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Dieses Thema hat 10 Antworten
und wurde 1.821 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker international
Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

12.03.2016 15:30
Amerikanische Gangsterfilme der 1930er und 1940er Jahre Zitat · Antworten

Amerikanische Gangsterfilme der 1930er und 1940er Jahre

Bevor in den 1940er Jahren eine Welle vom Zweiten Weltkrieg und seinen traumatischen Nachwirkungen beeinflusster Kriminalfilme losgetreten wurde, die später als Film Noir bekannt wurde, stieg in den 1930ern ein anderes Genre von Hollywood aus zu großer Popularität auf: Gangsterfilme, die als Wegbereiter des späteren Hard-boiled Noir gelten, illustrierten den Aufstieg, die Herrschaft, die Kämpfe und den tiefen Fall der großen amerikanischen Verbrecherorganisationen sowie vor allem ihrer schillernden Oberhäupter. Diese Gangsterfilme entstanden im Kielwasser der Prohibitionszeit (1920 bis 1933), zu der die organisierte Kriminalität sprunghaft zunahm und Mobster wie Johnny Torrio und Al Capone zu berüchtigten „Popstars“ ihrer Zeit wurden.



Die Geschichte des Gangsterfilms ist eng mit dem Inkrafttreten des Hays-Codes verbunden, der zwar schon 1930 verabschiedet wurde, aber erst ab 1934 die Gewaltdarstellungen der frühen Gangsterfilme, wie sie z.B. „Scarface“ (1932) berühmt machten, strikter eindämmte und dafür sorgte, dass den Antihelden keine zu starke Glorifizierung zuteil wurde.

Zitat von Lee Horsley: Introduction to the Gangster Films of the 1930s, Crimeculture.com
The popular appeal of the American gangster figure during the thirties was divided. Cinema audiences experienced the double satisfaction of vicarious participation in gangster violence and of seeing violence turned against the gangster himself. This enabled them, on the one hand, to identify with criminal rebellion against a corrupt, hypocritical society, and, on the other, to enjoy fantasies of revenge against criminals who could be cast as ‘the root of evil’. The Hollywood gangster story was conventionally placed in a retributive frame, and the negative side of the gangster myth could be seen as the reinforcement of a belief in the ‘public enemy’ as an explanation of the collapse of morality, discipline and order in American society.


Die größten Karrieresprünge als Gangster und Bekämpfer von Gangstern machten James Cagney und Edward G. Robinson, die für Warner Bros. viele der publicityträchtigen Hauptrollen übernahmen. Gerade Robinson konnte später auch im Noir-Fach an seine Erfolge aus den Gangsterfilmen anknüpfen und stellt damit eine wichtige Brücke zwischen den beiden einander ähnlichen, aber doch nicht identischen Welten dar. In ihrer Einleitung zur klassischen Periode ihrer Film-Noir-Enzyklopädie argumentieren Alain Silver et al., dass sich beide Kategorien anhand der Herkunft ihrer Verbrecherfiguren unterscheiden lassen: Während der Gangster als chaotischer Fremdkörper entweder an seinem eigenen Größenwahn oder am Widerstand der Normgesellschaft (v.a. der Gesetzeshüter in Form der G-Men) scheitert, werden im Noir gerade die „Normalen“ durch die Kapriziosen des Schicksals – tlw. ungewollt – zu Verbrechern.

Dieser Thread soll die Meilensteine des amerikanischen Gangsterfilms genauer beleuchten und aufzeigen, welche (produktions-)geschichtlichen Unwägbarkeiten die Herstellung dieser heute im Schatten der bekannteren Noir-Filme stehenden „Flicks“ beeinflussten.

Bereits besprochen wurden (Liste wird nachträglich ergänzt):

  • G Men (Der FBI-Agent, 1935, William Keighley) [1]
  • Little Caesar (Der kleine Caesar, 1930, Mervyn LeRoy) [1]
  • Public Enemy, The (Der öffentliche Feind, 1931, William A. Wellman) [1]

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

14.03.2016 22:15
#2 RE: Amerikanische Gangsterfilme der 1930er und 1940er Jahre Zitat · Antworten



Der kleine Caesar (Little Caesar)

Gangsterfilm, USA 1930. Regie: Mervyn LeRoy. Drehbuch: Francis Edward Faragoh, Robert Lord, Darryl F. Zanuck (Buchvorlage: W.R. Burnett). Mit: Edward G. Robinson (Rico alias „Little Caesar“), Douglas Fairbanks jr. (Joe Massara), Glenda Farrell (Olga Stassoff), William Collier jr. (Tony Passa), Sidney Blackmer („Big Boy“), Ralph Ince (Pete Montana), Thomas E. Jackson (Sergeant Flaherty), Stanley Fields (Sam Vettori), Maurice Black („Little“ Arnie Lorch), George E. Stone (Otero) u.a. Uraufführung (USA): 9. Januar 1931. Uraufführung (BRD): 2. März 1970. Eine Produktion von First National Pictures / Vitaphone für Warner Bros.

Zitat von Der kleine Caesar
Der Gelegenheitsverbrecher Enrico Cesare Bandello will sich nicht mehr mit kleinen Überfällen auf Tankstellen zufriedengeben: Er plant Größeres und steigt zu diesem Zweck in das Gangstersyndikat von Sam Vettori ein. Ein Raubzug in einem Tanzlokal, bei dem Rico den Polizeipräsidenten erschießt, bringt ihn den entscheidenden Schritt voran: Vettori bekommt kalte Füße und Rico nutzt die Gelegenheit, die Leiter eine Stufe nach oben zu klettern. Doch damit ist sein Ehrgeiz noch längst nicht befriedigt. Er vergisst dabei, dass, wer nach den Sternen greift, auch tief fallen kann ...


Vielfach wird „Little Caesar“ heute die Ehre zugesprochen, der Ursprung und Auslöser der Gangsterfilmwelle gewesen zu sein. Peniblerweise muss dieser eher willkürliche Festlegung widersprochen werden, hob der Film das Genre doch keineswegs im Alleingang aus der Taufe. Schon der erste in voller Länge als Tonfilm aufgenommene Hollywoodstreifen „Lights of New York“ von 1928 erzählte eine Geschichte aus dem Milieu der Mobster. Das Jahr 1930 verzeichnete schließlich bereits eine ganze Reihe von Gangsterfilmen, unter ihnen der Publikumserfolg „The Doorway to Hell“ und – bereits mit Edward G. Robinson in der Hauptrolle – „The Widow from Chicago“. Man kann die Entstehung des Gangsterfilms also eher als „schleichende Entwicklung“ ohne konkreten Nullpunkt bezeichnen, die durch die mediale Präsenz der Banden im echten Leben tüchtig befeuert wurde.

Einen ebenso großen Einfluss auf die Herausbildung des Genres im Allgemeinen wie auch auf die Wirkung von „Little Caesar“ im Speziellen hatte die Tonfilm-Technik, die nicht nur die Schilderung komplexerer Handlungsverläufe in gesteigertem Tempo erlaubte, sondern es überhaupt erst ermöglichte, die zwei Visitenkarten eines jeden Gangsterfilms für das Publikum erlebbar zu machen: die peitschend knallenden Schussgeräusche und die vom Slang der Unterwelt geprägten Streit- und Prahlgespräche unter den Verbrechern bzw. zwischen Verbrechern und Polizisten. Beide Elemente nehmen großen Raum in „Little Caesar“ ein: Das schnelle Schießen wird zum Markenzeichen des Aufsteigers Rico Bandello, der sich, solange er einen Finger am Abzug seiner eigenen Waffe hat, für unverletzbar hält. Über die Frage, wer für Rico als reales Vorbild diente, gehen die Meinungen der Quellen auseinander: Al Capone, sagen die einen, nicht ohne auf die optische Ähnlichkeit zwischen Robinson und Capone hinzuweisen, und geben sich mit niemand anderem als dem größten Namen des Business zufrieden. Andere weisen darauf hin, dass Burnetts Buchvorlage sich klar auf die Bande um Sam Cardinelli bezieht, der sein Geschäft im Chicago der späten 1910er Jahre machte.



Edward G. Robinson verdeutlicht die Entschlossenheit des Gangsters und kombiniert sie mit einer Abwesenheit von Emotionen – zumindest anderen Emotionen als dem persönlichen Bedürfnis nach Aufstieg und Anerkennung. Den übrigen Darstellern kommt keine größere Aufgabe zu, als Robinsons Titelfigur die Steigbügel zu halten. So erhält Douglas Fairbanks jr. als romantic lead auf dem Pfad der Besserung – eine Rolle, für die ursprünglich Clark Gable vorgesehen war – kaum Entfaltungsspielraum. Wenn man interessante Porträts der Nebenrollen sucht, wird man am ehesten in der Bande selbst fündig, denn mit wenigen Griffen gelingt dem Film eine differenzierte Darstellung der einzelnen Gangster – vom angstzerfressenen Tony, der sich, wenn es ernst wird, an der Schulter seiner Mutter ausweint, bis hin zum perfekten Helferlein Otero, das den Boss wie einen Helden verehrt und den Märtyrertod ohne Widerrede auf sich nimmt. Eher exzentrisch und vielleicht von Übergangsschwierigkeiten zwischen Stumm- und Tonfilm geplagt wirkt Thomas E. Jackson, der als Polizist seine moralische Überlegenheit mithilfe einer gequält ironisch-kindlichen Intonation demonstriert.

Obwohl sich „Little Caesar“ als pre-code-Film keine Sorgen um die Auflagen der Zensoren zu machen brauchte und tatsächlich einige der Merkmale von Gangsterfilmen etabliert, die sich bis heute als typisch gehalten haben (zahlreiche Schusswechsel, das gnadenlose System von Gehorsam und ewiger Verpflichtung, das erbitterte Gegenspiel zwischen Gesetz und Gesetzlosen), so kann man kaum behaupten, er bediene sich eines übermäßig gewalttätigen oder actionlastigen Duktus. Vielmehr ist der Film in Form einer biografischen Studie aufgebaut und hat Analytikern damit immer wieder als Beispiel für ein Negativbeispiel des amerikanischen Traums gedient: Rico, der kleine Räuber, der mit unbändiger Willenskraft seine Ziele verfolgt und einen kometenhaften Aufstieg hinlegt, der dann aber einen ebenso flotten Absturz verkraften muss. Stellt dieser Absturz, der wie ein Trauma nur lückenhaft gezeigt wird, womöglich eine Allegorie auf die taumelnden Träume vieler Amerikaner in der Zeit der Weltwirtschaftskrise dar, so stecken hinter dem angeblichen Urvater des Gangsterfilms viel mehr Zeitgeist und Substanz als nur Macht, Munition und Maschinengewehre ...

Das Porträt eines rabiaten Aufsteigers verbindet die simple cineastische Sprache des Herstellungsjahres 1930 mit einer überraschend vielschichten, auch, aber nicht nur auf Schießereien ausgerichteten Story. Edward G. Robinson zeigt in einigen Szenen beinahe schon verspielt, wie Erfolg nicht nur durch Intelligenz und Arbeit erzielt wird, sondern gern einmal durch Entschlossenheit und Rücksichtslosigkeit. Die einzelnen „Kapitel“ seiner Karriere werden – wie noch zu Stummfilmzeiten üblich – durch Texttafeln angekündigt. 4 von 5 Punkten.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

19.03.2016 21:15
#3 RE: Amerikanische Gangsterfilme der 1930er und 1940er Jahre Zitat · Antworten



Der öffentliche Feind (The Public Enemy)

Gangsterfilm, USA 1931. Regie: William A. Wellman. Drehbuch: Harvey F. Thew (Buchvorlage „Beer and Blood“: Kubec Glasmon, John Bright). Mit: James Cagney (Tom Powers), Jean Harlow (Gwen Allen), Edward Woods (Matt Doyle), Joan Blondell (Mamie), Donald Cook (Mike Powers), Leslie Fenton (Nails Nathan), Beryl Mercer (Ma Powers), Robert Emmett O’Connor (Paddy Ryan), Murray Kinnell (Putty Nose), Purnell Pratt (Officer Powers) u.a. Uraufführung (USA): 23. April 1931. Uraufführung (BRD): 7. April 1970. Eine Produktion von Warner Bros. und Vitaphone.

Zitat von Der öffentliche Feind
Zuerst waren es Diebstähle, dann bewaffnete Raubzüge und schließlich organisierte Gang-Gewalt: Der Werdegang von Tom Powers ist geprägt von schlechter Gesellschaft, einem zynischen Weltbild und einem perversen Gefallen an Macht und Gewalt. Nicht einmal die Familie kann Tom vor der schiefen Bahn bewahren. Die beschreitet er immerhin mit Erfolg: Geld, Einfluss und Frauen hat der Halunke zur Genüge. Bis der Tod seines Chefs einen gefährlichen Bandenkrieg auslöst, an dem der zum öffentlichen Feind avancierte Tom Powers zu zerbrechen droht ...


Kurios: Obwohl „The Public Enemy“ deutlich weniger Bandenszenen aufweist, wirkt der Film um ein Vielfaches härter als „Little Caesar“, welcher sich eher zu den Wohlfühl-Gangsterfilmen zählen darf. Mit dem rauen, straßenerprobten James Cagney, dem die elegante Würde eines Edward G. Robinson abgeht, hält ein schärferer Wind Einzug: Cagney verleiht seiner Rolle die Aura eines Psychopathen, der aus Gewohnheit oder aus verletztem Ehrgefühl heraus zur Waffe greift ... weil es für ihn einfach zur Normalität geworden ist. Er kennt keine Skrupel, hat Bindungsschwierigkeiten mit Frauen und belächelt sogar den Tod seines Freundes, weil dieser ihm die Gelegenheit gibt, sein Gewaltpotenzial völlig eskalieren zu lassen. Dennoch ist „The Public Enemy“ kein blutiger Film, denn William Wellman achtete penibel darauf, die Gewalt in den off-screen zu verbannen. Die Kamera wendet sich vor den Taten ab oder verharrt außerhaus, wenn es hart auf hart kommt, und verlagert die jeweiligen Abrechnungen in die Fantasie des Zuschauers, was den Film keinesfalls weniger bedrohlich wirken lässt.

Der Altersunterschied zwischen Cagney und Robinson ließ die potenzielle Gefahr aufkommen, dass das Publikum mit dem jungen, dynamischen Ganoven mitfiebern könnte. Die Anziehungskraft von Waghalsigkeit, Abenteuer und dem Leben nach eigenen Gesetzen wird jedoch konterkariert durch die familiären Szenen im Hause Powers, denen eine gewisse Unannehmlichkeit anhaftet, weil man sich gerade durch die falsche Auffassung der Mutter (stark: Beryl Mercer, die spätere Mrs. Mortimer aus Basil Rathbones „The Hound of the Baskervilles“) peinlich berührt sieht. Diese Szenen nehmen großen Raum ein, auch weil Toms Bruder Mike eine väterliche Respektsfigur für den sonst so unbelehrbaren Gangster darstellt und für die weitgehende Abwesenheit eines polizeilichen Gegengewichts entschädigt.



Weniger interessant fällt das überlange Exposé aus der Kindheit und Jugendzeit der beiden Antihelden Tom und Matt aus. Die Szenen sollen einer sozialen und historischen Einordnung dienen und scheinen in dieser Funktion eine gewisse Rechtfertigung für die Entwicklung des Gangstertums bieten zu wollen, die sich in den mahnenden Worten des Epilogs spiegelt, es sei die Aufgabe der ganzen Gesellschaft, das Problem, das hier durch Tom Powers personifiziert wird, zu lösen. Man kann sich des Gefühls nicht erwehren, dass der Aufstieg vom Kleinkriminellen zum „Gangster-Star“ in „Little Caesar“ sehr viel effektiver geschildert wurde und die Essenz dessen, was Wellman in den ersten 24 Minuten erzählt, auch in der 20-sekündigen Eröffnungssequenz des Vorgängerfilms zu finden ist. Der soziologische Überbau ist eine sehr umständliche Art, dem Gangsterfilm gesellschaftlich relevante Aussagen hinzuzufügen, die sich in „Little Caesar“ – durch die Blume gesprochen – schließlich auch finden lassen. Weiterhin ist es für die Glaubwürdigkeit der frühen Szenen eher abträglich, dass man dem Tausch der erwachsenen Hauptdarsteller (Cagney war zunächst für Woods’ Rolle vorgesehen und umgekehrt) nicht auch einen Tausch der Kinderdarsteller folgen ließ – mit der Konsequenz, dass der junge Tom dem erwachsenen Matt viel ähnlicher sieht als seinem eigenen großen Ich.

Nach der Schwäche des ersten Drittels rappelt sich der Film mit gekonnter Dramaturgie und oben erwähnter Härte und Unverblümtheit auf. Eine kontinuierliche Steigerung vom Mord an Putty Nose über die Rache am Rennpferd, vom angebrochenen Bandenkrieg bis zu Matts Ermordung auf offener Straße baut jene Spannung auf, die für die Wirkkraft des mehrteiligen Finales nötig ist. Der kompromisslose Schluss hat eine gewisse moralische Qualität, kombiniert diese aber mit einem emotionalen Tiefschlag, der eines Tom Powers angemessen ist und einen dicken, markanten Schlussstrich unter „The Public Enemy“ setzt.

Ein wenig unentschlossen, wie viel Verständnis man für die charakterliche Entwicklung eines Serienkillers zeigen kann, vermischt „The Public Enemy“ individuell-biografische Aspekte mit einer Anklage an die rücksichtslose Gesellschaft, die junge Männer in die Gewalt abrutschen lässt. Die fürs Jahr 1931 sehr gelungene Kameraführung trägt ebenso zum Realismus vieler Szenen bei wie Cagneys natürliches Spiel – beides sorgt dafür, dass „The Public Enemy“ dem Zuschauer trotz erzählerischer Schwächen noch etwas näher geht als „Little Caesar“. 3,5 von 5 Punkten.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

24.03.2016 16:00
#4 RE: Amerikanische Gangsterfilme der 1930er und 1940er Jahre Zitat · Antworten



Der FBI-Agent (“G” Men)

Gangsterfilm, USA 1935. Regie: William Keighley. Drehbuch: Seton I. Miller (Buchvorlage „The Farrell Case“: Gregory Rogers (d.i. Darryl F. Zanuck)). Mit: James Cagney (James „Brick“ Davis), Margaret Lindsay (Kay McCord), Ann Dvorak (Jean Morgan), Robert Armstrong (Jeff McCord), Barton MacLane (Collins), Lloyd Nolan (Hugh Farrell), William Harrigan („Mac“ McKay), Russell Hopton (Gerard), Edward Pawley (Danny Leggett), Noel Madison (Durfee) u.a. Uraufführung (USA): 18. April 1935. Uraufführung (BRD): 5. Oktober 1977. Eine Produktion von First National Pictures für Warner Bros. / Vitaphone.

Zitat von Der FBI-Agent
Der ehemalige Schwarzbrennerkönig McKay hat dem jungen „Brick“ Davis ein Jurastudium bezahlt, damit der Junge aus den Slums eine aufrechte Karriere einschlagen kann. Brick findet jedoch bald heraus, dass die Schreibtischarbeit eines Anwalts nicht seinem Temperament entspricht – der Mord an einem befreundeten FBI-Agenten gibt schließlich den Ausschlag, dass auch er sich als „G Man“ bewirbt. Was er dabei nicht bedachte: Schon in seinem ersten Fall muss er gegen McKays Bande ermitteln. Wenn er nicht mit voller Härte gegen die Gangster vorgeht, könnten rasch Befangenheitsvorwürfe aufkommen!


Weder „G Men“ noch das deutschsprachige Singular-Pendant „Der FBI-Agent“ mögen als Titel in irgendeiner Weise spektakulär wirken; betrachtet man allerdings die veränderten Produktionsbedingungen, vor die Warner Bros. ab 1934 gestellt wurde, so könnte man sich keine aussagekräftigere Benennung vorstellen. Der Amtsantritt Joseph Breens als Vorsitzender der Production Code Administration markierte das Ende der pre-code-Ära und damit gerade für den Gangsterfilm Einschränkungen im großen Stil.

Zitat von Richard Jewell im Audiokommentar zu „Der FBI-Agent“
Breen was very tough: one of the first things he said when he became “the zar of content in Hollywood” was that he would allow no film to be produced dealing with the life of John Dillinger, who had just been killed shortly before [...]. He let it be known that you could not make any more films in which you had a sympathetic gangster figure as the protagonist. Warner Bros. had been a leader in this genre and they had a lot riding because they had actors like James Cagney, Edward G. Robinson and Paul Muni under contract, who had made their reputations playing these kinds of characters. They were faced with a difficulty and they solved [... it] by simply flipping the protagonist: by making the protagonist the crime fighter rather than the criminal, the G man rather than the gangster.




Nicht nur die Idee, den Gangster- mit dem Polizeifilm zu kombinieren, sondern vor allem auch das dreiste Geschick, eben jenen James „Public Enemy“ Cagney als Ermittler zu besetzen, ließ „G Men“ an der Kinokasse zu einem großen Erfolg werden. Auch vom heutigen Standpunkt überzeugt dieser Kunstgriff, stellt der taffe und straßenschlaue Cagney eben keinen regel- und karriereeifrigen Musterermittler dar (ein Grund, weshalb das FBI „G Men“ zunächst ablehnend gegenüberstand, was sich in den kommenden Jahrzehnten dann massiv änderte und in einer eigens von Hoover beauftragten, dem Film im Jahr 1949 hinzugefügten Prätitelsequenz gipfelte). Cagney liefert eine für den Helden eines Unterhaltungsfilms perfekte Mischung aus moralischer Aufrichtigkeit und Schlag bei den Frauen, aus abgeklärter Coolness und jungenhafter Verspieltheit. So kommt es, dass „G Men“ auf beiden Gefühlsklaviaturen spielt und gekonnt sowohl mit Spannungs- als auch Spaßmomenten jongliert, Kugeln, Herzschmerz, Gangsterehre und Schlagerlieder miteinander verbindet – ein Gangster-Polizei-Wohlfühl-Crossover.

Experten streiten sich darüber, ob „G Men“ eine Romanvorlage von Darryl F. Zanuck verwendete oder ob der Titel „The Farrell Case“ nur ein Ablenkungsmanöver war, um die Studiokonkurrenz nicht vorzeitig in die neue Herangehensweise an Gangsterfilme einzuweihen. Was auf jeden Fall festgehalten werden kann, ist, dass der Film eine der wandlungsreichsten und vielschichtigsten Storys des gesamten Genres erzählt: Mehrfach muss er auf Montage-Szenen zurückgreifen, um die gewaltige Menge an Inhalt, die er vermitteln möchte, in 86 Minuten einzupassen. Dabei wird weder die Motivation „Bricks“ noch das Rowdytum der Gangster oder die Arbeit des FBI vernachlässigt; in diese explosive Mischung streute Seton I. Miller zudem zwei raffiniert gezeichnete Frauenrollen ein, die über die Konventionen der damaligen Zeit hinausgehen und dem Film zusätzliches dramatisches Gewicht verleihen, ohne ihn kitschig werden zu lassen. Bei diesem Pensum ist hohes Tempo garantiert.

Die Kunst, rigide Zensurvorlagen zu umschiffen und dennoch kein anbiederndes, sondern ein hochgradig unterhaltsames und rundweg gelungenes Gangsterabenteuer zu liefern, muss mit 5 von 5 Punkten belohnt werden. James Cagney stellt Wandelbarkeit unter Beweis, die Geschichte fesselt mit jeder ihrer zahlreichen Wendungen sowie der Nachstellung historischer Verbrechen wie des Kansas City Massacre.

Siegfried Lowitz Offline




Beiträge: 47

05.06.2018 21:40
#5 RE: Amerikanische Gangsterfilme der 1930er und 1940er Jahre Zitat · Antworten

Eine sehr tolle Beschreibung haben Sie hier gemacht, @Gubanov! Genauso sehe ich die Filme auch. Leider scheinen diese Filme in diesem Forum nicht so beliebt zu sein, obwohl sie doch auf ihre Art genial sind. Solche Schauspieler wie James Cagney, Humphrey Bogart oder Edward G. Robinson haben meiner Meinung nach mehr Aufmerksamkeit verdient. Vor allem deswegen schon, weil die Figuren, die sie verkörperten, auch in den darauffolgenden Filmen die Figuren der Gangster sehr stark beeinflussten.

Sehr zu empfehlen sind auch die Filme: „Die wilden Zwanziger“, „Chicago – Engel mit schmutzigen Gesichtern“, „Leichtes Geld“, „Wem gehört die Stadt?“, „Gangster in Key Largo“ und natürlich auch der Film „Orchid, der Gangsterbruder“, der meiner Meinung nach ein Muss für jeden Filmliebhaber sein sollte.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

09.06.2018 10:25
#6 RE: Amerikanische Gangsterfilme der 1930er und 1940er Jahre Zitat · Antworten

Danke für die nette Rückmeldung. Diese Gangsterfilme sind wirklich absolut sehenswert. In Deutschland scheinen sie im Vergleich zu den Noir-Filmen aber ohnehin ein gewisses Schattendasein zu fristen. Die hiesigen DVD-Veröffentlichungen wurden, so sie überhaupt kamen, nach der Erstauflage nicht mehr weiter aufgelegt; momentan ist nur eine Vierer-Blu-ray-Box von Warner mit "Der kleine Cäsar", "Der öffentliche Feind", "Der versteinerte Wald" und "Sprung in den Tod" erhältlich. Aber auch die luxuriös ausgestatteten US-DVD-Boxen von Turner Classic Movies sind mittlerweile oft nur noch gebraucht zu beziehen. Ich bin froh, dass ich sie mir 2016 zu guten Konditionen zugelegt habe. Wenn ich 'mal wieder in der passenden Stimmung für Cagney, Robinson und Bogart bin, gibt es also noch genug Stoff, um an dieser Stelle weiterzumachen.

Siegfried Lowitz Offline




Beiträge: 47

09.06.2018 23:40
#7 RE: Amerikanische Gangsterfilme der 1930er und 1940er Jahre Zitat · Antworten

Da haben Sie nochmal Glück gehabt, so ein Schmuckstück ergattert zu haben. Leider werden aber diesbezüglich wirklich wenige Filme rausgebracht. Natürlich kann man die Filme von Humphrey Bogart, James Cagney und Edward G. Robinson irgendwie im Internet auf DVD kaufen, aber es gibt noch so viele unbekanntere amerikanische Filme in diesen Genre, die leider nicht mit deutschem Ton auf DVD veröffentlicht werden wegen der geringen Nachfrage. Zum Glück habe ich noch die alte VHS-Sammlung von meinem Vater, der jeden amerikanischen Schwarzweißfilm aufgenommen hat, der in den 80er- und 90er-Jahren im Fernsehen lief.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

10.06.2018 09:27
#8 RE: Amerikanische Gangsterfilme der 1930er und 1940er Jahre Zitat · Antworten

Du hast dann ja offenbar auch ein ganzes Arsenal dieser Filme vorliegen, Mr. Lowitz. Auf kurze (oder längere?) Kommentare zu den einzelnen Streifen wäre ich durchaus gespannt.

Siegfried Lowitz Offline




Beiträge: 47

10.06.2018 11:13
#9 RE: Amerikanische Gangsterfilme der 1930er und 1940er Jahre Zitat · Antworten

Ich werde sicherlich nachholen, den einen oder anderen Film zu bewerten, sobald ich mit dem Umzug fertig bin (nach den Sommerferien, da ich noch die ganzen VHS in Italien habe). Das Problem bei den amerikanischen Filmen der damaligen Zeit ist leider, dass man bei einigen Filmen oft nicht weiß, ob sie zu den Noir-Filmen gehören oder zu den Gangster-Filmen (das gilt oft für die Humphrey-Bogart-Filme).

Ich würde dann nach den Sommerferien auch gerne die „Dünner Mann“-Filme bewerten, die in diesen Forum komischerweise kaum erwähnt werden, obwohl sie vom Niveau her mit den Agatha-Christie-Filmen vergleichbar sind. Vor allem sind die „Dünner Mann“-Filme praktisch, um sie mit der ganzen Familie zu sehen, da für jeden etwas dabei ist.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

10.06.2018 14:05
#10 RE: Amerikanische Gangsterfilme der 1930er und 1940er Jahre Zitat · Antworten

Zitat von Siegfried Lowitz im Beitrag #9
Das Problem bei den amerikanischen Filmen der damaligen Zeit ist leider, dass man bei einigen Filmen oft nicht weiß, ob sie zu den Noir-Filmen gehören oder zu den Gangster-Filmen (das gilt oft für die Humphrey-Bogart-Filme).

Die Genregrenzen sind eben fließend und viele der Filme, die heute als Klassiker der Schwarzen Serie gelten, tendieren ganz stark ins Gangster-Subgenre. Den von dir erwähnten "Gangster in Key Largo" habe ich zum Beispiel schon im Film-Noir-Sammelthread rezensiert.
Zitat von Siegfried Lowitz im Beitrag #9
Ich würde dann nach den Sommerferien auch gerne die „Dünner Mann“-Filme bewerten, die in diesen Forum komischerweise kaum erwähnt werden, obwohl sie vom Niveau her mit den Agatha-Christie-Filmen vergleichbar sind.

Bewertet: Die Dünner-Mann-Filme von 1934 bis 1947

Siegfried Lowitz Offline




Beiträge: 47

10.06.2018 15:31
#11 RE: Amerikanische Gangsterfilme der 1930er und 1940er Jahre Zitat · Antworten

Komisch - ich hatte schon danach gesucht, aber nichts gefunden. Danke, ich werde mir den Link speichern.

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