Nachdem ja jetzt die meisten TV-(Serien)-Klassiker und auch Filme auf DVD für jedermann zugänglich sind und viele Krimis ja auch das Interesse der Forengemeinschaft wecken, möchte ich ein paar Überlegungen zu den „besten“ Fernsehkrimiregisseuren der 60er und 70er anregen. Auch auf die Gefahr hin, dass ich jetzt einige Regisseure – die ich ebenso sehr schätze – nicht erwähne, beginne ich mal meine Favoriten aufzuzählen und zu begründen, weshalb ich sie schätze.
Dr. Michael Braun: Michael Braun ist für mich einer der besten Fernsehregisseure, den Deutschland je hatte. Mit „Isar 12“ schuf er die allererste deutsche Polizeiserie, die heute zu recht Kult ist. Sein Talent, Schauspieler zu führen und menschliche Geschichten in realitätsnahem Ambiente erzählen, wurde Gott sei Dank früh erkannt. Nicht umsonst wurde Herr Braun in den 60ern immer dann geholt, wenn es galt eine neue erfolgreiche Serie zu schaffen. Nach 35 „Isar 12“-Geschichten inklusive der 36., heute leider verschollenen Folge (auch Herr Braun hat den Film nicht mehr), wurden dem promovierten Germanisten 13 Folgen der ersten deutschen Krimivorabendserie (die auch in Deutschland spielte) anvertraut: „Kommissar Freytag“ ermittelte in alltäglichen Kriminalfällen und wurde zum Publikumsliebling. Die Bavaria Film holte Braun zurück, er inszenierte „Die seltsamen Methoden des Franz Josef Wanninger“, „Graf Yoster gibt sich die Ehre“, „Okay SIR“ und brachte den prominentbesetzten Dreiteiler „Verräter“ auf die Bildschirme. Seine Fernsehkrimis „Mord nach der Oper“ (ebenfalls in Großbritannien gedreht) und „Ein Toter stoppt den 8 Uhr 10“ kann man sich immer wieder ansehen ohne, dass einem fad wird. Wie schon erwähnt legte Braun auf Originalschauplätze viel Wert – und so wurden seine Filme (Verräter/ Mord nach der Oper) und Serien (Yoster/ Okay Sir) im Ausland gedreht und nicht – wie die billige ZDF-Konkurrenz im Hamburger Studio. Mit Klaus Doldinger holte er bei sehr vielen Produktionen einen der begabtesten Filmkomponisten für seine Soundtracks. Braun schaffte es außerdem auch, immer wieder große Stars vor die Kamera zu holen und so ist es nicht verwunderlich, dass in „Yoster“ oder „Okay Sir“ die größten Kino- und Fernsehstars jener Zeit vertreten waren. Kein Wunder, dass Michael Braun auch bald von Deutschlands erfolgreichsten Krimiproduzenten engagiert wurde – und das in Serie. Sechs „Kommissare“ durfte er mit Erik Ode drehen (ich habe mir seine Regiearbeiten diese Woche nochmals angesehen – alle Folgen bestechen durch außerordentliche handwerkliche Fähigkeiten, interessante Musikgestaltung und Inszenierung). Für die „Polizeiinspektion 1“ war er als Autor wie als Regisseur tätig und holte auch hier noch mal Erik Ode als Kommissar für einen Gastauftritt vor die Kamera. Sein Talent als humoristischer Autor konnte er in dieser Serie mit Walter Sedlmayr unter Beweis stellen. Es folgten „Derrick“ und „Der Alte“, außerdem drehte Braun „Sonderdezernat K1“, „Tatort“ und „Ein Fall für zwei“. Kurzum: er ist der einzige deutsche Regisseur, der in allen großen Krimiserien der 60er, 70er und 80er-Jahre seine Handschrift hinterlassen hat. Ein Beweis dafür, wie sehr die Produzenten von seinen handwerklichen Fähigkeiten überzeugt waren.
Günter Gräwert: Wenn dieser Name im Vor- oder Abspann zu lesen ist, dann kann man sich getrost auf einen spannenden Film freuen. Günter Gräwert ist ein absoluter Profi und Könner, dem es auch noch gelang, aus einer faden Vorlage einen halbwegs spannenden Film zu machen. Gräwert, der später sehr oft in seinen Filmen auch in (komischen) Nebenrollen mitspielte, arbeitete in den 60er Jahren sehr viel für die Bavaria Film und drehte hier z.B. Serien wie „Die seltsamen Methoden des Franz Josef Wanninger“. Von seinen stets sehr prominent besetzten Fernsehkrimis jener Zeit muss man „Die zwölf Geschworenen“, „Spion unter der Haube“, „Der Illegale“, „Der trojanische Sessel“ und sicherlich auch „Die selige Edwina Black“ unbedingt gesehen haben. Alles Spitzenware, die durch den lockeren Regiestil des Regisseurs aufgewertet wird. Sehr häufig arbeitete Günter Gräwert mit Martin Böttcher zusammen, der seinen Filmen – egal ob beim „Illegalen“, beim „Spion“, bei „Derrick“ und „Der Alte“ oder auch bei „Kara Ben Nemsi“ – ein eigenes Flair verlieh. Als wesentlichsten Verdienst des Regisseurs sehe ich seine Fähigkeit an, durch Bildgestaltung, Musik, Schauplätze und sanfte Schauspielerführung die Geschichte extrem aufzuwerten. Gräwert brauchte keine Action, bei ihm entstand die Spannung aus dem Handeln der Personen. So verdanken wir ihm Gott sei Dank eine Vielzahl an Folgen der Serien „Tatort“, „Der Alte“ und „Derrick“ sowie der „Polizeiinspektion 1“. Gerade bei „Der Alte“ muss man ihm heute noch auf Knien danken, dass er die häufig langweiligen und abstrusen Volker-Vogeler-Geschichten extrem aufgewertet und daher doch sehenswert gemacht hat. Positiv hervorgehoben sei außerdem, dass Gräwert es wie kein anderer deutscher Regisseur verstand, in Zeiten des „Allerleis“, den Vor- und Nachspann noch dramaturgisch einzusetzen – er war der Einzige, der den Lowitz„Alten“ -Vorspann erst nach einigen Minuten loslaufen ließ und oft wie in „Kommissars“-Zeiten die Titel erst nach einigen Minuten brachte. Auch während des Abspanns versuchte er noch, das Zuschauerinteresse beizubehalten, in dem er nicht das übliche Standbild zeigte, sondern die Handlung weiterlaufen ließ.
Wilhelm Semmelroth: Semmelroth passt überhaupt nicht zu den beiden eben besprochenen Regisseuren. Er zog es vor, Geschichten langsam, aber dafür qualitätsvoll zu erzählen, setzte auf erstklassige Kino- und Theaterschauspieler und erkannte in vielen ihre wahren Fähigkeiten. Genial z. B. war die Idee, den Sergeant Cuff im „Monddiamant“ mit Theo Lingen – der ja leider in vielen Blödelrollen verkümmerte – zu besetzen. Seine acht Kostümkrimis, die auf klassischen Kriminalromanen beruhen, sind es wert, immer wieder aus Neue gesehen zu werden. Neben den erstklassigen Schauspielern (nur einige von vielen: genial Pinkas Braun und Eric Pohlmann in „Die Frau in Weiß“, Theo Lingen in „Der Monddiamant“, Hannes Messemer in „Onkel Silas“, Ellen Schwiers in „Der rote Schal“, René Deltgen in „Die Affäre Lerouge“ usw.) und vorbildlicher Ausstattung sind auch die Originalschauplätze besonders erwähnenswert. Irgendwer hat einmal nicht umsonst gesagt, Semmelroth hat mit seinen schönen englischen Landschaftsaufnahmen den Grundstein für die Rosamunde-Pilcher-Filmreihe gelegt. Aber nicht nur seine Kostümkrimis sind erwähnenswert, nein, auch die Fernsehkrimis, die er davor oder zwischendurch gedreht hat. „Immer nur Mordgeschichten“ mit Sieghard Rupp und Friedrich Joloff ist z. B. ein Film, der es mit jedem französischen Psychothriller jener Zeit locker aufnehmen kann, interessant z. B. auch „Eine Tote soll ermordet werden“ mit Siegfried Lowitz als pensioniertem Scotland-Yard-Inspektor. Schließlich dürfen wir nicht unerwähnt lassen, dass wir es Wilhelm Semmelroth verdanken, in den Genuss der Werke von Francis Durbridge gekommen zu sein. Als Hörfunkchef holte er die Paul-Temple-Geschichten zunächst nach Deutschland um Jahre später auch die erfolgreichen Fernsehmehrteiler des britischen Meisters für den WDR auf die Bildschirme zu bringen.
Jürgen Goslar: das totale Gegenstück zu Semmelroth. Goslar setzte auf Action, Tempo und Spannung, erzählte die Geschichte mit und in Bildern (Film braucht nicht unbedingt Dialoge wie im Theater). Seine Spezialität war sicherlich die gekonnte Schauspielerführung – als Schauspieler wusste er nur zu gut, wie man „Seinesgleichen“ anpacken und anweisen musste – sowie seine schon erwähnte besondere Bildsprache. Durch immer wieder neue Kameraeinstellungen versuchte er Abwechslung zu schaffen, besonders erwähnenswert sind auch die oft besonders sorgsam ausgewählten Szenenbilder und Motive. Sein Können als Krimiregisseur hat er vielfach – vor allem in den Serien von Helmut Ringelmann – unter Beweis gestellt. Was wäre „Die fünfte Kolonne“ ohne seine Beiträge, immerhin inszenierte er ein Drittel der Folgen, darunter Klassiker wie „Es führt kein Weg zurück“, „Eine Puppe für Klein-Helga“ oder „Zwei Pistolen“ mit Blacky Fuchsberger. Für eine „Kriminalmuseum“-Folge holte er Erik Ode erstmals als leitenden Ermittler vor die Kamera und besetzte ihn hier schon als „Kommissar“. Damit war der Grundstein für den späteren Kommissar Keller gelegt. Auch in dieser Serie hinterließ er seine Handschrift, besonders gelungen sind hier seine Beiträge „Sommerpension“ und „Tod eines Landstreichers“, beide mit der Theaterlegende Hans Schweikart besetzt. Beim „Alten“ stechen seine Beiträge „Tod eines Aussteigers“, „Von Mord war nicht die Rede“ und „Perfektes Geständnis“ hervor, unter seinen zahlreichen „Derrick“-Arbeiten schätze ich vor allem „An einem Montagmorgen“ (in der Dramaturgie, die an einen großen amerikanischen Kinofilm erinnert, sicherlich die ungewöhnlichste „Derrick“-Folge), „Angriff aus dem Dunkel“ und „Tödliches Rendezvous“, um nur einige zu nennen. Goslar gelang es auch hier immer wieder, ganz nah an den Schauspielern zu sein und die Geschichte „direkt“ zu erzählen.
Wolfgang Becker: Der „Krimi“-Becker mit dem besonderen Bezug zur Musik darf hier natürlich nicht fehlen. Wolfgang Becker bescherte uns mit den drei Reinecker-Dreiteilern, die in Konkurrenz zu Durbridge gedreht wurden – erstklassige Straßenfeger und wurde nicht umsonst von Helmut Ringelmann immer dann geholt, wenn es eine neue Serie aus der Taufe zu heben galt: „Der Kommissar“ trägt stark seine Handschrift, seine ungewöhnliche Art, Schauspieler zu führen, Geschichten zu erzählen und (moderne) Musik dramaturgisch einzusetzen, ist unerreicht. Becker verdanken wir auch die meisten „Haferkamp“-Tatorte – heute zu Recht Kult –, viele ungewöhnliche aber umso spannendere „Derrick“- und „Der Alte“-Folgen, bei „Derrick“ denke ich nur an Topfolgen wie „Ein ungewöhnlicher Tag auf dem Lande“ oder auch an „Eine Reihe von schönen Tagen“, sowie an Klassiker wie „Das Millionending“, „Nur Aufregungen für Rohn“ etc., bei „Der Alte“ etwa „Terzett in Gold“ usw. Auch die „Polizeiinspektion 1“ wurde von ihm – wenn auch nur in geringem Maße – mitgeprägt, aber immerhin inszenierte er auch hier die nicht unwichtige erste Episode. Kurzum – Wolfgang Becker hat den deutschen Fernsehkrimi sicherlich maßgeblich mitgeprägt und entscheidend mitverändert.
Ich möchte Peter Beauvais vorschlagen, der nicht nur den Durbridge-Dreiteiler "Ein Mann namens Harry Brent" inszenierte, sondern dem es auch gelang, "Groschenliteratur" mit talentierten Darstellern, in einem ansprechenden Ambiente in feinfühliger und hochwertiger Weise umzusetzen (z.B. "Griseldis" - eine Mordgeschichte nach Hedwig Courths-Mahler).
Ja natürlich, Peter Beauvais gehört da genauso dazu. Er war ebenso einer der talentiertesten Fernsehspielregisseure. Genial auch sein Kriminalspiel "Onkel Harry" mit einem diabolischen Rudolf Platte. "Griseldis" habe ich auch recht nett in Erinnerung.
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02.04.2011 20:44
#4 RE: Eure Lieblings-TV-Regisseure der 1960er und 1970er
Das Gros des Sechzigerjahre-Fernsehens überzeugt mich eher trotz als wegen seiner noch relativ begrenzten Inszenierungen. Wen ich aber unbedingt hervorheben möchte, eben weil dieser Regisseur die optischen Grenzen zwischen Fernsehen und einem Kinofilm schon in den ganz frühen Jahren dieses Mediums aufgebrochen hat, ist der sowohl für die großen als auch den kleinen Bewegtbilder arbeitende Jürgen Roland, der mit "Stahlnetz" das deutsche Fernsehen um über zwanzig kleine Juwelen bereicherte.
Ich denke nicht, dass die Qualität der Inszenierung der Fernsehkrimis der 1960er Jahre so unterdurchschnittlich war. Georg hat sehr treffend die Eigenschaften einzelner Regisseure benannt. Ich würde mich seinem Urteil anschließen, aber auch noch andere ergänzen, so etwa Dietrich Haugk (er inszenierte u.a. mit "Drei Tote reisen nach Wien" eine der wohl besten Komissarfolgen) oder Alfred Weidenmann. Jürgen Roland sollte nicht nur wegen "Stahlnetz", sondern auch wegen der gelungenen Serie "Dem Täter auf der Spur hinzugefügt werden.
Ein schönes Thema. Ich gehe nun der Übersicht halber auf die arrivierten TV-Regisseure ein und lasse die vor allem in den 1970er Jahren vom Kino ins TV "geschwappten" Filmemacher einmal beiseite.
Wolfgang Becker Für mich steht er synonym für den Krimi jener Jahre. Krimi-Becker wurde nicht umsonst Krimi-Becker. Es ist vor allem jenes Gespür für die Mischung aus abwechslungsreichen Bildern, Spannungsaufbau und zumeist zeitgenössischer Musikuntermalung, deren Herkunft heute bedauerlicherweise nicht immer lückenlos geklärt werden kann. Kein zweiter Regisseur bediente sich derart revolutionär bei Beat, Pop und Jazz, um (s)eine ganz eigenwillige Atmosphäre zu schaffen. Als Beispiel sei "Der Alte: Jack Braun" genannt, dessen "Crime of the Century" von Supertramp wohl eine Andeutung auf das Vorhaben der Titelfigur abgeben soll. Oder auch "Tatort: Lockruf", in dem Dieter Schidors verzweifelter Versuch der Mordvertuschung durch Pink Floyds "Shine on You crazy Diamond" untermalt wird oder aber auch "Der Kommissar: Der Tote aus Zimmer 17", in dem Erik Ode zu "Groovin' with Mr. Bloe" den Mörder sucht. Darüber hinaus -und auch das gefällt mir durchaus!- hatte Becker stets einen Hang zu überaus hübschen Darstellerinnen. Oft war es die eigene Frau (Gracia Maria Kaus), häufig aber auch Darstellerinnen von ähnlichem Typ (z.B. Hannelore Elsner). Wolfgang Becker prägte den Krimi jener Jahre m.E. wie kein zweiter und verdient allein deshalb, hier an erster stelle genannt zu werden!
Zbynek Brynych Jaja, keiner spaltet die Gemüter mehr. Schrottfilmer, Jess Franco des TV und was nicht sonst noch habe ich schon gelesen. Für mich gehört Brynych zu den absoluten Meistern der frühen 1970er Jahre (vor seiner "Gefangenhaltung" im eigenen Lande). Wer in seiner "Kommissar"-Folge "Tod einer Zeugin" der Täter ist, habe ich bis heute nicht recht verstanden, hege indes auch keinerlei Absichten, diesbezüglich irgendwelche Anstrengungen zu unternehmen, es zu erfahren. Der an sich öde Plot der Folge tritt in den Hintergrund und Brynych fackelt ein monströses Gaga-Feuerwerk ab, wie es sich seinerzeit m.W. sonst niemand traute. Offenbar gefiel dies neben Ode und Ringelmann selbst dem bisweilen zickigen Herbert Reinecker und so unterbrachen erst Probleme mit der seinerzeit hinter dem Eisernen Vorhang liegenden Tschechoslowakei die frühe Ringelmann-Karriere des Zbynek Brynych. Nachdem diese aus der Welt geräumt waren, konnte er bei "Derrick" (z.B. "Alarm auf Revier 12") oder auch bei "Der Alte" an alte Erfolge anknüpfen. Leider aber versandete auch sein extrovertierter Regiestil zunehmend und er vergrädlerte in den 1980er Jahren zunehmend. Angesichts irgend eines Bonus auf einer DVD zum "Kommissar" war ich dennoch verwundert, dass ich nicht der einzige Brynych-Fan dieser Welt bin und nahm verdutzt zur Kenntnis, dass mein liebster Regie-Spinner eine ganz ordentliche Fangemeinde besitzt. Gut so.
Jürgen Goslar Er darf keineswegs fehlen, wenn es um Schwung und Spannung geht. Jürgen Goslar hat die für mich beste "Kommissar"-Folge gedreht. "Mykonos" vereint alles, was den Krimi jener Jahre ausmacht. Neben dramatisch inszenierten Einzelschicksalen verbreitet die Episode wie kaum eine zweite Hippiefeeling und Zeitgeist. Dazu gibt's Pink Floyd serviert und jede Menge flotte Bildschnitte. Ähnlich ließ es sich bereits Jahre vor dieser "Kommissar"-Episode an. "Eine Puppe für Klein Erna" gehört m.E. zu den flottesten Folgen aus der "Fünften Kolonne".
Günter Gräwert Der Mann mit dem "laufenden Abschluss". Nicht zuletzt daran ist er schon vor der Einblendung seines Namens als Regisseur identifizierbar. Auf sein Konto gehen viele gute Episoden aus "Der Alte" mit Siegfried Lowitz. Ich bezeichne ihn gerne als "gemäßigten Brynych". Nicht wirklich total bekloppt aber doch immer eine Spur andersartiger als seine Regiekollegen. Darüber hinaus schrieb er einige Drehbücher selbst, stand häufig vor der Kamera. Gräwert war in der Lage, auch öden Reinecker-Drehbüchern etwas Kurzweiliges abzugewinnen.
Hans Quest Kein wirklicher Regiemeister der Spannung. Eher ein lückenloser Erzähler. Dennoch ist Quest für mich unausweichlich mit dem frühen Fernsehspiel in Verbindung zu bringen. Sein aus heutiger Sicht bisweilen sicher als stocksteif empfundener Regiestil -nicht zuletzt begründet durch die Dramaturgie der Durbridge-Mehrteiler- hat eine Art morbiden Charme, der z.B. bei "Tim Frazer" seinen Höhepunkt erlangt. Für mich hat Quest den deutschen Straßenfeger nachhaltig geprägt. Er gehört in jedem Fall in solch eine Liste.
Dietrich Haugk Last not least der bisweilen sehr subtile Herr Haugk. "Derrick: Der Mann aus Portofino" oder "Der Alte: Ein unkomplizierter Fall" - zwei 60-Minüter, die die Wandlungsfähigkeit eines Regisseurs kaum besser demonstrieren könnten. Sicher auch begründet durch die jeweiligen Autoren der beiden Episoden, meint man doch, hier wären zwei unterschiedliche Filmemacher am Werk gewesen. Kann man die meisten anderen Regisseure oftmals schnell herausahnen, so bleibt es aufgrund Haugks Wandlungsfähigkeit oft lange im Verborgenen. Ganz zweifellos eine Lichtgestalt jener Jahre.
Ich möchte diesen Thread nochmals hervorkramen und einige Dinge ergänzen... (und alle weiter dazu anregen, ihre Gedanken zu dem - für mich - sehr interessanten Thema zu posten!)
Mit den meisten Regisseuren, die hier genannt wurden, kann ich mich auch anfreunden - dass der gute Zbyněk Brynych nicht zu meinen Lieblingen gehört, dürfte aber auch schon klar sein (auch wenn er zugebenermaßen sehr gute Sachen abgeliefert hat)
Hans Quest: wie Jan schon schrieb - kein "Meister" der Spannung. Und dennoch hat er entscheidende - wenn nicht die entscheidensten - deutschen Fernsehkrimis inszeniert. Nachdem ich mir nun auch mal seine beiden Beiträge zu "Sonderdezernat K1" angesehen habe, die in seiner Krimifilmographie die einzigen halbwegs realistischen Gegenwartsfilme sind, muss ich Jan 100% recht geben. Quest war kein Actionregisseur, er setzte auf Dialoge und 1a-Schauspieler, die durch ihr Spiel, ihre Mimik, ihr Agieren die Dramatik zu transportieren hatten. Da er selbst vom Theater kam, versteifte er sich 100%ig auf Ausdruck und Spiel und erzeugte durch die Beziehungen der Personen zueinander "Spannung". Insofern war er als Regisseur für "klassische" und "langsame" Kriminalstoffe die erste Wahl: nicht nur bei Durbridge, sondern auch bei seinen beiden Agatha-Christie-Filmen entsteht die Spannung, das "Thrilling" aus dem Dialog. Auch seine "Pater Brown"-Inszenierungen, die ich sehr schätze, sind derart aufgebaut: man hat hier stets das Gefühl, die Darsteller in einem Theaterstück und nicht in einem Film zu sehen. Dank seiner hervorragenden Beziehungen sind die Farb-Brown-Folgen auch mit dem Who-is-Who der deutschen Filmstars "ausgestattet", sogar Albert Lieven wirkte hier mit. Insgesamt ein Regisseur, auf den man nicht verzichten konnte und der mit Wilhelm Semmelroth, mit dem er ja gemeinsam die Durbridge-Mehrteiler erarbeitete, auch in der Art zu inszenieren sehr viel gemeinsam hatte.
Dietrich Haugk: dieser Regisseur wurde hier mehrfach genannt und ich kann dem Gesagten nur 100%ig zustimmen. Haugk war ein vielfältiger, wandelbarer Regisseur, der - anders als etwa sein Kollege Theodor Grädler - nicht immer nach Schema F an die Sache heranging, sondern abwog, von welcher Seite er die Inszenierung aufziehen sollte. Seine Wandelbarkeit hat er vielfach unter Beweis gestellt und es ist daher auch kein Wunder, dass der talentierte Prof. Haugk in allen großen TV-Krimiserien mit dabei war. Das umfasst die gesamte Ringelmann-Palette vom Kommissar über Derrick und natürlich Der Alte. Er ist aber auch der einzige Regisseur, der vom Kriminalmuseum bis zu Siska alle Ringelmann-Krimiserien (einschließlich Der Mann ohne Schatten) mitgemacht hat und auch außerhalb der NMF/Telenova für Sonderdezernat K1, Tatort und Die Männer vom K3 (hier ganz toll: Der Vollmondmörder) arbeitete. Als Professor brachte er immer wieder talentierte junge Schauspieler mit in seine Produktionen. Schließlich gelang es ihm, sein Niveau über fast 40 Jahre TV-Krimis zu halten, selbst seine späten [iDerrick[/i]-Folgen haben die teilweise philosophisch-psychoquatsch-mäßigen Reinecker-Geschichten noch aufgewertet. Viele Serien wäre um einige tolle Beiträge ärmer, wäre er nicht gewesen. Und ich gebe zu: sowohl mein Lieblings-"Derrick" (Der Mann aus Portofino) als auch mein Lieblings-"Kommissar" (Drei Tote reisen nach Wien) sind von ihm!
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03.11.2011 21:27
#8 RE: Eure Lieblings-TV-Regisseure der 1960er und 1970er
:-) Das finde ich jetzt äußerst interessant. Du bist wirklich der allererste "Grädler"-Fan, den ich kenne. Vorweg: Theodor Grädler hat fast ausschließlich für Helmut Ringelmann gearbeitet und dementsprechend die meisten seiner Produktionen inszeniert (ca. 120!). Wer soviel dreht, kann nicht immer 100% gute Arbeit abliefern, das ist klar. Aber gleichzeitig sind auch zwangsläufig gute Sachen dabei. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich Grädler immer als gediegenen "Langeweiler" unter den Regisseuren gesehen habe. Man hat den Eindruck, dass eine Folge oft trotz ihm gut wurde, aber manchmal fragt man sich, was ein anderer Regisseur wohl daraus gemacht hätte. Es passierte aber auch, dass ich nach einer richtig guten Folge überrascht war, seinen Namen im Abspann zu lesen. Als sehr gute Arbeiten von ihm empfinde ich z.B. "Am Rande der Ereignisse", "Noch 10 Minuten zu leben" oder "Tod im Transit" (Der Kommissar), "Madeira", "Zeichen der Gewalt", "Das seltsame Leben des Herrn Richter" (Derrick), "Der schöne Alex", "Das letzte Wort hat die Tote", "Mord nach Plan", "Die Tote in der Sauna", "Schweigen für immer" (Der Alte). Dem gegenüber stehen aber zahlreiche Folgen, die mich irrsinnig angeödet haben und die ich auch heute noch überspringe, wenn ich mir Episoden einer Reihe wieder mal ansehe. Den Gipfel der Langeweile erreichte er übrigens in meinen Augen bei seinen 26 "Der Anwalt"-Folgen mit Wolfgang Kieling! Jürgen Goslar, der bei ihm als Schauspieler auftrat, hat ihn mir als Perfektionisten und sehr freundlichen Mann beschrieben. Anderswo habe ich erfahren, dass das soweit ging, dass er sogar die Regie abgab, weil ein Szenenbild nicht zur Beschreibung in Reineckers Drehbuch passte (konkret handelte es sich dabei um die tolle "Derrick"-Folge "Eine Reihe von schönen Tagen", die dann Wolfgang Becker inszenierte). Wo siehst Du seine Stärken, Gubanov?
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03.11.2011 21:55
#10 RE: Eure Lieblings-TV-Regisseure der 1960er und 1970er
Mir stößt vor allem das konstante Grädler-Gebashe an jeder nur möglichen Stelle sauer auf. Der Mann hat in so ziemlich allem, was ich bisher von ihm gesehen habe, eine grundsolide bis sogar ausgesprochen gute Leistung (siehe zuletzt "Madeira") abgeliefert. Ich muss aber nochmal unterstreichen, dass gerade in den Sechzigern in meinen Augen noch nicht viel inszenatorische Raffinesse im deutschen Fernsehen herrschte. Insofern setze ich bei den Regisseuren vielleicht niedrigere Maßstäbe als du als Nostalgie-TV-Enthusiast.
Zitat von GubanovMir stößt vor allem das konstante Grädler-Gebashe an jeder nur möglichen Stelle sauer auf. Der Mann hat in so ziemlich allem, was ich bisher von ihm gesehen habe, eine grundsolide bis sogar ausgesprochen gute Leistung (siehe zuletzt "Madeira") abgeliefert.
Von "Gebashe", wie Du es neudeutsch nennst, kann überhaupt nicht die Rede sein. Grädler hat ganz objektiv gesehen auch sehr gute Arbeiten abgeliefert (ich habe ja oben einige Favoriten erwähnt). Von seinen Qualitäten muss vor allem ein Mann überzeugt gewesen sein: Helmut Ringelmann, der ihn 50 "Derrick"s, rund 30 "Alte", 4 "Polizeiinspektion 1"-Folgen, 27 "Kommissar"e, 1 "Georg Thomallas Geschichten"-Folge und 5 Beiträge zu "Kolonne" und "Kriminalmuseum" sowie Folgen der Serie "Eichbergers besondere Fälle" drehen ließ. Davon abgesehen drehte Grädler 26 Folgen von "Der Anwalt" mit Wolfgang Kieling für Elan Film Gierke & Co. - eine Serie, die über (reale) Fälle eines Anwalts berichtete und dementsprechend trocken war (zugegebener Weise aber auch schon in Staffel 1, als noch Heinz Bennent der Anwalt war und Heinz Schirk Regie führte). Davon abgesehen inszenierte Grädler auch Fernsehspiele wie Der Fall Pinedus (1959) oder eine 1971er-"Sissi"-TV-Version mit Marisa Mell sowie einige bayerische TV-Filme. Ich habe fast alle seine Werke gesehen. Nimmt man nun eben das gesamte Oeuvre, so bleibt unterm Strich (allzu) viel durchschnittliche Ware übrig. Nehmen wir die von Dir zitierte "Madeira"-Folge, die zweifellos gelungen ist, her: hier profitiert Grädler von zwei Faktoren: a) der Besetzung mit Curd Jürgens und b) der guten Story von Reinecker. Was ich damit sagen will: Grädler gelang es, ein gutes Drehbuch gut umzusetzen, gleichwohl war er aber oft nicht in der Lage, langatmigere Bücher durch seine Inszenierung aufzupeppen. Das gelang anderen Regisseuren wie Dietrich Haugk oder Günter Gräwert (oder natürlich auch Alfred Vohrer) viel besser. So sind Haugks Spätwerke bei "Derrick" durchwegs noch spannend und sehenswert, während Grädlers Regie in den Folgen seiner Endphase häufig die drögen Reinecker-Bücher nicht mehr aufwerten konnte.
Zitat von GubanovIch muss aber noch mal unterstreichen, dass gerade in den Sechzigern in meinen Augen noch nicht viel inszenatorische Raffinesse im deutschen Fernsehen herrschte.
Du hast ja noch genügend Zeit dank zahlreicher kommender DVD-Veröffentlichungen einen Einblick in die großartigen Arbeiten jener Jahre zu bekommen und kannst Dich getrost auch als Filmliebhaber und Cineast (oder soll ich lieber Teleast sagen?) darauf freuen. Hier muss man auch unterscheiden, ob man nun zur Bewertung gefilmte Stoffe oder das so typische "Fernsehspiel" heranzieht, dessen Charakterisitka u. a. die Fernsehumsetzung theatraler und klassischer Stoffe waren und die häufig im Ampex-Verfahren gedreht wurden (d.h.: mehrere Kameras, kein Schnitt, alles musste chronologisch gedreht werden (siehe Durbridge-Krimis mit Studioatmosphäre à la Halstuch und Tim Frazer). Dazu wurden erstklassige Theaterschauspieler benötigt, die fähig waren, das Stück durchzuspielen, da man - sofern man nicht live sendete - nur ganz große Szenen im Halbstundentakt wiederholen konnte. Immer wieder hört man von Zeitzeugen, dass Kinoschauspieler oft damit überfordert und unqualifiziert dafür waren. Demgegenüber stehen aber eine beachtliche Zahl an Fernsehfilmen, die filmisch mit zahlreichen Kinoproduktionen mithalten können und in deren inszenatorischen Raffinesse diese noch überbieten. Neben Folgen der großen "Krimireihen" der 60er (insb. Die fünfte Kolonne) sind hier auch kleinere Serienproduktionen wie Hafenpolizei erwähnenswert, die durch zahlreiche Schauplätze, Originalaußendrehs, Darsteller und abwechslungsreiche Dramaturgie durchaus das Niveau mancher Kinoproduktionen, die fast ausschließlich in Kulissen gedreht wurden, toppen. Sogar John Oldens erstes Fernsehspiel Keiner stirbt leicht aus dem Jahre 1956 ist in inszenatorischer Hinsicht manchen Kinofilmen voraus. Als durchaus inszenatorisch und "filmisch" interessant würde ich als TV-Kriminalfilme bis ca. 1965 exemplarisch erwähnen: * Gesucht wird Mörder X (1959) u. a. mit Helmuth Rudolph * Der Prozess Mary Dugan (1960) mit Jürgen Goslar und Anaid Iplicjan * Schritte in der Nacht (1961) mit Erik Schumann und Konrad Georg * Die kleinen Füchse (1962) mit Gisela Uhlen, Dieter Borsche und Siegfried Schürenberg * Bedaure, falsch verbunden (1962) mit Harald Leipnitz * Die zwölf Geschworenen (1963) mit E. F. Fürbringer, Mario Adorf, Siegfried Lowitz * Lydia muss sterben (1964) mit Hellmut Lange
Sowie Fernsehfilme wie die Komödie Die eigenen vier Wände (1965) mit René Deltgen und Inge Meysel oder das zweiteilige Apartheid-Drama Der Rivonia-Prozess (1966) von und mit Jürgen Goslar etc.
Schließlich brachte mich dieser Text darauf, unbedingt noch einen Regisseur zu nominieren: John Olden. Der Ehemann von Inge Meysel hat in den ersten TV-Jahren wirkliche Pionierarbeit geleistet, sein erster - oben erwähnter TV-Film - gestaltet sich bereits interessant aber auch Filme wie Schau heimwärts, Engel, Der Biberpelz oder Leutnant Gustl sind ein Muss für jeden, der sich mit dem frühen 60er-TV beschäftigt. Olden legte meist viel Wert auf größten Realismus, das zeigt sich bei seiner Arbeit zur Hafenpolizei. Außergewöhnlich für eine damalige TV-Serie hat er hier zahlreiche Schauplätze und Darsteller für die nur sehr kurzen Folgen gewählt, legt größten Wert auf Authentizität und vergisst nie, aufs Tempo zu drücken. Ebenso erwähnenswert natürlich die 1. Staffel zu Gestatten, mein Name ist Cox und sein großartiger Dreiteiler Die Gentlemen bitten zur Kasse, in den er soviel Herzblut und Anstrengung gesteckt hat, dass er an einem Herzschlag starb. Olden hätte ich später noch gerne so manchen Tatort, Folgen von Sonderdezernat K1, Kommissar oder Derrick inszenieren sehen.
Ein sehr interessanter Thread, über den ich da gestoßen bin! Tolle Besprechungen und Informationen. Ich kann mich eigentlich uneingeschränkt den Meinungen hier anschließen. Ich habe zwar nicht so eine große Kenntnis des deutschen Fernsehens der Sechzigerjahre, würde aber auch mal Regisseure wie Rolf von Sydow, Günter Gräwert, Peter Beauvais, John Olden hervorheben. Rolf von Sydow war sicherlich einer der innovativsten Regisseure jener Zeit, man denke, wie er die Durbridge-Krimis (und insbesondere meinen Favoriten "Wie ein Blitz") aufgepeppt hat. Günter Gräwert schätze ich als Regisseur bei Helmut Ringelmann, was wäre DER ALTE mit Siegfried Lowitz ohne ihn gewesen! Peter Beauvais hat ja wenige Krimis gemacht, hervorheben möchte ich natürlich den vorzüglichen Harry Brent und noch einen anderen Harry, nämlich "Onkel Harry" mit Rudolf Platte. Das war ein wahnsinnig toller TV-Krimi. John Oldens Gentlemen schätze ich ebenso wie die "Hafenpolizei". Zu Theodor Grädler, um den es hier oben in der Diskussion recht hitzig ging, kann ich sagen, dass ich auch viele seiner Arbeiten als eher dröge empfinde und oft das Gefühl hatte, ein anderer hätte da mehr herausgeholt. Grädler hat für Ringelmann so viel gemacht, dass aber auch eine Unmenge an sehr guten Kommissar-, Derrick- und Der-Alte-Folgen mit dabei sind, wobei gerade im Vergleich zu Günter Gräwert die Grädlerschen Folgen so Anfang der 80er Jahre, als Grädler und Gräwert fast ausschließlich bei Kommissar Köster Regie führten, sehr stark verlieren.
Rainer Erler darf hier nicht fehlen. Nicht nur, dass er "Der Hexer" fürs ZDF gedreht hat, vor allem seine hochspannenden Filme "Fleisch" und "Die letzten Ferien", die beide Gott sei Dank auf DVD erschienen sind, zählen für mich zu dem Besten, was in Siebzigerjahren produziert wurde. Auch andere Filme wie "Das blaue Palais" sind Kult. Ein Ausnahmeregisseur, der leider viel zu wenig gemacht hat. Hätte man ihm freie Hand gelassen, er hätte auch eine unvergessliche "Hexer"-Variante gedreht!
Nachdem ich mir soeben mal wieder mit dem allergrößten Vergnügen "Wie ein Blitz" angeschaut habe, möchte ich hier unbedingt noch Rolf von Sydow erwähnen.
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29.06.2013 15:19
#15 RE: Eure Lieblings-TV-Regisseure der 1960er und 1970er
Zitat von Georg im Beitrag #1Günter Gräwert: Wenn dieser Name im Vor- oder Abspann zu lesen ist, dann kann man sich getrost auf einen spannenden Film freuen. Günter Gräwert ist ein absoluter Profi und Könner, dem es auch noch gelang, aus einer faden Vorlage einen halbwegs spannenden Film zu machen.
Die Grabstätte von Günter Gräwert, der bei „Der Alte“ 1978 mit „Die Kolonne“ und bei „Derrick“ 1981 mit „Kein Garten Eden“ debütierte, fanden Percy Lister und ich Anfang Juni rein zufällig bei unserem Spaziergang über den Münchner Nordfriedhof.
Das Grab hinterlässt mit seinem großen, von zwei Säulen gerahmten Stein einen durchaus pompösen Eindruck – Theatermasken und die Inschrift „Günter Gräwert – Regisseur“ zeugen von Gräwerts Schaffen. Dem 1930 geborenen und im Alter von nur 65 Jahren gestorbenen Spielleiter wurde das Epitaph „Es kam der Abend und ich tauchte in die Sterne“ (Else Lasker-Schüler) mit auf den letzten Weg gegeben. Weiße Hortensien sowie dichter Farn- und Efeubewuchs verleihen dem Grab eine klassische, aber auch etwas wilde Note.
Günter Gräwerts Regiearbeiten für die Ringelmann-Krimis zeichnen sich nicht nur durch die von Georg hervorgehobene Spannung, sondern auch durch große Bemühungen aus, das Gezeigte nüchtern und realistisch wirken zu lassen. Gräwert nahm gerade auch dann auf dem Regiestuhl Platz, wenn es darum ging, Folgen zu realisieren, die sich gewissen gesellschaftlichen Problemen widmen (z.B. „Eine Rose im Müll“ oder „Die kleine Ahrens“). Nicht immer schuf er damit große Serienhighlights, enttäuschte sein Publikum aber dafür auch eher selten. Insgesamt schaffte es Gräwert auf 14 „Derrick“- und 45 „Der Alte“-Episoden, wobei er für diese auch manchmal am Drehbuch mitbeteiligt war und Cameo-Auftritte hatte.