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Dieses Thema hat 7 Antworten
und wurde 588 mal aufgerufen
 Romane
Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 645

19.07.2018 12:26
Prominente Edgar-Wallace-Leser Zitat · Antworten

Den Romanen von Edgar Wallace hat ja von Anbeginn an, wie eigentlich vielen Krimis oder Thrillern, immer der Makel der Schmuddeligkeit und literarischen Minderwertigkeit angehaftet. Eigentlich mal interesant zu schauen, in wessen prominenter Gesellschaft sich der sorglose Wallace-Leser befindet. Ich habe mal angefangen, ein paar mehr oder weniger berühmte Personen mit literarischen Wallace-Ambitionen zusammenzutragen. Vielleicht kann ja der eine oder andere die Aufstellung ergänzen oder erweitern...


Konrad Adenauer

Als ich kurz nach der Wende die Edgar-Wallace-Jubiläumsedition von Goldmann erstand, da begrüßte mich in jedem Band folgendes Zitat:
"Abends, wenn ich abgespannt bin, greife ich instinktiv nach einem Edgar Wallace, bin im Nu in der Handlung, vergesse den ganzen Jammer des Alltags, bin froh und mutig."
Diese hehren Worte stammen von Konrad Adenauer, der sogar mir als Ossi wohlbekannt war (natürlich zu dieser Zeit nur negativ). Tatsächlich scheint Anfang der Neunziger der erste deutsche Bundeskanzler noch in dem Verdacht gestanden zu haben, durch Angabe seiner Aussprüche verkaufsfördernd zu wirken. Ob heute ein gerade mal Volljähriger wüsste, wer Konrad Adenauer war ? Keine Ahnung, aber viele in diesem Alter würden auch kaum Edgar Wallace lesen.
Jedenfalls war Adenauer für seine Vorliebe für englische Krimis bekannt, und speziell auch für sein Interesse an Wallace. Noch heute sollen im Adenauer-Haus in Rhöndorf in seiner Bibliothek die Wallace-Bände stehen, in jedem fein ordentlich die Initialen des Besitzer hineingeschrieben. Da wurden gar schon intellektuelle Überlegungen angestellt, was diese Art der Lektüre über seinen Besitzer aussagen soll. Muss ein Staatschef eigentlich nur Goethe und wissenschaftliche Abhandlungen lesen, oder darf's nicht doch auch mal ein bisschen weniger sein ?


Adolf Hitler

So makaber es klingen mag, aber auch der "Führer" nannte neben den Karl-May-Büchern auch die ganze Edgar-Wallace-Ausgabe sein Eigen. Das immer noch bekannteste oder auch berüchtigste deutsche Staatsoberhaupt soll ein großer Fan des Krimi-Schriftstellers gewesen sein, es gibt hier einige interessante Stellen im Internet zu finden. Diese Vorliebe teilte er mit einem Großteil der Bevölkerung des Dritten Reiches, die Wallace-Romane erfreuten sich über die Weimarer Zeit hinaus großer Beliebtheit. Das änderte sich erst mit Beginn des Zweiten Weltkrieges. (Hitler selber soll sein Interesse für Trivialliteratur eher peinlich gewesen sein, wenn man des Ausführungen von Das Buch Hitler glauben kann, welches extra für seinen Hauptfeind Stalin nach dem Krieg geschrieben wurde). Auch hier wurde wieder viel vermutet, wie denn diese Art Literatur sein Denken und Handeln beeinflusst haben könnte.


Graham Greene

Das Vorwort der Edgar-Wallace-Biographie von Margaret Lane im Jahre 1964 wurde von keinem Geringeren als dem englischen Schriftsteller Graham Greene verfasst. Der befand sich Mitte der sechziger Jahre auf dem Höhepunkt seiner Bekanntheit und beschreibt seine einzige Begegnung mit Edgar Wallace, offenbar irgendwann Ende der zwanziger Jahre. Damals war der "König des Thrillers" im Zenit seiner Karriere, während Greene gerade am Beginn seiner schriftstellerischen Laufbahn stand. Greene, dessen Romane viel mit Moral, Religion, Spionage und linkem Denken zu tun haben, wollte sein Leben lang als ersnthafter Autor bekannt sein, doch er war auch von vielen anderen Literaten beeinflusst. Offenbar hat er Wallace wirklich geschätzt, denn wie anders ist es zu erklären, dass die (verbrecherische) Hauptperson seiner bekannten Erzählung Der dritte Mann den Namen "Harry Lime" hat? Genau so hieß auch der Hauptschurke in Wallace' Frosch mit der Maske.


Gilbert Keith Chesterton

Den Freunden der literarischen Detektivgeschichte ist Chesterton als Schöpfer des Father Brown sicher wohlbekannt. Die Geschichten um Pater Brown wurden unzählige Male verfilmt, auch zweimal in den Sechzigern mit etwas mehr oder weniger Wallace-Touch mit Heinz Rühmann in der Titelrolle, und zu Hörspielen verarbeitet. Dabei geht es nicht um Action, sondern neben der kriminalistischen Auflösung oft auch um Fragen der Moral und Schuld und Sühne. Chesterton war sogar Vorsitzender des Detection Clubs, der die Regeln für einen fairen Kriminalroman erstellte. Er war etwa gleichaltrig wie Edgar Wallace, hatte eine noch größere Leibesfülle und war eine ebenso schillernde Figur. Im Gegensatz zu Edgar Wallace diskutierte er auch häufig und recht entschieden politische und religiöse Standpunkte in der Öffentlichkeit und verfasste auch "ernsthafte" Literatur. Die beiden kannten sich persönlich und hatten auch eine gewisse Ähnlichkeit miteinander. Chesterton soll Wallace geschätzt haben, obgleich er seine Massenproduktion wohl nicht so mochte. So weit ich mich erinnere, war in Margaret Lanes Buch eine Passage über die beiden zu lesen, bin aber nicht ganz so sicher.


Heinrich Mann

Der Verfasser solcher Werke wie Professor Unrat oder Der Untertan stand stets im Schatten seines bekannteren Bruders Thomas Mann. Er setzte sich sehr kritisch mit den Zuständen im deutschen Kaiserreich auseinander, und 1933 musste er wegen seiner politischen Haltung emigrieren. Obwohl es sein Ziel war, anspruchsvolle und aufklärerische Bücher zu schreiben, hat er sich doch recht positiv über Edgar Wallace und seine Qualitäten als Autor geäußert. Das Bedürfnis des Lesers nach Zerstreuung und Vergnügen abseits des tristen Alltags werde bestens bedient. Natürlich konnte es sich Mann nicht verkneifen hinzuzufügen, dass das Ganze ja nur eine Kunstwelt ist und keinerlei aufklärerische Funktion habe. Ihm schwebte offenbar mehr eine Synthese des sozialkritischen Romans mit den Mitteln der Trivialliteratur vor.


Daneben gab oder gibt es auch noch andere mehr oder weniger bekannte Wallace-Leser:

-King Georg VI (bekannt als stotternder britischer König aus The King's Speech) war bekennender Wallace-Konsument
-Bertold Brecht (begeisterter Leser angelsächsischer Krimis) sprach mal vom "großen Wallace"
-Julian Symons (zumindest in England als vielseitiger Literat, Kritiker und Kriminalschriftsteller berühmt) widmete in seiner Geschichte des Kriminalromans Edgar Wallace ein eigenes Kapitel unter dem Titel "Ein schöpferischer Großproduzent"
-heutige bekannte Wallace-Fans sollen auch Otto Waalkes und Gregor Gysi sein (siehe Wallace-Lexikon)

Georg Offline




Beiträge: 3.263

19.07.2018 13:18
#2 RE: Prominente Edgar-Wallace-Leser Zitat · Antworten

... und natürlich Francis Durbridge, der ihn stets als großes Vorbild bezeichnet hat ...

Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 645

20.07.2018 12:45
#3 RE: Prominente Edgar-Wallace-Leser Zitat · Antworten

Ja, Francis Durbridge sollte nicht vergessen werden. Was hat er sich beim großen Meister abgeguckt?
Sicher eine unerschöpfliche Produktionsrate von von Krimis. Natürlich ist er sorgfältiger in seinen Plots, aber auch viel einseitiger als Wallace, der mir bei all seinen Klischees und Wiederholungen phantasievoller erscheint. Gerade die Paul-Temple-Reihe ist gefühlt irgendwie IMMER das selbe. Als Hörspiele hat es schon Charme, aber die Romane gehen irgendwie gar nicht. Dafür sind die anderen Durbridge-Romane gute Hausmannskost und immer mal gut zu lesen. Aber ich will das Thema nicht weiter vertiefen, gab es hier im Forum ja auch schon mal. Man kann aber nicht sagen, dass Durbridge Edgar Wallace plagiierte, er hat schon seinen eigenen Stil.
LetztenEndes ist auch er durch Massenproduktion erfolgreich geworden, wobei er auch die Medien Radio und Kino bzw. Fernsehen viel besser nutzen konnte als Wallace.

Georg Offline




Beiträge: 3.263

20.07.2018 17:33
#4 RE: Prominente Edgar-Wallace-Leser Zitat · Antworten

Der Einfluss von Wallace auf Durbridge manifestiert sich vielfach, in einem DVD-Booklet habe ich mich schon mal ausführlicher dazu geäußert. Vor allem der erste Temple-Stoff ist stark wallaceianisch. Der Wallace-Bezug findet sich aber auch immer wieder in Titeln (vgl. Der grüne Finger vs. Die blaue Hand) oder Elementen wie unterirdischen Verbindungsgängen und der kriminellen Organisation.
Schließlich sagte Durbridge über sich selbst mal: “Wenn ich nur halb so gut sein könnte wie Edgar Wallace“ und auf die Frage, was er als Teenager werden wollte, antworteten seine Schulkameraden: “Der wird der nächste Edgar Wallace!“...

Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 645

01.08.2018 11:31
#5 RE: Prominente Edgar-Wallace-Leser Zitat · Antworten

Hm, da werde ich mir doch mal die ersten Paul-Temple-Bücher zu Gemüte führen müssen. Die sind dann offenbar nicht ganz so im üblichen Schema erstarrt.
Das wäre aber überhaupt auch mal interessant: Welcher Schriftsteller hat sich direkt von Edgar Wallace beeinflussen lassen?
Ich denke, da wäre auf jeden Fall Louis Weinert-Wilton, mit bürgerlichem Namen Alouis Weinert, zu nennen. Ich kenne von ihm nur "Die weisse Spinne", aber das war ja doch sehr
bemüht, am Stil von Edgar Wallace anzuknüpfen. Nicht umsonst wurden einige seiner Romane auch in den Sechzigern verfilmt. In seiner Bekanntheit steht er aber weit hinter seinem
Vorbild zurück.
Manchmal fragt man sich, ob sich denn die junge Agatha Christie auch ein wenig von Wallace hat beeinflussen lassen ? Natürlich sind ihre sorgsam geplotteten Poirot- und Miss-
Marple-Krimis meilenweit davon entfernt, aber einige ihrer frühen mehr abenteuerlichen Romane weisen schon derartige Züge auf. Ich denke da an Ein gefährlicher Gegner, Der Mann im
braunen Anzug
oder Die Memoiren des Grafen. In einer Geschichte der Detektei Blunt persifliert sie ja auch Edgar Wallace direkt.
Auch von John Dickson Carr gibt es eine Story, die er ziemlich am Anfang seiner Laufbahn als Krimi-Autor verzapft hat und die auf der deutschen Burg "Schädel" spielt. Die erinnert doch irgendwie mit ihrem abstrusen Plot und den vielen Geheimgängen auf der Burg und in der Vergangenheit falsch deklarierten Wasserleichen mehr an Edgar Wallace als an die "Cozy"-Schule. Das kann aber auch alles Zufall sein.

Mr. Wooler Offline




Beiträge: 443

01.08.2018 11:54
#6 RE: Prominente Edgar-Wallace-Leser Zitat · Antworten

In Agatha-Christie-Romanen finden sich mehrfach Bezüge zu Edgar Wallace. Leider kann ich mich nicht mehr genau an die Romane erinnern. In einem Buch wird aber meines Wissens eine Person (könnte Poirot gewesen sein) von einem Mädchen nach einem Autogramm gefragt. Sie erklärt, sie sammle Autogramme von berühmten Kriminalschriftstellern und hätte bereits eines von John Dickson Carr und eines von Edgar Wallace.

In einem anderen Werk von Christie heißt es ungefähr so: "Wir sind hier doch nicht in einem Roman von Edgar Wallace."

Leider habe ich mir die genauen Quellen/Romane nicht gemerkt, aber vielleicht stoße ich nochmal darauf, dann werde ich es gerne hier ergänzen.

Georg Offline




Beiträge: 3.263

01.08.2018 12:06
#7 RE: Prominente Edgar-Wallace-Leser Zitat · Antworten

Ich kenne die Blunt-Geschichten gedruckt nicht, aber in der TV-Serie aus den 80ern nimmt die Folge Knisternde Blüten (The Crackler) eindeutig Bezug auf Wallace und wird auch als "Edgar Wallace"-Fall bezeichnet.

@Dr. Oberzohn: Du solltest Dir vor allem Durbridges Send for Paul Temple zu Gemüte führen, der Roman ist allerdings als einer von vier Büchern nie auf Deutsch übersetzt worden.

Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 645

02.08.2018 15:30
#8 RE: Prominente Edgar-Wallace-Leser Zitat · Antworten

Genau, bei der Christie-Erzählung ging es irgendwie um Falschgeld, das ein geheimnisvoller Unbekannter (offenbar "The Crackler") verteilte. war aber leider nur eine recht kurze Geschichte.

Leider ist mein Englisch nicht so gut, dass ich die frühen Durbridge-Bücher entspannt im Original lesen könnte. Aber es ist ja bald Urlaub, vielleicht klappt es da ja mal mit etwas mehr Zeit an die Sache ranzugehen. Vor langer Zeit hab ich mal "Paul-Temple und die Schlagzeilenmänner" gelesen, einer der ersten ins Deutsche übersetzten Romane, so viel ich weiss. Hat mir tatsächlich besser gefallen als die späteren Paul-Temple-Romane. Da gibt es offenbar noch ein weites Feld zu beackern...

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