Neulich erwähnte Marmstorfer in der Asien-Rubrik, dass der fernöstliche Kontinent für viele positive Kino-Überraschungen verantwortlich zeichnete. Das war die Wahrheit. Und nicht minder gilt dies natürlich für das osteuropäische Kino, welches vor der Wende - gefühlt - ebenfalls von einem fernen Kontinent erzählte - aber weitaus mehr bot und bietet als das seit jeher (und durchaus berechtigt) 'ewig zitierte Lehrbeispiel', den "Panzerkreuzer Potemkin" (früh gefolgt von der Verfilmung einer der weltbesten Erzählungen, Gogols "Der Mantel"). Es gilt in gleichem Maße für menschlich beeindruckende ("Kanal") und/oder stilistisch/atmosphärisch erfrischende Werke wie "Asche und Diamant" des großartigen Andrzej Wajda - oder Polanskis Kino-Durchbruch "Das Messer im Wasser" - weiter über die Oscar-prämierten tschechischen Zuckerstücke "Geschäft an der Hauptstraße" und "Liebe nach Fahrplan", Formans "Feuerwehrball" (ein persönlicher Liebling, auch Oscar-nominiert!!), Tarkowskijs "Rubljow" & "Solaris" - bis hin zu Szabós internationalen Klasse-Produktionen (vorzugsweise mit genialem Brandauer...), Unikate wie Marketa Lazarová oder der, okay, zu 51% italienisch produzierte, immer noch ziemlich sowjetische Abenteuerfilm "Das rote Zelt", Kieslowskis wirklichwirklich denkwürdige "Dekalog"-Beiträge ("...über das Töten" & "...über die Liebe"...) - sowie die neueren Meilensteinen wie "Kolya" oder Filme mit den Balkan-Ur-Kräften von Tanovic oder Kusturica. Selbst Kurzfilme junger Kreativer, wenn sie denn von einem Jahrhundertkünstler wie Polanski ("Die Lampe"!) zum Leben erweckt wurden, haben Geltung und Berechtigung auf ein kleines ruhmreiches Plätzchen in der Film-Weltgeschichte....:
- Panzerkreuzer Potemkin (Eisenstein 1925) - Der Mantel (Kosinzew / Trauberg 1926) - Iwan der Schreckliche (Eisenstein 1945) - Kanal (Wajda 1956) - Wenn die Kraniche ziehen (Kalatosow 1957) - Asche und Diamant (Wajda 1958) - Zwei Männer und ein Schrank (Polanski 1958) - Lotna (Wajda 1959) - Die Lampe (Polanski 1959) - Die Ballade vom Soldaten (Tschuchrai 1959) - Nachtzug (Kowalerowicz 1959) - Das Messer im Wasser (Polanski 1962) - Iwans Kindheit (Tarkowskij 1962) - Die Lebenden und die Toten (Stolper 1964) - Die Liebe einer Blondine (Forman 1965) - Das Geschäft an der Hauptstraße (Kadár / Klos 1965) - Liebe nach Fahrplan (Menzel 1966) - Der Feuerwehrball (Forman 1967) - Marketa Lazarová (Vlácil 1967) - Böse Anekdote (Alow / Naumow 1967) - Krieg und Frieden (Bondartschuk 1967) - Die Kommissarin (Askoldow 1967) - Ein serbischer Morgen (Djordjevic 1967) - Anna Karenina (Sarchi 1967) - Andrej Rubljow (Tarkowskij 1968) - Der Leichenverbrenner (Herz 1968) - Landschaft nach der Schlacht (Wajda 1970) - Solaris (Tarkowskij 1972) - Der Meister und Margarita (Petrovic 1972) - Drei Haselnüsse für Aschenbrödel (Vorlicek 1974) - Der Spiegel (Tarkowskij 1975) - Gefährliche Ruhe (Kieslowski 1976) - Der Mann aus Marmor (Wajda 1976) - Ein Sommer auf dem Dorf (Iosseliani 1976) - Mephisto (Szabó 1981) - Der Mann aus Eisen (Wajda 1981) - Der Zufall möglicherweise (Kieslowski 1982) - Verhör einer Frau (Bugajski 1982) - Oberst Redl (Szabó 1984) - Ein kurzer Film über das Töten (Kieslowski 1988) - Ein kurzer Film über die Liebe (Kieslowski 1988) - Time of the Gypsies (Kusturica 1989) - Der Satan (Aristow 1990) - Korczak (Wajda 1990) - Kolya (Sverák 1997) - Der Barbier von Sibirien (Michalkow 1999) - Pan Tadeusz (Wajda 1999) - Luna Papa (Chudojnasurow 1999) - La Noce (Loungine 2000) - No Man´s Land (Tanovic 2001) - Die Zeugen (Breoan 2003) - Katyn (Wajda 2007) - Alois Nebel (Lunák 2011)
P.S.: Man könnte es inzwischen anders, aber Osteuropa wurde hier eigenmächtig als Ex-Warschauer-Pakt ohne DDR definiert. Und apropos Tschechien: Es soll nicht unerwähnt bleiben, wie ein typisch hessisches Kind der 70er Jahre den kulturellen Zugang zu den Menschen im stalinistischen Machtbereich fand; abgesehen von Verwandten in der DDR, natürlich: Es waren die wundervollen tschechischen Märchen-/Kinderfilme, sogar meist - in Überwindung des Eisernen Vorhangs - in Co-Produktion mit dem WDR entstanden. Als TV-Produktionen schafften sie es zwar nicht in die Liste, bleiben aber in guter Erinnerung. Top-Ausnahme sind natürlich die kinoformatigen "Drei Haselnüsse...". Allein schon die Musik ist unvergesslich....
Zitat von patrick ebner im Beitrag #2Ich vermisse hier die sowietische Version der "Ten little indians", die ich zwar selber nicht gesehen hab, die aber einen guten Ruf zu haben scheint.
Oh ja, das stimmt. Bedauerlicherweise kenne ich diese Version auch nicht bzw. habe ich nie herausbekommen, wie ich meine Finger daran bekommen könnte; daher fehlt der Film leider zwangsläufig in meiner Liste...
Zitat von patrick ebner im Beitrag #2Ich vermisse hier die sowietische Version der "Ten little indians", die ich zwar selber nicht gesehen hab, die aber einen guten Ruf zu haben scheint.
Oh ja, das stimmt. Bedauerlicherweise kenne ich diese Version auch nicht bzw. habe ich nie herausbekommen, wie ich meine Finger daran bekommen könnte; daher fehlt der Film leider zwangsläufig in meiner Liste...
Ich hatte dasselbe Problem. Man könnte ihn über Amerika als sowietische Originalfassung mit englischen Untertiteln bestellen, wobei aber der US-Regionalcode auf meinem, nicht freigeschaltenen, Player nicht laufen würde. Am Rechner würde es gehen. Das ganze war mir aber dann doch zu aufwendig und kompliziert. Drum liess ich meine Finger davon.
@Peter: Ich bilde mir ja eigentlich ein, dass ich eine Menge Filme kenne, aber deine Aufstellung belehrt mich eines besseren, bis auf den Panzerkreuzer und die drei Nüsse kenne ich keinen Film aus deiner Aufstellung. Anscheinend habe ich da sehr großen Nachholbedarf, bei deinen Asiaten geht es mir ähnlich, da kenne ich aber zumindest ein paar Filme mehr
Nun ja, über 30 Jahre lang wirklich offen für alles - da kommt schon einiges zusammen. Wenn man dann noch eine Partnerin hat, die einen sehr guten, inhaltlich aber konträren (vor allem nicht so kriminellen ) Filmgeschmack hat, so kommt noch viel mehr zusammen, eben eine echte Weltmixtur. Aber tatsächlich befinden sich die meisten aufgeführten Filme heute noch in meiner Sammlung. Es ist allerdings auch klar, dass ich aus filmischen Randbereichen wie Asien oder Osteuropa nicht sehr viel mehr als die gelisteten Filme gesehen habe, viele auch nur einmal. Aber für eine TOP-OK-FLOP-Einstufung reicht dies ja - und letztlich sollten es einfach nur so viele gute Beiträge sein, dass eine vertretbare Liste entsteht. Im Grunde möchte ich ja nur für die weniger beackerten Bereiche der Filmgeschichte eine Info- / Diskussionsbasis schaffen, die mit euren Beiträgen erweitert und das Forum ein Stück weit zu einem umfassenderen Film- (und auch TV-Film-)Forum wird. Wir sind da ohnehin auf einem sehr guten Weg. Was man hier schon so alles finden kann... Daher verweise ich auch gern noch einmal auf die anderen Top-X-Threads der jüngeren Vergangenheit. Anders ist ja alles bei den deutschen und amerikanischen Filmen, von denen ich so viele so gern so oft gesehen habe, dass es mir unmöglich erscheint, eine Top-X zu erstellen, jedenfalls nicht, ohne sie drei Tage später wieder komplett umzuwerfen...
Finde ich auch interessant, wenn man auch umfassendere Threads anlegt. Ich habe vor, meine persönlichen Top 50, allerdings ohne Einschränkung bezüglich Regisseur oder Nation ,zu posten, sobald´s die Zeit erlaubt. Hatte zwar letzthin Urlaub, aber gerade da hatte ich am wenigsten Zeit.
Wenn man Jahrgang 1971 ist und in Sachsen aufwuchs, hat man wahrscheinlich eine ungleich engere Beziehung zum osteuropäischen Kino als vermutlich die im westlichen Teil Deutschlands Geborenen.
Als Kind erfreute man sich an wunderbar phantasievollen russischen Märchenfilmen wie etwa "Der Hirsch mit dem goldenen Geweih" und "Feuer, Wasser und Posaunen" von Alexander Rou, "Die Schneekönigin" von Gennadi Kasanski und "Die feuerrote Blume" von Irina Powolozkaja, um nur einige Beispiele zu nennen. Dazu kamen die Trickfilme mit Hase und Wolf (UdSSR) (Wolfs böse Drohung an den Hasen "Nu pagadi!" ("Na warte!") ging in den ostdeutschen Wortschatz ein), dem kleinen Maulwurf (Tschechoslowakei), Lolek und Bolek (Polen) sowie Arthur der Engel und "Adolars phantastische Abenteuer" (Ungarn) Man verfolgte gespannt die Abenteuer des kleinen Vasek Straka (Tomas Holy) bei seinem als Förster im Böhmerwald tätigen Großvater in den tschechoslowakischen Kinderfilmen "Unter dem Dachsfelsen", "Auf dem Wildererpfad" und "Meine Ferien mit Großvater" und erfreute sich an den phantasievollen Filmen von Karel Zeman (zum Beispiel "Reise in die Urzeit", "Die Erfindung des Verderbens" und "Baron Münchhausen")
Die herrlich überdrehte Filmkomödie "Rette sich wer kann!" (1961) von Wladimir Fetin, in der Tiger und Löwen die zeitweilige Herrschaft über einen sowjetischen Frachter übernehmen, erlangte Kultstatus.
Peters sehr gelungener Liste sollte man noch den zutiefst berührenden Film "Ein Menschenschicksal" (1959) von und mit Sergej Bondartschuk hinzufügen. Ebenfalls ergänzen sollte man sie um das fünfteilige russische Filmepos "Befreiung" (1969) von Juri Oserow über den Großen Vaterländischen Krieg. Sehr bewegt hat mich auch der Film "Bahnhof für zwei" (1983) von Eldar Rjasanow.
Neben vielen Spielfilmen wurden auch bestimmte Fernsehserien aus Osteuropa sehr gern gesehen, zum Beispiel "Siebzehn Augenblicke des Frühlings" (UdSSR 1973), "Das Krankenhaus am Rande der Stadt" (Tschechoslowakei 1978/81) oder "Die Frau hinter dem Ladentisch" (Tschechoslowakei 1977/78)
Ich glaube eigentlich, dass ich mich in der Kinogeschichte zumindest ab den 60ern ganz gut auskenne, bei Osteuropa dürfte ich einige Bildungslücken haben, aber wer zum Henker ist Sergei Parajanov? Welchen Film von ihm sollte man kennen?
Zitat von Josh im Beitrag #13...... wer zum Henker ist Sergei Parajanov? Welchen Film von ihm sollte man kennen?
Da muss ich auch passen. Das ist wohl der Preis dafür, hier solch weite Felder aufzutischen... Aber die völlig unterschiedlichen Sichtweisen und Kenntnisse führen ja häufig zu den besten Tipps. Und Stroheim hat solche ja gelegentlich auf Lager. Dem Link zufolge ist es also "Die Farbe des Granatapfels". Wikipedia spricht und zitiert über den Regisseur viel Gutes: "Im Tempel des Films gibt es Bilder, Licht und Realität. Sergei Paradschanow war der Meister dieses Tempels." (Jean-Luc Godard) "'Die Farbe des Grantapfels' von Paradschanow ist nach meiner Auffassung einer der besten zeitgenössischen Filme, der mit Perfektion und Schönheit beeindruckt." (Michelangelo Antonioni) "Ich erinnere mich der Filme von Sergei Paradschanow, die ich sehr liebe, immer mit großer Dankbarkeit und Vergnügen. Seine Art zu denken, seine paradoxe poetische ... Fähigkeit die Schönheit zu lieben und die Fähigkeit in seiner Vision absolut frei zu sein." (Andrei Tarkowski)
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Offline
) Filmgeschmack hat, so kommt noch viel mehr zusammen, eben eine echte Weltmixtur. Aber tatsächlich befinden sich die meisten aufgeführten Filme heute noch in meiner Sammlung. Es ist allerdings auch klar, dass ich aus filmischen Randbereichen wie Asien oder Osteuropa nicht sehr viel mehr als die gelisteten Filme gesehen habe, viele auch nur einmal. Aber für eine TOP-OK-FLOP-Einstufung reicht dies ja - und letztlich sollten es einfach nur so viele gute Beiträge sein, dass eine vertretbare Liste entsteht. Im Grunde möchte ich ja nur für die weniger beackerten Bereiche der Filmgeschichte eine Info- / Diskussionsbasis schaffen, die mit euren Beiträgen erweitert und das Forum ein Stück weit zu einem umfassenderen Film- (und auch TV-Film-)Forum wird. Wir sind da ohnehin auf einem sehr guten Weg. Was man hier schon so alles finden kann...
Welchen Film von ihm sollte man kennen?
