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Dieses Thema hat 28 Antworten
und wurde 8.163 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker national
Seiten 1 | 2
Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

01.01.2012 20:21
#16 RE: Merkwürdige Geschichten (1970-71) Zitat · Antworten

BEWERTET: "Ein Toter als Lebensretter"
mit: Margot Philipp, Christian Engelmann, Andreas Gönczöl, Jörg Plewa u.a.



Eine junge Frau ist mit ihrem Volkswagen auf einer bayerischen Passstraße unterwegs, als sie Zeugin eines schweren Autounfalls wird. Ein Omnibus ist auf unwegsamem Gelände in einen Bach gestürzt. Die Frau eilt zu dem am Ufer gestrandeten Bus, unter dessen Vorderrad ein junger Mann liegt. Er ist bei Bewusstsein und bittet sie, bei ihm zu bleiben, da es mit ihm zu Ende gehe. Er will, dass sie seine Hand hält und mit ihm spricht. Als die Rettungskräfte eintreffen, wird Heidi Vorweg von den Helfern weggeführt. Am nächsten Tag meldet sie sich auf der Polizeistation, wo man sie fragt, ob sie Angaben zu dem Toten machen kann. Er habe keine Papiere bei sich gehabt. Heidi Vorweg geht der Zwischenfall nicht aus dem Kopf und sie schottet sich für ein paar Tage ab, was auch ihrem Verlobten auffällt.

Kurze Zeit später heiraten die beiden, doch Heidi ist weiterhin abends allein, wenn sie von der Arbeit kommt, da ihr Mann als Brückenkonstrukteur viel unterwegs ist. Eines Nachts tritt Gas aus einem defekten Herd aus. Heidi erwacht gerade noch rechtzeitig. Der Tote aus dem Omnibus sitzt an ihrem Bett und spricht sie an.....

Die Geschichte vertritt die These, dass Tote als Schutzengel von Lebenden fungieren können, wenn der Mensch feinfühlig genug ist, dies zuzulassen. Ein starkes Band, das zwischen einem Verstorbenen und einem Lebenden herrscht, macht Letzteren hellhörig für Gefahren und schärft seine Aufmerksamkeit. Die Warnung durch den Unbekannten, der Heidi Vorweg aus dem Schlaf geholt hat, um ihr Leben zu retten, wird unspektakulär inszeniert und wirkt gerade deshalb natürlich und rätselhaft zugleich. Wieder einmal wird das Publikum mit Fragen zurückgelassen. Man möchte sich nicht schon von Heidi trennen, man will mehr über den Toten erfahren, doch weitere Informationen gibt es nicht. Das Erlebnis der jungen Frau bleibt geheimnisvoll und bedient die mystische Vorstellung, die wir uns über das tragische Ableben von schönen Menschen machen. Der Tod adelt sie und verleiht ihnen einen Hauch von Romantik.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

08.01.2012 20:33
#17 RE: Merkwürdige Geschichten (1970-71) Zitat · Antworten

BEWERTET: "Ein Wink des Schicksals"
mit: Volker Kraeft, Marlene Achtermann, Gabriele Bach, Max Grießer, Ursula Fischer-Herion, Rosl Mayr u.a.



Ein bayerisches Alpendorf wenige Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Die junge Witwe Leni Hornsteiner lebt allein auf ihrem Almhof und ist wegen ihres zurückgezogenen Lebens bei den Dorfbewohnern als Hexe verschrien. Immer, wenn eine Kuh weniger Milch gibt oder Schwierigkeiten beim Kalben hat, macht man die junge Frau verantwortlich. Den Tierarzt Dr. Servatius und seine Schwester ärgert dies maßlos. Die beiden Zugereisten verstehen die abergläubische Haltung der Bauern nicht. Eines Nachts ist Dr. Servatius bei Bauer Stangl zu Gast und hört plötzlich das Weinen eines Kindes. Am Fenster erscheint das Gesicht von Frau Hornsteiner und sieht ihn an. Als er sich am nächsten Morgen auf den Weg zum Almhof macht, gerät er mit seinem Wagen in unwegsames Gelände, das wegen des Wolkenbruchs vom Vortag von Steinschlag heimgesucht wird. Unterwegs sieht er immer wieder die Gestalt der "Hexe" vor sich. Als er den Hof nach einer Weile erreicht, findet er dort ein kleines Mädchen vor. Es handelt sich um Kathi, die Tochter von Frau Hornsteiner, die tot auf dem Bett liegt. Sie ist an einer Vergiftung gestorben....

Volker Kraeft spielt den empörten Tierarzt, der die tüchtige Milchbäuerin ob ihres selbständigen Lebens in der kargen Bergwelt bewundert und sie vor der üblen Nachrede im Dorf verteidigt. Der Hintergrund erinnert -nicht zuletzt durch das Treiben der Krampusse- an die Folge "Die Hexe von Ödach" aus der Reihe "Die seltsamen Methoden des Franz Josef Wanninger". Wieder einmal suchen die einfachen Menschen vom Land eine Rechtfertigung, einen Menschen auszugrenzen, indem sie alles, was sie selbst verschuldet haben oder was sich nicht erklären lässt, auf magische Zauberkräfte schieben und sich somit aus der Verantwortung stehlen.

Die Rahmenhandlung überrascht mit einer netten menschlichen Geste und wird durch das gemütliche Beisammensein in der Stube (wo ein geschmückter Weihnachtsbaum für Winterflair sorgt) positiv abgeschlossen.



BEWERTET: "Beschwörung um Mitternacht"
mit: Günter Mack, Konrad Georg, Renate Zillesen, Franziska Strömmer, Barbara Rath u.a.



Dr. Reinhard, Chirurg an einem Unfallkrankenhaus, will gerade nach Hause gehen, als Stadtrat Dr. Meiser eine junge Frau in die Aufnahmestation trägt. Er schildert, in Landsberg einen Unfall gehabt zu haben, bei dem er vollbremsen musste, weshalb seine Beifahrerin, die er nicht kenne, mit dem Kopf gegen die Windschutzscheibe geprallt sei. Die Bewusstlose wird ins Sauerstoffzelt gelegt und über Nacht beobachtet. Dr. Reinhard fährt nach 17 Stunden Arbeit endlich nach Hause. Während der Fahrt erscheint plötzlich seine Patientin auf dem Rücksitz und ermahnt ihn, zum Starnberger See zu fahren. Der Unfall sei kurz vor Possenhofen passiert. Tatsächlich findet Dr. Reinhard dort einen verletzten jungen Radfahrer vor, den er in die Klinik bringt und sofort einer Notoperation unterzieht. Zu seiner Überraschung erfährt er, dass die Begleiterin von Dr. Meiser in der Zwischenzeit plötzlich an Herzversagen gestorben ist. Nach und nach stellt sich heraus, dass sie die heimliche Geliebte des Stadtrates war und dieser bei dem Unfall Fahrerflucht begangen hatte. Dr. Reinhard muss vor Gericht aussagen, was schlimme Folgen für Dr. Meiser hat....

Ähnlich wie in Folge 11 wird die Geschichte auch diesmal von einer Frau erzählt und wieder geht es um einen Arzt, der die Botschaft einer Sterbenden empfängt und daraufhin einem Wehrlosen zu Hilfe eilt. Es wird vermittelt, dass sensible Menschen, wozu Ärzte aufgrund ihres Berufsethos zählen (sollten), ein Gespür für Situationen entwickeln, die anderen Menschen fremd bleiben. Weiters wird gezeigt, dass Sterbende in der Stunde ihres Todes von innerer Unruhe und Sorge um von ihnen abhängige Menschen befallen werden. Sie entwickeln die Kraft, anderen Personen zu "erscheinen".

Günter Mack, der oftmals in negativen Rollen zu sehen ist, zeigt hier das sympathische und unkomplizierte Porträt eines Mannes, der nur für seinen Beruf lebt und dessen Auftreten vor Gericht den wieder einmal der Fahrerflucht angeklagten (siehe: "Das Kriminalmuseum") Konrad Georg in Bedrängnis bringt. Die Rahmenhandlung mit dem sonnenbeschienenen Unfallort, der von freundlichen Wachtmeistern und einer klugen Ärztin in Augenschein genommen wird, bildet einen schönen Kontrast zu der vor allem auf dunklen Straßen und sterilen Klinikfluren spielenden Geschichte.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

15.01.2012 13:57
#18 RE: Merkwürdige Geschichten (1970-71) Zitat · Antworten

BEWERTET: "Ein Schatten seiner selbst"
mit: Hellmut Lange, Heidi Fischer, Otto Stern, Werner Hessenland, Jaspar von Oertzen, Andrea Grosske u.a.



Der Schriftsteller Bob Kerner schreibt an einem Roman, der in Fortsetzungen in einer Zeitung abgedruckt wird. Nachdem bereits mehrere Folgen seiner Story abgedruckt worden sind, erhält er einen Anruf von Sylvia Freiberger, der Tochter eines plastischen Chirurgen. Alles, was Kerner bisher geschrieben habe, treffe auf ihren Vater zu, der nach dem Überfall auf einen Geldtransporter zwei Arabern neue Gesichter verpassen musste. Dr. Freiberger braucht das Geld wegen seiner Schulden, die er im Spielcasino gemacht hat. Um den Ausgang von Kerners Roman, bei dem Dr. Freiberger und sein Assistent getötet werden, zu verhindern, versuchen Kerner und Sylvia der Geschichte vorzugreifen....

Die Handlung spielt nach mehreren Episoden aus dem Alpenraum diesmal wieder im Norden und zwar in Hamburg. Wer Hellmut Lange in seinem roten Sportflitzer den Hamburger Jachthafen entlangfahren sieht, denkt unwillkürlich an seinen Auftritt in "Strandkorb 421" ("Stahlnetz"). Nur agiert sein Bob Kerner nicht ganz so geschmitzt wie Kriminaloberkommissar Berndorff. Wir wollen ihm dies nachsehen, immerhin ist er als Laie mit Verbrechern nicht im selben Maße vertraut wie ein erfahrener Kriminalbeamter. Auch wirkt er nicht so charmant und zuvorkommend wie in der "Stahlnetz"-Episode. Er reagiert auf das Interesse an seinem Roman zunächst brüsk und verscherzt sich damit fast die Sympathie seiner Leser, pardon: seines Publikums. Die Handlung um den erpressten Arzt, der es mit finsteren Arabern zu tun bekommt, passt so gar nicht in das Konzept der Reihe, findet das Übernatürliche schließlich so gut wie gar nicht statt. Im besten Fall kann man von einer Vorahnung des Autors sprechen - geheimnisvolle Elemente gibt es nicht. Dafür sehen wir eine ordentliche Kriminalgeschichte, die mit vielen pittoresken Schauplätzen aufwarten kann. Da ist zunächst der Panoramablick vom Hochhaus, in dem der Verleger sein Büro hat. Der Hamburger Michel weist den kundigen Zuseher gleich darauf hin, dass er sich in Hamburg befindet. Die stilvollen Aufnahmen im Spielcasino, die nächtlichen Szenen im Haus des Chirurgen und das Finale am Hafen vermitteln Abwechslung im hohen Maße und sind sicher zum Teil dem Image des zugkräftigen Hauptdarstellers geschuldet. Nachdem niemandem ein Haar gekrümmt worden ist, steht der Weg für ein versöhnliches Ende frei.

NB: Beim Erstellen des Screenshots stellte ich fest, dass es - entgegen meiner Gewohnheit - besser gewesen wäre, diese luftige Episode in Farbe zu sehen. Da sie das Mysteriöse entbehrt, sollte dies auch in den Farben des Sommers zur Geltung kommen.

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

15.01.2012 14:08
#19 RE: Merkwürdige Geschichten (1970-71) Zitat · Antworten

Vielen Dank für Deine treffsicheren und aussagekräftigen Besprechungen! Ich kann Dir verraten, dass es insgesamt vor Übereinkünften geradezu gewimmelt hat. Auch mir hat diese Serie sehr viele positive Eindrücke verschafft, das war definitiv mal etwas anderes.

Cora Ann Milton Offline



Beiträge: 5.110

15.01.2012 14:10
#20 RE: Merkwürdige Geschichten (1970-71) Zitat · Antworten

Ich kann mich da nur anschließen!

Vielen Dank für die überaus gelungenen Rezensionen zu dieser sehr interessanten Serie, die sonst möglicherweise meiner Aufmerksamkeit entgangen wäre!

Georg Online




Beiträge: 3.263

03.08.2012 19:46
#21 RE: Merkwürdige Geschichten (1970-71) Zitat · Antworten

Am 2.11. erscheint auch die zweite Staffel, die als "Unheimliche Geschichten" ausgestrahlt wurde und in meinen Augen dramaturgisch und in punkto Qualität an die erste Staffel herankommt: Pidax-Film: Unheimliche Geschichten.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

04.08.2012 20:14
#22 RE: Merkwürdige Geschichten (1970-71) Zitat · Antworten

Sehr schön! Genau die richtige Unterhaltung für dunkle Winterabende. Die Box wird gekauft und Episode für Episode hier besprochen werden - versprochen!

Mark Paxton Offline




Beiträge: 347

11.08.2012 19:12
#23 RE: Merkwürdige Geschichten (1970-71) Zitat · Antworten

Hier kann man sich schon mal durch die einzelnen Episoden klicken: Die Krimihomepage: Unheimliche Geschichten. Klingt teilweise recht vielversprechend. Ich freue mich auch auf die Serie.

brutus Offline




Beiträge: 13.030

11.08.2012 22:53
#24 RE: Merkwürdige Geschichten (1970-71) Zitat · Antworten

Die 'merkwürdigen Geschichten' gehörten zu meinem diesjährigen Urlaubsgepäck. Ich gebe zu: ich war ein wenig skeptisch, aber völlig zu Unrecht. Sowohl inhaltlich als auch von der Inszenierung hat diese Serie mir gut gefallen, Umgelter gelingt es hier mit eindrucksvoller Bildsprache genau die richtige Stimmung zu erzeugen und vermeidet Längen.

Der Nachfolger steht schon fest auf dem Zettel (und muss auch nicht bis zum nächsten Urlaub warten).

Viele Grüße
Brutus

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

09.10.2016 14:50
#25 RE: Merkwürdige Geschichten (1970-71) Zitat · Antworten



Merkwürdige Geschichten: Anruf aus dem Jenseits

Episode 1 der TV-Mysteryserie, BRD 1970. Regie: Fritz Umgelter. Drehbuch: Jan Lester. Mit: Bruno Dietrich, Viktoria Brams, Nino Korda, Dietrich Kerky, Janos Gönczöl, Dunja Lock u.a. Erstsendung: 6. November 1970. Eine Produktion der IFI Industrie- und Fernsehfilm Hans Hoenicka.

Zitat von Merkwürdige Geschichten (1): Anruf aus dem Jenseits
Nach einer Geschäftsreise freut sich Peter auf die Versöhnung mit seiner Freundin Vera, einer Stewardess. Er findet sie jedoch zu Hause nicht an – stattdessen nur eine leere Postkarte aus Beirut. Durch Anfrage bei der Fluggesellschaft stellt sich heraus, dass Vera, die einen Flug in die libanesische Hauptstadt begleitete, dort bei einem Verkehrsunfall starb und bereits beerdigt wurde. Wie ist es dann möglich, dass sie Peter noch in der gleichen Nacht anruft und ihm am Terrassenfenster erscheint?


Übersinnliche Ereignisse üben auf das moderne Publikum mit seinem Wunsch, sich alles logisch erklären zu können, eine suspekte Wirkung aus. Gerade wenn man aus Kriminalfilmen gewohnt ist, eine Aufschlüsselung jedes scheinbaren Widerspruchs serviert zu bekommen, erfordert das Rätselhafte, das die „Merkwürdigen Geschichten“ thematisieren, nicht nur eine Umstellung, sondern vielleicht sogar das Ablegen natürlicher Zweifel. Folgerichtig sind die Kollegen – die Stewardess Maria und einige Piloten –, die zu Beginn der Pilotfolge „Anruf aus der Vergangenheit“ gezeigt werden, gespalten über die (in ihrem Beruf eigentlich naheliegende) Frage nach den „unerklärlichen Dingen zwischen Himmel und Erde“. Die Strategie, die Drehbuchautor Jan Lester verfolgt, überzeugt: Bringe zunächst ein paar unfundierte skeptische Stimmen zur „merkwürdigen Geschichte“ ein, um diese dann von einer aufgeschlosseneren Person nacherzählen und unmögliche bzw. sehr unwahrscheinliche Zusammenhänge betonen zu lassen – auf wessen Seite wird sich das Publikum wohl eher schlagen?

Die Geschichte, die Maria schildert, rückt Peter in Gestalt des tatkräftigen und sympathischen Bruno Dietrich in den Mittelpunkt. Solange sich „Anruf aus dem Jenseits“ auf die Widersprüchlichkeiten konzentriert, die sich unmittelbar zwischen ihm und der angeblich Toten abspielen, strahlt die Folge ein sehr gelungenes, beunruhigendes Flair aus, zumal jene „Anrufe aus dem Jenseits“ oft mit Erfolg verwendet werden, um Leser und Zuschauer zu verblüffen – sei es in Durbridges „Melissa“, Christies „Stimme aus dem Grab“ oder Hammers „Ein Toter spielt Klavier“. Erst in den letzten Minuten, als Peter versucht, Veras Wohnung aufzusuchen, flacht der Spannungsbogen ab. Obwohl sich Dietrich Kerky bemüht, den Hausmeister mit gebührender Verschlagenheit darzustellen, wirkt sein Auftritt ebenso wie der von Veras Vater wie ein unnötiger Fremdkörper in der Handlung.

Die abschließende Idee mit dem Medaillon verkehrt die Vorkommnisse in eine bitter-romantische love story, was in Anbetracht der unvermittelt abgebrochenen jungen Liebe angemessen erscheint, aber gern besser hätte vorbereitet werden dürfen – etwa, indem man die leere Postkarte durch ein Briefkuvert ersetzt, welches das Schmuckstück enthält. – 4 von 5 Punkten

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

09.10.2016 20:30
#26 RE: Merkwürdige Geschichten (1970-71) Zitat · Antworten



Merkwürdige Geschichten: Ein Brief aus der Vergangenheit

Episode 2 der TV-Mysteryserie, BRD 1970. Regie: Fritz Umgelter. Drehbuch: Jan Lester. Mit: Ulrich von Dobschütz, Helmut Schneider, Sigurd Fitzek, Eva-Maria Böhme, Robert Klupp, Franziska Liebing, Helmut Alimonta u.a. Erstsendung: 4. Dezember 1970. Eine Produktion der IFI Industrie- und Fernsehfilm Hans Hoenicka.

Zitat von Merkwürdige Geschichten (2): Ein Brief aus der Vergangenheit
Starkregen unterbricht die Arbeit einer Gruppe Straßenbauarbeiter. Der Bauleiter weiß die verlorene Zeit mit einer Gruselgeschichte zu überbrücken, in die er einst verwickelt war und die mit einem verlotterten Landhaus zusammenhängt, das im Zuge des Ausbaus einer Bundesstraße abgerissen werden musste: Das Haus stand aufgrund des Verschwindens seiner Besitzerin jahrelang leer, bis sich der Ostasienforscher Winkelmann im Jahr 1950 dafür interessierte. Der Brief, den das Maklerbüro am Tag seines Todes ihn schrieb, kam jedoch erst 17 Jahre später bei seinem Sohn an. Dieser sucht das geheimnisvolle Haus auf und hört plötzlich markerschütternde Frauenschreie ...


Eine Gruppe von Bauarbeitern ist nicht unbedingt der Personenkreis, dem man besonderen Feinsinn für eine transzendente Geistergeschichte zusprechen würde, doch die Schilderung des Poliers (Helmut Schneider) zieht auch die gestandenen Männer in ihren Bann. „Ein Brief aus der Vergangenheit“ kombiniert herkömmliche Gruselelemente wie den ostasiatischen Nippes des Professors Winkelmann, die Furcht der Dorfbewohner vor dem verlassenen Landhaus und die unerklärlichen Frauenschreie mit interessanten kleinen Kniffen wie der unerklärlichen Verzögerung des Maklerbriefs und der erst später erklärten Bedeutung des Essenaufzugs. Das ewige Rätsel, warum manche Dokumente auf dem Postweg verloren gehen und dann plötzlich nach vielen Jahren wieder auftauchen, wird geschickt mit der grüblerischen Atmosphäre der Episode verbunden und stellt gewissermaßen die erste Warnung dar, dass mit dem Haus derer von Amelungen etwas nicht in Ordnung ist.

Ähnlich wie Bruno Dietrich übernimmt diesmal Ulrich von Dobschütz die investigative Komponente als junger Mann, der ohne eigenes Verschulden Begegnung mit einem fragwürdigen Phänomen macht. Augenfällig ist die Doppeldeutigkeit der Umgelter’schen Inszenierung, die sowohl die Interpretation des Gesehenen als Beispiel für Paranormales zulässt als auch suggeriert, die Erlebnisse im Landhaus seien vielleicht nur Einbildung, die von Ferdinand Winkelmanns Nervosität heraufbeschworen wird. Wer würde schließlich nicht weiche Knie bekommen, wenn Franziska Liebing in breitem Bairisch vom Traktor herab den Kauf von Teufelsdreck zur Geisteraustreibung empfiehlt und Robert Klupp als mysteriöser Immobilienhändler im Ruhestand frappierend an einen gefährlicheren, weniger amüsanten Alfred Hitchcock erinnert? – 4,5 von 5 Punkten

Merkwürdige Geschichten: Die Kälte einer Sommernacht

Episode 3 der TV-Mysteryserie, BRD 1970. Regie: Fritz Umgelter. Drehbuch: Jan Lester. Mit: Heidi Leupolt, Georg Hartmann, Günter Spörrle, Hartmut Rütting u.a. Erstsendung: 11. Dezember 1970. Eine Produktion der IFI Industrie- und Fernsehfilm Hans Hoenicka.

Zitat von Merkwürdige Geschichten (3): Die Kälte einer Sommernacht
Sissi und Hubert Anderson haben ein Ferienhaus auf einer Nordseeinsel gemietet. Aus dem sonnigen Traumurlaub am Meer wird aber nichts: Wind und Regen peitschen um die abgelegene Kate und zu allem Überfluss muss Hubert, ein Schauspieler, vorzeitig zum Vorsprechen für die Rolle seines Lebens abreisen. Sissi ist indes nicht allein im Haus – der Jäger Harmsen erzählt ihr von einem Fluch, der auf dem Grundstück liegen soll, ein Landstreicher nistet sich ungefragt ins Wohnzimmer ein und schließlich hat die Frau die Vision einer Leiche im Keller ...


Die deutsche Nordseeküste ist vielleicht nicht das Mittelmeer, aber das Wetter, das Sissi und Hubert Anderson erwartet, verdirbt ihnen zurecht jede Urlaubsstimmung. Wie gut, dass der Zuschauer nicht zur gemütlichen Entspannung, sondern zum abseitigen Gruseln eingeschaltet hat, für das die Unbillen des windgepeitschten Hauses auf der Düne bestens geeignet sind. So packt Jan Lester eine ganze Reihe perfider Tricks aus, um den Andersons den Aufenthalt zu vergellen, wobei nicht immer klar wird, wie die Rädchen ineinandergreifen und in welcher Beziehung die einzelnen Elemente – der Fluch des Meeres, der hustende Eindringling und der Unfall am Ende der Folge – zueinander stehen.

Heidi Leupolt verleiht dem auf sich selbst gestellten Urlaubsgast ein einerseits von Angst vor dem Unbekannten in der für sie fremden Umgebung, andererseits von der Entschlossenheit, sich nicht übertölpeln zu lassen, geprägtes Auftreten. Vielleicht war der clevere Dreh der Episode, nach der Abreise des jovialen Hubert eine Gefahr für Sissi zu implizieren, wohingegen sie in Wahrheit ihrem Gatten droht, ein beabsichtigtes Spiel des Autors mit den chauvinistischen Erwartungen seines Publikums? Er sorgt jedenfalls für ein überraschendes Finale, das allerdings nicht alle Erwartungen, die die vorherigen düsteren Andeutungen weckten, erfüllen kann. – 3,5 von 5 Punkten

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

11.10.2016 22:00
#27 RE: Merkwürdige Geschichten (1970-71) Zitat · Antworten



Merkwürdige Geschichten: Die verhexte Bahnstation

Episode 4 der TV-Mysteryserie, BRD 1970. Regie: Fritz Umgelter. Drehbuch: Jan Lester. Mit: Karl-Walter Diess, Harry Hardt, Robert Rathke, Werner am Rhein u.a. Erstsendung: 15. Januar 1971. Eine Produktion der IFI Industrie- und Fernsehfilm Hans Hoenicka.

Zitat von Merkwürdige Geschichten (4): Die verhexte Bahnstation
Ein Unwetter droht, als der Anwalt Dr. Kreuzer an der Bahnstation Bergwald aussteigt. Ausgerechnet diesmal hat der Baron Walser keine Kutsche geschickt, um den Reisenden auf die Burg zu bringen, sodass Kreuzer den Berg wohl oder übel selbst erklimmen muss. Dass er unterwegs den Bahnbeamten Achleitner, der eigentlich unten am Bahnhof Dienst tun müsste, auf einem Holzstapel sitzen sieht, beunruhigt Kreuzer so sehr, dass er umkehrt ... und Achleitner tot vorfindet. Nun liegt es an ihm, den Zusammenprall zweier Züge zu verhindern!


Die Modelleisenbahn der Söhne von Baron Walser und ein Beinaheunfall der elektrischen H0-Züge stehen Pate für das Erlebnis, von dem Familienanwalt Kreuzer zu erzählen weiß. Diese clever konstruierte Klammer mag zunächst einen beschaulichen Eindruck vermitteln, hebt ihr in der „realen“ Welt spielendes Pendant aber als umso erschütternder hervor: Über den Bergen hängt schwüle Regenluft, und diese Atmosphäre überträgt sich unwillkürlich auf den Zuschauer, der Karl Walter Diess – diesmal in einer seriösen Rolle, die ihm ausgesprochen gut steht – vor seiner Bergbesteigung bei heraufziehendem Gewitter warnen möchte.

Harry Hardts groteske Darstellung des Bahnbeamten – eigentlich ein gemütliches bayerisches Original, aber doch von den strengen Dienstvorschriften geschliffen und offenbar von tiefer Melancholie ergriffen – trägt das Ihre zur eigentümlichen Stimmung bei, in die die Folge ihre Zuschauer versetzt. In der Tat wirft das Ableben Achleitners in erster Linie bahnbetriebliche Schwierigkeiten auf – wer (außer seiner Katze, die hier ohnehin wieder als Botin des Todes fungiert) sollte auch um ihn trauern? Im Umkehrschluss wird ersichtlich, dass Achleitner schon als Lebender nur zombiegleich seine Anweisungen erfüllt, weshalb nicht verwunderlich erscheint, dass sein letzter Gedanke im Moment seines Todes dem sich durch seinen „Ausfall“ anbahnenden Aufprallunfall gilt. Ob Diess als pragmatischer Anwalt tatsächlich empfänglich für die telepathischen Botschaften Achleitners ist, mag bezweifelt werden, sorgt aber für einen hochspannenden Showdown, der durch die Einführung eines zweiten baugleichen Bahnhofsgebäudes eine zusätzliche „merkwürdige“ Komponente erhält. – 5 von 5 Punkten

Merkwürdige Geschichten: Bild aus der Zukunft

Episode 5 der TV-Mysteryserie, BRD 1970. Regie: Fritz Umgelter. Drehbuch: Jan Lester. Mit: Jörg Schleicher, Dagmar Heller, Imo Heite, Gaby Go, Wolf Petersen, Dietrich Thoms u.a. Erstsendung: 13. November 1970. Eine Produktion der IFI Industrie- und Fernsehfilm Hans Hoenicka.

Zitat von Merkwürdige Geschichten (5): Bild aus der Zukunft
Die Kunstgeschichtsstudentin Konstanze Wagner nimmt eine Nebenbeschäftigung als Assistentin des Antiquitätenhändlers Beneckendorff an. Dieser ist ein äußerst eigensinniger Kauz und scheint eine besondere Vorliebe für morbide Kunstgegenstände und Möbel zu haben. Konstanze denkt sich deshalb nichts dabei, als sie bei einer Haushaltsauflösung für ihren Auftraggeber ein scheinbar geschmackloses Jagdgemälde ersteigern soll. Die wahre Bedeutung des Bilds erkennt Konstanze erst, als Beneckendorff dem Wahnsinn verfallen zu sein scheint ...


Zunächst muss man befürchten, „Bild aus der Zukunft“ würde sich vom Serienstil so weit entfernen, dem Zuschauer eine Komödie statt eines übernatürlichen Gruselstücks zu servieren. Eine unnötig aufgeblähte und mit dem Inhalt der Kernfolge kaum in Verbindung stehende Einleitung in einer reichlich albernen, allem Vernehmen nach willkürlich zusammengewürfelten Personengruppe weicht dann aber nach und nach doch noch einer stimmungsvollen Episode. Durchaus im Stil von „Die seltsame Gräfin“ zieht Konstanze Wagner als Sekretärin und Verkäuferin in das Haus des Antiquars Beneckendorff ein, der von Jörg Schleicher mit mindestens so viel Verschlagenheit und irrem Funkeln in den Augen gespielt wird wie seinerzeit Eleonora Moron von Lil Dagover. Nicht auf den baufälligen Balkon wird Konstanze gebeten, sondern in das Logierzimmer mit einem Bett mit blutrünstiger Geschichte ...

Abgesehen von der stellenweise zu aufdringlich eingesetzten Musikuntermalung Bert Grunds entfaltet Schleicher eine durchweg beängstigende Atmosphäre, die anfangs noch durch den Besuch des (warum auch immer) „Sir John“ genannten jungen Arztes gebrochen wird. Als sich die Ereignisse dann zuspitzen und das Geheimnis des wertvollen Bildes gelüftet wird, hat die Spannung aber doch ein veritables Niveau erreicht. Eher als bei den bisherigen Folgen könnte man bei „Bild aus der Zukunft“ von einem reinen Zufall sprechen, doch mit nachträglichen Erklärungen weiterer Nachforschungen sollen erneut Zweifel gestreut werden. Ob nun Beneckendorff oder Benini – die Folge ist aufgrund ihrer kleineren Unstimmigkeiten nur 4 von 5 Punkten wert.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

13.10.2016 17:10
#28 RE: Merkwürdige Geschichten (1970-71) Zitat · Antworten



Merkwürdige Geschichten: Die tödliche Flamme

Episode 6 der TV-Mysteryserie, BRD 1970. Regie: Fritz Umgelter. Drehbuch: Jan Lester. Mit: Claudia Wedekind, Alexis von Hagemeister, Ursula Ludwig, Ernst Dietz, Sky du Mont u.a. Erstsendung: 20. November 1970. Eine Produktion der IFI Industrie- und Fernsehfilm Hans Hoenicka.

Zitat von Merkwürdige Geschichten (6): Die tödliche Flamme
Wer eine zwanzig Jahre jüngere Frau heiratet, kann durchaus von Eifersuchtsanfällen geplagt werden. Ingenieur Michaelis scheint für seine Verdächtigungen allerdings auch allen Grund zu haben: Wie ihm ein entfernt bekannter Tankstellenbesitzer mitteilt, tankt Frau Michaelis häufig bei ihm den Wagen ihres Liebhabers auf. Auf ihren Seitensprüngen scheint die „Dame“ munter durch Zeit und Raum zu reisen, denn wenn dem Tankwart Glauben zu schenken ist, befindet sie sich zur gleichen Zeit an zwei verschiedenen Orten. Michaelis muss an seinem Verstand zweifeln!


Auch wenn sich hinter „Die tödliche Flamme“ eine formidable Intrige verbirgt, so krankt diese Folge ganz eindeutig daran, dass man als Zuschauer von Anfang an zu viele Informationen in der Hand hält. Im Gegensatz zu anderen Folgen, die in kurzer Zeit ein wirksames Geheimnis aufbauen, beraubt sich Folge #06 von Anfang an jeder Gelegenheit des Erzeugens von Spannung, indem die Verwicklung des angeblich so hilfreichen Herrn Schrauter in das Komplott gegen Michaelis verraten wird. Die Handlung entbehrt zwar nicht eines gewissen Reizes, ist jedoch unlogisch konstruiert (oder soll gerade darin das zweifelhafte Element der Geschichte liegen?). Jedenfalls widersprechen sich Auftaktszene und Schlusstwist – die Fragen, ob Schrauter eine Affäre mit der „echten“ Frau Michaelis hat und ob es die zunächst erwähnte Doppelgängerin überhaupt jemals gab (wenn ja, wozu?), bleiben im Dunkeln.

Neben einer schmierigen Standardrolle für Sky du Mont ist vor allem die Leistung von Alexis von Hagemeister als verfolgtem und zunehmend zum Zweifeln gebrachten Ehemann hervorzuheben. Zunächst als Figur eingeführt, die nach den üblichen Regeln der Dramaturgie die Abneigungen des Publikums auf sich ziehen müsste, entpuppt sich sein Herr Michaelis zunehmend als ein bemitleidenswertes Opfer, da er ehrlich an seiner Frau hängt. Für die Besetzung dieser zentralen Rolle hätte man sicher auch eine beeindruckendere Erscheinung als Claudia Wedekind finden können. So bleibt „Die tödliche Flamme“ ein Fremdkörper unter den bisherigen Folgen, wobei diese Bezeichnung durchaus auch mit einer Abwertung verbunden ist. Noch eben 3 von 5 Punkten.

Merkwürdige Geschichten: Nicht von dieser Welt

Episode 7 der TV-Mysteryserie, BRD 1970. Regie: Fritz Umgelter. Drehbuch: Jan Lester. Mit: Karl Heinz Fiege, Christiane Pauli, Georg Lehn, Eva Kinsky, Hans Schellbach u.a. Erstsendung: 18. Dezember 1970. Eine Produktion der IFI Industrie- und Fernsehfilm Hans Hoenicka.

Zitat von Merkwürdige Geschichten (7): Nicht von dieser Welt
Im Leichenwagen gibt es viel Stauraum für Umzugskartons: Franz Hemburger hat eine neue Stellung als Friedhofswärter in einem entlegenen Alpendorf angenommen und zieht dafür mit seiner Frau ins örtliche Leichenhaus. Auf dem Weg zu seiner zukünftigen Arbeitsstelle nimmt Franz eine Anhalterin mit, die ihn auf mysteriöse Weise vor einem beinahe tödlichen Unfall rettet. Am Abend erscheint sie ihm noch einmal im Fernsehen ... nach Sendeschluss! In Franz und seiner Frau keimen Bedenken darüber, ob es wirklich eine so gute Idee war, die düstere Arbeit anzunehmen ...


Würde nicht die Kulisse malerische bayerische Gemütlichkeit in Reinform ausstrahlen, könnte „Nicht von dieser Welt“ sein Publikum deutlich mehr fesseln. Leider kommt in der ganzen Episode aufgrund des Heimatfilmflairs nur wenig Grusel auf, obwohl die Handlung durchaus dazu angetan gewesen wäre und vor allem Eva Kinsky sich bemüht, Gänsehautmomente entstehen zu lassen. Sie spielt das Mädchen mit der blonden Perücke, das allein schon durch seine versteinerte Mimik seine Andersartigkeit gegenüber dem einfach gestrickten LKW-Fahrer Franz zum Ausdruck bringt. Als könne die Unbekannte zugleich Unheil heraufbeschwören und es verhindern, setzt die Szene, in der der Zusatztank eines Düsenjägers vom Himmel fällt, ein beachtliches erstes Ausrufezeichen, dem die hausbackenen Szenen im Leichenhaus nicht mehr das Wasser reichen können.

Ist es sonst die Inszenierung Fritz Umgelters, die den „Merkwürdigen Geschichten“ eine makabre Aura verleiht, so verursacht sie diesmal das genaue Gegenteil: Aus den Möglichkeiten, die sich aus der Unterbringung des Ehepaars Hemburger ergeben könnten, wird nur wenig Nutzen gezogen. Der Sarg ist zwar kurz im Dunkeln zu sehen, aber sonst setzten Umgelter und Lester auf eine typisch heimelige Fernsehabend-und-Ehebett-Atmosphäre. Erst gen Ende, als Karl Heinz Fiege und Filmfreund Georg Lehn gemeinsam mit dessen Hund die Spur der „Untoten“ verfolgen (nur dazu diente also das sonst keinen Sinn ergebende Zurücklassen der Perücke!), kommt – auch durch den geschickten subjektiven Kameraeinsatz – wieder Dynamik ins Geschehen. Die Wahrheit über das Mädchen erinnert an das mysteriöse Schicksal einiger ihrer Berufskolleginnen, auch im deutschen Nachkriegskino. – 3,5 von 5 Punkten

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

16.10.2016 14:35
#29 RE: Merkwürdige Geschichten (1970-71) Zitat · Antworten



Merkwürdige Geschichten: Drei Stunden meines Lebens

Episode 8 der TV-Mysteryserie, BRD 1970. Regie: Fritz Umgelter. Drehbuch: Jan Lester. Mit: Monika Bleibtreu, Wolf Oeser, Dieter Groest, Herbert Weicker, Silvia Simon u.a. Erstsendung: 8. Januar 1971. Eine Produktion der IFI Industrie- und Fernsehfilm Hans Hoenicka.

Zitat von Merkwürdige Geschichten (8): Drei Stunden meines Lebens
Eine junge Frau bittet den Piloten Ralph Becker, ihr seinen letzten Passagierplatz auf einem eigentlich schon vollbesetzten Flug einzuräumen. Man stellt ihr dank ihrer großen Überredungskünste ein Ticket auf den Namen Karin Vandenesch aus. Was zunächst wie ein Glücksfall für die junge Frau erscheint, erweist sich als knappes Entkommen für Ralph Becker, der Karins wegen am Boden bleibt: Die Maschine stürzt auf dem Weg nach Amsterdam ab – alle Passagiere sterben. Warum also glaubt Ralph, Karin Tage nach der Katastrophe munter durch eine Münchner Einkaufsstraße bummeln zu sehen?


Statistiken belegen immer wieder, dass das Flugzeug das sicherste aller Verkehrsmittel ist. Und dennoch beunruhigt es viele Menschen, den festen Boden unter den Füßen zu verlieren und alles Vertrauen auf Technik und Turbinen setzen zu müssen. Geschichten wie „Drei Stunden meines Lebens“ tragen freilich nicht unbedingt dazu bei, derlei Vorbehalte zu mindern, auch wenn der zentrale Absturz der Passagiermaschine München – Amsterdam auf recht prosaische Weise zunächst offscreen und später an einer offenkundigen Miniatur nachgestellt wird. Immerhin überzeugt die lagenweise überlappende Schnittstruktur, die Umgelter in dieser Folge anwendet, um die Katastrophe und das scheinbar Unerklärliche zu verbildlichen.

Wolf Oesers solides Porträt des von Monica Bleibtreu beeindruckten Piloten ist im guten Mittelfeld der Serie einzuordnen, während Bleibtreu einige stimmige Akzente setzt, aber im Endeffekt auch hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt. Eingeführt wird sie mit der Ankündigung, es handele sich bei ihr allem Vernehmen nach um einen Geist, weshalb die freundlich-unkomplizierte Art, die sie an den Tag legt, ein wenig enttäuschend wirkt. Demgegenüber ist der diabolische Diamantenhändler, für den ihre Karin Vandenesch arbeitet, eine weitaus interessantere Figur, die leider nur ganz am Rande beleuchtet wird und gern tiefer hätte ergründet werden dürfen. Welcher Einfluss war es, den er über Karin hatte, und wie hing er mit ihrer Vorahnung zusammen? – 3 von 5 Punkten

Merkwürdige Geschichten: Überirdische Melodie

Episode 9 der TV-Mysteryserie, BRD 1970. Regie: Fritz Umgelter. Drehbuch: Jan Lester. Mit: Judith Holzmeister, Will Danin, Susanne Beck, Hans Beuthner, Peter Castell, Achim Strietzel, Wilfried Klaus u.a. Erstsendung: 27. November 1970. Eine Produktion der IFI Industrie- und Fernsehfilm Hans Hoenicka.

Zitat von Merkwürdige Geschichten (9): Überirdische Melodie
Plagiat, Zufall oder überirdische Mächte? Die Melodie, die ein Komponist namens Christoph Glinski 1941 als „Schottische Rhapsodie“ niederschrieb, taucht Jahrzehnte später zunächst als neues Jazzstück der Restaurant-Kapelle um Fred Hammer und noch einmal als Klavierstück beim Verleger Siegmann auf. Ganz nebenbei sorgt schon Hammers Erstaufführung für einen peinlichen Nebeneffekt: Ein anwesender Gast regt sich offenbar so über die Melodie auf, dass er ein Sektglas mit der bloßen Hand zerdrückt und später sogar stirbt. Haben die Noten ein Eigenleben entwickelt oder gibt es eine Geschichte, die die Ereignisse miteinander verbindet?


Ähnlich wie bei „Die tödliche Flamme“ muss man sich schon sehr anstrengen, an „Überirdische Melodie“ etwas Übernatürliches zu finden. Die Geschichte ist fest im Diesseits verankert, wirft aber durch ihre Vergangenheitsbezüge düstere Schatten in Form von Krieg, Nationalsozialismus und einem totgeschwiegenen Schiffsunglück über seine Protagonisten. Diese Zutaten wissen durchaus zu gefallen und machen die Geschichte deutlich attraktiver als den Ehebruch-Plot aus Folge #06. Allerdings muss man sich gedulden, bis die Odyssee der „Schottischen Rhapsodie“ sich in voller Pracht entfaltet – die Einführung bei Musikverleger Siegmann strapaziert die Geduld doch ähnlich wie das Intro zu Folge #05.

Unheimlich schuldbeladen wirkt Hans Beuthner als Konsul, der offenkundig eine böse Tat zu verbergen hat, während seine Filmfrau Judith Holzmeister galant den Schein zu wahren und ihre zurückliegende Enttäuschung zunächst gut zu verbergen versteht. Ihr stilvolles Heim und die fast schon archaisch anmutende Flaschenpost kontrastiert mit dem jungen Hauptdarstellerduo und den Easy-Listening-Tönen der Siebziger; die ungewöhnliche Mischung geht aber erstaunlich gut auf und verdient sich 4 von 5 Punkten.

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