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Dieses Thema hat 44 Antworten
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 Edgar-Wallace-Forum
Seiten 1 | 2 | 3
Sir 100 ASA Offline



Beiträge: 241

31.05.2016 19:52
#31 RE: L'amour toujours bei Wallace Zitat · Antworten

Danke für dieses interessante Thema und an die Autoren für ihre gut geschriebenen Beiträge.

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Ein Photo bitte, Madam? *blitz*

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

26.06.2016 15:06
#32 RE: L'amour toujours bei Wallace Zitat · Antworten



"Das macht Freude!" - Zwischenbilanz der Reihe ''L'amour toujours"

Wenn Frösche, Galgenhände, unheimliche Geldfälscher und selbsternannte Rächer für Grusel sorgen, braucht das Publikum etwas, woran es sich halten kann. Inmitten von Chaos, Bedrohung und Schrecken sucht es nach Sicherheit, die sich meist im soliden Scotland-Yard-Ermittler ausdrückt, der seinen Beruf gewissenhaft ausübt und ganz nebenbei hübsche Damen kennenlernt, denen seine Zuneigung und Fürsorge zuteil wird. Aus der anfänglich beruflich bedingten Aufmerksamkeit wird bald echtes Interesse und meist finden sich zwei Menschen, die einsam im Leben stehen und bisher keine Zeit oder keine Gelegenheit hatten, sich ein Privatleben zu schaffen. Ebenso wie der Polizeibeamte stammt die weibliche Heldin aus kleinen Verhältnissen, ist oft elternlos und hat auch keine Freundinnen, die ihr hilfreich zur Seite stehen. So ergibt es sich ganz zwangsläufig, dass sie die Unterstützung des Inspektors gern annimmt und über einen Ratgeber und Vertrauten froh ist. Natürlich gibt es auch Unterschiede zwischen den Ermittlertypen und den weiblichen Heldinnen. Während Eva Anthes, Karin Dor oder Brigitte Grothum in ihren ersten EW-Auftritten konservative Figuren zeigen, treten Renate Ewert, Karin Baal und Marisa Mell eigenständig und selbstbewusst auf. Bei den Herren ist es vor allem Klausjürgen Wussow, der aus der Reihe tanzt und keinen Schutz im herkömmlichen Sinn bietet. Ausnahmen stellen weiters die Ermittler der älteren Generation dar, die allenfalls väterliche Züge tragen und keine romantische Verbindung zur weiblichen Hauptfigur pflegen. Die Frühphase der Edgar-Wallace-Reihe weist noch ein relativ klares Muster auf. Junge Menschen finden sich bei Gefahr, verlieben sich und bleiben nach Abschluss der Ermittlungen zusammen. Später wird diese Kontinuität unterbrochen, indem die am Fall beteiligten Personen getrennte Wege gehen und sich keine näheren Kontakte ergeben. Die Herausforderung für die Autoren dieser Beitragsreihe ergibt sich im Wandel der Charaktere und ihrer Beziehungen zueinander, die ebenso spannend bleibt wie die Kriminalfälle und ihre mysteriösen Hintergründe.

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

26.06.2016 20:45
#33 RE: L'amour toujours bei Wallace Zitat · Antworten



Nach zehn vorgestellten Filmen kristallisiert sich überraschenderweise eindeutig heraus, dass sich das Liebeskarussell mitunter in hohen Umdrehungen bewegt hat, und es ist Zeit für eine kleine Zwischenmeldung. Doch wie sollte diese aussehen? Ein vorläufiges Fazit ziehen, eine bisherige Rangliste erstellen, Vergleiche anstellen oder das Für und Wider abwägen? Vielleicht ist es zunächst nicht zu viel gesagt, dass sich dieser kleine Exkurs, bei dem es im Vorfeld völlig unklar gewesen ist, ob sich überhaupt etwas Sinnvolles herausholen lässt, doch im Endeffekt wesentlich ergiebiger erscheint, als angenommen. Für den langjährigen Wallace-Anhänger ergeben sich zahlreiche neue Facetten und Blickwinkel hinsichtlich eines Themas, welches sicherlich nicht gerade als Hauptattraktion zu beschreiben ist, aber dennoch in seinem vollen Umfang vorhanden ist. Wieso kam es also in bislang jedem Film zur Nebenhandlung Liebe und Zwischenmenschlichkeit, wenn auch in unterschiedlichem Rahmen? Sicherlich kann man dieses sich Zeit nehmen für die schönen Dinge des Lebens als Gegengewicht ansehen, vor allem in Zeiten und Szenen die von Mord und Verbrechen dominiert werden. Dem Zuschauer wird unter dieser Voraussetzung einfach zugebilligt, sich Atempausen zu verschaffen und nicht ausschließlich mit Wallace-Prosa konfrontiert zu werden. Sicherlich muss man diese Tatsache auch relativ sehen, denn bislang musste man in den wenigsten Beiträgen Nerven aus Drahtseilen haben, allerdings hat sich dieser nützliche Verstärker vollends etabliert, sodass auch die Findung und Zuneigung selbst im sterilen Krimi als salonfähig bewährt hat. Zehn Filme bedienen sich der gleichen Voraussetzung, aber man sieht eigentlich meistens sehr unterschiedliche Ansätze bei der Herangehensweise und vor allem im Rahmen des Umfangs sowie der Raffinesse der jeweiligen amourösen Nebenhandlung.

So legt das Debüt "Der Frosch mit der Maske" einen gelungenen Grundstein für das Funktionieren der Serie an sich, aber auch für die Zielrichtung des besprochenen Themas und man darf von einer recht hohen Messlatte sprechen, sowohl thematisch gesehen, als auch besetzungstechnisch. Insbesondere bei den Hauptrollen sah man somit zahlreiche, immer wiederkehrende Darsteller, die für Wiedererkennungswerte sorgen konnten, jedoch war das Rollenprofil nicht immer identisch, sodass erst gar keine Eintönigkeit aufkommen sollte. Als Mann der ersten Stunde ist Joachim Fuchsberger bereits nach zehn Filmen quasi alleiniges Aushängeschild der Reihe geworden und ungeachtet aller persönlichen Präferenzen muss betont werden, dass es die Konkurrenz nicht leicht hatte, sich durchzusetzen. Im Rahmen der Beschützer- und Ermittler-Rollen lassen sich deutliche Tops und leichtere Flops ausfindig machen, allerdings zeigt sich diese Tendenz weniger bei den weiblichen Hauptrollen. Im Wallace-Orbit nimmt man insgesamt Mischungen zwischen klassischen Rollenverteilungen und konventionellen Themen wahr, aber auch Kehrtwendungen und willkommene Neuerungen. Den größten positiven Ausreißer im originellen Sinne stellt somit "Das Geheimnis der gelben Narzissen" dar, in dem nicht nur die männlich-weibliche Konstellation vollkommen konträr zu bisherigen Inszenierungen dargestellt ist, sondern auch die Besetzung durch Sabina Sesselmann stellt sich rückblickend und vorausschauend als waschechter Überraschungs-Coup heraus. Derartige Versuche sollte es ja immer wieder geben, und im weniger gelungenen Ausmaß können hier sicherlich Adrian Hoven und Marisa Mell, aber auch Heinz Drache und Ina Duscha genannt werden, deren Darbietungen aus verschiedenen Gründen leider nur schleppend funktionieren wollten, beziehungsweise konnten.

Zu den ganz großen Ausfällen kam es glücklicherweise bislang noch nicht, zu groß war die Orientierung an der jeweiligen Masse, und das Phänomen der kompletten Umkehr, oder besser gesagt Abkehr von gewohnten Elementen, sollte erst später Einkehr finden. Bei der intensiven Betrachtung stellt sich unterm Strich nun tatsächlich die Frage, ob man l'amour im Allgemeinen denn eigentlich wirklich toujours als festen Bestandteil in Krimis benötigt, oder ob sogar Vorteile auftauchten, falls man diese Komponente komplett streichen würde? Sicherlich käme ein härterer, steriler, oder gar ein wesentlich realistischer Charakter dabei heraus, aber schließlich griff man gerne auf diverse Ausgleichsmöglichkeiten zurück. Hier ist beispielsweise der immer wieder auftauchende, und teilweise sehr dick aufgetragene Humor zu erwähnen, der im Vergleich zur schönsten Sache der Welt sicherlich häufiger eine Läuterung verdient gehabt hätte. Im Endeffekt entsteht der Charme aber aus der Vielseitigkeit, der Bandbreite der Beiträge, sodass jede Spielerei irgendwie genug Rechtfertigung in sich selbst darstellt. Spannend bei der Edgar-Wallace-Reihe wird angesichts einer Zeit im Wandel definitiv der weitere Verlauf bei Liebe, Findung, Leidenschaft und Enttäuschung werden, auch neue Besen hinter und vor der Kamera werden dem Sprichwort nach ganz bestimmt gut kehren, aber ebenso auf Bewährungs- und Zerreißproben gestellt, die dem kritischen Auge des Zuschauers standhalten werden müssen. Als Zwischenfazit soll unterm Strich vielleicht einfach nur betont sein, dass sich das behandelte Thema in den Filmen besser macht, als ihm manchmal zugebilligt wird und funktionell wesentlich wichtiger ist, als zunächst angenommen. Im Endeffekt kommt es aber auf die Bearbeitung und die richtigen Leute an, um das Thema mit interessanten Impulsen auszustatten und dass es eben nicht nur akzeptiert, sondern vielmehr eingefordert wird.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

25.09.2016 13:55
#34 RE: L'amour toujours bei Wallace Zitat · Antworten

"Die Tür mit den 7 Schlössern" (1962): Richard Martin und Sybil Lansdown

Auf der Suche nach einem bestimmten Wappen begegnet der neununddreißigjährige Heinz Drache als Inspektor Martin der fünfundzwanzigjährigen Sabina Sesselmann als Bibliothekarin Sybil Lansdown zum ersten Mal. In den wenigen Minuten ihrer Unterhaltung kristallisieren sich bereits jene Facetten heraus, die charakteristisch für die beiden Darsteller sind. Der selbstbewusste Ermittler, dem es ein Genuss ist, andere mit seinen Aktionen und Kombinationen zu beeindrucken und die unzugängliche Schönheit, deren Handlungen den Wunsch nach Eigenständigkeit ohne männliche Protektion verraten. Mit einem süffisanten Lächeln nutzt der Polizeibeamte gleich den ersten dienstlichen Kontakt, um aus der sachlichen Auskunft eine private Verabredung herauszuholen. Die unverblümte Dreistigkeit seiner Anmache bringt die Frau nicht aus der Fassung, weil sie wegen ihres guten Aussehens sicher öfters von Männern angesprochen und eingeladen wurde. Sie wundert sich höchstens, dass selbst ein Beamter von Scotland Yard gleich zur Sache kommt - und das während der Ausübung einer Ermittlungsarbeit.



Sybil Lansdown äußert ihre Verwunderung über sein Verhalten, indem sie ihm mitteilt, dass sie sich einen Inspektor von Scotland Yard ganz anders vorgestellt hätte. Erst nachdem ihr der Anwalt Haveloc dringend geraten hat, dem Ermittler einen Drohbrief zu zeigen, gibt sie diesen an Richard Martin weiter. Dessen heftige Reaktion begründet sich auch auf dem Verlangen, über alle Schritte und Fakten, die Sybil betreffen, informiert zu sein. Er geht deshalb in seinem Diensteifer über das Berufliche hinaus, was die Frau verwundert zur Kenntnis nimmt. Ihre Gefangenschaft in Selford Manor, wo sie den Quälereien von Mrs. Cody und Dr. Staletti ausgesetzt ist, erschüttern ihr Selbstvertrauen und zeigen sie in fassungsloser Verzweiflung über die Grausamkeit, die mit der Gier nach einem großen Vermögen einhergeht. Die schmuddelige Atmosphäre ihrer Dachkammer und das ebenso widerliche Labor des angeblichen Arztes lassen sie auf baldige Rettung hoffen, die jedoch nicht zwangsläufig durch Inspektor Martin persönlich erfolgen muss. Auch Tom Cawler böte sich als Verbündeter an.

Abschließend kann man festhalten, dass das Ambiente, in dem sich die angebliche Liebesbeziehung zwischen Ermittler und Erbin abspielt, jenem in "Das Rätsel der roten Orchidee" ähnelt. Der Kriminalbeamte, der seine Nachforschungen im Umfeld einer selbständigen Frau durchführt, sich mit dieser verbal über Sinn und Erfolg seiner Methoden auseinandersetzt und ihr dabei mehr oder weniger halbherzig den Hof macht, um sich seiner Männlichkeit zu bestätigen. So werden sich nach dem Verlassen der Gruft und der Zuteilung des Schatzes an die Erbin auch die Wege von Miss Lansdown und Inspektor Martin trennen. Während sie sich den neuen Anforderungen stellen wird, werden Routine- und Ausnahmefälle den Alltag des Polizeibeamten bestimmen und seine Anwesenheit an anderen Orten und bei anderen Menschen erfordern. Er wird weiterhin nach Bestätigung suchen, sei es nun bei schönen Frauen oder schwierigen Kriminalfällen. Er braucht das Gefühl, unwiderstehlich und unbesiegbar zu sein - sowohl im Flirt, als auch in der Konfrontation mit den Verbrechern. Seine Treue gilt nicht einer Frau, sondern sich selbst. Eine Beziehung im klassischen Sinn ist deshalb von vornherein nicht vorgesehen.

2 von 5

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

25.09.2016 15:02
#35 RE: L'amour toujours bei Wallace Zitat · Antworten



DIE TÜR MIT DEN 7 SCHLÖSSERN

In Alfred Vohrers zweitem Wallace sieht man nach dem Ausreißmanöver des Vorgängerfilms wieder wesentlich typischeres Fahrwasser, wenn auch nicht unbedingt beim hier unter die Lupe genommenen Thema. Als Protagonisten der Inszenierung agieren Heinz Drache und Sabina Sesselmann, jeweils in ihrem zweiten Wallace-Film und es bleibt abzuwarten, inwiefern das Zwischenmenschliche reproduziert, oder bestenfalls neu erfunden werden kann. Schaut man auf den männlichen Part dieser Konstellation, so erscheint die klassische Findung so gut wie ausgeschlossen, da Drache nicht unbedingt berüchtigt für seinen Charme oder Fingerspitzengefühl beim schwachen Geschlecht gewesen ist. Gut, es kommt natürlich sehr stark auf das Diktat des Drehbuches und den zweiten Teil dieser neuen Kombination an, der mit Sabina Sesselmann vielleicht eher in spröder Erinnerung aus "Das Geheimnis der gelben Narzissen" geblieben ist, wenngleich sie an einer der interessantesten Variationen mitgearbeitet hat. Um es auf den Punkt zu bringen, Heinz Drache und Sabina Sesselmann kommen nicht ansatzweise in den Radius der Glaubwürdigkeit und man schaut auf recht gezwungene Strukturen, die den Zuschauer insgesamt eher kalt lassen. Hierfür ist in erster Linie Inspektor Martin verantwortlich, der es nicht schafft, wenigstens eine Ahnung von ehrlichem Interesse für die attraktive und darüber hinaus potentielle Frau an seiner Seite zu fabrizieren. Zu verbunden mit seinem Beruf und zu sehr interessiert an sich selbst, läuft Sybil Lansdown ihm zwar über den Weg und er richtet seinen Fokus auf die Millionenerbin in spe, aber letztlich laufen beide nur nebeneinander her, ohne dass das große Prickeln entstehen will. Der Verlauf sieht wenige gemeinsame Szenen vor, wenn sie aber stattfinden wirken diese recht prägnant und angesichts des Liebesthemas sogar bezeichnend. Schnell wird ersichtlich, dass Inspektor Martin diese Frau nicht auf Händen tragen wird und umgekehrt erweckt Sybil auch nicht den Eindruck, dass sie einen aussichtslosen Kraftakt veranstalten möchte.

Man könnte denken dass es ernüchternde Voraussetzungen im Rahmen des Titel-Themas sind, aber rückblickend gesehen kommt es der Inszenierung zugute, dass dieser obligatorische Inhalt eher stiefmütterlich abgehandelt wurde. Heinz Draches spröde Umgangsformen wirken zurückweisend, vielleicht sogar gut kalkuliert, da man unter diesen Umständen wenigstens behaupten könnte, selbst über das Schicksal entschieden zu haben. Eine Frau wie Sybil zieht naturgemäß interessierte Blicke der Männerwelt auf sich und es kann beruhigt davon ausgegangen werden, dass ihr die bessere Partie noch bevorsteht. Die sterile Atmosphäre zieht sich im Rahmen der Zwischenmenschlichkeit wie ein roter Faden durch den Verlauf und wie üblich wird das mutmaßliche Glück der Hauptpersonen durch Verbrecherhand bedroht. Geht man strikt nach seinem eigenen Gefühl, könnte hierbei gar nicht so viel zerstört werden, aber dennoch fiebert der Zuschauer natürlich mit den hier angebotenen Schablonen mit. Um es nicht falsch zu verstehen, Drache und Sesselmann machen ihre Sache isoliert gesehen recht ordentlich, versagen als mögliches Liebespaar aber auf ganzer Linie, was einfach an der empfundenen und gegenseitigen Interessenlosigkeit liegt. Zunächst sieht man ein erstes Treffen, aufgeladen mit ironischen Spitzen und kleineren Überraschungsmomenten für die jeweilige Gegenseite, doch Inspektor Martin überlässt ein nächstes Treffen niemand anderem als dem Zufall. Wie dieser es schließlich will, bekommt das potentielle Paar erneut die Möglichkeit, sich anzunähern, doch man sieht zu viel unmotiviertes Handeln seinerseits, und einen beinahe natürlichen Sicherheitsabstand ihrerseits. Die zum Klassiker des Films hochstilisierte Paternoster-Szene der beiden dokumentiert nichts anderes als den vorgefertigten Willen des Drehbuches, an Marschrichtungen der Vorgänger anzuknüpfen, aber man hat die Rechnung ganz offensichtlich ohne Inspektor Martin gemacht.

Was sich wie Kritik anhört, kann auch als logischer Bruch in einer Serie interpretiert werden, die beim Thema Zuneigung der Protagonisten bislang kaum variiert wurde. Unter den Gegebenheiten in "Die Tür mit den sieben Schlössern" ist es allerdings der neu aufkommende Vergleich, der belegt, dass die Liebes-Thematik gar kein so unwichtiges Element für die Verläufe ist, man sie folglich bei Misslingen oder Aussparen sogar vermissen könnte. Unbequeme Gegner machen den Hauptpersonen auch hier das Leben schwer und in diesem Zusammenhang ist ein besonderes Paar zu nennen, für welches Liebe oder Zuneigung offensichtlich unbekannte Vokabeln darstellen. Gisela Uhlen und Werner Peters präsentieren sich als Ehepaar Cody in überragender Schauspiellaune und es scheint, als wollten sie jeglichen Anflug von Glück der anderen im Keim ersticken. Hinzu kommt die Rolle von Jan Hendriks, dem man es eher abnehmen möchte, dass er sich zu Sybil Lansdown hingezogen fühlt, weil er sich situationsbedingt einfach mehr ins Zeug legt und dementsprechend den größeren Gefahren ausgesetzt ist. Fairerweise muss man betonen, dass es sich hier auch nur um ein imaginäres Szenario handelt, welches man als Zuschauer aber eher, beziehungsweise lieber in Betracht zieht, als eine gemeinsame Zukunft mit einem emotionsstarren Heinz Drache. Insgesamt gesehen gibt es daher wenige Lichtblicke in amourösen Belangen, was nach zehn Filmen aber als gelungene Abwechslung angesehen werden darf. Als Fazit kann beim gezielten Blick auf Heinz Drache wohl erwähnt werden, dass er im cineastischen Sinne nicht wie ein Experte in Liebesdingen wirkt und es ihm offenbar lieber war, angebetet zu werden, als andere anzubeten. Bei Sabina Sesselmann neigt man sogar scherzhaft dazu, die im Film gesuchten sieben Schlüssel kurzerhand zu verdoppeln, da man genau die gleiche Menge für ihren imaginären Keuschheitsgürtel hätte finden müssen.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

08.01.2017 20:52
#36 RE: L'amour toujours bei Wallace Zitat · Antworten

"Das Gasthaus an der Themse" (1962): Inspektor Wade und Leila Smith

Im "Mekka", der von zwielichtigen Gästen besuchten Schenke an der Themse, treffen sich der fünfunddreißigjährige Joachim Fuchsberger und die siebenundzwanzigjährige Brigitte Grothum zum ersten Mal. In Ausübung seiner Arbeit bei der Wasserpolizei sucht Inspektor Wade nach Schmugglern, Hehlern und Dieben; sein neuester Fall jedoch betrifft mehrere ungeklärte Morde durch ein Phantom namens "Hai". Leila Smith ist die minderjährige Nichte von Nelly Oaks, der das Gasthaus gehört. Das Mädchen bedient die Gäste, wäscht Gläser und kümmert sich um die Vorräte im Weinkeller. Der raue Umgangston, der im Lokal herrscht und das dominante Wesen ihrer Tante haben Leila eingeschüchtert. So wundert es nicht, dass sie zunächst wenig Vertrauen zu dem jungen Polizeibeamten hat, der sie um ihre Hilfe bittet. Ohne einen Verbündeten an ihrer Seite, muss sie sich an das halten, was Nelly Oaks erzählt, obwohl sie insgeheim spürt, dass ihre Tante es nicht unbedingt gut mit ihr meint. Inspektor Wade ist der erste Mensch, der sich für ihre Meinung interessiert. Bisher blieb ihr nur der lose Kontakt mit ihrem väterlichen Freund Kapitän Brown, der vom einundfünfzigjährigen Heinz Engelmann gespielt wird. Dieser nutzt ihre Schwärmerei jedoch für finstere Zukunftspläne aus.



Wade, den Mrs. Oaks zunächst spöttisch mit "Onkel Inspektor" tituliert, unterscheidet sich von den anderen Männern im Umfeld des "Mekka" durch seine Redlichkeit und die guten Absichten. Er weiß, dass Leila in Gefahr ist, muss jedoch die Grenzen akzeptieren, die den Verbleib des Mädchens bei seiner Erziehungsberechtigten festlegen. Seine Sorge um die junge Frau wächst, als er erfährt, dass es sich bei ihr um die Erbin der Lords of Pattison handelt. Die Verkörperung von Inspektor Wade durch den sympathischen Joachim Fuchsberger verhindert, dass der Verdacht aufkeimt, er könne es wie die Gegenseite nur auf das Millionenerbe der Waise abgesehen haben. Er hätte ihr ebenso geholfen und sie beschützt, wenn sie die Tochter des Hausmeisterehepaars gewesen wäre. Die Zuneigung des Mädchens erwächst aus dem Vertrauen, das sie in den Polizisten setzt, muss aber nicht zwangsläufig über eine herzliche Freundschaft hinausgehen. Leila kennt die Liebe nicht, da sie zeitlebens herumgeschubst wurde und man sie herablassend behandelte; der gutaussehende, wohlmeinende Mann kann ihr Herz deshalb leicht gewinnen. Die Tatsache, bei ihrer Volljährigkeit über ein immenses Vermögen verfügen zu können, wird Pflichten und Aufgaben mit sich bringen, die Leila vor große Herausforderungen stellen werden. Der Verlust ihrer Naivität und unbekümmerten Fröhlichkeit und die Wandlung vom Mädchen zur Frau wird eine schwere Probe für die Freundschaft zwischen Inspektor Wade und seiner lieben Leila. Behutsamkeit und Verständnis sind hier wichtige Pfeiler.

Brigitte Grothum meistert ihre Rolle als achtzehnjähriges Mädchen sehr überzeugend, da es ihr gelingt, ihre Natürlichkeit noch mehr als sonst in den Vordergrund zu stellen und einen Beschützerinstinkt im Publikum zu wecken. Ihre Niedlichkeit wird durch mehrere Szenen unterstrichen; sei es, dass sie ihre "Babydolls" auf der Wäscheleine aufhängt oder ihre Haare zu Zöpfen geflochten hat. Die Harmonie zwischen den Hauptdarstellern stimmt - beruflich und privat - und das spürt der Zuschauer in jeder Szene. Das Paar lässt sich nicht von persönlichen Eitelkeiten oder Geltungsdrang leiten, sondern zeigt echte Anteilnahme am Schicksal des anderen. So muss der Polizeibeamte zwar einen Erfolg in der Jagd nach dem Juwelenräuber und Mörder vorlegen, vernachlässigt aber nie seine Sorge um Leila. Ihm geht es nicht in erster Linie um die Wiederbeschaffung des Diebesguts - während Sir John begehrlich auf ein wertvolles Schmuckstück schaut - sondern um das Verhindern weiterer Morde. Inwiefern das beherzte Einstehen für die junge Freundin in eine heiratsfähige Liebe umschlagen wird, liegt im persönlichen Ermessen des Zusehers. Anbetracht der Jugend der unerwartet gesellschaftlich aufgestiegenen Frau, resümiere ich eine herzliche Freundschaft, bei der Geduld und gemeinsame Interessen den Ausschlag geben werden. Das klassische Liebespaar ist langsam auf dem Rückzug, wie die weiteren Filme bestätigen werden und sucht nach einer neuen Ausdrucksform, die nicht weniger reizvoll für das Publikum ist und ihm neben dem Mörderrätsel auch eine andere Möglichkeit zum Kombinieren gibt.

Fazit: 3,5 von 5

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

08.01.2017 21:14
#37 RE: L'amour toujours bei Wallace Zitat · Antworten



DAS GASTHAUS AN DER THEMSE

Betrachtet man die bundesdeutschen Besucherzahlen aller Edgar-Wallace-Filme, so lieferte Alfred Vohrer mit "Das Gasthaus an der Themse" den zahlenmäßig erfolgreichsten Film mit etwa 3.600.000 Zuschauern ab. Falls diese Geschichte im Sinne des hier behandelten Themas also geglückt ist, stellen Brigitte Grothum und Joachim Fuchsberger schon einmal eines der bekanntesten Wallace-Paare der Reihe dar, allerdings muss hierbei auch betont werden, dass sich insbesondere eine andere Konstellation in vielen Köpfen etablieren konnte. Nach mehr oder weniger komplett selbstständigen Frauenfiguren, die mit beiden Beinen im Berufsleben stehen und durch Launen des Schicksals unfreiwillig in Bedrohung, Verbrechen und Mord verwickelt wurden, bekommt man hier erneut eine Variation angeboten, die zusätzliche Ansatzpunkte zeigt. Variiert wurde nicht in dem Sinne, dass die Findung unter anderen Voraussetzungen stattfindet, oder dass die Beteiligten wie in den meisten Fällen direkt von Amor höchstpersönlich getroffen wurden, sondern den merklichen Unterschied liefert hier Brigitte Grothum, die in Unterdrückung durch ihre dominante Tante und unbezahlter Arbeit in einem zweifelhaften Gasthaus steht. Leila wird trotz der Tatsache, dass sie im "Mekka" mit allerlei lichtscheuem Gesindel, sowie mit Hehlern und Kriminellen konfrontiert ist, als vollkommen unschuldig wirkendes Geschöpf in die Handlung integriert, was naturgemäß den Beschützer-Instinkt eines jeden Ermittlers wecken würde. Joachim Fuchsberger als Inspektor Wade kommt genau in diese Lage und die Rahmenbedingungen lassen seinen anfänglichen Impuls, dass sich unbedingt etwas ändern müsste, Gestalt annehmen. Dem Empfinden nach handelt es sich dieses Mal vielleicht nicht um die berüchtigte Liebe auf den ersten Blick, denn es ist deutlich zu erkennen, dass sich diese Konstellation und die damit verbundenen Emotionen erst formen müssen.

Vielleicht basiert dieser Eindruck auch auf Joachim Fuchsbergers Alter, denn Leila wirkt so viel jünger als er, was in den Dialogen auch noch häufig Erwähnung findet. Zwar relativiert sich dies wieder durch den an ihr interessierten Nebenbuhler Mr. Brown, alias Heinz Engelmann, der etwa 25 Jahre mehr Erfahrungswerte zu bieten hat, als sein - in dieser Beziehung - naiv wirkendes Objekt der Begierde, aber vollends will die angebotene Allianz hier nicht zünden, obwohl Zusammenspiel und Chemie stimmen. Vielleicht kommt hier das unbestimmte Gefühl auf, dass es die ungleichen Voraussetzungen sind, die diese potentielle Beziehung nicht uneingeschränkt in Glanz und Gloria strahlen lassen würden, wie es der Zuschauer in der Serie schon so oft gewöhnt war. Eher neigt man dazu, gedanklich einen Schritt weiter zu gehen, wenn der "Hai" zur Strecke gebracht und die Findung abgeschlossen ist. Die Erfahrung des Mannes lässt im Gegensatz zur Unerfahrenheit der Frau ein sich unterschwellig zeigendes Ungleichgewicht aufkommen. Verstärkt wird das alles durch die temperamentvolle und vehemente Art Joachim Fuchsbergers, der unter dem Nimbus, dass er es ja schließlich nur gut mit seiner Angebeteten meine, häufig über das Ziel hinaus schießt und wenig Feingefühl anbietet. Die beruflichen Ambitionen stehen wie im Vorgängerfilm eher im Vordergrund, wobei Vohrer wieder mehr auf eine klassische Abhandlung des amourösen Nebenthemas setzte. Wie so häufig wird die Liebe durch andere Personen des Szenarios bedroht, es tauchen dabei die unterschiedlichsten Gründe für das Unterwandern dieser Konstellation auf. Leilas halbseidene Tante Nelly Oaks sieht beispielsweise ihre Geschäfte in Gefahr, wenn permanent ein Polizist um sie herumschleicht, was sich darüber hinaus auch gegen ihre Ganovenehre richtet. Viele Dialoge lassen den Eindruck entstehen, dass auch Mrs. Oaks eine Vergangenheit im romantischen Sinne vorzuweisen hat.

Dies ist in Gesprächen zwischen ihr und Captain Brown herauszufiltern, die offenkundig »von einst im Mai« sind. Nun ist der Mann in den besten Jahren eher an dem jüngeren, attraktiven Modell interessiert. Leila vergöttert ihn bedingungslos wie einen Vater, der mit ihr wiederum andere Gedanken hegt. Im Sinne des Themas wird die Gefahr, dass die beiden Protagonisten sich nicht finden werden, um ein Vielfaches gesteigert, da der Zuschauer die arme, unschuldige Leila nicht in den Händen eines einschlägig bekannten Hehlers sehen will. Inspektor Wade selbstverständlich auch nicht. Wenn sich der Verlauf zuspitzt, wird es naturgemäß auch der Haupttäter der Story sein, der die junge Frau nötigt, denn schließlich hatten die meisten dieser Spezies ihre eigenen Pläne mit den weiblichen Protagonisten, ob aus finanziellen, oder alternativen Gründen. Joachim Fuchsberger und Brigitte Grothum bilden letztlich ein Paar, welches zunächst in optischer Hinsicht und Fragen der Interaktion überzeugen kann und dies auch tut, schließlich sollte man auf diese Konstellation noch ein weiteres Mal zurückgreifen. Dass sich hier ein paar kleinere Ungereimtheiten offenbaren, ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass der interessierte Zuschauer mit den beiden mitfiebert und die weniger subtil angelegten Signale dennoch als passend, wenn nicht sogar angenehm erfrischend empfindet. Dies liegt nicht nur an der eingängigen Kopplung zwischen Routine und Variation, die von Joachim Fuchsberger ausgeht, sondern auch an der sympathisch und vor allem glaubhaft wirkenden Darbietung von Brigitte Grothum, die in "Das Gasthaus an der Themse" eine gelungene Wallace-Fortsetzung feiern konnte. Letztlich bekommt der Zuschauer in Alfred Vohrers drittem Beitrag zur Reihe wesentlich mehr Angenehmes auf der Habenseite geboten, sodass gewisse Kleinigkeiten, die in einigen Vorgängern runder gelöst wurden, im Endeffekt nicht schwer ins Gewicht fallen.

schwarzseher Offline



Beiträge: 626

09.01.2017 18:52
#38 RE: L'amour toujours bei Wallace Zitat · Antworten

Ich glaube eher, dass da sehr viel "Kopfkino" des jeweiligen Betrachters dabei ist. Damals durften quasi drei Sachen nicht fehlen: der Auftritt mit Gesang in einer Bar, der humorvolle Witzbold und natürlich die bedrohte Schönheit mit Retter. Im Laufe der Jahre (okay, der Gesang war damals schon ätzend ) empfand ich diese Versatzstücke dann oft als sehr überflüssig. Später war man für jeden Film dankbar, der von diesem Muster keinen oder nur wenig Gebrauch machte (z.B. "Der Henker von London"). Würde mich mal interessieren, wie der "Hauptleidtragende" Joachim Fuchsberger darüber gedacht hat. Ob ihm nicht das in jedem Film wiederkehrende Muster (egal in welcher Variation) auf den Nerv ging ...

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

15.04.2018 20:15
#39 RE: L'amour toujours bei Wallace Zitat · Antworten

"Der Fluch der gelben Schlange" (1962/63): Clifford Lynn und Joan Bray

Die Verbindung zwischen dem fünfunddreißigjährigen Joachim Fuchsberger und der siebenundzwanzigjährigen Brigitte Grothum ist arrangiert. Der Erbe eines großen Vermögens kommt im Auftrag seines Stiefvaters nach London, um die Tochter von dessen Vetter zu ehelichen. Die zweiunddreißigjährige Doris Kirchner denkt jedoch nicht daran, eine Heirat mit einem Fremden einzugehen, nur weil sie ihren Vater vor dem finanziellen Ruin rettet. Der neununddreißigjährige Pinkas Braun umwirbt Brigitte Grothum aus taktischen Gründen: er sieht in ihr ein Druckmittel, um ihren Onkel zu erpressen.



Bei so einer Ausgangssituation scheint es zunächst fraglich, ob der Film mit einem Liebespaar aufwarten können wird. Die Zwietracht innerhalb der Familien, die zudem alle kein klassisches Modell repräsentieren (so fehlt z.B. die Mutter in jedem der drei Fälle), schwelt schon länger und während Mabel Narth die Rolle der Hausvorsteherin übernommen hat und mit ihrem Vater Stephen im Duktus einer Ehefrau spricht, ist ihre Cousine Joan noch ein Backfisch, der keine Fehler machen und ihren Onkel, der sie nach dem Tod der Mutter aufgenommen hat, zufriedenstellen will. Während Joan also leicht formbar zu sein scheint, leistet Mabel mehr Widerstand gegen die Pläne ihres Vaters. Dieser gibt ihr unmissverständlich zu verstehen, dass sie keine achtzehn mehr wäre und somit ihre Chancen auf eine Heirat ohnehin rückläufig seien. Ihre Eigenständigkeit und mangelnde Anpassungsfähigkeit (Stephen Narth bezeichnet sie als Arroganz) würden ihre Aussicht auf eine Ehe ohnehin schmälern. Im Schatten der jungen, aber nicht ganz so naiven Joan, wirkt die kühle und unnahbare Mabel geheimnisvoll, weil man wenig über sie erfährt. Zwischen den Zeilen hört man Verbitterung heraus; eine Unzufriedenheit, die mit der bevorstehenden Heirat ihrer Cousine zunimmt. Sie, die kluge und realitätsbewusste Frau wird abgelehnt - wegen einer jüngeren und unerfahreneren. Mabels Tod aufgrund einer Verwechslung ist deshalb im doppelten Sinn tragisch. Sie stirbt im Brautkleid der Konkurrentin, unbeweint und einsam.

Joan Bray findet den unrasierten und ungezwungen auftretenden Clifford Lynn gleich sympathisch und er mag die junge Frau ebenso, weil sie unverdorben und frei von Hintergedanken ist. In seinem näheren Umfeld ist er psychisch und physisch von Schlangen umgeben, von denen eine unheilvolle Wirkung ausgeht. Kein Wunder, dass er sich bei Joan mental von jenen Sorgen erholen und frei heraus reden kann. Was zunächst wie eine gleichgültige Erfüllung des Wunsches seines Stiefvaters aussieht, wird Cliff zunehmend zur Herzensangelegenheit. Der Sinneswandel vollzieht sich auf natürliche und unkomplizierte Weise, eine Charaktereigenschaft, die der Schauspieler Fuchsberger so überzeugend verkörpert. Bei ihm fühlt sich fast jede Frau gut aufgehoben, weil er sie mit einer Mischung aus Respekt, freundlicher Heiterkeit und ehrlicher Anteilnahme behandelt. Im Gegensatz zu ihm achtet der stets reserviert wirkende Pinkas Braun sehr auf Formen, lässt es im Umgang aber an menschlicher Wärme missen. Seine Handlungen entspringen eiskalter Planung, die bei unerwarteten Zwischenfällen in grausame Rache umschlagen. Sein Symbol, der Dolch mit der Nachbildung der "freudigen Hände", trifft in der Bibliothek ausgerechnet das Buch "China und die Liebe". Seine Herkunft grenzt ihn sowohl von der väterlichen, als auch von der mütterlichen Seite ab, obwohl er sich dem asiatischen Hintergrund mehr verpflichtet fühlt. Durch die Wiederherstellung der alten kaiserlichen Ordnung will er sich selbst über andere erheben und sie regieren.

Fazit: 4 von 5

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

15.04.2018 21:05
#40 RE: L'amour toujours bei Wallace Zitat · Antworten



DER FLUCH DER GELBEN SCHLANGE

Mit "Der Fluch der gelben Schlange" wurde als zweiter Konkurrenz-Wallace der 60er Jahre in die Kinos geschickt. Anders als bei "Der Rächer" sind die typischen Konturen der Reihe wieder deutlicher wahrzunehmen und auch bei der Findung der Protagonisten werden übliche Schablonen deutlicher angelegt. Dieser Eindruck entsteht nicht zuletzt aufgrund der Verpflichtung bekannter Rialto-Vertragsschauspieler, die durch Joachim Fuchsberger und Brigitte Grothum den Wiedererkennungswert enorm begünstigen. Als Paar überzeugten sie bereits im Vorgängerfilm "Das Gasthaus an der Themse", sowie in der wenige Jahre zuvor entstandenen Produktion "Die seltsame Gräfin", und man bekommt es mit dem üblichen Charme, beziehungsweise Aufhänger zu tun, der als wichtiger Bestandteil vermittelt werden kann. Jede der Konstellationen formierte sich unter anderen Voraussetzungen und in der Regel widrigen Rahmenbedingungen. So auch hier, denn schließlich muss sich die Liebe unter erschwerten Bedingungen erst finden. Ein Mord im fernen China legt den unromantischen Grundstein für eine Zweckhochzeit in London, für die gleich zwei Damen in Frage kommen, um eine lukrative Allianz mit dem Kapital einzugehen. Sowohl Tränen, als auch Renitenz und Trotz bestimmen die Töne im Vorfeld, die alles andere als Hochzeitsglocken andeuten. Aber bei Wallace sind erfahrungsgemäß schon ganz andere Konstellationen zustande gekommen und der Verlauf bedient sich einer denkbar einfachen, aber gleichzeitig günstigen Voraussetzung; nämlich des natürlichen, unverbrauchten Charmes einer Brigitte Grothum, die in Sachen Sympathie wie immer sehr hohe Maßstäbe setzt. Vielleicht stellt sie tatsächlich ein noch gängiges Frauenbild der frühen 60er Jahre dar, in das man sich pauschal verlieben konnte. Im Serien-Kontext gibt es allerdings emanzipatorisch gesehen ein paar Rückschritte, da die Rolle der Joan sehr konservativ angelegt ist.

Es ist angenehm und überaus interessant zugleich, dass sich bei Joachim Fuchsberger und Brigitte Grothum keine Abnutzungserscheinungen offenbaren, weder darstellerisch noch als Paar. Nach mittlerweile 13 herausgebrachten Wallace-Filmen lässt sich mit zunehmender Sicherheit sagen, dass sich auch die amouröse Komponente als wichtiger Bestandteil etablieren konnte. Joachim Fuchsberger als Clifford Lynn stellt sich gegen die von außen geschmiedeten Hochzeitspläne, die mit Mord und Tod eingeläutet wurden. Dies tut er wesentlich bestimmender, anfangs sogar süffisanter als seine designierte Frau, die wie im Märchen das Dasein von Aschenputtel zu fristen hat, wenn auch im goldenen Käfig. Eine Ehe soll dessen Gittern auch in Zukunft den vollen Glanz garantieren, außerdem die finanziellen Sorgen von Joans Ziehvater und Onkel entschärfen. Ganz im Prinzip eines immer wiederkehrenden Filmelixiers kommt es zur berüchtigten Liebe auf den ersten Blick, was für jedermann natürlich erscheint, immerhin bringen beide Seiten genügend Tugenden und Identifikationspunkte für den Zuschauer mit. Das soeben entfachte Gefühl wird ganz in Manier der laufenden Serie von Verbrecherhand bedroht und das aus zahlreichen Gründen. Auch hier konspiriert beispielsweise ein gefährlicher Verbrecher im Hintergrund, der nicht nur diese Funktion inne hat, sondern auch die des Nebenbuhlers, der die Aufrichtigkeit der beiden Hauptpersonen aufgrund seiner negativen Attribute nur noch mehr in den Fokus rückt. Wenn man bei der Fraktion der Konkurrenten bleibt, ist auch Joans Cousine Mabel zu nennen, die durch Regisseur Franz Josef Gottliebs damaliger Ehefrau Doris Kirchner vielschichtige Facetten verliehen bekommt. »Ein daher gelaufenes Findelkind zu heiraten wegen einer Erbschaft.«, hört man sie zunächst giftig betonen und dies in der gleichen abwertenden Manier, mit der sie auch Joan konfrontiert.

Ihr stiefmütterliches Dasein hat sie über Jahre selbst konstruiert, schließlich wurde sie dem Vernehmen nach einmal nicht geheiratet und der Zuschauer nimmt nicht nur die negativen Schwingungen wahr, sondern auch eine zutiefst verbitterte und vereinsamte Frau. Dramaturgisch wird jedoch die Möglichkeit für eine bemerkenswerte Kehrtwendung offen gelassen, die aufgrund der darstellerischen Kompetenzen von Doris Kirchner ihre Verwirklichung findet. Die teils zynische Inszenierung tut ihr Übriges. Wie auch hier sind es oft die unerfüllten Wünsche und damit einhergehende Launen des Schicksals, respektive der Verbrecher, die für die tragischen Momente sorgen können, die solche Geschichten mitunter nötig haben. "Der Fluch der gelben Schlange" fällt als Film insgesamt durch seine bemühten Unterschiede zu Artgenossen auf, was sich in amourösen Belangen allerdings nicht vollkommen durchsetzen will. Zu sehr findet eine herkömmliche Auseinandersetzung mit der schönsten Sache der Welt statt, was durch die Performances von Grothum und Fuchsberger wie üblich greifbar ausbuchstabiert wird. Männlich-weibliche Beziehungen wurden seinerzeit noch nicht grundlegend aufgebrochen - geschweige denn umgekehrt - höchstens durch selbstbewusstere Attitüden der Interpretinnen. Die recht bürgerlichen Eindrücke sind dem Gesamtbild entsprechend angepasst worden und bieten eine ideale Abhandlung im Sinne eines Ausgleichs für den Zuschauer. Das unschuldige Opfer wird vom charmanten und wie bislang immer strahlenden Helden vor Schlimmerem bewahrt, was die Dame des Herzens mit ihrer aufrichtigen Zuneigung belohnt. Subversive Elemente und Emotionen falschen Ursprungs werden durch diese einfache Strategie unmittelbar beseitigt und verhelfen nicht nur der Gerechtigkeit, sondern auch dem Glücksgefühl zum Triumph, wenngleich das klassische "L'amor toujours"-Thema hier gerade durch diese frühe Erfüllung etwas an Drive einbüßt.

Percy Lister Offline



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01.07.2018 14:25
#41 RE: L'amour toujours bei Wallace Zitat · Antworten

"Der Zinker" (1963): Beryl Stedman und Frank Sutton

Der vierzigjährige Heinz Drache, der achtunddreißigjährige Günter Pfitzmann, die achtunddreißigjährige Inge Langen und die fünfunddreißigjährige Barbara Rütting heben sich allein durch ihr Alter von den Backfischromanzen früherer Filme ab. Der Zuschauer bekommt es hier nicht mit einer Berufsanfängerin bzw. Schulabgängerin und einem frisch von der Polizeiausbildung kommenden Beamten zu tun, sondern mit Personen, denen das Leben bereits die eine oder andere Lektion erteilt hat und deren Sinn für Romantik deshalb einem nüchternen Zynismus gewichen ist. "Die Männer- und Frauenrollen in den Edgar-Wallace-Filmen sind eingebunden zwischen Normalität, Intrigen und Wahnsinn." Professor Jens Thiele zieht dieses Fazit in "Deutsche Trivialität" im vierten Band der "Fischer Filmgeschichte". Inwiefern entspricht die Kriminalschriftstellerin Beryl Stedman dem Bild der hübschen Erbin, die bedroht wird? Zunächst einmal muss man feststellen, dass die Aussicht auf das Mulford-Erbe kaum eine Rolle spielt. Zudem ist eine physische Bedrohung nicht gegeben. Die Psyche allerdings wird herausgefordert und erhält den einen oder anderen Schock, als sich Erwartungen zerschlagen und Verbündete ihr wahres Gesicht zeigen.



Mit Beryl Stedman in der Verkörperung durch die patente Barbara Rütting bekommt der Zuschauer hier kein Mädchen geboten, das sich laut schluchzend an die Brust des Inspektors wirft, sondern eine ernüchterte Frau, die aus der Lektion ihre Lehren zieht. Unkontrollierbare Gefühlsausbrüche nimmt man Barbara Rütting auch nicht ab, schon gar nicht, wenn es sich bei ihrem Gegenüber um Heinz Drache handelt, der so viel Empathie ausstrahlt wie ein Staubsaugervertreter. Hier liegt die Crux der Geschichte, denn mit ihm gelingt es nicht, das Bild einer ewigen Liebe zu zeichnen; das entspricht nicht seinem Charakter und sollte auch gar nicht von ihm verlangt werden. Wie schwierig der Einsatz von Heinz Drache auf dem dünnen Eis der Romanzen war, beweist die Tatsache, dass seine Partnerin in jedem Film eine andere war. Es scheint fast so, als hätte man ausprobiert, welche der Schauspielerinnen zu ihm passt und mit Barbara Rütting hatte man jene gefunden, die durch ihren Sinn für Humor Draches Selbstverliebtheit noch am ehesten parieren konnte. In ihren Dialogen begegnen sich zwei Menschen, die den Beruf des anderen prinzipiell nicht ganz ernst nehmen und das eigene Tun für die wahre Berufung halten. Man schätzt das verbale Kräftemessen, um sich selbst zu beweisen, wie Recht man hat.

Frank Sutton genießt als Geschäftsführer der Tierhandlung Mulford das Vertrauen der Familie, was eine Annäherung zwischen ihm und Beryl begünstigt. Beide legen Wert auf strukturiertes Arbeiten und gehen ihrer Arbeit auch außerhalb der üblichen Bürozeiten nach. Komfort wird geschätzt, was sich im Auftreten und auf den Bankkonten zeigt. Die Allianz zwischen Frank und Beryl steht repräsentativ für die Kombination von Vernunft und Gefühl, wobei Emotionen in sachliche Bahnen kanalisiert werden. Einzelne Gesten der Zuneigung stehen für eine freundschaftliche Anhänglichkeit, so z.B. die geschlossene Front durch das Händchenhalten bei der Ankunft von Sergeant Leslie oder Beryl, die beim drohenden Angriff durch den Zinker ihre Hand auf Suttons Arm legt. Ihre Angst um den Partner ist echt, weil sie die Gefahr durch den unheimlichen Mörder richtig einschätzt und nicht möchte, dass ihr eigenes Umfeld in diese Geschichte mit hineingezogen wird. Trotz ihrer Vorliebe für literarische Massaker pflegt sie einen beschaulichen Lebensstil und lässt ihre Romanfiguren jene Abenteuer ausleben, für die ihr noch die letzte Konsequenz fehlt. Der Faktor Sicherheit konkurriert mit ihrer Unangepasstheit; die Rebellion beschränkt sich auf Wortduelle mit Institutionen, die Tradition und Gehorsam verkörpern.

Dennoch verletzt sie nie die Grenzen des guten Geschmacks und scheint den kühnen Mut ihrer Tante Nancy für zu direkt zu halten. Der Schliff, den sie in den Schulen für höhere Töchter erhielt, wirkt nach, wenn Beryl sich an der Offenheit der schrulligen Hausherrin stößt. Die Schriftstellerei als Zeichen des Aufbegehrens ist in Zeiten der Massenauflagen von Sensationsblättern längst salonfähig geworden. Sie ermöglicht es Beryl, sich auszudrücken und ihre Ideen zu entwickeln, ohne dass sie auf den Verkauf der Bücher angewiesen ist, um die monatliche Miete zu bezahlen. Sie unterscheidet sich von ihren Vorgängerinnen durch die Unabhängigkeit ihrer Lebensführung, die weder auf eine günstige Heirat, noch auf eine lukrative Arbeitsstellung abzielt. Hier zeigt sich ein gravierender Unterschied zu Rivalin Milly Trent, die emotional und finanziell abhängig ist und ihren Frust darüber immer wieder hochkommen lässt. Die Unzufriedenheit schlägt in Hass um und sorgt dafür, dass sie sich immer öfter zu Bemerkungen hinreißen lässt, die ihr schaden. Das Aufdecken von Identitäten ist bei Edgar Wallace immer ein Risiko, das mit Zerstörung und Tod verbunden ist. Beryl Stedman bleibt in dieser Hinsicht lange im guten Glauben und verkennt die Warnungen, die wie die Flammenschrift bei Belsazar die aufziehende Tragödie ankündigen.

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Prisma Offline




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01.07.2018 15:18
#42 RE: L'amour toujours bei Wallace Zitat · Antworten



DER ZINKER

Innerhalb laufender Reihen ist es nur eine Frage der Zeit, bis erste Abweichungen der Norm oder sogar entscheidende Stilbrüche auftauchen. Bei Alfred Vohrers "Der Zinker" handelt es sich stilistisch gesehen um einen Beitrag der klassischeren Sorte, jedoch lässt sich angesichts des hier behandelten Themas eine signifikante Änderung ausfindig machen. Im Rahmen der männlich-weiblichen Beziehungen kommt es zu einer Art Scharade, bei der die Karten nicht so offen auf dem Tisch liegen, wie es der Wallace-Fan zuvor gewöhnt war. Die ermittelnde Figur erweckt den unausweichlichen Eindruck, dass es neben seiner Berufung keine weiblichen Götter geben kann, denn zu stark ist die Fokussierung auf die tägliche Arbeit und die eigene Person. Die weibliche Hauptperson ist weder auf der Suche nach einem Partner, noch hat sie die Absicht sich zu binden, zumal sie ohnehin anderweitig liiert ist. Unter diesen Voraussetzungen kreuzt sich der Weg von Heinz Drache als Inspektor Elford und Barbara Rütting als Journalistin Beryl Stedman - eine Konstellation, die besetzungstechnisch kein Kind des Zufalls gewesen sein wird, da sie zu sehr im Schimmer eines gewissen Kalküls strahlt. Beide Protagonisten stehen fest auf eigenen Beinen, regeln ihr Leben ohne dabei Hilfe nötig zu haben und demonstrieren eine Art Unabhängigkeit, die sich trotz der gleichen Attitüde grundlegend voneinander unterscheidet, da eine von beiden naturgemäß eher auf Kosten anderer angelegt ist. Figuren wie Beryl Stedman tauchen bei Wallace nicht zum ersten Mal auf, denn Darstellerinnen wie etwa Sabina Sesselmann, Marisa Mell oder Renate Ewert verkörperten ebenfalls modernere Frauentypen, die nicht vom Helden in die Tasche gesteckt werden mussten. Der Verlauf gewinnt in großem Maße an der Strategie, dass Heinz Drache sich nicht mit der schönsten Nebensächlichkeit der Welt befassen musste und hier lässt sich süffisant sagen, dass es nicht nur ihm, sondern auch dem Zuschauer erspart wurde.

Zu sehr sind seine hölzernen Darbietungen in dieser Richtung präsent geblieben, sodass er sich mit einer Rolle, die wie hier hauptsächlich auf ihn zugeschnitten ist, wesentlich besser und freier bewegen kann. Die Liebe kommt in "Der Zinker" erstmalig sehr kurz und nur einen mutmaßlichen, beziehungsweise unaufrichtigen Stellenwert eingeräumt. Zu stark wird sie dominiert von Habgier und perfider Planung, was aber durchaus zu dynamischen Eindrücken und Dramatik führen wird. Eine Dreieckskonstellation aus amourösen Verstrickungen sorgt zwar für eine gewisse Spannung im Szenario, aber gleichzeitig auch für eine bis dato beispiellose Vorhersehbarkeit in Sachen früher Identifikation des Haupttäters. Die männliche Ermittlerfigur, die bislang für Schutz und Avancen gegenüber der weiblichen Hauptfigur stand, bleibt vollkommen außen vor und zeigt keinerlei Interesse an Belangen, die ins Private gehen könnten. Vielmehr entsteht der Eindruck, dass Heinz Drache und Barbara Rütting eine reserviert freundschaftliche Basis finden könnten, die aus beruflicher Wertschätzung und dem Prinzip bestehen könnte, dass eine Hand die andere wäscht. Es lässt sich vielleicht sagen, dass Rütting und Drache in dieser Richtung eine Art Pionierarbeit leisten, oder zumindest einen frühen Modellcharakter anbieten, der insbesondere in späteren Produktionen wieder aufgegriffen wurde. Die sympathisch aber manchmal ebenso spröde und resolut wirkende Beryl braucht weder Schutz, noch irgendwelche Ratschläge von männlicher Seite; und wenn dann höchstens nur vom Leben selbst. Bei Barbara Rütting schwingt trotz ihres bodenständigen Charakters und des klaren Verstandes eine seltsame Naivität im Rahmen zwischenmenschlicher Belange mit, die bei den meisten ihrer Kolleginnen in dieser Form nicht zu finden war, da deutlichere Konturen und Kontraste zum Vorschein kommen.

Wenn sich Luftschlösser auflösen und Kartenhäuser zusammenbrechen, wird es der Ermittler sein, der ihr zur Seite steht, allerdings ohne sie aufzufangen. Beide wissen nur zu gut, dass sie in Momenten der Enttäuschung oder auch des Erfolges niemand anderen neben sich gebrauchen könnten, da der eigene Lebensplan vorsieht, alles selbst zu regeln und Verantwortung zu übernehmen. Sicherlich bietet Vohrer subtile, beinahe versteckte Andeutungen an, um dem Zuschauer einen Strohhalm im Sinne des Themas anzubieten, doch der nüchterne Blick auf zwei Personen, die eigentlich Einzelgänger sein wollen und sich gegenseitig keinesfalls brauchen, lässt den interessierten Zuschauer eher zu dem unausweichlichen Schluss kommen, dass Inspektor Elford und Beryl Stedman weder etwas mit "l'amour" noch "toujours" zu tun haben. Was das weibliche Opfer angeht, das in diesem Film überhaupt keines ist, da nur eine potentielle, beziehungsweise in weiter Ferne liegende Bedrohung vom "Zinker" ausgeht, steht man schnell vor vollendeten Tatsachen. Eher bedauert man eine verzweifelte Nebenbuhlerin, da man sie in wesentlich größerer Gefahr sieht. Vielleicht kann ja im Endeffekt von einer Variante des Rollentauschs gesprochen werden, dessen umgekehrte Voraussetzungen für frischen Wind sorgen und sich demonstrativ gegen die Eintönigkeit aufbäumen, um eine bereits länger laufende Reihe mit frischen Impulsen zu versorgen. Bezüglich "L'amour toujours" wird der danach dürstende Fan im Großen und Ganzen nichts Aufrichtiges oder Relevantes finden können, höchstens eine verwitwete alte Dame, die ein paar Funken nostalgischer Romantik in die laufende Geschichte bringen kann. Misslungen ist Alfred Vohrers Strategie aber keinesfalls, denn der eigentlich interessante Kriminalfall, der letztlich eine zu wenig ausgefeilte Bearbeitung erfahren hat, kann durch die nicht vorhandene Nebensächlichkeit aufgewertet werden.

Percy Lister Offline



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13.09.2020 15:00
#43 RE: L'amour toujours bei Wallace Zitat · Antworten

"Der schwarze Abt" (1963): Leslie Gine und Dick Alford bzw. Leslie Gine und Harry Chelford

Die Ruinen der Abtei Fossaway sind nicht nur Schauplatz eines Mordes, sondern auch der geheime Treffpunkt des sechsunddreißigjährigen Joachim Fuchsberger und der vierundzwanzigjährigen Grit Boettcher, die mit dem dreiundfünfzigjährigen Dieter Borsche verlobt ist. Schloss Chelford und seine Ländereien bilden den Rahmen für eine intensive Schatzsuche, der Lord Chelford seine ganze Energie widmet. Sein Vetter Dick verwaltet den Besitz und dient gleichzeitig als Hüter des Ansehens der Familie, die durch das rätselhafte Verschwinden von Lady Chelford, der Mutter des jetzigen Schlossbesitzers, sowie des verschrobenen Verhaltens von Lord Chelford an gesellschaftlicher Achtung eingebüßt hat. Die Gründe für die konstruierte Verlobung mit der mittellosen, jedoch aus gutem Hause stammenden Leslie Gine sind in dem Bemühen zu suchen, den Schein einer respektablen Verbindung zu schaffen, wobei Leslie nichts weiter als einen Posten in der Bilanz seiner Besitztümer darstellt. Dick Alford sieht diese arrangierte Beziehung mit zwiespältigen Gefühlen. Einerseits glaubt er an die Notwendigkeit, eine standesgemäße Herrin auf Fossaway zu sehen, andererseits bedauert er es, ausgerechnet Leslie Gine, die er schon lange mag, an seinen egozentrischen und weltfremden Vetter gebunden zu sehen.



Leslie Gine hat noch einen weiteren heimlichen Verehrer, den untersetzten Bürovorsteher ihres leichtsinnigen Bruders Arthur. Fabian Gilder, der vom vierundvierzigjährigen Werner Peters dargestellt wird, hat sich durch Bauernschläue ein hübsches Vermögen beiseite geschafft und meint, er könne Leslie damit beeindrucken. Der Unhold bedrängt die zierliche Frau, die den gesellschaftlichen Gepflogenheiten entsprechend zu einer zurückhaltenden jungen Dame erzogen worden ist, die gepflegte Konversation machen und ansonsten eine gute Partie eingehen soll. Das ungehobelte Benehmen ihres Verehrers entrüstet sie, weil ihr auf der Schule für Töchter des gehobenen Mittelstands nicht gesagt wurde, dass nicht alle Männer Kavaliere und Gentlemen sind, sondern eine Frau auch damit rechnen muss, einem Vertreter des starken Geschlechts zu begegnen, der keine anderen Absichten als die Befriedigung seiner sexuellen Gelüste hat. Sie ist deshalb zunächst irritiert und dann entsetzt, dass der Angestellte ihres Bruders sich erdreistet, ihr eindeutige Avancen zu machen und sie mit Gewalt in die Enge treibt. So findet sich Leslie von Männern umgeben, die, mit Ausnahme von Dick Alford, wenig vielversprechend sind und ihr das Gefühl vermitteln, sich in ihr Schicksal fügen zu müssen.

Die Fürsorge ihres älteren Bruders Arthur endet mit der Frage, wie Leslie an den Mann gebracht werden soll, damit er sie gut versorgt weiß und sich nicht mehr an das Versprechen halten muss, das er vermutlich den früh verstorbenen Eltern geben musste. Mit dem Tag versteht seine Schwester wenig mehr anzufangen, als auszureiten, spazieren zu gehen und Besuche zu machen. Mehr wird auch nicht von ihr verlangt, weswegen sie zwischen den nach Geld und Macht strebenden Männern ein wenig verloren wirkt. Instinktiv fühlt sie sich zu Dick Alford hingezogen, dem schneidigen und jüngeren Verwalter des Gutes, der ihr zwar keine besonderen Zuneigungsbekundungen entgegen bringt, sie aber recht gerne mag und sich für ihre Belange interessiert. Durch die zahlreichen Anspannungen und Eskalationen in und um die Abtei Fossaway, verbleiben im Grunde nur zwei Personen, die imstande sind, einen konventionellen Lebensweg zu verfolgen: Leslie Gine und Dick Alford. Ihre Union ist wie ein versöhnlicher Neubeginn nach den Jahren der Gier und des Wahnsinns, der die Atmosphäre des Anwesens schwer belastete. Dankbar, einem düsteren Schicksal in den altehrwürdigen Mauern entronnen zu sein, wird Leslie an der Seite von Dick neue Lebensfreude und Leichtigkeit finden.

Fazit: 3 von 5

Prisma Offline




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13.09.2020 15:52
#44 RE: L'amour toujours bei Wallace Zitat · Antworten



DER SCHWARZE ABT

Die im Vorgängerfilm beschriebenen Abweichungen von der Norm können zu diesem Zeitpunkt der Reihe entweder als Strohfeuer wahrgenommen werden, oder bereits als Ankündigung für das, was den treuen Wallace-Fan in den nächsten Jahren noch erwarten würde. Wo Alfred Vohrer in "Der Zinker" versuchte, die Nebensache Zwischenmenschlichkeit auf alternativer Basis abzuhandeln, kommt es unter Regisseur Franz Josef Gottlieb wieder zu einer merklichen Abkehr dieser Variationen, sodass es dem Empfinden nach wie gewohnt weitergehen darf. Oder doch nicht? Trotz der Besetzung einer Wallace-Debütantin für die weibliche Hauptrolle, ist es vor allem Joachim Fuchsberger zuzuschreiben, dass sich der Verlauf im Sinne des Themas wieder in bekanntem, wenn auch überaus unruhigem Fahrwasser wiederfindet, denn immerhin wird die junge Protagonistin gleich von mehreren Anwärtern umgarnt, was nicht immer in galantester Manier ablaufen will. Die weibliche Hauptrolle, dargestellt von Grit Boettcher alias Leslie Gine, liegt in alter Tradition der Reihe naturgemäß im Fokus von Joachim Fuchsberger, dessen Dick Alford überraschend zurückhaltend agiert, da er dazu gezwungen ist. Zwar ist die Zuneigung zu Leslie mehr als deutlich zu spüren, da sie immerhin auch erwidert wird, allerdings handelt er sich bei ihr um die Verlobte seines Onkels und Chefs, Lord Harry Chelford. Tabubrüche deuten sich daher kaum oder nur verhalten an, doch für Turbulenzen werden noch andere Personen des unmittelbaren Umfeldes von Leslie sorgen, bei deren Verlobung es sich nach ihren eigenen Aussagen lediglich um ein Arrangement ihres Bruders handelt, der sich eigene Vorteile verspricht. Außerdem sollte die Linie der Chelfords wenig romantisch fortgesetzt werden. Die amourösen Schwingungen wirken in "Der schwarze Abt" oft ausgeprägt, aber auch eigenartig statisch, wenig wechselseitig und teils toxisch, was vor allem an den Interpretationen der Schauspieler liegt.

»Liebe ist eine Erfindung von Menschen, die glauben, der Realität entfliehen zu können.« Ungläubig nimmt das Publikum diese nüchterne Betrachtung Lord Harrys wahr, die er direkt an seine zukünftige Braut gerichtet und ihr damit nicht gerade ein Kompliment gemacht hat. Auch wenn einige Beteiligte bereits durchklingen ließen, dass es sich weniger um eine Liebesheirat, als um eines von Zweckmäßigkeit geprägtes Vorhaben handeln würde, ist kaum zu begreifen, dass man sich an diesem Schleudersitz festzuklammern versucht. Grit Boettcher fällt in diesem Zusammenhang mit auffälliger Melancholie und Nachdenklichkeit auf, die sich nur in den wenigen gemeinsamen Einstellungen mit Joachim Fuchsberger wandeln wird, um plötzlich wieder umzuschlagen. Miss Gines kultivierte Höflichkeit wird spätestens ab dem Zeitpunkt kippen, an dem der gut situierte Buchhalter ihres Bruders ins Spiel kommt. Werner Peters als Fabian Gilder hat sie sich als seine Herzensdame auserkoren, da er zumindest glaubt, ehrliche Absichten mit ihr zu haben und sie aus einem aufrichtigen Gefühl heraus ehelichen zu wollen. Seine Annäherungsversuche gipfeln in Zudringlichkeiten und Nötigungen der unappetitlichen Art, bis ein altbekannter Retter einschreitet, der sie jedoch nicht vor allen bösen Absichten oder Konspirationen beschützen kann. Um Grit Boettcher versammelt sich also ein Triple von Anwärtern, allerdings wird trotz aller Gefahren kein ungewisser Ausgang suggeriert. Eine weitere Dame des Geschehens ist Eva Ingeborg Scholz als Mary Wenner, die einst Sekretärin des Lords und an einer Beförderung der besonderen Art interessiert war, doch sie wurde nicht Herrin auf Chelford Manor. »Harry ist mir gleichgültig, nicht aber der Titel einer Lady Shelford!«, hört man Miss Wenner tönen, sodass sich nur wenige liebestolle Tendenzen herausfiltern lassen. Am Ende muss man zu dem Schluss kommen, dass eine ausschließliche Zentrierung auf dem prädestinierten Traumpaar des Szenarios liegt.

Was in anderen Produktionen besser gelöst wurde, erscheint unter Gottliebs Regie oft unruhig ausbuchstabiert, wenngleich man einräumen muss, dass es sich bei dem behandelten Thema ohnehin nur um eine Randerscheinung handeln sollte, dies bislang auch immer gewesen ist. Dennoch stellt diese Scharade keine Neuerung, geschweige denn eine gelungene Variation dar, da man es mit Rückschritten zu tun bekommt, die häufig ungelenk wirken. Joachim Fuchsberger lässt sich zwar in die Karten sehen, doch er hat lange kein gutes Blatt in der Hand. Seine Avancen wirken daher trocken, wenn auch aufrichtig, doch die angebahnten Emotionen verpuffen im Nebel. Dieser Eindruck macht womöglich auch der interne Vergleich zu seiner eigens aufgestellten Messlatte. Dieter Borsches pragmatische Ansichten untergraben zwischenmenschliche Belange empfindlich, außerdem werden die wenigen Frauenrollen in ziemlich undankbare Situationen gebracht, aus welchen nicht mehr ohne Weiteres auszubrechen ist. Naivität, Uneigenständigkeit und Unsicherheit machen sich daher breit, was durch Werner Peters Holzhammermethoden nur beschleunigt und angefeuert wird. Unterm Strich kehren sich die eigentlich guten dramaturgischen Voraussetzungen der Produktion ungünstig um, da Romantik, Zweisamkeit oder gar Liebe zwar angedeutet, aber halbherzig umgekehrt, beziehungsweise künstlich am Leben gehalten werden, bis entsprechende Charaktere das Szenario zwangsläufig verlassen müssen. Ein konsequenterer Umgang mit der Kraft der Provokation hätte bei dieser Thematik sicherlich für Aufsehen sorgen können, doch es erschließt sich eine Melange aus Vorhersehbarkeit und Rollenverteilungen, die reanimiert und aufgewärmt wirken. Letztlich wurden beim Thema "L'amour toujours" bereits interessantere Varianten angeboten, denn die hier durchaus vorhandene Vielfältigkeit verwandelt sich oft in einen unstrukturiert wirkenden Schritt zurück nach vorn, der unter Betrachtung der atmosphärischen Dichte am meisten punkten kann.

Havi17 Online




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13.09.2020 15:55
#45 RE: L'amour toujours bei Wallace Zitat · Antworten

Zitat von Percy Lister im Beitrag #22
"Der Fälscher von London" (1961): Jane Leith-Clifton und Peter Clifton
Fazit: 4 von 5

Mein Fazit Fazit: 5 von 5
Schon aleine deshalb, da Karin Dor im Premiere Interview so stark für Helmut Lange berichtet und
genaugenommen auch geschwärmt hat. Da ist sicher auch etwas persönliches dabei.

Gruss
Havi17

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