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 Francis Durbridge
Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 645

29.08.2023 09:12
Die gelbe Windmühle (Roman - 1954/1965) Zitat · Antworten

Die gelbe Windmühle

Die kleine Tochter des einflussreichen Bankpräsidenten Cedric Kelford wird entführt, als Lockmittel dient eine Miniaturausgabe einer Windmühle in Gelb. Der alleinstehende Inspektor Mike Houston von Scotland Yard wird auf den Fall angesetzt. Doch er und sein Mitarbeiter Loman treten auf der Stelle, ein vermeintlicher Hinweisgeber wird umgebracht. Bald schon ist Houston persönlich betroffen, da sein Sohn Dennis zuhause vor dem Fernsehgerät erschossen wird. Am Tatort ist eine kleine gelbe Windmühle eingeritzt. Houston und seine attraktive Tochter Rona sind fassungslos. Welche Verbindung von Dennis zu der Entführerbande gibt es? Dass Dennis in Kelfords Bank angestellt war, ist doch bestimmt kein Zufall (?). Lange Zeit für Trauer bleibt nicht, denn natürlich will Houston, von der Tochter unterstützt, den Mörder dingfest machen. Die dramatischen Umstände gehen weiter, es gibt Mordversuche auf die Houstons, Einbrüche in die Wohnung, auch gibt es immer mal aussagewillige Zeugen, welche allerdings nicht zum Reden kommen. Jetzt trifft auch eine Lösegeldforderung für das entführte Kind ein, wobei einige Übergabeversuche scheitern. Doch wer sind die Hintermänner der Affäre? Da gibt es den Freund von Rona mit Namen Carl Knight, den diese bei ihrem Job als Schauspielerin kennengelernt hat und den Papa Mike nicht mag. Weiter einen eher stillen Verehrer namens Bob Harridge, ein ehemaliger Kollege von Ronas getötetem Bruder Dennis. Beide scheinen in Beziehung zu der etwas auffälligen Mary Latimer zu stehen. Die Spuren in dem Fall führen die Polizei zu dem nicht sonderlich sympathischen Arzt und Herzspezialisten Dr. Spedro, später auch zu dessen wesentlich netterer Ehefrau Margarita. Immer wieder treten kleinere und größere Handlanger der Verbrecher auf, die jedoch keinen Fingerzeig auf den großen Boss im Hintergrund liefern können. Schließlich, nach einigen Toten und einer glücklich wieder aufgetauchten Bankertochter kann man dem Unhold fast nebenbei doch ans Leder, wobei es dann doch noch eine abschließende Überraschung gibt…

In dieser Geschichte gibt es durchgängig action, die Handlung ist etwas dialoglastig, die sonstigen Beschreibungen sind sehr sparsam gehalten. Der Autor hätte wohl wirklich besser daran getan, für seine „Ghostwriter“, die seine Hörspiele, Theaterstücke oder was auch immer in eine Romanform gegossen haben, doch etwas mehr Zeit einzukalkulieren und welche zu suchen, die eine liebevollere Arbeit abgeliefert hätten. Aber sicher muss man sich für eine Zeitungsserie wie hier bei der gelben Windmühle auch auf das Notwendigste beschränken.
Natürlich muss man Durbridge und seinen Zunftgenossen zu dieser Zeit dankbar sein, dass sie ihre Leser nicht mit endlosen pseudo-psychologischen Erklärungen und ausgewälzten privaten Problemen ihre Ermittler quälen. So weit ist das okay, doch wie sich das Vater-Tochter-Gespann nach der Ermordung des Sohnes bzw. Bruders verhält, ist nun auch kaum glaubwürdig, selbst wenn man berücksichtigt, dass sie durch die äußeren Umstände kaum zur Besinnung kommen. Nicht mal eine Beerdigung für Dennis scheint es zu geben. Ebenso ist der reiche Kelford kaum als sorgengeplagter Vater einer entführten Tochter vorstellbar.

Auch ansonsten wird der Logikfetischist nicht so die helle Freude an der Handlung haben. Es gibt Mordversuche, die eher sinnlos sind und nicht aufgeklärt werden, die Lösegeldübergabe geht öfter daneben, wobei sich sowohl die Polizei als auch die angeblich gut organisierte Erpresserbande alles andere als professionell verhalten. Das Gestümper ist eher schon mehr als leichtsinnig, wo es auch um das Leben eines Kindes geht. Wobei der Entführungsfall seltsamerweise mittendrin mal fast vergessen wird. Außerdem verhalten sich die fieberhaft arbeitenden Ermittler bei aussagewilligen Leuten seltsam gemächlich, so dass diese in der Zwischenzeit von fremder oder auch eigener Hand ins Jenseits geschickt werden können. Merkwürdig ist, dass ausgerechnet die Person der Organisation, die dem Big Boss am meisten schaden kann, von diesem verschont wird. Ein grober Fehler ! Daneben ist der Bursche allerdings auch ziemlich schlau und verschlagen, um Aussagen und Erklärungen und dem Legen von falschen Spuren nicht verlegen.

Zwar begehen die Bösewichter die üblichen Unsinnigkeiten vieler Romanschurken, indem sie überall deutliche Fingerzeige auf ihr Wirken, hier gelbe Windmühlen, in der Gegend verteilen, damit die begriffsstutzige Polizei endlich auch mal ein paar Anhaltspunkte hat. Allerdings muss man dem Autoren zugute halten, dass er hier noch eine Wendung in der Hinterhand hat, die die ganze Sache in einem anderen und durchaus logischem Licht erscheinen lässt. In diesem Falle kann man sagen, dass er diesen modus operandi der Täter fast schon karikiert. Francis Durbridge hat einen in dieser Hinsicht doch unerwarteten Abschluss der Verbrechensauflösung kreiert.
Er hat wie sein großes Vorbild Wallace nicht darauf verzichtet, für die hübsche Rona ein etwas hastig hinterhergeschobenes Happyend zu produzieren, wobei die Lady sogar eine recht gute Partie macht, was man ihr aber gut gönnen kann, bei den Mannsbildern, die sie so bisher kennengelernt hatte. Leider hat ihr Vater nicht ein ähnlich gelagertes Glück, da ihm der Mörder dazwischenfunkt.
Es gibt eine relativ große handelnde Personenanzahl, die Abwechslung ins Geschehen bringt.
Der Krimi ist flüssig und schnell zu lesen. Mal was für ein verregnetes Wochenende. Sicher hätte sich der Stoff auch gut für eine Verfilmung geeignet. Irgendwie dachte ich schon, dass es ein paar Gemeinsamkeiten mit dem Don-Siegel-Thriller Die schwarze Windmühle geben könnte, aber das scheint doch zu weit hergeholt.
Insgesamt hat die reine Romanhandlung so gute 180 Seiten.

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