"Die falsche Form" habe ich leider zur Hälfte verschlafen. Spricht nicht unbedingt für die Qualität der Produktion. In diesem Fall habe ich an die Meinrad-Adaption bessere Erinnerungen. Dass "Der Mann im Baum" eine neu erfundene Geschichte war, wusste ich während der Sichtung nicht, aber es war absolut offensichtlich. Ich fand diese Folge dennoch recht überzeugend, auch was die kriminalistische Seite angeht. Die Opposition gegen Father Brown war vielleicht etwas übertrieben. Die kritisierte Deutschenfeindlichkeit fiel mir weniger unangenehm ins Auge. Sie ist einerseits durch das Setting in den 1950ern erklärbar, andererseits in Bezug auf den falschen Geistlichen mit Ironie / Romantik aufgelockert und in Bezug auf den echten mehr als angebracht.
Mir fällt auf, dass andere Geistliche neben Father Brown echt schlecht wegkommen. Schon zum zweiten Mal in nur vier Episoden ein verbrecherischer Pfaffe.
Was die Kenneth-More-Untertitelfrage angeht: Die Acorn-UK-Website ist momentan wegen Wartungsarbeiten abgeschaltet. Sobald sie wieder on ist, dürfte die Sache im Handumdrehen zu klären sein.
Mit "Das Auge Apollos" erreicht die Serie ihren bisherigen Tiefstand. Abgesehen von der Sekte ist hier von Chestertons Vorlage nichts, aber auch gar nichts übriggeblieben. Das an sich wäre ja nicht schlimm, aber leider stimmt auch der Rest nicht. Nach Blaupause 7c für Serienepisodenschreiber gerät die polnische Haushaltshilfe in die Fänge der Sekte und muß gerettet werden, der eher nebenbei geschehende Mord spielt da die zweite Geige. Hinzu kommt das üble Chargieren des Sekten-Gurus (dem man auch noch die Synchronstimme von "Dr. House" verpaßt hat) und eine nur wenig überzeugende Auflösung. Wieder gilt: Maritim kann's besser!
Irgendwie scheinen die Originalgeschichten den Bearbeitern größere Schwierigkeiten zu bereiten, denn die Pastiche-Folge "Die Braut Christi" ist dann wieder eine sehr gelungene Geschichte, mMn die bisher beste. Man kann wieder etwas mitraten (das "Wie" hatte ich schnell raus, beim "Wer" habe ich allerdings danebengehauen), und der Fall ist durchaus clever (wenn auch nicht übermäßig originell) konstruiert. Und in diesem Fall kann ich auch mal über das (mal wieder) überdramatisierende Ende hinwegsehen.
Gubanov
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14.05.2014 12:43
#18 RE: TV-Serien-Verfilmungen der Father-Brown-Geschichten
Leider wird die Serie für mich immer uninteressanter. Auf "Das Auge Apollos" habe ich gewartet, weil es eine meiner Lieblings-Father-Brown-Geschichten ist. Ich muss aber Lord Peter zustimmen - die Adaption war sehr mager und das Aufbauschen mit Susy, die in die Machenschaften des Kults hineingerät, völlig überflüssig und nicht dem Spirit der Originalgeschichten entsprechend. Bei "Die Braut Christi" war meine Aufmerksamkeit dann ganz weg - hier gilt erneut: Man merkt einfach, dass es eine moderne Geschichte ist, die vorgibt alt zu sein. Solch einen Plot und solche Figuren hätte in den 1910er, 20er oder 30er Jahren aber niemand geschrieben. Das ist alles recht störend. Langsam überlege ich mir, am Montagabend doch wieder zu "Wer wird Millionär" zurückzuwechseln.
Am stärksten bleibt für mich trotz der hier schon diskutierten Schwächen die Auftaktfolge.
Zitat von Gubanov im Beitrag #18Bei "Die Braut Christi" war meine Aufmerksamkeit dann ganz weg - hier gilt erneut: Man merkt einfach, dass es eine moderne Geschichte ist, die vorgibt alt zu sein. Solch einen Plot und solche Figuren hätte in den 1910er, 20er oder 30er Jahren aber niemand geschrieben. Das ist alles recht störend.
Da muß ich zustimmen, man merkt schon, das ist einfach nicht mehr Chesterton. Dennoch konnte ich - neben der Pilotfolge "Der Hammer Gottes", die zumindest noch den Geist des Originals atmete - mit den beiden neuen Stories am besten, denn für die übrigen Bearbeitungen gilt das gleiche, auch wenn sie sich offiziell als Adaptionen der Originalgeschichten ausgeben (noch ärger waren da nur die "Marple"-Adaptionen von Granada und die Staffeln 9&10 von "Poirot").
Sollte Acorn Untertitel spendiert haben, werde ich mal mein Glück mit Kenneth More versuchen, und für alle Fälle steht auch Meinrad im Schrank. Schade, daß der englische Film "Die seltsamen Wege des Pater Brown" mit Alec Guinness, dessen Interpretation Rühmann so einiges verdankt, bisher nicht in deutscher Sprache auf DVD erschienen ist. Filmjuwelen...?
Gubanov
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14.05.2014 19:47
#20 RE: TV-Serien-Verfilmungen der Father-Brown-Geschichten
Der Seitenhieb gegen "Poirot" ist an dieser Stelle meiner Auffassung nach unangebracht. Außer "Appointment with Death" kann man nirgends von Abweichungen sprechen, die sich in einer störenden Größenordnung bewegen (die letzte Staffel ist mir noch unbekannt).
Da die Acorn-Website immer noch down ist, habe ich 'mal auf die Amazon-Kundenrezensionen zu Kenneth Mores "Father Brown" durchsucht. Dort schreibt eine Kundin, es seien keine Untertitel vorhanden. Das deckt sich mit den Angaben bei DVD-Profiler (wobei dort nur die alten 2003er-Auflagen gelistet und nicht das neue 4-Disc-Set gelistet sind). Auch die US-DVDs haben laut Label-Website keine Untertitel.
Die britische Auswertung des Alec-Guinness-Films ist hingegen untertitelt.
Zitat von Gubanov im Beitrag #20Der Seitenhieb gegen "Poirot" ist an dieser Stelle meiner Auffassung nach unangebracht. Außer "Appointment with Death" kann man nirgends von Abweichungen sprechen, die sich in einer störenden Größenordnung bewegen (die letzte Staffel ist mir noch unbekannt).
Mal nicht so empfindlich, ich mag die Serie ja auch sehr, aber es ist unbestritten, daß sie ab Staffel 9 auch ein Opfer der "neuen Schiene" der Drehbuchbearbeitungen wurde, und das hat sich erst ab Staffel 11 wieder gebessert (obwohl es da mit "Der Tod wartet" auch noch einmal eine unrühmliche Ausnahme gab). Und ob Abweichungen stören, ist rein subjektives Empfinden. Die ständig eingestreuten homosexuellen Affären, die in der Vorlage keinerlei Entsprechung haben, stören mich persönlich sehr, zumal sie einfach überflüssig sind und der Story nichts hinzufügen, und das gleiche gilt für die aufgepropften "tragischen Elemente". In Punkto Werktreue hapert es auch öfter, "Der Tod wartet" dürfte der Spitzenreiter sein, aber ebenso bspw. "Der blaue Express" und "Der Todeswirbel" haben nicht mehr wirklich viel mit den Büchern zu tun. Wirklich verärgert hat mich allerdings "Mord im Orientexpress", wo man so weit ging, Poirots Charakter zu verändern (religiös!) und Ratchett zum reuigen Sünder zu stilisieren.
Aber genug mit dem kleinen Exkurs, und laß uns auch nicht darüber streiten, ich weiß ja, daß wir da in einigen Punkten verschiedener Meinung sind.
Hier geht es ja um den Pater. Die restlichen 4 Folgen der ersten Staffel werde ich mir noch ansehen, wobei ja nur noch eine Originalstory ("Das blaue Kreuz") dabei ist, und danach werde ich entscheiden, ob ich mir die zweite Staffel auch noch antue. Danke für Deine Mühen bzgl. More-Recherche, ohne UT ist die Box leider uninteressant. Aber mal abwarten, bis die offizielle HP wieder online ist, vielleicht habe ich ja Glück. Acorn untertitelt normalerweise eigentlich, neben "Paul Temple" auch die dritte Staffel von "Quincy, M.E.". Aber die britische DVD des Guinness-Films ist untertitelt? Das ist schön, allerdings wäre eine VÖ mit der deutschen Synchro auch wünschenswert, die Premiere-Fassung hat nicht die beste Qualität.
Gubanov
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15.05.2014 10:44
#22 RE: TV-Serien-Verfilmungen der Father-Brown-Geschichten
Sorry, aber gerade deine Kritik zu Poirots Religiosität kann ich so nicht stehen lassen. Ganz selbstverständlich war der echte Poirot religiös. Erwartest du von einem redlichen und prinzipientreuen Mann, der zur Zeit des Ersten Weltkriegs bereits ein stattliches Alter erreicht hatte, ernsthaft, Agnostiker zu sein? Das wäre damals absolut ungewöhnlich gewesen. Poirot ist nicht Sherlock Holmes. Hinweise auf Poirots katholischen Glauben finden sich in den Büchern von Agatha Christie, wenngleich sich die Autorin generell mit zu vielen Informationen über die Persönlichkeit und Erziehung des Detektivs zurückhält. Dennoch: Zu schreiben, Poirot als religiös zu zeichen, verändere seinen Charakter, ist schlichtweg nicht zutreffend. Es ist vielmehr ein Standpunkt, der der modernen multikulturellen Gesellschaft entspringt, in der gerade die katholische Kirche als unattraktiv gilt. David Suchet, der den Charakter Poirots geradezu pedantisch genau analysiert hat, hat sich zu diesem Phänomen anlässlich des "MotOE" sehr passend geäußert: "Poirot's David Suchet claims Christianity is being marginalised to avoid offending other faiths".
Mag ja alles sein, aber muß man ihn denn unbedingt den Rosenkranz beten lassen? Finney hatte vor dem Schlafengehen andere Sachen zu tun...
Mich störte halt besonders, daß Poirot hier den Moralapostel rauskehrt und zunächst tatsächlich entschlossen ist, die ganze Gesellschaft der Polizei zu übergeben, denn Ratchett hatte ja bereut und war auf einer Wallfahrt zur Buße und dementsprechend "kein Verbrecher mehr". Erst in letzter Minute entscheidet er sich (relativ unmotiviert) um.
Vielleicht ist es auch einfach mein persönliches Problem, daß mir dieser "neue Stil" nicht zusagt bzw. ich zu sehr Purist bin. Du (und auch einige andere) sehen das halt anders, alles Geschmackssache. Ich vermisse eben schmerzlich den Stil der frühen Folgen, denn so, wie sie ist, stellt die Serie kein homogenes Ganzes dar, sondern zwei verschiedene Serien mit zufällig demselben Hauptdarsteller.
Bei "Father Brown" kommt den Machern zugute, daß die Originalgeschichten nicht ganz so populär sind und immer im Schatten der Rühmann-Filme standen, aber den ein oder anderen Christie hat schließlich jeder Mal gelesen. Und auch, wenn Suchet immer alles für seine Rolle gibt und Poirot noch so charaktergetreu darstellt (wobei ich die Religiösität in "Mord im Orientexpress" doch sehr dick aufgetragen fand), den Geist, den Stil von Agatha Christie atmen die Filme nur noch selten.
Alles natürlich nur meine rein subjektive Meinung als voreingenommener Christie-Fan...
Zitat von Lord Peter im Beitrag #23 Mich störte halt besonders, daß Poirot hier den Moralapostel rauskehrt und zunächst tatsächlich entschlossen ist, die ganze Gesellschaft der Polizei zu übergeben, denn Ratchett hatte ja bereut und war auf einer Wallfahrt zur Buße und dementsprechend "kein Verbrecher mehr". Erst in letzter Minute entscheidet er sich (relativ unmotiviert) um.
Dann ist aber nicht unbedingt Poirots Charakter falsch, dieser reagiert durchaus charaktergetreu. Diese Idee einer Buße und Wallfahrt von Ratchett ist das vollkommen Dämliche an der Umsetzung.
Gubanov
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15.05.2014 18:30
#25 RE: TV-Serien-Verfilmungen der Father-Brown-Geschichten
Ratchetts Gesinnungswandel ist insofern unglücklich, als er die Rechtfertigung des Mordes an ihm deutlich einschränkt. Das ist mir aber nie als so übermäßig zentraler Punkt in der Suchet-Verfilmung aufgefallen. Die moralischen Probleme hätten sich für Poirot in jedem Fall ergeben. Kann es sein, dass die deutsche Synchro mehr Wert auf die Reue Ratchetts legt als das Original?
Zitat von Gubanov im Beitrag #25Kann es sein, dass die deutsche Synchro mehr Wert auf die Reue Ratchetts legt als das Original?
Das kann natürlich sein, die deutsche (DVD-)Synchro ist zwar angesichts dessen, was noch so auf dem Markt ist, einigermaßen gelungen, aber stellenweise doch etwas... eigenwillig. Mag sein, daß ich angesichts der genialen Vorlagen (Buch/Kinofilm) einfach zuviel erwartet habe und in diesem Fall besonders intolerant auf die Schnapsideen, äh, "genialen, zeitgemäßen Ideen" der Autoren reagiert habe. Aber aus Christies fieser, kleiner Rachegeschichte ein moralinsaures Drama zu machen war einfach zuviel, ähnlich enttäuscht war ich auch bei den Langfolgen "Der letzte Vampir" und "Der begehrte Junggeselle" aus Jeremy Bretts Holmes-Serie, weil ich einfach einen anderen Qualitätsstandard gewohnt war. Aber anscheinend will die Mehrheit sowas tatsächlich sehen, hab ich halt Pech gehabt...
Es ist zwar sehr lange her das ich Chesterton gelesen habe und kann deshalb nicht wirklich sagen wie nahe oder ob überhaupt sich an die Vorlage gehalten wurde.Aber die letzten zwei Folgen zählen für mich zu den besseren und waren recht unterhaltsam.