetti und Alexander Kerst Zitat · Antworten



Sherlock Holmes spannt aus

Kriminalhörspiel, BRD 1962, nach der Erzählung „The Adventure of the Reigate Squires“ (Die Junker von Reigate) von Sir Arthur Conan Doyle, The Strand Magazine Juni 1893. Regie: Heinz-Günter Stamm. Mit: Peter Pasetti als Sherlock Holmes und Klaus Behrendt als Dr. Watson. In weiteren Rollen: Hans Zesch-Ballot, Horst Tappert, Norbert Kappen, Adolf Ziegler, Bum Krüger, Gustl Datz. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunk.

Zitat von Sherlock Holmes spannt aus
Nachdem er seinen Körper kontinuierlich über Gebühr beanspruchte, steht Sherlock Holmes am Ende seiner Kräfte. Dr. Watson verordnet einen Aufenthalt auf dem Lande, um den Detektiv aus seiner zehrenden Routine zu befreien und ihn auszukurieren. Zu dumm, dass Holmes selbst auf dem abgelegenen Landgut eines Freundes in einen Mordfall hineingezogen wird. Ein Kutscher wurde erschossen – von einem düsteren Unbekannten ...


Neben „Der Mann mit der Hasenscharte“ ist auch dieses Hörspiel auf meiner Maritim-Einzel-CD enthalten, auf der ich es über die Jahre stets zu hören pflegte. Umso größer die Überraschung, als beim Einlegen der Editions-Disc des Audio-Verlags dem Fall vorangestellt eine Einleitung ertönte, die so im Rahmen der Serie des Bayerischen Rundfunks einzigartig ist und „Sherlock Holmes spannt aus“ als wahrscheinliche Pilotfolge der Serie ausweist: Ein Erzähler betont, dass der Mythos Holmes nicht totzukriegen ist, dass diverse Forschungen über den Detektiv betrieben werden und man in London sogar ein „Gasthaus Scherlock Hollms“ (und nicht etwa einen Pub!) besuchen kann.

Sollte es das erste Hörspiel der Reihe gewesen sein, so wäre es mit einem Verweis auf die sprichwörtlichen Kinderschuhe entschuldbar, dass es nicht ganz so sehr zu zünden versteht wie andere Adaptionen und insgesamt eher geschwätzig wirkt. Das Problem liegt vielleicht auch in der Originalerzählung versteckt, denn die Auflösung gestaltet sich in Anbetracht aller offensichtlicher, hinterher aber aufwändig erklärter Fallen recht vorhersehbar.

Regelmäßiger Gast in den Pasetti- und Kerst-Hörspielen war Horst Tappert, der hier einen eher blassen Auftritt hinlegt und hinter Hans Zesch-Ballot und den beiden Hauptsprechern zurücksteht. Eine markantere Rolle wurde ihm in der sehr gelungenen Umsetzung der Kurzgeschichte „Silberstern“ als Oberst Ross zugestanden. Hier darf er immerhin einmal erzürnt seinen Hausgast Holmes zurechtweisen, was dessen Gesundheit und Motivation allerdings wenig schadet.



(Sherlock Holmes & Dr. Watson: Die besten Fälle, Der Audio-Verlag, September 2006, CD 2)

Gubanov ( gelöscht )
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11.10.2014 16:00
#33 RE: Sherlock-Holmes-Hörspiele mit Peter Pasetti und Alexander Kerst Zitat · Antworten



Sherlock Holmes verfolgt eine Fährte

Kriminalhörspiel, BRD 1965, nach der Erzählung „The Adventure of the Priory School“ (Die Abtei-Schule) von Sir Arthur Conan Doyle, The Strand Magazine Februar 1904. Regie: Wilm Ten Haaf. Mit: Alexander Kerst als Sherlock Holmes und Heinz Leo Fischer als Dr. Watson. In weiteren Rollen: Klaus W. Krause, Richard Kley, Alexander Malachowsky, Robert Nägele, Hans Possenbach. Eine Produktion des Saarländischen Rundfunk.

Zitat von Sherlock Holmes verfolgt eine Fährte
Große Aufregung bei Schuldirektor Huxtable: Ausgerechnet sein prominentester Schüler, der Sohn des Herzogs von Holdernesse wurde entführt. Mit ihm verschwunden: ein Lehrer deutscher Herkunft. Als sich Holmes und Watson mit dem Fahrrad auf Spurensuche ins nahegelegene Moor begeben, entdecken sie die Leiche des Lehrers. Seltsamerweise sind im Umkreis lediglich Abdrücke von Rinderhufen auszumachen. Wie kam die Leiche also an den Fundort und wo steckt der Junge?


Mit dem Fahrrad über den Grimpen Mire zu fahren, hätten sich Holmes und Watson wohl nicht getraut, aber im Moor zwischen der Abteischule und dem Schloss des Herzogs geht es deutlich weniger gefährlich und gespenstisch zu als im garstigen Baskerville. Die Geschichte, die mit dem berühmten Ohnmachtsanfall des Direktors in der Baker Street beginnt und dann bald aufs Land überwechselt, versprüht deshalb einen gewissen Wohlfühlfaktor, der durch die kernige Sprechweise Kersts noch verstärkt wird. Auch Heinz Leo Fischer wirkt in diesem Hörspiel ganz passend, weil es etwas praktischer und nicht ganz so nobel und kopfgesteuert zugeht wie in einigen anderen Erzählungen.

Dass „Sherlock Holmes verfolgt eine Fährte“ ein nordenglisches Freiluftvergnügen ist, kommt durch die Geräuschkulisse des Hörspiels angenehm zum Tragen. Technisch stehen die Inszenierungen des Saarländischen Rundfunks jedenfalls nicht hinter ihren bayerischen Pendants zurück. Auch kommt es der Geschichte zugute, dass man die Länge der Aufarbeitung auf 27 Minuten beschränkte, womit die „Fährte“ eindeutig zu den kürzeren Fällen zählt.

Holmes’ Charakter wird am Ende des Hörspiels von einer ungewöhnlichen Seite gezeigt. Hatte er den versprochenen Geldsegen des Senators Neil Gibson in „Die Thor-Brücke“ mit Hinweis auf andere Prioritäten abgelehnt, so akzeptiert er hier den großzügigen Scheck des Herzogs von Holdernesse mit einer gewissen Schalkhaftigkeit, obwohl dieser eindeutig den Tatbestand einer Bestechung erfüllt. Man mag es damit begründen, dass Holmes’ Sinn für Gerechtigkeit das Geld überall besser aufgehoben sah als in den Taschen des verschlagenen Adligen.



(Meisterhafte Fälle von Sherlock Holmes & Dr. Watson, Der Audio-Verlag, Januar 2008, CD 3)

Gubanov ( gelöscht )
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12.10.2014 18:30
#34 RE: Sherlock-Holmes-Hörspiele mit Peter Pasetti und Alexander Kerst Zitat · Antworten



Das Verschwinden der Lady Carfax

Kriminalhörspiel, BRD 1966, nach der Erzählung „The Disappearance of Lady Frances Carfax“ (Das Verschwinden der Lady Frances Carfax) von Sir Arthur Conan Doyle, The Strand Magazine Dezember 1911. Regie: Wilm Ten Haaf. Mit: Alexander Kerst als Sherlock Holmes und Heinz Leo Fischer als Dr. Watson. In weiteren Rollen: Alfons Höckmann, Adolf Ziegler, Werner Holten, Alexander Malachowsky, Corinna Rahls, Fritz Wilm Wallenborn, Heidi Treutler, Karl Renar. Eine Produktion des Saarländischen Rundfunk.

Zitat von Das Verschwinden der Lady Carfax
Sherlock Holmes und Dr. Watson machen sich Sorgen um den Verbleib der Lady Frances Carfax: Ihre Spur verliert sich in Lausanne. Bei seinen Nachforschungen vor Ort findet Watson heraus, dass die Dame die Bekanntschaft eines gewissen Dr. Shlessinger machte. In dieser Person erkennt Holmes einen gefährlichen Verbrecher, aus dessen Fängen er die Verschwundene schnell erretten muss, bevor sie von dem Schurken – im wahrsten Sinne des Wortes – unter die Erde gebracht wird ...


Als eine der mondänsten Sherlock-Holmes-Storys kann „Das Verschwinden der Lady Frances Carfax“ sowohl mit einem hochspannenden Krimiplot als auch mit schönen Reisebeschreibungen überzeugen. Während man in der ersten Hälfte der Geschichte vornehmlich das wohlige Urlaubsflair der herausgeputzten Orte am Genfersee und in Baden Baden spürt, ist es interessant festzustellen, dass nach dem Ende in Retrospektive doch die düstere Note, die durch das ruchlose Verbrechen in das Geschehen injiziert wird, überwiegt – auch deshalb, weil Holmesianer mit dem Handlungsort Schweiz nicht gerade angenehme Assoziationen verbinden (vgl. „Das letzte Problem“). Liegt in einer angstvollen Erinnerung an die Geschehnisse am Reichenbachfall vielleicht auch der wahre Grund, weshalb Holmes nicht selbst die Ermittlungen auf dem Kontinent führt, sondern lieber in England bleibt?

Die im Medium Hörspiel besonders betonten emotionalen Reaktionen der Beteiligten – schließlich müssen Mimik und Gestik durch eine rein sprachliche Umsetzung mit übernommen werden – eignet sich hervorragend, um die Anspannung im Finale deutlich zu machen, in dem die beiden Ermittler aus der Baker Street gerade noch rechtzeitig eintreffen, um das Schlimmste zu verhindern. Wie üblich gilt die Kritik dennoch der eher schurkischen Stimme Heinz Leo Fischers, der wenige Sekunden in das Hörspiel hinein schon wieder auf Hundertachtzig ist. Die übrigen Beteiligten treten stimmig und ein wenig zurückhaltend auf, was zeigt, dass „Lady Carfax“ eine jener Geschichten ist, die auch eine etwas größere Ausschmückung vertrüge.



(Sherlock Holmes & Dr. Watson: Die besten Fälle, Der Audio-Verlag, September 2006, CD 1)

Gubanov ( gelöscht )
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12.10.2014 21:10
#35 RE: Sherlock-Holmes-Hörspiele mit Peter Pasetti und Alexander Kerst Zitat · Antworten



Das Musgrave-Ritual

Kriminalhörspiel, BRD 1968, nach der Erzählung „The Adventure of the Musgrave Ritual“ (Das Musgrave-Ritual) von Sir Arthur Conan Doyle, The Strand Magazine Mai 1893. Regie: Heinz-Günter Stamm. Mit: Peter Pasetti als Sherlock Holmes und Erik Schumann als Dr. Watson. In weiteren Rollen: Gerd Baltus, Günther Ungeheuer, Luise Wiedenmann, Hilde Weissner, Wolfgang Dörich. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunk.

Zitat von Das Musgrave-Ritual
Über mehrere Jahrhunderte hinweg wurde das Familienritual von einer Musgrave-Generation zur nächsten weitergegeben. Welche Bedeutung der Katechismus besitzt, ist dabei keinem der Stammhalter klar. Erst als der gewitzte Diener Brunton, der es heimlich studierte und deshalb sogar seine Entlassung riskierte, verschwindet, wird Sherlock Holmes verpflichtet, die Wahrheit hinter dem „Musgrave-Ritual“ zu erforschen. Auf welches historische Geheimnis wird er stoßen?


Man hört direkt die Vertrautheit, die zwischen Peter Pasetti und der verantwortungsvollen Rolle des Sherlock Holmes über die Jahre der Audio-Umsetzungen hinweg entstanden war. „Das Musgrave-Ritual“ wurde 1968 zum Ende der Reihe hin produziert und eröffnet mit jener amüsanten Sequenz, in der Sherlock Holmes’ Hang zu Unordnung und Chaos thematisiert wird. Als nach perfekt ausgeheckten und fein säuberlich angewandten Methoden arbeitender Kopf pflegte er im Privaten doch alles andere als einen aufgeräumten Lebenswandel. Es ist offensichtlich, welche diebische Freude es Pasetti bereitet, diese häusliche Facette, die den großen, meisterhaften Helden menschlich erscheinen lässt, auszugestalten. Sie bildet gleichermaßen den erzählerischen Rahmen um den eigentlichen Fall, der vor der Bekanntschaft von Holmes und Watson angesiedelt ist und damit zu den frühesten Ermittlungen in Holmes’ Karriere gezählt werden kann. Forscher siedeln ihn im Jahr 1879 an.

Dass Erik Schumann nur eine Neben- und Beobachterrolle spielt, stört nicht, weil dramaturgisch stimmig immer wieder in die Baker Street zurückgewechselt wird, um Zusammenfassungen und Zwischenkommentare zu ermöglichen. So steht Watson seiner üblichen Funktion, die ja ohnehin nur ist, Holmes’ Intelligenz zu bewundern und für den Leser bzw. Zuhörer aufzuschlüsseln, in nichts nach.

Auch wenn „Das Musgrave-Ritual“ zu den faszinierendsten Geschichten zählt, so ist die von Duncan geübte Kritik, es sei doch verwunderlich, dass bisher niemand den Schatz ausfindig gemacht habe, berechtigt. Unabhängig von der kniffligen praktischen Umsetzung des Rituals war der Keller des Landsitzes schließlich ein Lagerplatz für Feuerholz und damit im Winter rege frequentiert. Es hätten durchaus schon frühere Generationen darauf kommen können, nachzusehen, was sich unter der Steinplatte verbirgt. Aber vielleicht schließt das auch besonders gekonnt den Bogen zur menschlichen Nachlässigkeit: Wenn selbst der vorbildliche Doktor sich durch eine kleine Erzählung in seiner Aufräumwut besänftigen lässt, so ist es nicht verwunderlich, dass es die Musgraves mit ihrem Keller auch nicht so genau nahmen.



(Sherlock Holmes & Dr. Watson: Die größten Fälle, Der Audio-Verlag, Februar 2004, CD 4)

Gubanov ( gelöscht )
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13.10.2014 14:15
#36 RE: Sherlock-Holmes-Hörspiele mit Peter Pasetti und Alexander Kerst Zitat · Antworten



Der goldene Klemmer

Kriminalhörspiel, BRD 1962, nach der Erzählung „The Adventure of the Golden Pince-Nez“ (Der goldene Kneifer) von Sir Arthur Conan Doyle, The Strand Magazine Juli 1904. Regie: Heinz-Günter Stamm. Mit: Peter Pasetti als Sherlock Holmes und Klaus Behrendt als Dr. Watson. In weiteren Rollen: Hilde Krahl, Lukas Ammann, Friedrich Maurer, Claudia Bethge, Ursula Kube. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunk.

Zitat von Der goldene Klemmer
Ratlos wendet sich Inspektor Stanley Hopkins an seinen alten Freund Sherlock Holmes, der ihm schon in vielen Fällen zur Seite gestanden hat. Diesmal geht es um einen Mord im Hause eines Professors. Dessen Sekretär wurde erstochen aufgefunden, doch es fehlt jedes Motiv für die Tat. Der Gelehrte vermutet deshalb einen Selbstmord, wovon Holmes natürlich nicht zu überzeugen ist. Er kann das Geheimnis anhand eines am Tatort gefundenen Kneifers lüften ...


Bemerkenswert an der eher unbekannten Geschichte „Der goldene Kneifer“ ist, dass kluge Deduktionen in einem reichlichen, ja geradezu überbordenden Maße vorhanden sind. Wahrscheinlich wählte man sie deshalb so früh für eine Radioadaption aus, weil Pasetti hierin die Fähigkeit des Meisterdetektivs, von kleinen Details ganze Charaktere oder Handlungsabläufe zu rekonstruieren, mustergültig demonstrieren konnte. So ist die Kombination, die vom Kneifer auf die Trägerin schließt, oder auch jene betreffs ihres „Rückwegs“ sehr clever ausgetüftelt – sie verdeutlicht, welche komplexen Gedankengänge sich Conan Doyle bei seinem Lehrmeister Joseph Bell abgeschaut hatte.

Als Inspektor Hopkins gibt sich Lukas Ammann die Ehre. Er als Überbringer der tödlichen Neuigkeiten trifft wieder einmal mitten in die Ausgeburt der Gemütlichkeit hinein, in der sich Holmes und Watson während eines kräftigen Regensturms in ihrem Arbeitszimmer die Füße am Kaminfeuer wärmen und inständig hoffen, nicht noch an diesem Abend aufbrechen zu müssen, um den Fall zu klären. Im Kontrast zu dieser beschaulichen Atmosphäre steht die dramatische Auflösung des Mordes, die die schweren Schicksalsschläge mehrerer Personen schildert und den etwas routinierten Mordfall zu einem ergreifenden Ende führt.

Amüsant vom Standpunkt eines heutigen Hörers wirkt, als wie sonderbar zurückgezogen der Haushalt des Professors bezeichnet wird, weil dessen Bewohner nicht die umliegenden Geschäfte frequentieren, sondern ihre Bedürfnisse – z.B. für Zigaretten – durch regelmäßige Bestellungen bei auswärtigen Händlern decken. In diesem Punkt hat die Realität die Schilderung Doyles gewissermaßen bereits eingeholt.



(Sherlock Holmes & Dr. Watson: Die besten Fälle, Der Audio-Verlag, September 2006, CD 3)

Gubanov ( gelöscht )
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13.10.2014 15:30
#37 RE: Sherlock-Holmes-Hörspiele mit Peter Pasetti und Alexander Kerst Zitat · Antworten



Die einsame Radfahrerin

Kriminalhörspiel, BRD 1968, nach der Erzählung „The Adventure of the Solitary Cyclist“ (Die einsame Radfahrerin) von Sir Arthur Conan Doyle, The Strand Magazine Januar 1904. Regie: Heinz-Günter Stamm. Mit: Peter Pasetti als Sherlock Holmes und Erik Schumann als Dr. Watson. In weiteren Rollen: Hilde Weissner, Margot Philipp, Wolfgang Lukschy, Herbert Fleischmann, Ernst Walter Mitulski, Marlis Schoenau, Joachim Wichmann. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunk.

Zitat von Die einsame Radfahrerin
Miss Violet Smith ist eine ausnehmend schöne junge Dame. Da erscheint es gar nicht ungewöhnlich, dass Männer ihr nachstellen. Dass sie aber auf dem einsamen Weg vom Landhaus ihres Arbeitgebers Caruthers zum Bahnhof von einem Unbekannten auf dem Fahrrad verfolgt wird, bereitet ihr dann doch gewisse Bedenken. Holmes versucht herauszufinden, ob hinter dem Schatten mehr als eine „Liebeslappalie“ steckt, und stößt dabei auf gefährliche Abmachungen ...


In der ersten Begegnung von Holmes und Watson mit ihrer Klientin Violet Smith zeigt sich der Unterschied in den Charakteren zwischen dem Detektiv und seinem Biografen: Während Watson von der Schönheit der Frau sofort eingenommen ist, sind die Gedanken seines Freundes bei ganz anderen Dingen. Pasetti zeigt diese Facette bestens auf, indem seine erste Frage nach der Verabschiedung der Musiklehrerin seinem Tabaksbeutel gilt – was so nicht in der Geschichte und demnach vermutlich auch nicht im Drehbuch steht. Darauf folgt dann die lakonische Originalbemerkung, dass es wohl ein Naturgesetz sei, dass Männer einer solchen Frau auf den Fersen sein müssten. Hören wir da eine gewisse Geringschätzung heraus?

Erik Schumann, der tatkräftigere der beiden BR-Watsons, lässt Holmes’ Abfuhr, was die Qualität seiner Nachforschungen anbetrifft, stoisch über sich ergehen. Hier lernt man erneut die freundschaftliche Note des Duos zu schätzen, die bei Pasetti und Schumann besonders ausgeprägt ist und im Vergleich zu einer gewissen Rivalität um die Vorrangstellung in der Geschichte bei Kerst und Fischer den deutlich angenehmeren Eindruck hinterlässt.

In der Geschichte spürt der genaue Beobachter wieder ein paar Ungereimtheiten auf. Sie betreffen einerseits das bei Doyle angegebene Datum, Samstag, den 23. April 1895, der in Wahrheit auf einen Dienstag fiel. Andererseits führen die von Holmes im Finale geäußerten Einwände gegen die Eheschließung zwischen Woodley und Violet Smith vor Augen, dass der Plan der Männer aufgrund des dünnen rechtlichen Eises von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. Dem Vergnügen an der Kriminal-Romanze, die diesmal von besonders berühmten Sprechern zum Leben erweckt wird, tut das keinen Abbruch.



(Sherlock Holmes & Dr. Watson: Die besten Fälle, Der Audio-Verlag, September 2006, CD 5)

Gubanov ( gelöscht )
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13.10.2014 17:30
#38 RE: Sherlock-Holmes-Hörspiele mit Peter Pasetti und Alexander Kerst Zitat · Antworten



Der kreidebleiche Soldat

Kriminalhörspiel, BRD 1965, nach der Erzählung „The Adventure of the Blanched Soldier“ (Der erbleichte Soldat) von Sir Arthur Conan Doyle, The Strand Magazine November 1926. Regie: Heinz-Günter Stamm. Mit: Peter Pasetti als Sherlock Holmes und Klaus Behrendt als Dr. Watson. In weiteren Rollen: Alexander Kerst, Werner Hessenland, Hans-Michael Rehberg, Ulrich Folkmar, Panos Papadopulos, Fritz Rasp. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunk.

Zitat von Der kreidebleiche Soldat
Sherlock Holmes ermittelt dieses Mal ohne seinen Freund Dr. Watson. Das Problem wird von einem ehemaligen Soldaten an ihn herangetragen, der den Kontakt zu einem alten Armee-Freund vermisst. Nachforschungen über dessen Verbleib führten zu seltsamen, abweisenden Reaktionen seiner Familie. Was haben die Elmsworths zu verbergen? Ist Geoffrey in ein Verbrechen hineingeraten und deshalb außer Landes gebracht worden? Oder wird er von seinem eigenen Vater im Gartenhaus gefangen gehalten?


Sherlock Holmes statt Dr. Watson als Sprecher zu hören, ist ein ungewöhnlicher Einstieg in das Hörspiel vom „kreidebleichen Soldaten“, einer der späten Sherlock-Holmes-Geschichten, in denen Doyle etwas mit der herkömmlichen Form der Geschichten herumexperimentierte. Die BR-Fassung begründet Watsons weitgehende Abwesenheit durch dessen Heirat mit Mary Morstan und geht auch sonst auf verschiedene Details ein, die die Fachkenntnis des Bearbeiters Michael Hardwicke verraten. So spielt Holmes auf Watsons berüchtigte Erfahrung mit Frauen auf vier Kontinenten an oder hebt die hoffnungslose Naivität seines Freundes hervor, die ihm bei seinen Ermittlungen stets am meisten half.

Während Watson sich rar macht, gibt es in „Der kreidebleiche Soldat“ das einzige Aufeinandertreffen der beiden Radio-Sherlocks – Peter Pasetti in seiner gewohnten Rolle und Alexander Kerst als sein Klient James M. Dodd – zu belauschen. Interessant ist, dass Kersts Figur besonders investigativ angelegt ist und sich deshalb, abgesehen von völliger Ratlosigkeit, wenig von seinem Posten beim Saarländischen Rundfunk, den Kerst im gleichen Jahr antrat, unterscheidet. Gerade die Tatkraft, Beharrlichkeit und das Durchsetzungsvermögen zeichnen sowohl Dodd als auch Holmes aus.

Gedeckt wird das Geheimnis um Geoffrey Elmsworth von der burschikosen Stimme Werner Hessenlands und einem guten alten Bekannten: Fritz Rasp gibt sich als alter Diener der Familie die Ehre und entfaltet, auch ohne dass man seine düster ausgeleuchtete hagere, hochaufgeschossene Gestalt sieht, mit solchen Sätzen wie „Ich wünschte zu Gott, er wäre tot“ ein unheimliches Flair. Die Lösung holt den Hörer dann auf den auf eine ganz andere Weise erschreckenden Boden der Tatsachen zurück, wobei sich Doyle aufs Gewissenhafteste um einen guten Ausgang der schauerlichen, etwas unappetitlichen Geschichte bemühte.



(Neue Fälle von Sherlock Holmes & Dr. Watson, Der Audio-Verlag, August 2005, CD 2)

Gubanov ( gelöscht )
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13.10.2014 20:00
#39 RE: Sherlock-Holmes-Hörspiele mit Peter Pasetti und Alexander Kerst Zitat · Antworten



Das letzte Problem

Kriminalhörspiel, BRD 1968, nach der Erzählung „The Final Problem“ (Das letzte Problem) von Sir Arthur Conan Doyle, The Strand Magazine Dezember 1893. Regie: Heinz-Günter Stamm. Mit: Peter Pasetti als Sherlock Holmes und Erik Schumann als Dr. Watson. In weiteren Rollen: Friedrich Joloff, Paul Bürks, Frithjof Vierock. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunk.

Zitat von Das letzte Problem
Nur wenige Fälle hat Dr. Watson in letzter Zeit noch mit Sherlock Holmes gelöst. Da schlittert er auf einmal in jenes Problem hinein, das sich als das letzte in der Karriere des brillanten Denkers zu erweisen scheint: die Akte Moriarty. Der teuflische Professor mit dem Hang zu Mathematik und Verbrechen steht hinter den meisten Missetaten, die in London unaufgeklärt bleiben. Als Holmes ihm auf die Spur kommt, entbrennt ein Duell um Leben und Tod, das die Freunde und ihren mächtigen Feind bis in die Schweiz führt!


Die Bedeutung Professor Moriartys innerhalb des Kanons der Originalgeschichten wird durch die meisten Adaptionen deutlich überschätzt. Bei Conan Doyle taucht der berühmteste Gegenspieler des 221B-Bewohners nur in „Das letzte Problem“ und dem weitgehend unbekannten und unverfilmten Roman „Das Tal der Angst“ auf. Gleichsam ist die Liste seiner Film- und Fernsehauftritte schier endlos – der Kult um Moriarty begann in William Gilettes Theaterstück, das vielsagenderweise 1899 während des Hiatus von Sherlock Holmes uraufgeführt wurde. Selbst Adaptionen, die sich der Bedeutung der Doyle-Erzählungen und ihrer Verantwortung ihnen gegenüber bewusst sind, schustern Moriarty eigenhändig zusätzliche Auftritte zu, um seine Präsenz zu erhöhen (man denke an Jeremy Bretts „Liga der rothaarigen Männer“ oder die richtiggehende Obsession, die die Serie „Sherlock“ gegenüber Moriarty entwickelte). So ist es kein Wunder, dass auch in den Chroniken des Bayerischen Rundfunks Wert darauf gelegt wurde, dem Professor zu seinem obligatorischen Auftritt zu verhelfen, auch wenn „Das letzte Problem“ eigentlich über keinen kriminalistischen Reiz verfügt.

Das Bewusstsein der Zuhörer darüber, dass Holmes’ Tod nur von kurzer Dauer ist, berücksichtigend, griff man beim BR zu einem interessanten Kniff: Als man nach drei Jahren Funkstille die Holmes-Sendereihe wieder aufnahm, begann man sie mit dem „letzten Problem“ als erstem Fall, dem man dann natürlich sogleich „Das leere Haus“ folgen ließ. Auf diese Weise spekulierte man auf die mit der Geschichte und dem zugkräftigen Professor Moriarty üblicherweise generierte Aufmerksamkeit. Allerdings ist das Hörspiel in seiner Feierlichkeit und seinem Ernst gerade für die 1968er-Umsetzungen mit Pasetti und Schumann recht untypisch und ragt deshalb wie ein Fremdkörper aus der Serie – auch aus der Serie im Ganzen – heraus.

Die Verpflichtung Friedrich Joloffs garantierte nicht nur eine scharfe, schneidende Verkörperung Moriartys, sondern auch die gesammelten Antipathien der Hörerschaft, nachdem Joloff seit jeher als Darsteller von Verbrechern und Unsympathen bekannt war und um die Zeit der Hörspielproduktion herum publikumswirksame und immerhin recht dubiose Auftritte in den Reinecker-Mehrteilern „Der Tod läuft hinterher“ und „Babeck“ zu verbuchen hatte. Allerdings dominieren in dieser Inszenierung nicht die Gastauftritte, sondern die langen Schilderungen Watsons, wobei Schumanns Ergriffenheit deutlich zur Geltung kommt.



(Sherlock Holmes & Dr. Watson: Die größten Fälle, Der Audio-Verlag, Februar 2004, CD 5)

Gubanov ( gelöscht )
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14.10.2014 12:20
#40 RE: Sherlock-Holmes-Hörspiele mit Peter Pasetti und Alexander Kerst Zitat · Antworten



Das leere Haus

Kriminalhörspiel, BRD 1968, nach der Erzählung „The Adventure of the Empty House“ (Das leere Haus) von Sir Arthur Conan Doyle, The Strand Magazine Oktober 1903. Regie: Heinz-Günter Stamm. Mit: Peter Pasetti als Sherlock Holmes und Erik Schumann als Dr. Watson. In weiteren Rollen: Marlis Schoenau, Hans Caninenberg, Werner Hessenland, Harry Kalenberg, Sabine Schiller, Claudia Bethge, Wolfgang Dörich, Dietrich Thoms, Alexander Malachowsky. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunk.

Zitat von Das leere Haus
Der geheimnisvolle Mord an Ronald Adair beschäftigt ganz London, als Dr. Watson auf der Straße zufällig einen alten Buchhändler trifft. Der Mann, der seine Chance wittert, dem Doktor einige Bände zu verkaufen, lässt sich in dessen Wohnung anmelden – und entpuppt sich zum Schrecken seines Gegenübers als Holmes in Verkleidung. Sherlock Holmes ist von den Toten, aus den Untiefen des Reichenbachfalls, zurückgekehrt. Sein Leben ist allerdings noch immer in Gefahr!


Fast genau zehn Jahre nach seinem Kampf mit Professor Moriarty an den Klippen bei Meiringen brachte Sir Arthur Conan Doyle seine bekannteste Schöpfung wieder zurück unter die Lebenden. Zwar lag zwischen „Das letzte Problem“ und „Das leere Haus“ die Publikation des „Hunds der Baskervilles“ – dieser Roman ist jedoch in der Zeit vor Holmes’ vorgetäuschtem Ableben angesiedelt und konnte bei seinen Lesern deshalb noch keine Hoffnung auf eine dauerhafte Rettung der Figur erwecken. Nun aber war es amtlich: Doyle beugte sich dem Druck des Publikums und der Verlockung einer stattlichen Geldsumme, die ihm für die Revidierung seiner einst so gravierenden Entscheidung, Holmes loszuwerden, angeboten wurde.

Im Gegensatz zu „Das letzte Problem“ gibt es in „Das leere Haus“ immerhin einen Kriminalfall zu klären, doch der Mord am Ehrenwerten Ronald Adair vermag kaum an die Qualität anderer Untersuchungen heranzureichen, weil er letztlich zu sehr im Hintergrund bleibt gegenüber der Überraschung des Doktors und der Erläuterungen Holmes’, wie er dem Tod entkommen sei und die dazwischenliegenden Jahre verbracht habe. Leider geht im Hörspiel gerade der wichtige Punkt der Überraschung über das Wiederauftauchen des Detektivs verloren, sofern man bei irgendeinem Hörer überhaupt Unkenntnis über diesen Umstand hätte vermuten dürfen. Die kryptische und nicht vorlagengetreue Ankündigung Mycrofts, Watson solle das Unerwartete erwarten, trägt ebenso zu einem Verderben der schockierenden Nachricht bei wie der Umstand, dass sich Peter Pasettis Stimme beim besten Willen nicht einfach „verkleiden“ lässt. Man hört sofort, dass er den Buchhändler spricht. Insgesamt wirken die beiden Hörspiele rund um den großen Hiatus eher wie eine Pflichtübung und stehen daher in meiner persönlichen Betrachtung auf den hinteren Rängen.



(Meisterhafte Fälle von Sherlock Holmes & Dr. Watson, Der Audio-Verlag, Januar 2008, CD 1)

Gubanov ( gelöscht )
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14.10.2014 17:20
#41 RE: Sherlock-Holmes-Hörspiele mit Peter Pasetti und Alexander Kerst Zitat · Antworten



Das Beryll-Diadem

Kriminalhörspiel, BRD 1963, nach der Erzählung „The Adventure of the Beryl Coronet“ (Die Beryll-Krone) von Sir Arthur Conan Doyle, The Strand Magazine Mai 1892. Regie: Heinz-Günter Stamm. Mit: Peter Pasetti als Sherlock Holmes und Klaus Behrendt als Dr. Watson. In weiteren Rollen: Hanns-Ernst Jäger, Helga Zeckra, Horst Sachtleben, Rolf Wanka, Claudia Bethge, Alexander Malachowsky, Monika Groll. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunk.

Zitat von Das Beryll-Diadem
Auf ein gefährliches Geschäft hat sich Geldverleiher Alex Holder eingelassen: Ein hochwohlgeborener Kunde überlässt ihm als Pfand für einen Kredit ein wertvolles Diadem. Anstatt es in einem Banksafe zu verwahren, versteckt Holder das Schmuckstück in seinem eigenen Hause – bis er in der Nacht durch verdächtige Geräusche aufgeweckt wird. Da stellt er seinen Sohn, der sich ständig in Geldnöten befindet und nun anscheinend drei Berylle aus dem Kopfschmuck herausgebrochen hat ...


Hanns-Ernst Jäger leiht dem Geschäftsmann Holder seine markante Stimme und sorgt damit in den ersten Minuten des Hörspiels für gespanntes Lauschen, denn „Das Beryll-Diadem“ verlässt sich in einem besonders hohen Maße auf Rückblenden. Diese werden stimmig und atmosphärisch ausgestaltet, wobei die Situation im Hause Holder durch die unverhoffte Verantwortung, das Pfand aufbewahren zu müssen, in besonderem Maße angespannt ist. Jäger verlieh seiner Figur entsprechend der jeweiligen Situation eine scharfe und vorwurfsvolle, eine wehleidige oder eine kriecherische Note, wobei man deutlich merkt, dass Holder sich naiv und parteiisch verhält. Holmes fällt das offenbar auch auf, sodass er ihn am Ende des Falles knapp, ja gewissermaßen herablassend abfertigt und eine hohe finanzielle Beteiligung – ähnlich wie beim Herzog von Holdernesse – einfordert.

Über den in Geldnöten befindlichen namenslosen Adligen, der das Diadem gegen eine schnelle Aushilfe aus einem natürlich ebenfalls ungenannten Dilemma einlöst, spekulieren Holmes-Forscher ohne eindeutiges Ergebnis – nennen allerdings Namen, die bis zur königlichen Familie hinaufreichen, was der etwas unglaubwürdigen Behauptung, beim Beryll-Diadem handele es sich um „eines der kostbarsten Stücke unserer Reichskleinodien“, das dann wohl von dem Klienten heimlich aus dem Tower entwendet wurde, anzulasten ist. Auch wenn die Bedeutung des Schmucks also eher Doyles schriftstellerischer Fantasie entspringt, so hilft sie doch, die Ereignisse um seine „Entweihung“ möglichst dramatisch und folgenschwer zu gestalten. Als entspannenden Ausgleich dazu hätte es sich angeboten, die am Rande angesprochene winterliche Schneestimmung etwas stärker zu betonen.



(Sherlock Holmes & Dr. Watson: Die größten Fälle, Der Audio-Verlag, Februar 2004, CD 3)

Gubanov ( gelöscht )
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14.10.2014 20:05
#42 RE: Sherlock-Holmes-Hörspiele mit Peter Pasetti und Alexander Kerst Zitat · Antworten



Die Liga der Rothaarigen

Kriminalhörspiel, BRD 1965, nach der Erzählung „The Adventure of the Red-Headed League“ (Die Liga der Rotschöpfe) von Sir Arthur Conan Doyle, The Strand Magazine August 1891. Regie: Wilm Ten Haaf. Mit: Alexander Kerst als Sherlock Holmes und Heinz Leo Fischer als Dr. Watson. In weiteren Rollen: Hans Clarin, Klaus W. Krause, Alexander Malachowsky, Leo Bardischewksi, Werner Holten, Wolfgang Dörich, Fritz Wilm Wallenborn. Eine Produktion des Saarländischen Rundfunk.

Zitat von Die Liga der Rothaarigen
So skurril, dass Holmes und Watson unvermittelt lachen müssen, ist das Anliegen, das Jabez Wilson bei seinem Besuch in der Baker Street vorbringt: Die feuerroten Haare des Pfandleihers verschafften ihm für eine Weile ein lukratives Nebeneinkommen, das von der „Liga der Rothaarigen“ dafür gestellt wurde, dass er das Konversationslexikon abschreibt. Als die Liga aufgelöst wird und er wieder mit vier Pfund weniger auskommen muss, wendet er sich hilfesuchend an Sherlock Holmes. Der stellt fest, dass hinter der Posse mehr steckt, als zunächst gedacht ...


Dass, um das Interesse von Sherlock Holmes zu erregen, nicht immer eine namhafte Leiche oder ein unverfrorener Diebstahl vorliegen muss, beweist die Erzählung der „Liga der Rotschöpfe“, bei der es sich um die älteste aufgegriffene Vorlage für die Hörspielreihe handelt. Die bekannte und beliebte Story stellt zudem eine der vier Überschneidungen zwischen den Radiokrimis des BR bzw. SR und den beinahe zeitgleich entstandenen TV-Verfilmungen des WDR dar – darüber hinaus wurden „Das gesprenkelte Band“, „Die Beryll-Krone“ und „Die Bruce-Partington-Pläne“ sowohl mit Pasetti als auch mit Erich Schellow umgesetzt.

Während Leo Bardischewski als Jabez Wilson zu hören ist, betraute man Hans Clarin mit der Rolle seines pfiffigen Assistenten Vincent Spalding. Im Nachhinein komme ich nicht umhin zu lächeln, wenn sich Clarin wünscht und es an einen Kobold aus einer gewissen Kindersendung erinnert: „Ach, wenn mein Haar nur über Nacht auch rot würde!“

Die geschäftige Lebendigkeit der Londoner Straßen wird erzählerisch und inszenatorisch in der Szene auf der von Rotschöpfen gesäumten Fleet Street authentisch „verbildlicht“. Immerhin zählt die „Liga“ mit ihrem Hauptschauplatz am fiktiven Saxe-Coburg Square in der City zu den städtischsten und quirligsten Folgen aus der Feder Conan Doyles, die in großem Kontrast zu den Landausflügen nach Boscombe Valley, zur Thor-Brücke oder auf die Spuren der einsamen Radfahrerin stehen.



(Sherlock Holmes & Dr. Watson: Die besten Fälle, Der Audio-Verlag, September 2006, CD 1)

Gubanov ( gelöscht )
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14.10.2014 22:15
#43 RE: Sherlock-Holmes-Hörspiele mit Peter Pasetti und Alexander Kerst Zitat · Antworten



Der griechische Dolmetscher

Kriminalhörspiel, BRD 1965, nach der Erzählung „The Adventure of the Greek Interpreter“ (Der griechische Dolmetscher) von Sir Arthur Conan Doyle, The Strand Magazine September 1893. Regie: Wilm Ten Haaf. Mit: Alexander Kerst als Sherlock Holmes und Heinz Leo Fischer als Dr. Watson. In weiteren Rollen: Heinz Schimmelpfennig, Gert Grellmann, Martin Arnhold, Willkit Greuél, Kurt Meyer, Nestor Xaldis, Peter Böhlke, Günter Kind, Elke Vollstedt. Eine Produktion des Saarländischen Rundfunk.

Zitat von Der griechische Dolmetscher
Als griechischer Dolmetscher ist es Mr. Melas gewöhnt, auch zu unmöglichen Zeiten zu Rate gezogen zu werden. Jene nächtliche Fahrt, die ihn eigentlich nach Kensington führen sollte, entpuppt sich als regelrechte Entführung: Zwei rücksichtslose Schurken halten einen Griechen gefangen und wollen mithilfe des Dolmetschers dessen Unterschrift unter ein ominöses Papier erzwingen. Dass Mr. Melas sich mit dem Gesehenen an den Meisterdetektiv Holmes wendet, hätten sie wohl nicht gedacht ...


Eine ganz herausragende Stellung im Kanon hält „Der griechische Dolmetscher“ wegen seiner verblüffenden Enthüllungen über Sherlock Holmes’ Verwandtschaft inne. Zunächst erzählt er über seine Vorfahren und gibt Preis, dass er von Landedelleuten abstammt, aber auch dass seine „Großmutter die Schwester des französischen Malers Horace Vernet war“. Sein künstlerisches Talent, das sich weniger in einer Vorliebe für Pinsel und Farbe als vielmehr für seine Geige und Musik im Allgemeinen (vgl. sein Besuch bei Sarasate in der St. James’s Hall in „Die Liga der Rotschöpfe“) äußert, dürfte sich damit erklären. Dass er zu allem Überfluss auch noch einen zuvor nie erwähnten Bruder hat, der noch genialer ist als er selbst, ist allerdings wahrlich eine unvorbereitete Überraschung.

Wer den Mycroft Holmes in diesem Hörspiel spricht, ist den zugänglichen Archiven leider nicht zu entnehmen – der Chronist beim Saarländischen Rundfunk verhielt sich offenbar weniger vorbildlich als Dr. John Watson! In den Adaptionen des Bayerischen Rundfunk von 1968 („Das leere Haus“ und „London im Nebel“) ist jeweils Hans Caninenberg für diese Rolle verpflichtet worden, die er gut und gern auch optisch hätte ausfüllen können – zumindest wenn man Holmes gleichfalls in entsprechendem Alter besetzte, wie es damals ja noch Standard war.

Die Geschichte vom „griechischen Dolmetscher“ schmeckt wie eine bittere Pille, doch die Möglichkeiten, die der Babel mehrerer Sprachen eröffnet, nutzte Doyle sehr geschickt in seiner Schilderung des gerissenen Mr. Melas aus. Das Lob, das der Übersetzer für seine Geistesgegenwart von beiden Holmes-Brüdern zugesprochen bekommt, ist ein Beweis dafür, dass es selbst für einen urenglischen Snob im steifen und egozentrischen viktorianischen London kein Unding war, gebildeten Ausländern mit Respekt zu begegnen.



(Meisterhafte Fälle von Sherlock Holmes & Dr. Watson, Der Audio-Verlag, Januar 2008, CD 3)

Gubanov ( gelöscht )
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15.10.2014 22:20
#44 RE: Sherlock-Holmes-Hörspiele mit Peter Pasetti und Alexander Kerst Zitat · Antworten



London im Nebel

Kriminalhörspiel, BRD 1968, nach der Erzählung „The Adventure of the Bruce-Partington Plans“ (Die Bruce-Partington-Pläne) von Sir Arthur Conan Doyle, The Strand Magazine Dezember 1908. Regie: Heinz-Günter Stamm. Mit: Peter Pasetti als Sherlock Holmes und Erik Schumann als Dr. Watson. In weiteren Rollen: Ulli Philipp, Marlis Schoenau, René Deltgen, Harry Kalenberg, Hans Caninenberg, Erwin Faber, Horst Sachtleben. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunk.

Zitat von London im Nebel
Schon seit Tagen ist London in dichtem Nebel versunken. Vor undurchdringlichen Problemen steht derweil auch die britische Regierung, die sich in heller Aufregung über den Diebstahl der Pläne für das Bruce-Partington-U-Boot befindet. Mycroft Holmes zieht seinen Bruder bei der Lösung des Falles hinzu. Sieben der zehn entwendeten Dokumente wurden bei der Leiche des Beamten Cadogan West gefunden. Wo stecken die anderen? War West für den Diebstahl verantwortlich oder schob ihm den nur jemand in die Schuhe?


Einer der Höhepunkte in der Reihe und vielleicht sogar der ausgesprochene Höhepunkt in der ohnehin starken letzten Staffel der Holmes-Hörspiele mit Pasetti und Schumann stellt diese Adaption der „Bruce-Partington-Pläne“ dar, in der ein Geheimnis im Dunstkreis von Regierungsbeauftragten und Spionen auf raffinierte Weise ergründet wird. Doyle wickelte die Geschichte meisterhaft auf, die Deduktionen gestalten sich besonders komplex und doch folgerichtig. Mycroft zeigt zudem eine größere Präsenz als im „griechischen Dolmetscher“, weil in dessen Hörspielfassung die Szene am Fenster des Clubs, in der er und sein Bruder sich mit Kombinationen über Passanten gegenseitig überbieten, fehlt, hier aber großer Wert auf die Rolle des weltfaulen Denkers gelegt wurde.

Dass sich Doyle des berühmten Londoner U-Bahnnetzes als Schauplatz für einen Leichenfund annahm, ist ein zusätzlicher Pluspunkt. Allerdings enttarnt eine genaue Beobachtung der angegebenen Eckdaten verschiedene Fehler in der Erzählung und in der Hörspielfassung. Das betrifft zunächst vor allem den Umstand, dass der Tote in London Bridge hätte umsteigen müssen. Diese Behauptung sowie Sherlocks anfängliche Theorie, dass West also einfach den Ausstieg in London Bridge verpasste und dies erst bemerkte, als er bis Aldgate weitergefahren war, zeugen von grober Unkenntnis, wurde die U-Bahnstation London Bridge doch erst 1900 – auf einer anderen Linie als Aldgate – eröffnet, während die Geschichte im Jahr 1895 spielt. Zusätzlich ist zu bedenken, dass zwischen den beiden Bahnhöfen eine große räumliche Distanz besteht, die Anmerkung im Hörspiel, das nächste Telegrafenamt vom Tatort aus befinde sich in London Bridge, ebenso wenig haltbar ist.

Gleichfalls gibt Hugo Obersteins Adresse Rätsel auf: Caulfield Gardens 13 gibt Doyle an. Diese Adresse liegt in Realität weit draußen in Pinner und zwar in der Nähe der dortigen Metropolitan Line, aber keineswegs direkt angrenzend an die Schienen. Der ähnlich klingende Straßenname Courtfield Gardens befindet sich auch etwa 100 Meter von der nächsten oberirdischen U-Bahnstrecke entfernt – noch dazu erfordern beide möglichen Tatorte, dass die Leiche auf dem Dach eine halbe Stadtrundfahrt mitgemacht hätte, was weder physikalisch wahrscheinlich ist noch so lange unbemerkt geblieben wäre.

Das gehört alles in den Bereich des Nitpickings. Spaß machen die spannungsreiche Handlung, das imaginär vernebelte London und die Dampfgeräusche der damals noch nicht elektrifizierten Untergrundbahn allemal!



(Neue Fälle von Sherlock Holmes & Dr. Watson, Der Audio-Verlag, August 2005, CD 5)

Gubanov ( gelöscht )
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16.10.2014 00:45
#45 RE: Sherlock-Holmes-Hörspiele mit Peter Pasetti und Alexander Kerst Zitat · Antworten



Der Daumen des Ingenieurs

Kriminalhörspiel, BRD 1965, nach der Erzählung „The Adventure of the Engineer’s Thumb“ (Der Daumen des Ingenieurs) von Sir Arthur Conan Doyle, The Strand Magazine März 1892. Regie: Heinz-Günter Stamm. Mit: Peter Pasetti als Sherlock Holmes und Klaus Behrendt als Dr. Watson. In weiteren Rollen: Martin Benrath, Bum Krüger, Herbert Fleischmann, Rosemarie Pruppacher, Alexander Allerson, Wolfgang Dörich, Gustl Datz, Carola Regnier, Fred Kallmann. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunk.

Zitat von Der Daumen des Ingenieurs
Eine wahrlich beklemmende Erfahrung hat der brotlose Ingenieur Victor Hatherley gemacht. Von einem gewissen Oberst Lysander Stark unter seltsamen Vorwänden und Vorsichtsmaßnahmen des Nachts auf einen abgelegenen Landsitz gelockt, soll er eine hydraulische Presse untersuchen. Als Hatherley zu neugierig wird und sich nach dem Zweck der Maschine erkundigt, wird er in der Presse eingesperrt und kann sich erst im letzten Moment daraus befreien. Doch die schreckliche Nacht ist damit noch nicht vorüber ...


Wahrscheinlich sind es die zwei recht brutalen Erlebnisse des Ingenieurs, die diese an sich sehr interessante Geschichte aus den meisten TV-Adaptionen herausgehalten hat. Der arme Mann wird zunächst fast in einer Presse in Münzgröße zusammengepresst und anschließend bekommt er seinen Daumen mit einem Beil abgehackt – als Arzt hatte Doyle in Hinblick auf blutige Wunden naturgemäß eine recht niedrige Hemmschwelle. Im Hörspiel lässt sich die Zwickmühle glücklicherweise originalgetreu und trotzdem ohne allzu großen Ekelfaktor bewältigen.

Oberst Lysander Stark ist eine schillernde Verbrecherfigur im Holmes-Kanon, obschon er dem Meisterdetektiv gar nicht selbst begegnet. Die Hörspielumsetzung nimmt sich einige Freiheiten in Bezug auf seine Rolle heraus: Die wichtigste dürfte das Ende sein, das er nimmt. Während er im Original mit den anderen beiden Bewohnern entkommt und sich somit einer Bestrafung entziehen kann, wird seine Leiche in der Fassung des Bayerischen Rundfunks im ausgebrannten Haus gefunden – wohl als Bestrafung für seine tragende Rolle in diesem bösartigen Fall. Apropos bösartig: Doyle beschreibt Lysander Stark als „sinister German“, wohingegen die Fassung des BR aus ihm einen Holländer macht, um mit den abfälligen Ausländerbemerkungen nicht gegen die eigene Nationalität zu sticheln.



(Neue Fälle von Sherlock Holmes & Dr. Watson, Der Audio-Verlag, August 2005, CD 4)

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