Zu meiner Überraschung lief heute auf BR der Film "Hokuspokus", aber nicht mit Liselotte Pulver und Heinz Rühmann, sondern in einer grandiosen s/w-Fassung von 1953 mit vielen uns bekannten Krimi-Gesichtern.
Ich finde, dass beide Verfilmungen (Texte stimmen zu ca. 95 Prozent überein), grandios sind. Timing, Wortwitz, darstellerische Leistung und die Geschicht an sich sind meisterlich, gerne würde für so etwas mal wieder ins Theater gehen.
Leider fehlen mir die ersten drei Minuten des heute ausgestralten Films - falls jemand ebenso begeistert ist und eine gute Aufnahme der alten Verfilmung hat, würde ich mich per PM gerne darüber austauschen.
Danke für den Tipp. Ich befürchte allerdings, dass zu dieser Zeit der MDR hier nicht empfangbar ist - leider teilt er sich den Kanal mit KIKA nach einem verwirrenden Schema.
Ich habe heute Nachmittag die Curt-Goetz-Version auf DVD gesehen. Sehr amüsant. Als Extras gibt es u.a. ein Interview mit Valerie von Martens. Die Mitwirkung der Wallace-Darsteller Hans Nielsen, Elisabeth Flickenschildt und Fritz Rasp machen den Film vertrauter. Die Version mit Heinz Rühmann kenne ich nicht, allerdings bezweifle ich, dass die Original-Version noch zu toppen ist.
Ich kenne die 1953er Verfilmung nicht, aber die von 1966 mit Heinz Rühmann und Lilo Pulver ist recht amüsant und kurzweilig inszeniert, beachtlicherweise ebenfalls von Kurt Hoffmann!
Remake UND (so sehe ich es) das Original gleichzeitig! - Curt Goetz hat das Stück schließlich geschrieben und lange Zeit auf der Bühne gespielt und dann auch endlich im Film umgesetzt.
Die DVD des 1953er "Hokuspokus" ist ein Fest - die Restauration ist sehr gelungen (viel besseres Bild als bei der letzten Ausstrahlung), das Bonusmaterial ist sehr, sehr interessant, menschlich wie historisch.
Ich war sehr überrascht, dass die Heinz-Rühmann-Klassiker HOKUSPOKUS, DR. MED. HIOB PRÄTORIUS und DAS HAUS IN MONTEVIDEO "nur" Remakes von Curt-Goetz-Stücken und -Filmen waren.
Zitat von athurmilton im Beitrag #9Ich war sehr überrascht, dass die Heinz-Rühmann-Klassiker HOKUSPOKUS, DR. MED. HIOB PRÄTORIUS und DAS HAUS IN MONTEVIDEO "nur" Remakes von Curt-Goetz-Stücken und -Filmen waren.
In den 60ern begann mit DAS HAUS IN MONTEVIDEO (mit über vier Millionen Besuchern) eine Renaissance der Curt-Goetz-Stoffe. Weiterhin wurden noch DER LÜGNER UND DIE NONNE und DIE TOTE VON BEVERLY HILLS erfolgreich verfilmt. Für 1967 wurde von Constantin-Film zudem noch das Remake NAPOLEON IST AN ALLEM SCHULD angekündigt. Unter der Regie von Kurt Hoffmann sollten hier neben Heinz Rühmann in der Titelrolle noch Sabine Sinjen und Martin Held spielen. Bis heute kam es nicht zu diesem Remake.
Kriminalkomödie, BRD 1953. Regie: Kurt Hoffmann. Drehbuch: Curt Goetz (Vorlage, 1927: Curt Goetz). Mit: Curt Goetz (Peer Bille), Valerie von Martens (Agda Kjerulf), Hans Nielsen (Gerichtspräsident), Ernst Waldow (Staatsanwalt), Erich Ponto (Mister Graham), Elisabeth Flickenschildt (Zeugin Kiebutz), Fritz Rasp (Diener), Joachim Teege (Zeuge Munio Eunano), Margrit Ensinger, Tilo von Berlepsch u.a. Uraufführung: 1. September 1953. Eine Produktion der Hans-Domnick-Filmproduktion Göttingen im Herzog-Filmverleih München.
Zitat von HokuspokusAgda Kjerulf wird angeklagt, ihren Mann, den Maler Hilmar Kjerulf, ermordet zu haben. Seine Leiche ist aus einem See gefischt worden und ausgerechnet seine Frau war am Tag seines Todes mit ihm im Boot unterwegs. Die Sache scheint völlig klar und das Urteil schon gesprochen – obwohl der Richter von der unnahbaren Dame so angetan ist, dass er sich sogar ein Bild von ihr in seinem Hause aufhängen lässt. Zu allem Überflus wirft Agda Kjerulfs Anwalt das Handtuch; doch sein Nachfolger wirbelt noch einmal gehörig Staub auf ...
„Hokuspokus“ zeigt die vornehme Überlegenheit vergangener Tage, in denen geschliffene Umgangsformen, ein makelloser Sprachgebrauch in niveauvollen Dialogen, eine Villenresidenz und ein hauseigener Diener vom unübertrefflichen Schlage eines Fritz Rasp noch selbstverständliche Aspekte des Alltags bildeten. Entsprechend distinguiert erscheinen die Protagonisten des ursprünglichen Bühnenstücks, die der oberen Gesellschaftsschicht und zugleich der Bildungselite angehören: Hans Nielsen zeigt als Richter einmal mehr sein Talent für vertrauenswürdige, neutrale Abwägerrollen, die seinen Ausflügen ins Schurkenmilieu vorzuziehen sind. Gemeinsam mit Erich Ponto führt er so – um Objektivität und Aufklärung bemüht – in gewissem Maße gleich der Sicht des Zuschauers durch die Handlung und mag vielleicht sogar als die eigentliche Hauptfigur angesehen werden.
Curt Goetz illustriert im Gegenzug dazu die komplette Breite dessen, was ein Mensch mit Verstand, Eloquenz und Witz erreichen kann, wenn er sich auf sein weltmännisches Auftreten und die Wirksamkeit seiner unorthodoxen Methoden verlässt. Er liefert unter dieser Prämisse eine wahrhaftige Glanzleistung als Anwalt Peer Bille ab und interagiert gewandt mit seiner realen Ehefrau Valérie von Martens, die eine jener faszinierenden weiblichen Verbrechertypen zu verkörpern scheint, deren Reinheit und unschuldige Anmut auch durch kaltblütige Lügen auf die schwerwiegendsten Anschuldigungen nicht beeinträchtigt werden. – Als der gesonderten Erwähnung würdig erweist sich auch Ernst Waldow, Dauergast in deutschen Krimispielen der 1950er Jahre – oft als Kriminalkommissar, hier als prinzipientreuer Staatsanwalt, der mit mondrunder Brille und keckem Spitzbart als Symbol ehrwürdiger, stolzer Ernsthaftigkeit und gleichsam biedermännischer Dummheit ein perfektes Gegenstück zum angriffslustigen Goetz bildet.
Die Gestaltung des Gerichtssaals, in dem weite Teile des Films spielen, verdeutlicht die Kunstfertigkeit der Produktion: Er hebt sich – dank einer verdienstvollen Idee von Valerie von Martens – immens von anderen Schauplätzen seiner Art ab und verleiht dem Film damit Lockerheit und Stil:
Zitat von Booklet zur DVD „Edition Filmmuseum 16: Hokuspokus“, S. 2Hans* [*) Hans Abich, Produzent] bringt das Modell des Gerichtssaales nach Merlingen. Valerie sagt: Unmöglich! Hans sagt: Das ist doch wunderbar! Und alles ist authentisch. Valerie sagt: Wir sind alle dunkel, die Talare schwarz, ich in Trauer. Was sollen wir auf dem dunkelbraungetäfelten Hintergrund? Unser Gerichtssaal muss sein wie aus Schlagobers, appetitlich, geradezu einladend, luftiges Barock wie Birnau am Bodensee, Bibliothek Stift Melk, oben machen wir Ochsenaugen, und alles ganz in Weiß. Hans sagt: Richtig, Valerie! Ich lasse abreißen und neu bauen. Drehbeginn wird um ein paar Tage verschoben.
Wenn man „Hokuspokus“ unbedingt etwas vorwerfen möchte, so muss es wohl der Umstand sein, dass der Film seine Wurzeln als Theaterstück insofern verleugnet, als er gegen Ende für mehrere Rückblenden und eine Schlussszene den dominanten Gerichtssaal wieder verlässt und damit ein Stückweit die so aufwendig manifestierte Atmosphäre aufbricht. Die Ergänzungen sind jedoch – abgesehen von den nichts Neues bringenden Zeitungsschlagzeilen – von einer so bestechenden Qualität und Emotionalität, dass eine Kritik hieran vermessen wäre.
Schlagfertig, intelligent und trotz des Kriminal-Komödien-Stempels kein bisschen lächerlich. Ein Wohlfühl-Film alter Schule mit Esprit und außergewöhnlichem Spiel der Akteure. 5 von 5 Punkten.
Im Vorspann wird "Hokuspokus" als Justizkomödie bezeichnet, dabei beginnt der Film sehr düster als Mordtragödie. In stimmungsvollen Bildern erleben wir den Gerichtspräsidenten (Hans Nielsen) in seinem eleganten Anwesen, wobei Ereignisse angedeutet, Vermutungen geäußert und Taten angekündigt werden, die diesen Film in die Nähe eines Mystery-Thrillers rücken. Die anschließende Gerichtsverhandlung ist weitaus leichtfüßiger inszeniert und sprüht vor Wortwitz und brillanten Dialogen. Im Mittelpunkt steht das Trio Goetz - von Martens - Nielsen, das scheinbar gegeneinander kämpft, insgeheim jedoch zur Freundschaft bestimmt ist.
Als besonders talentierter Darsteller tut sich Curt Goetz hervor, der in den verschiedenen Rollen zu überzeugen weiß. Als nächtlicher Besucher ist er unheimlich und geheimnisvoll, als geschliffener Verteidiger bietet er dem Staatsanwalt Paroli und erheitert gleichzeitig das Saalpublikum und als Hilmar Kjerulf zeigt er sein Herz und seine Seele. Valerie von Martens als Agda Kjerulf ist die Partnerin an seiner Seite, die mehr als nur eine Vertraute ist. Sie schafft es, die hohe Gerichtsbarkeit vom wirklichen Ablauf des "Mordes" zu überzeugen. In weiteren Rollen sehen wir die Größen ihrer Zeit: Elisabeth Flickenschildt und Erich Ponto. Mit Charme, List und Scharfsinn setzen sie Glanzlichter in dieser Verfilmung, der man nicht ansieht, dass sie bereits Anfang der Fünfzigerjahre entstanden ist.
Die Handlung ist nur scheinbar vorhersehbar: Gegen Ende gibt es ein wahres Feuerwerk an Enthüllungen, sodass man bis zur letzten Minute mitfiebert. Ebenso wie das Zirkuspublikum applaudiert man den beiden Künstlern, die es geschafft haben, unser Herz zu erfreuen. Wenn man anschließend im beigelegten Booklet lesen kann, dass von Martens und Goetz auch privat verbunden waren, so wundert dies nicht. Man freut sich, wieder einmal Einblick in eine harmonische Partnerschaft genommen zu haben. "Hokuspokus" ist weitaus gelungener als es der selbstkritische Curt Goetz in seinen Tagebuchaufzeichnungen niederschreibt. Ob die Zofe nun blond oder dunkel ist, stört niemanden. Das Gesamtkunstwerk zählt und dieses kann eine nachhaltig positive Wirkung entfalten.