Ganz so hart würde ich es nicht ausdrücken, aber es ist schon was dran. Nach der desaströsen ersten Folge geht es qualitativ zwar wieder deutlich bergauf, aber die Klasse der ersten beiden Staffeln scheint wirklich hinüber zu sein.
Die Macher sind anscheinend der Meinung, daß die Charaktere deutlich wichtiger sind als die Plots, was sich leider als Trugschluß erweist. Es ist zwar schön, Charaktere von allen Seiten zu beleuchten und ihnen Tiefe zu geben, das ist bei aktuellen Serien leider eine Seltenheit. Hier wird das allerdings so übertrieben und auf Dramatik getrimmt präsentiert, daß es einfach unglaubwürdig wirkt, wenn die bekannten Figuren sich plötzlich ganz atypisch verhalten (Tante Pru wurde schon genannt, wenn auch zugegebenermaßen die "verwirrte Oma" etwas hart ausgedrückt ist).
Zwischenergebnis (nach Ansicht der ersten 5 Folgen der dritten Staffel): Die Folgen versinken in der Beliebigkeit. Man nehme ein "exotisches" Setting (Variete/Kadettenschule/itallienische Restaurants/Sexklinik etc. pp.), lasse dort einen möglichst kreativen Mord geschehen und Phryne und Jack auf getrennten Wegen zum Tatort juckeln. "Charakterszenen" wechseln nun mit "Ermittlungsszenen ab", wobei das Verhältnis etwa 2:1 ist, bis Phryne den Fall schließlich zu aller Zufriedenheit löst. Im Übrigen greift man gelegentlich zu ekligen Schockeffekten, deren Härte einen gelegentlich über die FSK 12-Freigabe rätseln läßt.
Das klingt jetzt alles vielleicht etwas negativ, abgesehen von der ersten Folge stimmte der Unterhaltungseffekt mMn durchaus noch, aber das besondere, der Zauber der ersten Folgen ist dahin, und momentan würde ich die Rufe nach einer 4. Staffel eher verneinen. Man sollte nicht erst aufhören, wenn man ganz unten ist.
Zum Abschluß muß ich sagen - wenn wir nun am Ende angekommen sein sollten, könnte ich damit leben. Auch, wenn Lord Fisher nur in drei Folgen auftaucht, ich kann den Mann einfach nicht leiden, weshalb mich jegliche Dramatik um diese Figur kalt läßt. Zudem ist das um seine Person konstruierte Verbrechen einfach nur armselig geplottet, das hätte man auch in einer Folge abhandeln können. Immerhin ist Tante Pru aber wieder die alte.
Zum Staffelausklang wird immerhin noch mit einigen Punkten aufgeräumt, so dürfen wir endlich die Hochzeit von Dotty und Hugh erleben (wenn auch eher als Wirbelwindaktion) und in der letzten Szene kommt es endlich zum ersten Kuss zwischen Phryne und Jack.
Das Bonusmaterial ist wieder mal reichhaltig, allerdings nervt das Nichtvorhandensein einer "Alles abspielen"-Funktion, und die beiden Produzentinnen Eager und Cox wirken doch sehr selbstverliebt. Nett dagegen die Episoden-Intros der Charaktere und Mr. Butlers Cocktailrezepte. Ein Ärgernis dagegen die eingedeutschte Titeltafel im Vorspann, mit so etwas muß man nach zwei Staffeln mit Originalmaster nicht anfangen.
Nachdem die Serie nun (anscheinend) längst abgedreht und versendet ist und die Auflagen der ersten 4 Romane schon ewig vergriffen sind, gibt es doch noch eine Neuigkeit auf dem Buchmarkt:
Es handelt sich hier allerdings weder um eine Neuauflage des Reihenauftakts noch um eine Fortführung in Form des 5. Bandes, nein, aus unerfindlichen Gründen griff man mittenrein und veröffentlicht hier den 14. Band "Queen of the Flowers" aus dem Jahre 2004 erstmals in deutscher Sprache. Und immerhin ist es ein (innerhalb der ersten Staffel) verfilmter Stoff.
Natürlich nimmt der geneigte Fan auch so etwas gerne mit, aber unverständlich bleibt es...
Ich hoffe, es geht dann in absehbarer Zeit 'mal weiter mit dem Spielfilm "Miss Fisher and the Crypt of Tears". Der ist immerhin schon seit November 2018 abgedreht.
Übrigens war es ziemlicher Dummfug, dem Roman in der Übersetzung denselben Titel zu verpassen wie der entsprechenden Fernsehfolge - denn im Gegensatz zur recht freien Verfilmung gibt es im Buch keinen gewaltsamen Todesfall, sondern nur einen Mordversuch...
Ich würde " Miss Fishers neuen Fälle " nicht unbedingt sofort verreißen.Es gibt ja doch einige Beispiele die recht gelungen sind zB. Insp. Morse - Lewis-der junge Insp. Morse .Und es ist ja nicht unbedingt so das keine Verbesserung möglich wäre .Ich warte mal ab ob die Nichte ? evtl. auch was spannendes zustande bringt.
Lange hat es gedauert, endlich(?) bekommt man den Film "Miss Fisher und die Gruft der Tränen" doch noch hierzulande zu Gesicht...
Beginnen wir mit dem Positiven - es ist schön, Essie Davis und Nathan Page noch einmal 100 Minuten zuzusehen und ihre wieder aufkeimende Romanze zu verfolgen, die Chemie bei den beiden stimmt immer noch.
Doch damit hört es leider auch schon fast auf. Zwar hat man fast alle "Regulars" der Serie für einen kurzen Cameo dabei (Dottie ist inzwischen schwanger), aber bis auf Tante Pru, der man wenigstens noch ein halbes Dutzend netter Szenen zugesteht, kommt keiner von denen recht zum Zuge, Mr. Butler fehlt gar komplett.
Dann das Drehbuch - was sollte denn das bitte sein? Kein "Murder Mystery" im Cosy-Rahmen, wie man das aus der Serie kennt, eher ein plattes Abenteuerhobel, irgendwo zwischen Indiana Jones und James Bond. Klar ist es immer noch die abenteuerlustige Miss Fisher, der man hier zusieht, aber dieses "schneller, größer, bunter", das eben nicht zwangsläufig auch "besser" bedeutet, sprengt doch klar den Rahmen. Sicher liegt auch ein nicht unerhebliches Problem im Budget (das bekanntlich teilweise über Crowdfunding finanziert wurde), denn trotz Drehs in Marokko stammt hier doch vieles sichtbar aus dem Rechner, speziell die London-Szenen sehen teilweise erschütternd billig aus. Aber ein Großteil der Kohle scheint ohnehin in die aufregenden Outfits gewandert zu sein, die man Essie Davis szenenweise spazieren tragen läßt (und zugegeben, für ihre seinerzeit 48 Lenze sieht sie immer noch superb aus), da blieb für grundlegende Notwendigkeiten wie ein gutes Drehbuch nicht mehr viel über.
Ein dickes Lob immerhin an das Synchronstudio, alle Seriencharaktere haben (trotz teilweise noch so winziger Rollen) ihre üblichen Stimmen.
Fazit: Nostalgie heißt das Zauberwort, wenn man mit diesem Film etwas anfangen will. Wer die Serie mochte, freut sich halt über das Wiedersehen mit den liebgewonnenen Charakteren, alle anderen werden von einem knackebunten, aber austauschbaren Bilderreigen überfahren, bei dem man zwei Stunden abschalten kann, der aber keinerlei nachhaltigen Eindruck hinterlassen dürfte. Und Kinoformat hat der Film schon gar nicht, vor allem, weil man auch auf den markanten Seriensoundtrack verzichtet hat.
An die Macher: Laßt es jetzt bitte gut sein! Eure Hauptdarsteller haben inzwischen die 50 überschritten, also erspart ihnen und uns weitere Eskapaden dieser Art. Das Wiedersehen war nett, aber wird wohl einmalig bleiben. Macht mit Geraldine Hakewill weiter, wenn ihr unbedingt wollt, aber laßt Phryne jetzt in Frieden.