Zitat von Ray im Beitrag #3an sieht es am Beispiel Batman: Nach der ohnehin schon düsteren "Dark Knight-Trilogie" folge nun der gefühlt noch düstere "The Batman". Ich kann mir nicht wirklich vorstellen, dass man zukünftig wieder mehr auf vordergründige Action, Gadgets und Selbstironie setzt, auch wenn es im Sinne des Kontrasts m.E. wünschenswert wäre. Ich brauche jedenfalls kein neues Reboot, das (noch) weiter die Familienhintergründe und das Seelenleben von Bond erforscht und bei dem sich Bond innerhalb einer Ära mehrfach unsterblich verliebt.
Ich muss sagen, mir hat "The Batman" als quasi Film-Noir-Version eines Superheldenfilms sogar noch besser gefallen, als die Nolan-Trilogie. Wenn es bei Bond in eine ähnliche Richtung gehen würde, hätte ich da absolut nichts gegen. Das wäre dann ja auch irgendwie ein Back-to-the-roots in Richtung Dr. No oder From Russia with Love, die ja auch noch mehr Agentenfilme waren und keine Superagentenfilme.
Wobei ich aber zu einem reinen Eskapismus-Bondfilm auch nicht nein sagen würde. Hauptsache wir haben die End-Craig-Ära am Ende hinter uns gelassen mit seinem aufgeblasenen Pathos, nachträglich konstruierten Querverbindungen und aufgeblasener Bedeutungsschwere. Das soll jetzt nicht heißen, dass ich die letzten drei Bondfilme schlecht gemacht finde, aber sie sind halt doch irgendwie sehr anstrengend. Leider.
Und wo kommt eigentlich der Trend zur Überlänge her? The Batman 177 Minuten, No Time To Die 163 Minuten. Dabei heißt es doch immer, Generation TikTok hätte so eine kurze Aufmerksamkeitsspanne...
Gegen ein Anknüpfen an die Machart von "Dr. No" und "Liebesgrüße aus Moskau" hätte ich auch nichts. Nicht zu viel Action-Bombast, etwas handlungsgetriebener, aber trotzdem Humor und vor allem nicht dieser Pathos/diese Bedeutungsschwere. Nur befürchte ich, fragte man die Bond-Macher, war die Ausrichtung seit "Skyfall" schon eine Rückbesinnung an den klassischen Bond - mit modernem Dreh eben.
Diesen erkennbaren Trend mit den langen Laufzeiten führe ich auf den Serien-Hype der letzten Jahre mit diesem Hang zu gewollt immer komplexeren Handlungsaufbauten und Figuren zurück. Da meint man offenbar, dass man da auch beim Blockbuster-Kino mitziehen muss. Selbst die letzten Beiträge von "Fast & Furious" und "Mission: Impossible" gingen fast 150 Minuten. Wobei Letzterer dabei trotzdem nicht langatmig geraten ist.
Nachdem die Presse sich lange Zeit damit zufrieden gegeben hat, geduldig über den nächsten Bond-Darsteller zu spekulieren und nur sehr gelegentlich Gerüchte zur Entwicklung hinter den Kulissen aufkamen, sorgt jetzt ein umfangreicher Artikel des "Wall Street Journal" für größeren Wind.
Darin wird unter Berufung auf Stimmen aus dem Umfeld von Bond-Produzentin Barbara Broccoli einerseits sowie Amazon MGM Studios andererseits beschrieben, dass die Fronten der beiden Partner mittlerweile wohl verhärtet sind. Amazon hatte 2022 das Traditionsfilmstudio MGM übernommen, das auch die Verwertungsrechte an Bond hält. Die kreative Kontrolle über jegliche Neuentwicklungen liegt aber weiterhin unangetastet bei der Produktionsfirma EON, die Broccoli neben Michael G. Wilson führt. Der Weg nach vorn kann also nur gemeinsam gelingen. Den möglichen Konflikt hatte ich ich schon bei meinen Kommentaren zur MGM-Übernahme prognostiziert: Amazon hat Interesse daran, die Marke "James Bond" v.a. umfangreicher für "Prime Video" zu nutzen und liebäugelt mit Spin-Off-Serien. Bisher wurde seitdem die 007-Reality-Reihe "Road to a Million" (Braucht niemand!) und eine Soundtrack-Doku (Nettes Bonusmaterial!) auf den Weg gebracht. Das ist dem nunmehr New-Economy-geprägten Studio dem Vernehmen nach nicht genug. Broccoli hingegen sieht sich in der Pflicht, das Familienerbe zu bewahren und möchte die Bond-Marke auf keinen Fall zu sehr diversifizieren. Das Wall Street Journal behauptet, sie habe die Amazon-Manager gegenüber einer vertrauten Person als "Fucking Idiots" bezeichnet. Es geht also im Grunde um Silicon Valley gegen Old Hollywood und der Konflikt scheint auch die Vorbereitungen für den nächsten Bond-Film mindestens zu bremsen. Zwar ist zugesichert, dass Bond-Filme in erster Linie ein Kinoprodukt bleiben, das schwindende gegenseitige Vertrauen ist aber sicherlich keine Hilfe, einen gemeinsamen Plan zu entwickeln.
Danke für diesen aufschlußreichen Beitrag. Es zeigt sich auch hier dass es immer wieder Mächtige gibt die mit Gewalt reich werden wollen.
Gruss
Havi17
Wenn die Macht der Liebe die Liebe zur Macht übersteigt, erst dann wird die Welt endlich wissen, was Frieden heißt (Jimi Hendrix)
Die Rüstungsindustrie ist eine der größten Gefährdungen der Menschheit. Albert Einstein
Die Welt wird nicht bedroht von den Menschen, die böse sind, sondern von denen, die das Böse zulassen. Albert Einstein
Ich hoffe, Broccoli bleibt bei ihrer Position, selbst, wenn es Jahre ohne neuen Film bedeuten würde. Marken wie "James Bond" können ihren Wert nicht halten, wenn man den Markt (wie bei "Star Wars", wo es selbst unter Fans so langsam Ermüdung gibt) mit Spin-Offs und Prequels flutet. Alle 2-5 Jahre ein neuer Film mit Event-Charakter, mit dem man richtig abräumt und parallel kann man ja mit Produkten zu den Filmen ordentlich Kohle machen.
Ich denke, das bei James Bond die Zeit für die "alten" Fans (wie auch mich) ohnehin vorüber ist. Gibt es überhaupt jemanden dem z.B. GOLDFINGER gefällt und welcher dann auch SPECTRE oder KEINE ZEIT ZU STERBEN gut findet? Vor allem die Craig-Bonds haben - bis auf CASINO ROYALE - überhaupt nichts mehr mit der Vorlage (Romane und ursprüngliche Filme) zu tun. Deshalb ist es mir auch ziemlich egal, was mit der Serie weiter passiert. Die letzten 4 Filme wie auch ein paar Brosnan-Filme sind die mit Abstand schlechtesten "Bond-Filme". Aber der Erfolg (an den Kinokassen) gibt den Machern schließlich Recht.
Zitat von Edgar007 im Beitrag #20Ich denke, das bei James Bond die Zeit für die "alten" Fans (wie auch mich) ohnehin vorüber ist. Gibt es überhaupt jemanden dem z.B. GOLDFINGER gefällt und welcher dann auch SPECTRE oder KEINE ZEIT ZU STERBEN gut findet? Vor allem die Craig-Bonds haben - bis auf CASINO ROYALE - überhaupt nichts mehr mit der Vorlage (Romane und ursprüngliche Filme) zu tun. Deshalb ist es mir auch ziemlich egal, was mit der Serie weiter passiert. Die letzten 4 Filme wie auch ein paar Brosnan-Filme sind die mit Abstand schlechtesten "Bond-Filme". Aber der Erfolg (an den Kinokassen) gibt den Machern schließlich Recht.
Das würde ich für meinen Teil (mit Ausnahmen) unterschreiben, aber dennoch finde ich, dass auch die letzten Craig-Bond-Filme ihren Platz im Kino verdient haben als (mehr oder weniger) handgemachtes Action-Kino. So sehr mir die Filme missfielen, waren sie doch handwerklich super gemacht und strahlten mehr Wärme aus als 95 Prozent der seelenlosen Action-Bombast-Filme, die sonst so über die Leinwände flackern. Wenn man ehrlich ist, hatte schon "Goldfinger" nicht mehr viel mit den Romanen zu tun, auch wenn er sich Handlungs-technisch noch nah daran hielt. Gadgets und Glamour gab es bei Fleming weniger, dafür mehr Selbstzweifel und Härte. Von daher ist Craig als Typ dem Fleming-Bond schon durchaus nahe, wenn auch optisch viel weniger. Gerade "Casino Royale" ist vielleicht so nah an Fleming gewesen wie kaum einer der Filme seit "Liebesgrüße aus Moskau". "Ein Quantum Trost" litt leider unter dem Drehbuchstreik, in Bezug auf Stimmung, Atmosphäre, Musik, Kamera, Setting und Co finde ich persönlich ihn Klasse. Danach schlug man mit Mendez leider einen Weg ein, der mir nicht gefiel. Ich bin gespannt, was nun kommt. Es ist nicht so, dass ich nun die Tage herunterzähle bis ich endlich den neuen Bond im Kino sehen kann, aber nach "Stirb an einem anderen Tag" (bei dem ich fast aus dem Kino gegangen wäre) hatte ich mit Bond abgeschlossen, nach der Vorstellung von Daniel Craig erst Recht - und man sieht, dass es voreilig war. Sofern der neue Darsteller passt, man nicht dem Zeitgeist mit serieller Erzählung begegnet (wie bei den letzten Bond-Filmen misslungen aufgepropft) und sich auf die eigenen Stärken besinnt anstatt Elemente aus "The Dark Knight" und Co kopieren zu wollen, bin ich vielleicht wieder an Bord - und selbst wenn es nur ein unterhaltsamer Kino-Abend sein sollte, ohne lange Nachwirkung.
Ich bin da ganz bei Fabi88. "Casino Royale" und "Ein Quantum Trost" haben mich beide noch überzeugt, letzterer ist sogar immer noch in meiner Top 3 der Bondfilme. Ab dann wurde es mir auch zu - wie soll ich sagen? - aufgeblasen und bedeutungsschwanger.
Von daher hoffe ich, dass man sich mit dem nächsten wieder neu orientiert.
Zitat von Fabi88 im Beitrag #21So sehr mir die Filme missfielen, waren sie doch handwerklich super gemacht und strahlten mehr Wärme aus als 95 Prozent der seelenlosen Action-Bombast-Filme, die sonst so über die Leinwände flackern.
Ja, sicher. Aber mit "James Bond" (wie Ian Fleming ihn erschuf) haben sie rein gar nichts mehr zu tun. Handwerklich vielleicht ganz gut gemacht - aber der Protagonist könnte im Prinzip jeden beliebigen Namen tragen - heißt halt aus Marketing-Gründen (immer noch) James Bond
Zitat von Fabi88 im Beitrag #21So sehr mir die Filme missfielen, waren sie doch handwerklich super gemacht und strahlten mehr Wärme aus als 95 Prozent der seelenlosen Action-Bombast-Filme, die sonst so über die Leinwände flackern.
Ja, sicher. Aber mit "James Bond" (wie Ian Fleming ihn erschuf) haben sie rein gar nichts mehr zu tun. Handwerklich vielleicht ganz gut gemacht - aber der Protagonist könnte im Prinzip jeden beliebigen Namen tragen - heißt halt aus Marketing-Gründen (immer noch) James Bond
Als großer Fan der Romane muss ich dann aber eben wiederholen, dass die Filme ab "Goldfinger" Nichts mehr mit Ian Fleming zu tun hatten (Handlungsteile mal ausgeklammert) und man mit "Casino Royale" und "Ein Quantum Trost" viel mehr zu Flemings Figur und der Stimmung der früheren Romane zurückgekehrt ist - mit wesentlich mehr Action natürlich. Was ja eher bemängelt wird, ist, dass die neuen Filme sich vom cool-eleganten-selbstironischen Bond entfernt haben, den wir vom späten Connery oder dann mit Roger Moore und Pierce Brosnan gewohnt sind. Aber das ist keine Abkehr von Fleming, sondern vom Pop-Kultur-Bond, den EON aus der Fleming-Figur erschaffen hat. Das finde ich ebenfalls schade und am Ende von Skyfall (Craig wird von Moneypenny empfangen, wirft seinen Hut, M sitzt im Büro) hatte ich das Gefühl, wir bekommen den "alten" Bond zurück. Aber dann muss man mit den "alten" Bond-Filmen argumentieren, nicht etwa mit Flemings Werk. Und allein auf die Filme bezogen: die Figur Bond in "Dr. No" unterscheidet sich wesentlich von der in "Diamantenfieber", dann gibt es noch den Bond in "Lizenz zum Töten" oder in "Octopussy". Es gab Phasen, da war Bond nur am schieren Produktionsaufwand und seinem Smoking zu erkennen, vielleicht noch durch John Barrys Soundtracks. All das sage ich als jemand, der die letzten drei Bond-Filme nicht so toll fand, aber es ist immer noch Bond. Auch die alten Filme hatten oft genug Einflüsse aus aktuellen Film-Trends - siehe "Leben und sterben lassen", der sich an den Blaxploitation-Hype anhing oder "Moonraker", der versuchte Bond in Richtung "Star Wars" zu bugsieren. Zeitgeist ist bei einer Figur wie Bond essentiell. Passenderweise gibt es ja aktuell große Retro-Bewegungen, deswegen konnte Daniel Craig wieder im Aston Martin DB5 herumfahren ohne wie ein altmodischer Trottel zu wirken. Man stelle sich einmal vor, Roger Moore wäre in seinen Filmen in Oldtimern aus den 20er und 30er Jahren herumgefahren. Mal schauen, was uns erwartet. Wenn man da nun einen großen Bogen spannen will mit einer durchgehenden Erzählung mit neuem Darsteller von Erreichen des Doppel-0-Status bis zum Dienstende/Tod nach 5 Filmen, habe ich da auch keine Lust drauf. Ob man sich traut die alte Formel zu reaktivieren und alle 3-4 Jahre einen Eventfilm ins Kino zu bringen, den man ohne Kenntnis der vorigen Filme genießen kann, weiß ich nicht.
Zitat von Fabi88 im Beitrag #24Als großer Fan der Romane muss ich dann aber eben wiederholen, dass die Filme ab "Goldfinger" Nichts mehr mit Ian Fleming zu tun hatten (Handlungsteile mal ausgeklammert) und man mit "Casino Royale" und "Ein Quantum Trost" viel mehr zu Flemings Figur und der Stimmung der früheren Romane zurückgekehrt ist - mit wesentlich mehr Action natürlich.
Welche Romane hast Du denn gelesen? Feuerball oder Im Geheimdienst ihrer Majestät sind ja doch noch eher romangetreue Verfilmungen. Da kann vielleicht noch CASINO ROYALE (für mich der mit Abstand beste Film nach Roger Moore) mithalten. Aber die anderen 4 Craig-Bonds sind doch KEINE "echten" James-Bond-Filme mehr.
Tatsächlich alle - teilweise mehrfach und teilweise im unübersetzten Original... Ich spreche ja eben nicht von der Handlung, die hier und da "romantreu" übernommen wurde, sondern explizit von der Figur, weil Du damit argumentieren wolltest. Flemings Bond ist ein hier und da sogar mit sich selbst und seinen Aufgaben hadernder Auftragskiller, der selbst eigentlich recht bescheiden in einer Zwei-Zimmer-Wohnung in Chelsea lebt und längst nicht in allen Romanen den permanent Smoking tragenden Superman in edlen Locations gibt. Vor allem, wenn es um Casinos geht, wird manchmal sogar eine gewisse Abscheu gegen den dort zur Schau getragenen Reichtum und das pompöse Drumherum deutlich. Auch hantiert er in den Romanen nicht permanent mit technischen Spielereien herum und benötigt oft Hilfe Dritter um sich aus schwierigen Situationen zu befreien. Er steckt auch (nicht nur bei "Casino Royale") wesentlich mehr ein, als es bei Connery, Moore oder Brosnan in den Filmen der Fall war. Er hat Charisma, ist aber längst kein Schönling und eigentlich auch kein Held, sondern von Fleming selbst als durchaus moralisch ambivalente Figur angelegt. Man kann bei den bisherigen Bond-Darstellern auf verschiedene Art und Weise Vergleiche zum Fleming-Bond anstellen. Optisch am nähesten war (bisher) wohl Timothy Dalton an Flemings Vorstellungen. Bond-Experten haben rein von der Figuren-Anlage oft auch George Lanzenby als Fleming-nah beschrieben, weil er die Rolle durch und durch ernst nahm und ihm die ironische Distanz, die Connery mitbrachte, fehlte. Connery war (wohl unter Terence Youngs entsprechender Führung) bei "Dr. No" und "Liebesgrüße aus Moskau" noch auf diesem ernsten Pfad unterwegs, die zynischen Kommentare zu toten Handlangern, die ihren Widerhall bis in Parodien wie "Austin Powers" fanden, sind bei Fleming aber auch nicht zu finden. Daniel Craigs Figur ist optisch überhaupt nicht, was Fleming sich vorstellte, aber charakterlich relativ nah dran, wenn er das mit den Selbstzweifeln (und vor allem Hinterfragen seiner Arbeit) sowie Moral dann doch etwas übertreibt. Dass die Filme nach "Casino Royale" keine Handlungs-Elemente der Romane mehr aufweisen, ist unbestritten, aber es ging ja um den Charakter und die Figur James Bond. Roger Moore und "Romantreue" auch nur entfernt miteinander in Verbindung zu bringen, lässt mich dann doch eher fragen, ob Du nicht doch eher Romane von John Gardner und Co gelesen hast? Moore hatte nun ja wirklich 0,0 vom Bond aus den Romanen - mit gutem Willen vielleicht noch optisch.