Kriminalkomödie, BRD 1960. Regie: Dietrich Haugk. Drehbuch: Franz Geiger, Stefan Gommermann, Dietrich Haugk, Franz Marischka, Eva Anger, Franz-Michael Schilder, Werner Schnitzler, Hans Schweikart, Gottfried Wegeleben, Hugo Wiener (Idee: Karl Peter Gillmann). Mit: Johanna von Koczian (Agatha Scott), Klausjürgen Wussow (Dr. Peter Brent), Elisabeth Flickenschildt (Sylvia Brent), Peter Vogel (Edgar Karter), Hans Dieter Zeidler (Diener David), Wolfgang Kieling (Philip alias Thomas alias Lorenzen), Karl Lieffen (Thomas Lorenzen), Beppo Brem (Landgendarm), Paul Bös (Sargverkäufer), Gudrun Thielemann (Sekretärin) u.a. Uraufführung: 22. Dezember 1960. Eine Produktion der Filmaufbau Göttingen im Constantin-Filmverleih München.
Zitat von Agatha, lass das Morden seinWeil er sich bei einem Prozess abfällig über ihre Kriminalromane äußert, will die Schriftstellerin Agatha Scott dem Rechtsanwalt Dr. Peter Brent eine Lektion erteilen. Sie blamiert ihn vor Polizei und Presse, doch der Gehörnte verliebt sich zugleich in die schlagfertige Autorin. Um ihr den Unfug und die Krimilust auszutreiben, lädt er sie in sein Landhaus ein, wo er allerlei Spuk und Grusel inszeniert, um ihr Angst einzujagen. Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen Spiel und Wirklichkeit, als neben Brents Verwirrmanövern auch ein echter Wahnsinniger in der Unterkunft Schutz vor Moor, Nebel und Kälte sucht ...
„Morgen zeige ich Sie an. Schlafen Sie gut!“
Man entnimmt bereits dem Titel, der sich auf eine übereifrige Kriminalautorin bezieht, dass man es bei diesem Film nicht mit einem ernstzunehmenden Thriller, sondern mit einer Persiflage zu tun bekommt. Dabei ist es nicht verwunderlich, dass die Frotzeleien des Films – 1960 hergestellt – noch auf Kriminalromane und nicht auf Filme im überzeichneten Vohrer-Stil späterer Wallace-Jahre abheben. Rechtsanwalt Brent, dem offensichtlich keine bessere Verteidigungsstrategie mehr bleibt („Natürlich hat meine Mandantin ihren Mann mit dieser Gartenschere töten wollen“), startet also einen Frontalangriff auf die blutrünstigen Autoren von Kriminalschundromanen („Die wahren Schuldigen habe ich Ihnen mitgebracht: [...] ‚Gift in der Geburtstagstorte‘, ‚Schwanenhals und Würgerhand‘, ‚Das Haus der sieben Särge‘, ‚Leiche im Müllschlucker‘, ‚Mord in der Hochzeitsnacht‘ und so weiter“). Er stößt damit ins gleiche Horn, das bis heute von einigen Kultursnobisten bespielt wird, die weiten Teilen des klassischen Kriminalromans seine literarische Existenzberechtigung absprechen. Übrigens immer mit dabei, wenn Brent die fragwürdigen Goldmann-Taschenbücher präsentiert: Edgar-Wallace-Titel wie „Der Frosch mit der Maske“, „Der unheimliche Mönch“, „Die toten Augen von London“ oder „Bei den drei Eichen“.
Schriftstellerin Agatha Scott sieht die Verleumdung des Anwalts auch als persönlichen Angriff, sodass sich daraus ein pikantes Duell zwischen den beiden entwickelt. Man muss dabei lobend erwähnen, dass sowohl Johanna von Koczian als auch Klausjürgen Wussow in den Hauptrollen nicht hinterm Berg halten – sie präsentieren sich verspielt und angriffslustig zugleich und treffen den Ton einer Kriminalkomödie gut, ohne sie ins Alberne zu überzeichnen. Dass dies nicht für alle Beteiligten gilt und Jungregisseur Dietrich Haugk so manches Mal das Maß für Geschmack oder Länge verlor, steht auf einem anderen Blatt.
Es ist nämlich ein äußerst dünner Plot, den die insgesamt zehn (!) Drehbuchschreiber auf einer Grundlage von Karl Peter Gillmann zusammenzimmerten. Was am Anfang im Stil einer Peter-Alexander-Verwechslungskomödie gehalten ist, wird ab dem Zeitpunkt, ab dem sich die Handlung aufs Mooranwesen verlegt, zu einer gewissen Geduldsprobe, weil zwar allerlei Gruselklischees (durchaus effektiv) vorgeführt werden, diese aber insgesamt nicht zünden. Man lässt sich gern von der schattenreichen Fotografie, dem sinistren Butler (sehr gut: Hans Dieter Zeidler) oder den Särgen im Keller in die richtige Stimmung bringen. Doch dabei kann man nie vergessen, dass es sich letztlich um eine harmlose Komödie handelt und alle diese Elemente nur Zierrat ohne wirklichen Bedrohungseffekt sind. Auch vom Umstand, dass ein echter Killer zwischen all den Spukattrappen sein Unwesen treibt, wird praktisch kein Gebrauch gemacht, da sich der Film auch in dieser Hinsicht entscheidet, absolut seicht zu bleiben. Auf den Spaß zwischen Agatha Scott und Peter Brent sollen wohl keine allzu blutigen Schatten fallen, damit man ihnen das Happy End am Schluss gönnt. Das führt dazu, dass Kielings Mörderrolle dümmlich und überzeichnet ausfällt, nie ernsthaft „Hand anlegen“ darf und insgesamt stark enttäuscht, obwohl man in die Kombination Haugk – Kieling eigentlich hohe Erwartungen investiert („Derrick: Waldweg“).
Noch schlimmer wird es, wenn man Karl Lieffen und Beppo Brem betrachtet, deren Bauernhumor eindeutig fehl am Platze ist und verrät, weshalb Der Spiegel nach der Premiere meinte, hier werde „Übertreibung mit Ironie [...] verwechselt“. Auch Elisabeth Flickenschildt trägt arg dick auf, wohingegen Peter Vogel erstaunlich angenehm und zurückhaltend agiert. Dennoch: ein feinsinniges Auf-die-Schippe-Nehmen sieht alles in allem anders aus. Nicht zuletzt erscheint es merkwürdig, weshalb der Film mit Koczians Rolle eindeutig (eine jüngere) Agatha Christie als bekannteste Autorin ihrer Zunft referenziert, wenn diese doch bekanntlich kaum auf brutale oder angsteinflößende Schockelemente, sondern hauptsächlich auf ihre kluge Kombinationsgabe setzte.
Wie so vielen Parodien haftet auch „Agatha, lass das Morden sein“ der Beigeschmack einer Pauschalkritik an, die zwar mit Liebe zum Detail formuliert ist, aber dennoch teilweise überkandidelt und missglückt wirkt. Der Stoff trägt keine 95 Minuten, auch wenn man ihn mit vielen netten Ideen und flackerndem Kerzenlicht vollstopft – wichtiger wäre eine etwas härtere Gangart gewesen, um wenigstens etwas von dem angedeuteten Grusel auch spürbar werden zu lassen. 3 von 5 Punkten.
PS: Sehr empfehlenswert an der Filmjuwelen-DVD ist das von Forenmitglied @Markus verfasste Booklet mit einer recht kritischen Auseinandersetzung mit dem Film.
Und nun ebenfalls gesehen. Nettes, kleines Lustspiel mit gut aufgelegten Darstellern und einer niedlichen Johanna von Koczian. In manchen Szenen kommt auch durchaus Wallace-Atmosphäre auf und manche Szenen werden der Wallace-Serie quasi vorweggenommen.