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Dieses Thema hat 35 Antworten
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 Filmbewertungen
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DanielL Offline




Beiträge: 4.157

19.12.2016 16:14
#16 RE: Bewertet: "Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse" Zitat · Antworten

In der nächsten Mabuse-Akte der Sechziger ist folgender Herrschaftsplan protokolliert: Eine Gangsterbande versucht an "Unternehmen X" und damit im Wesentlichen an den Frequenzkoordinator von Nobelpreisträger Professor Erasmus zu gelangen, der feste Materie unsichtbar machen kann - sprich: Für seinen Besitzer eine moderne Tarnkappe ist. Mit Hilfe des Geräts sollen Anschläge auf streng bewachte Staatsoberhäupter möglich werden. Joe Como (Barker) vermutet hinter der Truppe ein erneutes Wirken von Dr. Mabuse.

Der Einstieg in DIE UNSICHTBAREN KRALLEN DES DR. MABUSE darf einen erst einmal skeptisch machen. Eine ziemlich fantastische Technik, ein wiederholt recht komplexes Figurenkonstrukt, mit dem man den Mabuse-Mythos am Leben erhalten will und zunächst einige fragwürdige Handlungsstränge und Szenen zu Beginn. Dass man sich dabei leicht vergaloppieren kann, zeigt der vernüftig gelungene aber letztlich etwas verworrene Vorgänger.

Sowohl die Gangtertruppe als auch die Ermittlerriege aus Joe Como, Kommissar Brahm (Lowitz) und Assistent Haase (Walo Lüönd) scheinen auf fiktionaler Ebene zunächst mal nicht zu den hellsten Kerzen zu gehören. Joe Como bekommt das Metropol-Theater inklusive Liane Martin (Dor) gleich zu Beginn als Schlüssel serviert, ermittelt sich aber zunächst vom Theater zur Spedition Transas und von dort wieder zurück ans Theater. Vom "Funny Guy" Haase lässt sich Como zu Beginn sogar übertrumpfen und ins Taxi werfen. Dessen Auftritte gelingen im Vergleich zu anderen brauner'schen Arent-Ersatzszenarien im Übrigen zwar recht unterhaltsam, da häufiger mit guten Dialogen bestückt ("Was ein guter Polizist braucht ist ein Kopf zum denken, zwei Beine zum laufen und nen Hintern zum sitzen" - "Schwierig wird’s nur, wenn man die Funktionen verwechselt und mit dem Hintern denkt“; „"Besondere Kennzeichen?" - "Er ist unsichtbar!"). Insgesamt finde ich es aber eher Schade, dass man sich in diesem Punkt dem Wallace-Konzept weiter annährte und Mabuse nicht weiterhin etwas düsterer, ohne Humorpausen, positionierte. Joe Como erkennt auch nicht, dass Spediteur Droste und Clown Bobo ein und dieselbe Person sind, was jedem Zuschauer direkt deutlich wird, da man Werner Peters einfach schlecht hinter einer Clownnase "verstecken" kann. Die Synchro von Bobo durch Harry Wüstenhagen ist daher vertane Liebemüh und wurde ja auch schon in diversen Kommentaren gerügt. Zum Glück ist diese Früherkentniss aber keine tragende Säule für den Spannungsbogen. Auch auf der Seite der Gangster fragt man sich zunächst mal, ob die ganze Truppe nicht "2. Liga" spielt. So lernt man den schattenhaften Boss der Bande mit folgender Szene kennen: Handlanger Max foltert Nick Prado, worauf der Boss verlauten lässt "Aus Toten kann man nichts mehr heraus holen. Du bist zuweit gegangen, Max!" Und was macht der große Unbekannte dann? Zückt die Waffe und erschießt den am Boden liegenden im nächsten Moment. Aber wer wird schon nach Logik bei größenwahnsinnigen Verbrechern suchen? Eine Leiche verschwinden zu lassen, sollte dann auch bei solch ambitionierten Banden möglich erscheinen. Aber sei's drum. Zugegeben ist das natürlich jetzt sehr kleinlich. Die Reihe hat sich ja längst zu "Effekt vor Logik" bekannt.

Fragezeichen gibt's allerdings hier auch im Rahmen des Finales, wobei diese Fragezeichen in dem Fall immerhin nicht dem Gesamteindruck des Films im Wege stehen:

Drahtzieher ist erneut der "neue Mabuse", Wolfgang Preiss. Mabuse agiert im Film als Schatten, Preiss schlüpft dann zeitweise augenscheinlich in die Rolle vom Arzt Dr. Krone (Auch dieses Kostüm ist recht durchschaubar) und Mabuse nimmt schließlich in der Story das Aussehen von Dr. Bardorf ein. Soweit so gut. Warum aber treffen nun im Finale Dr. Krone und der falsche dr. Bardorf aufeinander? Wenn man das logisch erklären will, gibt es eigentlich nur eine Möglichkeit: Preiss spielt faktisch Krone, Krone ist aber in der Story keine Gestalt von Mabuse. Die Gestalt von Mabuse ist wiederrum Bardorf (zunächst Pieritz), der sich letztlich dann aber als Mabuse (wiederrum gespielt von Preiss) zu erkennen gibt. Das fällt letztlich alles gar nicht so schlimm auf, wie es klingt. Aber wehe man denkt mal darüber nach...


Eine durchgehend aufrecht gehaltene Spannung, hohes Tempo, erneut sehr atmosphärische Innen- und Außenaufnahmen und ein ingesamt gut aufgelegter Cast (Barker kann sich deutlich besser entfalten als im Vorgänger!) lassen einen über einige Irrungen und Wirrungen hinwegsehen. Und wie Ray erwähnte, das Grundkonstrukt ist - vom wissenschaftlichen Aspekt abgesehen - sogar glaubhafter als beim Stahlnetz.
Zwischenstand nach drei 60er-Mabuse-Filmen: 1000 Augen 5/5; Stahlnetz 3,5/5; nun 4/5.

Erneut sind wieder beim Filmportal interessante Bonusmaterialien zu finden, darunter ein frühes Exposée von Autor Ladislas Fodor ("Dr. Mabuse, der Unsichtbare"), wo auch noch eine leicht veränderte Story und andere Rollennamen zu lesen sind.

Zum Schluss noche eine Frage: In der Szene, in der Karin Dor in das Schloßhotel Wallgraben eincheckt, stehen im Hintergrund zwei Männer, die ihr geheimnisvoll hinterhersehen. Könnte es sich bei dem linken Mann um Reinl handeln (DVD-Timecode ca. 46:09)?

Gruß,
Daniel

Ray Offline



Beiträge: 1.940

19.12.2016 20:04
#17 RE: Bewertet: "Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse" Zitat · Antworten

Schön, dass du weiter dran bleibst, Daniel. Nach längerer Pause werde ich wahrscheinlich auch diese Woche noch mit dem "Testament" weitermachen können.

Zur Sache mit Krone/Bardorf: wenn man den Produzenten wohlgesonnen ist, kann man sie für diesen "Trick" und den durchaus vorhandenen Überraschungseffekt loben, weil Preiss ja in "1000 Augen" auch einen Arzt spielte, hinter dessen Fassade dann aber stimmigerweise "Mabuse"
steckte. Hier ist es anders. Preiss spielt eine weitere Figur, hinter der letztlich aber nicht Mabuse steckt. Andererseits stiftet dies natürlich ein weiteres Mal Verwirrung.

Was deine bisherigen Wertungen angeht, so entsprechen sie exakt denen, die ich im Vorhinein den Filmen gegeben hätte. Diesmal empfand ich "Krallen" wieder etwas schwächer als "Stahlnetz", daher ging es für Krallen 0,5 Punkte runter. Das kann aber bei der nächsten Sichtung schon wieder genau umgekehrt aussehen.

Danke auch für den nochmaligen Hinweis auf das Filmportal, das hätte ich doch sonst glatt wieder vergessen. Wieder einmal wirklich sehr interessante Materialien.

Habe mir den genannten Ausschnitt (46:09) nochmal angesehen. Ist natürlich ziemlich unscharf (vielleicht würde eine Blu-Ray Abhilfe schaffen, aber die Box erscheint vermutlich erst nach den niemals erscheinenden restlichen Wallace-Kollektionen...), dennoch würde ich eher sagen, dass es nicht Reinl ist. Aufgrund der mangelnden Schärfe bin ich mir allerdings nicht hundertprozentig sicher.

DanielL Offline




Beiträge: 4.157

19.12.2016 20:48
#18 RE: Bewertet: "Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse" Zitat · Antworten

Zitat von Ray im Beitrag #17
Schön, dass du weiter dran bleibst, Daniel. Nach längerer Pause werde ich wahrscheinlich auch diese Woche noch mit dem "Testament" weitermachen können.


Heute konnte ich sogar schon den nächsten Mabuse sichten und habe gerade bereits meine Zeilen zum TESTAMENT verfasst - noch als unveröffentlichte Notiz. Darf ich bereits überholen? Sonst kann ich auch durchaus noch warten bis zu deiner Sichtung.

Zitat von Ray im Beitrag #17
Zur Sache mit Krone/Bardorf: wenn man den Produzenten wohlgesonnen ist, kann man sie für diesen "Trick" und den durchaus vorhandenen Überraschungseffekt loben, weil Preiss ja in "1000 Augen" auch einen Arzt spielte, hinter dessen Fassade dann aber stimmigerweise "Mabuse"
steckte. Hier ist es anders. Preiss spielt eine weitere Figur, hinter der letztlich aber nicht Mabuse steckt. Andererseits stiftet dies natürlich ein weiteres Mal Verwirrung.


So kann man es auch sehen. Und das sind dann wahrscheinlich auch die Dinge, die man durchaus mal bei einer früheren oder späteren Sichtung aus einer anderen Stimmung heraus anders bewerten kann. Zumindest ist es aber auf dem recht dünnen Eis der Identitäten bei Mabuse dann ein recht mutiger Schritt vom Zusammenspiel Buch/Besetzung, wenn es denn wirklich bewusst als "Twist" angelegt war.
Zitat von Ray im Beitrag #17

Was deine bisherigen Wertungen angeht, so entsprechen sie exakt denen, die ich im Vorhinein den Filmen gegeben hätte. Diesmal empfand ich "Krallen" wieder etwas schwächer als "Stahlnetz", daher ging es für Krallen 0,5 Punkte runter. Das kann aber bei der nächsten Sichtung schon wieder genau umgekehrt aussehen.

Interessant. Ich denke die Box schaue ich nun zum dritten Mal seit der Veröffentlichung, letzter Durchgang dürfte einige Jahre zurückliegen. Ich glaube Punkte habe ich zuvor nicht vergeben, aber gefühlt ist es bei mir in diesem Detail umgekehrt. "Stahlnetz" ist ein klein wenig in der Gunst gesunken gegenüber der letzten Sichtung.

Gruß,
Daniel

Ray Offline



Beiträge: 1.940

19.12.2016 21:07
#19 RE: Bewertet: "Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse" Zitat · Antworten

Zitat von DanielL im Beitrag #18
Zitat von Ray im Beitrag #17
Schön, dass du weiter dran bleibst, Daniel. Nach längerer Pause werde ich wahrscheinlich auch diese Woche noch mit dem "Testament" weitermachen können.


Heute konnte ich sogar schon den nächsten Mabuse sichten und habe gerade bereits meine Zeilen zum TESTAMENT verfasst - noch als unveröffentlichte Notiz. Darf ich bereits überholen? Sonst kann ich auch durchaus noch warten bis zu deiner Sichtung.


Natürlich darfst du bereits überholen, dafür musst du mich auch nicht um meine Erlaubnis fragen. Werde dann in den nächsten Tagen wieder "aufschließen". Bisher haben sich unsere Einschätzungen ja weitgehend gedeckt. Bin gespannt, wie es weitergeht.

Count Villain Offline




Beiträge: 4.622

30.08.2017 07:50
#20 RE: Bewertet: "Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse" Zitat · Antworten

Gestern mal wieder angeschaut. Stringenter als der Vorgänger, diesem aber durch Musik, Inszenierung und wiederkehrenden Schauspielern stilistisch ähnlich. Leider fehlt den Krallen etwas, das seine beiden Vorgänger noch maßgeblich geprägt hat. Damit meine ich jetzt nicht explizit Gert Fröbe, sondern allgemein einen gleichwertigen Gegenspieler für den Doktor auf Seiten der Rechts, sowie die Konfrontation zwischen Mabuses Wirken und der/m Polizei(kommissar). Das hat meines Erachtens viel zur Atmosphäre beigetragen. Hier merkt man schon die ersten Folgen/Anzeichen der Agentenfilmwelle, so hat Kommissar Brahm auch schon fast mehr von einem "M" an sich als von einem Ermittler. Während man allerdings in den Todesstrahlen ganz konsequent auf dieses Sujet setzt, wirkt es hier auf mich noch ein wenig wie ein Fremdkörper. Daher ziehe ich von den Reinl-Mabuses nach wie vor das Stahlnetz vor.

Auf der positiven Seite findet man hingegen abseits vom Standard-Sonnyboy Lex Barker mal wieder einige sehr gute schauspielerische Leistungen. Karin Dor spielt eine ihrer besten Leistungen in einem 60er-Krimi ab und darf sich sogar ein wenig wandlungsfähig zeigen. Werner Peters spielt selbst unter Clownschminke prägnant wie eh und je und auch Kurd Pieritz kann überzeugen und zeigen, dass er in der Wallace-Reihe eigentlich fast immer ziemlich unter Wert eingesetzt wurde.

Was den Einsatz von Wolfgang Preiss angeht, sollte man sich nicht wirklich fragen, ob er den Original-Mabuse darstellen soll oder ob er der Dr-Jordan-Mabuse ist oder wie er überhaupt die Explosion im Stahlnetz überlebt hat. Eine einheitliche Fortführung des Charakters gibt es da eigentlich erst ab den Krallen. Stattdessen würde ich das Ganze nun etwas metaphorischer betrachten: So wie Mabuse das namentliche Sinnbild des Bösen ist, ist Preiss sein Gesicht, welches immer gleich ist und daher auch immer von seinen Kontrahenten erkannt wird.

Zum Schluss ist noch etwas schade, dass nun auch der Humor Einzug in die Reihe hält und man somit eines seiner Alleinstellungsmerkmale aufgibt. Allerdings - und das muss man dem Film zugute halten - wirkt er hier weder aufgesetzt noch störend, da er hauptsächlich aus launigen Kommentaren besteht.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

30.08.2017 08:29
#21 RE: Bewertet: "Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse" Zitat · Antworten

Mein absuluter Lieblings-Mabusefilm. Hier stimmt einfach alles. Darsteller, Atmoshpäre und eine sehr phantasievolle Handlung mit gut gemachten SciFi-Elementen machen diesen Streifen zu einem Meisterwerk zum immer wieder gern sehen. Einer von den Top-Epigonen.

Count Villain Offline




Beiträge: 4.622

30.08.2017 09:23
#22 RE: Bewertet: "Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse" Zitat · Antworten

Was ich noch anfügen wollte und was dem Krallen ebenfalls fehlt: Die Präsenz Mabuses. Was in den Augen durch das überwachte Hotel und das "zweite Gesicht" des Hellsehers hintergründig bedrohlich wirkte und im Stahlnetz durch die Helfer illustriert wurde, die wirklich überall waren (Küster als Sprachrohr, der Versehrte, Besslers Rolle, auch der Tod lauerte überall - siehe Prof. Griesinger), rückt in den Krallen etwas in den Hintergrund, da der eigentliche Unsichtbare, also das mystisch-bedrohliche Element, sich letztendlich eben nicht als Mabuse entpuppt.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

14.09.2017 06:25
#23 RE: Bewertet: "Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse" (1962, Mabuse 3) Zitat · Antworten

„Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse“ belegt im Edgar-Wallace-Epigonen-Grandprix 2017 Platz 15 von 48. Der Film erhielt von den Teilnehmern im Durchschnitt eine Bewertung von 4,04 von 5 Punkten.

zugrundeliegende Wertungen: 16 von 17 (15x „gut bekannt“, 1x „länger her“)
Top-10-Tipps: 3 von 8 (höchster Tipp: 3x Platz 10)
Auswahlrunde: vorqualifiziert (Dr.-Mabuse-Film)


mit 4,26 Pkt. Platz 14 in der Kategorie Schauspieler (+ 1)
mit 4,13 Pkt. Platz 14 in der Kategorie Inszenierung / Spannung (+ 1)
mit 3,50 Pkt. Platz 25 in der Kategorie Drehbuch / Logik (– 10)
mit 4,19 Pkt. Platz 10 in der Kategorie Ausstattung / Wertigkeit (+ 5)
mit 4,00 Pkt. Platz 12 in der Kategorie Musik (+ 3)
mit 4,21 Pkt. Platz 15 in der Kategorie Epigonenfaktor (~ 0)
mit 4,00 Pkt. Platz 17 in der Kategorie freie Wertung (– 2)

Edgar-Wallace-Epigonen-Grandprix 2017: Ergebnisse (#192) (13)

patrick Offline




Beiträge: 3.245

13.03.2021 17:17
#24 RE: Bewertet: "Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse" (1962, Mabuse 3) Zitat · Antworten

Die unsichtbaren Krallen des Dr.Mabuse (1961/1962)



Regie: Harald Reinl

Produktion: CCC-Filmkunst, Artur Brauner, BRD 1961/1962

Mit: Lex Barker, Karin Dor, Siegfried Lowitz, Rudolf Fernau, Werner Peters, Wolfgang Preiss, Curd Pieritz, Walter Bluhm, Hans Schwarz, Walo Lüönd, Heinz Gies, Alain Dijon, Zeev Berlinsky, Carl de Vogt


Handlung:

Im Metropol-Theater wird ein FBI-Agent ermordet, weshalb dessen Kollege Joe Como nach Deutschland beordert wird, um in der Sache zu ermitteln. Dabei trifft er die dort engagierte Schauspielerin Liane Martin, die von einem sehr ungewöhnlichen und aufdringlichen Verehrer bedrängt wird. Es handelt sich dabei nämlich um einen Unsichtbaren. Hinter besagtem Phänomen steckt eine Technologie, für die sich der totgeglaubte Dr.Mabuse interessiert, der quicklebendig seine Ziele weiterhin mit gewohnter Grausamkeit und Rücksichtslosigkeit verfolgt, sodass sich bald die Leichen häufen und Joe Como alle Hände voll zu tun hat, nicht selbst in's Jenseits expediert zu werden...

Anmerkungen:

Meisterregisseur Harald Reinl, der mit "im Stahlnetz des Dr.Mabuse" qualitativ einiges vorgelegt hat, vermochte tatsächlich noch eine weitere Steigerung innerhalb der Reihe auf die Leinwand zu bringen. Selbstverständlich durfte seine damalige Ehefrau Karin Dor in der Besetzungsliste nicht fehlen und es stellt sich die Frage, warum diese bei Reinls erstem Mabuse-Film noch fernblieb. Vermutlich musste sie anderen Verpflichtungen nachkommen. Lex Barker ist als Joe Como bereits bekannt und taut gegenüber dem Vorgängerfilm, wo er noch etwas steif agierte, deutlich auf. Er wirkt im Umgang mit Frauen hier nicht ganz so offensiv und deutlich charmanter. Auch sonst hat er feinfühligere und humorvollere Momente, bleibt aber trotzdem als Actionheld ganz seinem Rufe treu. Ihm kommt zugute, dass er nun nicht mehr neben dem schauspielerischen Schwergewicht Gerd Fröbe agieren muss und dadurch wesentlich mehr Raum bekommt. Man darf bedauern, dass er nach diesem Film die Reihe verließ, auch wenn dies natürlich dem "guten Zweck" geschuldet war, ihn als Karl-May-Helden in Stein zu meißeln.
Ein auffallender Red Herring ist, dass der Arzt Dr.Krone auch von Wolfgang Preis gespielt wird, was leicht zu erkennen ist und dazu verleitet, ihn für Dr.Mabuse zu halten. Werner Peters, der inzwischen zum Stammdarsteller der Reihe avancierte, zeigt als gefährlicher Clown Bobo neue Facetten seines Könnens und nimmt wohl schon ein bisschen etwas von Stephen Kings "Es" vorweg.

Erstmals geht man nun so weit, Science-Fiction-Elemente Einzug halten zu lassen, wobei der Film "Der Unsichtbare" von 1933 Pate gestanden haben dürfte. Reinl verstand es aber, dieses nicht ganz so einfache Motiv sehr geschickt umzusetzen, sodass Gruselelemente und gekonnte Effekte einer drohenden Lächerlichkeit jegliche Angriffsfläche entziehen. Eine der gelungensten Sequenzen spielt sich in einem mittelalterlich eingerichteten Schlosshotel ab, wo Joe Como den vermeintlichen Geist sichtbar macht. Er bedient sich dabei des Wasserdampfs im Badezimmer, wo der unsichtbare Lüstling beabsichtigt, sich bei Liane Martin eine Peepshow zu gönnen. Die Umrisse des Phantoms sind zu erkennen, nachdem sich der Dampf an dieses anhaftet, was als Gruselszene mit der Kamera zwar einfach aber durchaus professionell eingefangen wurde. Als Draufgabe gibt's dann noch das nicht allzu hübsche Gesicht des Unsichtbaren zu sehen. Für das Science-Fiction-Element wird übrigens eine gar nicht einmal so dumme "wissenschaftliche" Erklärung geliefert, für die offenere Gemüter und Querdenker durchaus zugänglich sein könnten. Die wachrüttelnde Gesellschaftskritik tritt im Vergleich mit den Vorgänger-Filmen zu Gunsten der aus den klassischen Gruselfilmen entlehnten Motiven hier allerdings deutlich in den Hintergrund.

Am Rande darf noch bemerkt werden, dass in diesem Streifen zwei Schauspieler mitwirken, die Karl May's Kara Ben Nemsi verkörperten. Einerseits natürlich Lex Barker, der diese Rolle 1962 noch vor sich hatte, und andererseits der 1885 geborene und 1970 verstorbene Carl de Vogt. Letzter spielte den Kara Ben Nemsi in zwei Uralt-Verfilmungen von 1920, die mir persönlich nicht bekannt sind. Der inzwischen greise Mime hatte in den 60er-Jahren kleine Rollen in sehr interessanten Filmen, nämlich als Empfangschef des Schlosshotels hier in den "Krallen", als Arzt im "Würger von Schloss Blackmoor" und als Patient im "Geheimnis der schwarzen Koffer".

Fazit:

"Die unsichtbaren Krallen" sind mein persönlicher Favorit unter den Mabuse-Filmen, was neben der flotten und spannenden Handlung einem reizvollen Ambiente, tollen und effektiven Gruselmomenten und einer exzellenten Kameraarbeit zu verdanken ist. Hier sind Krimi-,SciFi- und Gruselgenre derart unterhaltsam miteinander verwoben, dass wiederholte Sichtungen eine wahre Freude bereiten. Auch sehe ich natürlich Lex Barker wesentlich lieber als Peter van Eyck.

Klare 5 von 5 Punkten.

Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 656

13.03.2021 18:20
#25 RE: Bewertet: "Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse" (1962, Mabuse 3) Zitat · Antworten

Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse – 1962


Handlung:

Seltsames tut sich im Metropol-Theater der wieder mal sehr berlin-ähnlichen Großstadt. Gegenstände bewegen sich in einer Loge wie von Geisterhand, während die berühmte Tänzerin Liane Martin (Auftritt von Regisseur Reinls Ehefrau Karin Dor) ihren abendlichen Auftritt hat. Ein aufmerksamer Beobachter will der Sache auf den Grund gehen, gerät aber unversehens in eine Falle, die ihm der Variete-Clown Bobo stellt. Nick Prado, so heißt der Unglückselige, ist ein verdeckter Ermittler des FBI, und er wird schwer gefoltert und später auf Geheiß eines Mannes im Hintergrund umgebracht. Sein Wissen um «Unternehmen X» hat er trotzdem nicht preisgegeben. Durch einen Zufall wird die Leiche gefunden, was Kommissar Brahm (Siegfried Lowitz) samt dessen humorvoll gemeinten Assistenten Hase auf den Plan ruft. Die beiden arbeiten beim Sonderdezernat für Staatssicherheit, haben aber offensichtlich nichts mit der DDR zu tun…. Auch ein alter Bekannter tritt nochmals auf den Plan: der FBI-Ermittler Joe Como, wieder von Lex Barker verkörpert. Der tritt in die Fußstapfen seines ermordeten Vorgängers, besonders interessieren ihn Unstimmigkeiten im Theater sowie bei der Transportfirma Transas. Die Folge sind weitere Morde im Umkreis dieser Einrichtungen, jeder, der den Machenschaften des Mannes im Hintergrund gefährlich werden könnte, stirbt. Como ist nicht zuletzt wegen einer an ihn adressierten Nachricht überzeugt, dass sein alter Widersacher Mabuse noch am Werk ist. Nun legt auch Kommissar Brahm die Karten auf den Tisch, bei «Unternehmen X» geht es um nichts weniger als eine Erfindung, die Gegenstände und Personen für das menschliche Auge unsichtbar machen kann.
Der Erfinder Professor Erasmus (Rudolf Fernau), ist aber schon längere Zeit «unsichtbar», seit einem Unfall hält er sich -schrecklich entstellt- verborgen, wird aber schließlich von Como in der Nähe von Liane Martin gestellt. Beide Männer verehren die Tänzerin, wobei klar sein sollte, wem sie ihre Sympathien auf Dauer schenken dürfte. Doch sie wird von Mabuses Helfern entführt, der sie als Druckmittel verwenden will, um in den Besitz der «Geheimwaffe» zu kommen. Als Erasmus’ Assistent Dr. Bardorf verkleidet, scheint Dr. Mabuse fast am Ziel, seine unsichtbar gemachten Spießgesellen sollen ein Attentat auf einen hochrangigen Politiker verüben. Aber, wie gewohnt, ist auch die Gegenseite nicht untätig, Mabuse wird letztlich nicht zum Herrscher der Welt, sondern zum Irrenhaus-Insassen.


Bewertung:

Joe Como, der stets glattrasierte, vor Männlichkeit strotzende Hüne im Auftrag von Uncle Sam, gibt in seinem zweiten Auftritt Lex Barker die Möglichkeit, sein Schauspieltalent besser zur Geltung zu bringen als bei seinem Einstieg ein Jahr zuvor. Siegfried Lowitz als befreundeter Cop an seiner Seite ist mit Sicherheit auch keine schlechte Wahl. Irgendwie passen Polizistenrollen gut zu ihm. Herrn Hases Part ist schon grenzwertig albern geraten, dafür kann die wirklich schöne Karin Dor wieder mal punkten.
Originell und beinahe ein Vorgriff auf Kommendes ist Werner Peters Rolle als böser Clown Bobo. Lange vor dem Populärwerden dieses Archetypus in Kings Pennywise-„Es“, verschiedener Joker-Verfilmungen, dem Bekanntwerden realer Horror-Clown-Attacken der jüngsten Zeit oder der Untaten des Pogo-Clowns Gacy kommen auch bei diesem vorgeblichen Spaßmacher die Tränen. Zumindest bei seinen Opfern wie dem FBI-Mann Prado. Daneben noch eine andere Identität als Geschäftsführer einer Transportfirma – eine seltsame Konstellation, doch um doppelte Identitäten geht es oft in diesem Streifen. Wieder mal ein Arzt, der sich als Schurke entpuppt und sogar ganz wie Preiss-Mabuse aussieht, dann am Ende aber doch nur ein Handlanger ist, dagegen ein ergebener Assistent des Nobelpreisträgers Erasmus mit am Ende anderer Persönlichkeit… Eine Menge Hin und Her, dem man allerdings im Gegensatz zum Vorgängerfilm gut folgen kann. Mabuse bedient sich wie stets einer beträchtlichen Schar von ergebenen Helfern, die locations in diesem Film sind düster und bedrohlich geraten. Immer wieder schön schaurig, wenn der «Große Unbekannte» zu seinen Befehlsempfängern spricht, wobei man nur seinen überdimensionalen Schatten an der Wand sieht. Solche Momente sind unbezahlbar, das bekommt supermoderne Filmtechnik nicht mehr hin, warum auch immer.
Das Motiv hinter Mabuses Verbrechen liegt neuerdings im Science-Fiction-Bereich. Ein Frequenzmodulator, der Materie unsichtbar machen kann. Das Wirkprinzip der Vorrichtung ist sorgfältig ausgetüftelt, hier entfaltet der Film schon fast philosophische Qualitäten. Alles im Universum besteht aus Schwingungen, auch scheinbar undurchdringliche Materie ist letzten Endes nichts anderes, wie die die Quantenphysik behauptet. Diese Schwingungen gilt es nun mit denen des Lichtes aufeinander so abzustimmen, dass sie das für derlei Tricksereien nicht ausgerüstete menschliche Auge zu täuschen vermögen. Auch wenn der große Erklärer Dr. Bardorf noch mit dem heutzutage restlos ausgemusterten Rutherfordschen Atommodell herumhantiert, tut das dem faszinierenden Hintergrund der praktischerweise mit den Hilfsmitteln Ventilator und Maschinengewehr erläuterten Wundererfindung «Frequenzmodulator» keinen Abbruch, wobei sich die Frage stellt, ob man in naher oder ferner Zukunft wirklich mal mit diesem Prinzip in der Lage ist, den gewünschten Effekt zu erzielen. Ist allerdings auch so eine Innovation, die für das Wohl der Menschheit durchaus verzichtbar ist. Für Dr. Mabuse eröffnen sich damit selbstverständlich glänzende Aussichten, seine Herrschaft des Verbrechens errichten zu können. Er weiß genau, dass auch ein hochangesehener Mann der Wissenschaft wie Professor Erasmus profane menschliche Schwächen hat, die sich hier in Gestalt einer Variete-Tänzerin manifestieren, wobei man zugeben muss, dass sich das schwingende Universum bei Frau Dors Gestaltgebung durchaus vom oft zitierten Prinzip der Schönheit hat leiten lassen. Im Gegensatz dazu der unglückliche Wissenschaftler, so eine Art Quasimodo, durch einen Unfall furchtbar entstellt. Eine altmodische Konstellation in einer gewollt hypermodernen Geschichte. Die Gewalttätigkeiten sind nicht mehr so ausgewälzt wie beim Stahlnetz-Film, obwohl das rücksichtslose Erschießen des schlafenden Assistenten durch Dr. Krone auch eine gewisse Härte beweist. Die Tricktechnik für die Bewegungen des Unsichtbaren ist durchaus gelungen, sich selbst bewegende Gegenstände sorgen immer für einen gewissen Schauereffekt.

Allerdings hat gerade die faszinierende Mär vom Invisible Man ihre Logiklücken. Mal abgesehen davon, dass das Gerät sowieso im Bereich des Noch-Nicht-Machbaren oder wohl eher Nie-Machbaren liegt. Aber wie gelingt es der Apparatur, sich selbst, den Schutzanzug sowie den Menschen darunter unsichtbar zu dimmen ? Sind ja alles vollkommen unterschiedliche Stoffe. Selbst wenn man davon ausgeht, dass diese unterschiedlichen Frequenzen alle händelbar sind, aber wo ist die Grenze zu anderen Gegenständen ? Wieso sieht man Ferngläser oder Telefonhörer in der Hand des Unsichtbaren, aber warum sind etwa zum Schluss die Waffen in den Händen des hidden commando nicht sichtbar ? Auch Handtücher, die auf den Durchsichtigen geworfen werden, bleiben im Blickfeld des Betrachters. Ich glaube, der Komplex des Unsichtbarseins wirft viele derartige Fragen auf, doch es ist ja nur ein Mabuse-Krimi. Manches ist schon skurril, wenn Como den Badeofen aufdreht, um Dampf zu erzeugen, ist das schön und gut, doch muss er da gleich den ganzen Raum komplett vernebeln ? Was ist da eigentlich drin im Ofen ? Und dass der Umriss des überfahrenen Portiers in die falsche Richtung gezeichnet ist, lässt auf mangelnde Sorgfalt der Polizei schließen, oder ? Eigentlich auch wenig wahrscheinlich, dass sich Professor Erasmus ausgerechnet in die Tänzerin des Metropol-Theaters verliebt, in dessen Katakomben der Mega-Unhold Mabuse seinen Schlupfwinkel errichtet hat, der nun wiederum den Professor in die Finger kriegen will. Zumindest eine Menge Zufall. Es sei denn, der Plan des Ganoven wurde von vornherein darauf aufgebaut. Naja, manche Dinge wurden ja auch schon in anderen Rezensionen angesprochen, wenn Mabuse seinen Mitarbeiter für dessen für eine Informationsabpressung zu unsensible Folterung tadelt und dann das Opfer im nächsten Atemzug selbst erledigt, ohne etwas erfahren zu haben. Ja, und Dr. Krone teilt dem Agenten Como nach der Erschießung des verhinderten Befreiers Erasmus mit, man hätte die Türen mit Absicht aufgelassen, um dem FBI-Mann zu zeigen, was man mit Verrätern macht. Wozu ist das alles überhaupt nötig, hat man wirklich gedacht, dass Como denkt, es handele sich nur um einen harmlosen Altherrenclub, und warum zum Teufel will Mabuse ihn unbedingt auf seine Seite ziehen, denkt er, nicht ohne ihn zurecht zu kommen ?

Daneben ist auch wieder ein bisschen Kalte-Kriegs-Stimmung spürbar. Mabuse prahlt damit, "seinen" Wissenschaftlern Möglichkeiten wie sonst nur die Großmächte zu geben. Die durchschlagenden Erfindungen werden in einem Institut gemacht, das sich mit Kosmologie und Astronomie beschäftigt. Ja, vor kurzem war Gagarin als erster (überlebender) Mensch ins All geflogen, der Wettlauf der Systeme begann nun als "Stellvertreterkrieg" auf diesem Gebiet, da kann Dr. Mabuse nicht zurückstehen und muss sich auch unter den Quanten- und Astrophysikern nach Helfern umsehen.
Zu seinen Komplizen ist der Doktor der Finsternis wie immer nicht sehr rücksichtsvoll, einen seiner skrupellosesten Anhänger erledigt er für dessen Versagen am Schluss noch persönlich, doch hinter zweifach gesicherten Panzertüren beginnt es zu brennen, ob das diesmal endlich Mabuses Ende ist ? Hier wird der Zuschauer mal nicht im Unklaren gelassen, der vor Wahnsinn sehr eindrucksvoll brüllende Original-Preiss-Mabuse wird gewissermaßen vor sich selbst gerettet und kommt in die Nervenheilanstalt. Ob dies der Schlusspunkt sein kann ? Wir wissen es besser, aber Como-Barker kann wieder mal die bedrängte Schöne des Stückes abschleppen (von Daliah Lavi hatte er wohl genug bekommen), es sollte sein letzter Einsatz in Germany sein, jedenfalls auf der Mabusejagd.
Das Wissen um den Frequenz-Simulator scheint wieder verloren gegangen zu sein, es sei denn, das Sonderministerium für Staatsschutz hat ihn als Top-Secret-Waffe in der Hinterhand behalten und weiterentwickelt, wovon aber nichtsan die Öffentlichkeit gedrungen ist...

Die unsichtbaren Krallen des Doktor Mabuse greifen auch im dritten Streich nach sehr hoch hängenden Trauben des Bösen, eigentlich locker ein Film für vier Punkte, doch für einen letzten Endes recht schematischen Kriminalfilm ist das Sci-Fi-Element für mich persönlich irgendwie ein Störfaktor.

Persönliche Wertung: Gute 3,5 von 5 Krallen

Savini Offline



Beiträge: 778

14.03.2021 09:44
#26 RE: Bewertet: "Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse" (1962, Mabuse 3) Zitat · Antworten

Die "unsichtbaren Krallen" haben für mich nicht mehr die starke Atmosphäre des Vorgängers (die Bildern scheinen oft sehr viel klarere Konturen zu haben) und das Drehbuch enthält einige unfreiwillig komische Momente (dazu später mehr), aber dafür ist der Film routiniert und zügig inszeniert, die Geschichte läuft wie ein Uhrwerk ab.
Lex Barker spielt hier unbestritten die Hauptrolle (im "Stahlnetz") waren er und Fröbe noch ungefähr gleichwertig) und darf sich mehr entfalten. Erfreulicherweise wird er hier nicht mehr von Horst Niendorf synchronisiert, sondern von Gert Günther Hoffmann. "GGH" konnte Barker akustischen einen gewissen Charme verleihen und darüber hinwegtäuschen, dass dessen schauspielerische Ausdrucksmöglichkeiten eher begrenzt waren. Übrigens wurde (was hier noch erwähnt wurde) Walo Lüönd als Kriminalassistent Hase von Georg Thomalla nachsynchronisiert (war der schweizer Dialekt zu deutlich?). Daneben wurde der maskierte Wolfgang Preiss als Dr. Krone von Curt Ackermann gesprochen, ebenso wie es beim Hellseher Cornelius der Fall gewesen war. Das mag ja noch als Bluff angehen, aber in einer Szene wird der Zuschauer betrogen: Als der Unsichtbare in Liane Martins Wohnzimmer ans Telefon geht, hört man nicht (wie später im Badezimmer des Hotels) Rudolf Fernau, sondern den Sprecher, der in anderen Szenen Mabuses Stimme ist (wenn man ihn als Schatten sieht oder er sich als Dr. Bardorff verkleidet hat, aber erkennbar sein will). Aber selbst Joe Como scheint ja überzeugt zu sein, dass der Unsichtbare Mabuse ist (so wie es der deutsche und noch stärker der englische Titel suggerieren).
Immerhin wird versucht, Unsichtbarkeit "wissenschaftlich" zu begründen; allerdings bewundere ich Curd Pieritz dafür, wie er bei seinem Vortrag so ernsthaft bleiben konnte. Ebenfalls unfreiwillig komisch wirkt die Szene, in der die (von Ohrringen!) hypnotisierte Karin Dor sich als Vamp gibt, oder wenn Professor Erasmus sie am hellichten Tag am Steuer eines Autos verfolgt. Über die "originellen" Einfälle, die Operation "Unternehmen X" oder das Stück "Die Tänzerin, der Henker und der Clown" zu nennen, mokierte sich bereits Solveig Wrage. Auch die Umstände, unter denen Mabuse am Ende den Verstand verliert, wirken eher lächerlich. Und ist "Bobo" für einen Clown nicht ähnlich originell wie einen Butler "Parker" oder "James" zu nennen?
Aber kommen wir zur Logik! Professor Erasmus beteuert, er sei in Liane Martins Nähe, um sie vor Mabuse zu schützen. Andererseits soll sie ihn nie gesehen haben, er kann sie also vor seinem Unfall nicht gekannt haben. Also kann Mabuse davon eigentlich nur wissen, weil ihm (oder seinen Leuten) aufgefallen ist, dass ein Unsichtbarer ständig in Lianes Nähe ist. Was ist hier Ursache und Wirkung? Handelt es sich bei "Die Tänzerin, der Henker und der Clown" eigentlich um ein Theaterstück oder um eine Ballett-Nummer ohne Dialoge? Eher um Letzteres, was auch erklären würde, warum Liane Martin als "Tänzerin" bezeichnet wird. Wieso ist Joe Como eigentlich plötzlich in dem Kurhotel? Verfolgt hat er Liane anscheinend nicht, also müsste er ihr Gespräch mit Doktor Krone belauscht haben. Wieso zweifelt Dr. Bardorff eigentlich nicht daran, dass Professor Erasmus seit seinem Unfall hinter einer Panzertür lebt? Müsste er sich nicht fragen, wovon sein Chef sich ernährt? Wieso werden nach der Befreiung von Joe und Liane nicht sofort Polizisten zum Labor geschickt, um dieses zumindest im Auge zu behalten, und nicht erst nach der Operation am Flughafen? Was hatte Dr. Krone gedacht, wie Mabuse in einem physikalischen Labor eine Bluttransfusion durchführen solle (selbst wenn er dies wollte)? Warum hatte er zuvor die Kombination manipuliert (er muss es ja schon getan haben, bevor er verwundet zurückkehrte), und wie konnte er das unbemerkt machen? Das Feuer ist einerseits heiß genug, um eine Gummimaske wie Wachs schmelzen zu lassen, andererseits wird Mabuses Kleidung nicht einmal angesengt, und er scheint auch keine Rauchvergiftung zu erleiden.
Andere Ungereimtheiten wurden ja schon genannt.

Insgesamt ein zügiger und spannender Film, bei dem unfreiwillige Komik und Ungereimtheit zwar auffallen, aber nicht weiter stören, sondern zum Unterhaltungswert beitragen. Dadurch, dass es hier eine Sidekick-Figur gibt, sind die Wallace-Anleihen natürlich stärker zu erkennen. Übrigens seltsam, dass hier noch niemand erwähnt hat, dass das Drehbuch sich neben dem "Unsichtbaren" auch beim "Phantom der Oper" bedient!

Jan Offline




Beiträge: 1.753

14.03.2021 11:05
#27 RE: Bewertet: "Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse" (1962, Mabuse 3) Zitat · Antworten

Tatsächlich gehörten die "unsichtbaren Krallen" stets zu meinen wenig geliebten Mabuse-Exzessen. Schon vor 25 Jahren, als ich den Streifen das erste Mal sah, empfand ich ihn als derart bescheuert, dass er schnell wieder im Schrank verschwand. Nach einem Wiedersehen unlängst muss ich indes festhalten, dass der Film durchaus extremen Unterhaltungswert hat, wenngleich dieser nicht bzw. nicht in der heute empfundenen Weise vom Regisseur beabsichtigt gewesen sein wird.

Die Verquickung aus Sci-Fi, Polizeifilm und Gruselkrimi ist derart bizzar ausgefallen, dass schon die schiere Fülle von Harald Reinls Attacken auf den gesunden Menschenverstand ausreichend kurweilig ist, um ausgezeichnet zu unterhalten. In besonderer Weise macht sich aus der heutigen Betrachtung heraus bemerkbar, mit welchem Bierernst Reinl in den "Krallen" seine Abwegigkeiten inszenierte. Es drängt sich unweigerlich die Frage auf, ob er die Absonderlichkeit Ladislas Fodors Geschichte nicht gesehen hat oder ob er sie nicht hat sehen wollen. Es fehlt der Inszenierung jeder auch nur ansatzweise vorhandene Anflug von Ironie oder Distanz. Was mag Reinl geglaubt haben, hier zu inszenieren? Den Faust? Oder mindestens King Lear? Zugute gehalten werden muss ihm sicher, dass in der ersten Hälfte der 1960er Jahre allgemein noch eine aus der Vorzeit herübergerettete Ernsthaftigkeit bei den deutschen Filmemachern vorherrschte, die erst in weiterer Folge mehr und mehr aufgeweicht wurde. Zwar blieben die Geschichten auch später häufig bräsig wie zuvor, die Inszenierungen wiesen aber zunehmend so etwas wie ein Einsehen auf, wurden ironischer oder alberner - ganz wie es beliebt. Für Harald Reinl sollte dies freilich auch zukünftig nicht gelten. Er sollte seiner Linie weitgehend treu bleiben, würde sogar ausgewiesene Klamotten mit der Aura des ernstzunehmenden Kintopps versehen.

Zurück zu den "Krallen": Harald Reinls Geschick, Geschichten mit Tempo zu erzählen, tut sein Übriges, den Film zu einer höchst unterhaltsamen Sache zu machen, zumal der Zuschauer sich nicht lange Gedanken machen muss über den dargebotenen Unsinn, weil in der nächsten Sekunde gleich der nächste Blödsinn folgt. Blendet man insofern sämtlichen Inhalt gekonnt aus, erhält man ein kleines Schauerstück, das zwar keineswegs mit Fritz Langs Filmen konkurrieren kann (und das vermutlich zumindest vom Sujet her auch gar nicht will), das aber den beabsichtigten Zweck vollauf erfüllt. In der Kombination Sci-Fi und Grusel bieten die "Krallen" gar eine ziemliche Einmaligkeit - etwas Vergleichbares findet sich kaum. Auch handwerklich-technisch muss sich der Film nicht verstecken; das Unsichtbarmachen funktioniert - für das Entstehungsjahr - weitgehend tadellos, die Effekte stimmen vor allem bei der Jagd Joe Comos nach dem Phantom im Schloss wunderbar.

Fazit: Kopf aus, Spot an! Harald Reinls bitter ernst gemeinte Attacke auf jedwede Form des Erklärbaren zeichnet sich durch Tempo, technisch gekonnte Tricks und ein gut ausgesuchtes Ensemble aus. Dass der Inhalt selbst nicht der Rede wert ist, dürfte sich von selbst verstehen. Im Falle eines Falles dreht Harald Reinl eben alles - und wenn's sein muss auch den letzten Blödsinn. So viel Nonchalance muss einfach mit 4 von 5 Punkten ausreichend gewürdigt werden.

Gruß
Jan

Edgar007 Offline




Beiträge: 2.598

14.03.2021 11:53
#28 RE: Bewertet: "Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse" (1962, Mabuse 3) Zitat · Antworten

Also mir geht das mit der Logik-Kritik eindeutig zu weit. Ich denke, eine ähnliche Diskussion hatten wir schon mal. Warum schauen wir die Filme? Weil wir eben unterhalten werden möchten und uns diese Art von Unterhaltung anscheinend gefällt. Kein einziger Mabuse-, Wallace- oder auch Bond-Film glänzt mit überzeugender Logik. Oder kennt ihr einen?

Giacco Offline



Beiträge: 2.558

14.03.2021 12:21
#29 RE: Bewertet: "Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse" (1962, Mabuse 3) Zitat · Antworten

"Um dem unsterblichen Schreckgespenst Dr. Mabuse dieses Mal die Weltherrschaftspläne zu versalzen, engagierte Artur Brauner den blendend aussehenden Ex-Tarzan Lex Barker. Mit Hilfe seines stämmigen Kollegen Siegfried Lowitz bringt er Mabuses Komplicen auf schauerlich-groteske Weise mit rauher Hand zur Strecke, beschützt eine schöne Unschuld und überlistet schließlich auch seinen mit Elektronik und unsichtbar machenden Strahlen operierenden unheimlichen Gegner. Der Autor lässt seine aufregende Geschichte in einem Revue-Theater spielen, wo die Bühnenmaschinerie genug Gelegenheiten zu Schauereffekten bietet. Logischen Überlegungen hält der Nervenkitzel natürlich nicht stand. Vor allem hätte Regisseur Harald Reinl der von Kurt Pieritz und Wolfgang Preiss verkörperten vielgesichtigen Titelrolle immer die gleiche Stimme unterlegen müssen und die Verwandlung zum Schluß etwas glaubwürdiger gestalten können. Ungeachtet dieser und anderer kritischen Einwände sind die geschäftlichen Aussichten gut. Da Mabuse hinter die Mauern einer Nervenheilanstalt wandert, ist wohl damit zu rechnen, dass wir ihm bald wieder auf der Leinwand begegnen." (Film-Echo)

Auch diesmal gab es vor dem Kinostart eine halbseitige Constantin-Werbung im Innenteil des Film-Echo. In Frankreich kam "L´invisible Docteur Mabuse" im Oktober 1962 in die Kinos. Die Produktionsbeteiligung von Jacques Leitienne beschränkte sich wohl - wie bei einigen Wallace-Filmen - auf einen Beitrag hinsichtlich der Finanzierung.

Film-Echo-Note: 3,1 (54 Meldungen) / Erstnote: 2,6
Frankreich: 739.470 Besucher (Paris: 169.706)

Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 656

14.03.2021 12:48
#30 RE: Bewertet: "Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse" (1962, Mabuse 3) Zitat · Antworten

Zitat von Savini im Beitrag #26
Immerhin wird versucht, Unsichtbarkeit "wissenschaftlich" zu begründen; allerdings bewundere ich Curd Pieritz dafür, wie er bei seinem Vortrag so ernsthaft bleiben konnte.

Was genau stört Dich so daran ? Ich finde eher, hier hat Reinl einen Fortschritt gegenüber ähnlichen Produktionen der Zeit gemacht, wo es stets um einen geheimnisvollen Trank ging, den der Unsichtbare zu sich genommen hatte. Wenn Du mal ein bisschen googelst, wirst Du vielleicht auch finden, dass man gerade an Materialien oder auch Prinzipien forscht, die das Licht synchronisiert oder zielgerichtet "ohne Anzu-Ecken" durch die Materie leiten können, mit dem Ziel der Unsichtbarkeit. Steckt noch in den Kinderschuhen und ist auch nicht genauso wie im Film, aber durchaus ähnlich.

Zitat von Savini im Beitrag #26
Übrigens seltsam, dass hier noch niemand erwähnt hat, dass das Drehbuch sich neben dem "Unsichtbaren" auch beim "Phantom der Oper" bedient!

An "Das Phantom der Oper" hab ich auch ein wenig gedacht, als ich den "altmodischen Stoff" der Handlung erwähnt habe. Das "Phantom" teilt sich hier auf in den Bösewicht Mabuse, der unter dem Theater wohnt, und dem entstellten Wissenschaftler Erasmus, der unglücklich verliebt in die Tänzerin ist.
Wenn man will, kann man hier auch Anleihen bei "Die Schöne und das Biest", "Der Glöckner von Notre Dame", sogar bei "Professor Unrat" entdecken...

Zitat von Edgar007 im Beitrag #28
Also mir geht das mit der Logik-Kritik eindeutig zu weit. Ich denke, eine ähnliche Diskussion hatten wir schon mal. Warum schauen wir die Filme? Weil wir eben unterhalten werden möchten und uns diese Art von Unterhaltung anscheinend gefällt. Kein einziger Mabuse-, Wallace- oder auch Bond-Film glänzt mit überzeugender Logik. Oder kennt ihr einen?

Man kann die Filme doch schätzen, und trotzdem ein bisschen an der Logik herumkritteln. Die Filme sind nun schon von so vielen Seiten beleuchtet wurden, warum nicht mal eine genaue Logikprüfung? Ist vielleicht ein morbides Hobby. Soll aber, zumindest von meiner Seite, kein Generalangriff gegen diese Filme sein, die ich mir zehnmal lieber zum wiederholten Male ansehe als moderne "Machwerke".

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