Hier handelt es sich um eine freie Verfilmung des Wallace-Romans "In den Tod geschickt". 1983 gab es ein Remake des Films mit Al Pacino in der Hauptrolle.
Zum Inhalt:
Der Gangster Tony Camonte arbeitet im Chicago der 1920er Jahre als Leibwächter und Auftragsmörder für den Mafiaboss Louis Costillo, dessen Organisation um die Vorherrschaft bei der Verteilung von Alkohol und Drogen während der Prohibition kämpft. Als Tony seinen Boss für den Konkurrenten Johnny Lovo verrät und erschießt, löst er damit einen blutigen Bandenkrieg aus. Zusammen mit seinem Partner Guino Rinaldo plant Camonte währenddessen aber die Übernahme von Lovos Organisation. Durch den Mord an seinem früheren Boss hat er sich dort bereits Respekt verschafft. Zudem verliebt er sich in Lovos Geliebte, die verwöhnte Poppy. Zuhause muss Camonte die Verachtung seiner Mutter ertragen, die das Geld, das er nach Hause bringt, ablehnt, da es „schlechtes Geld“ sei. Seine Schwester Cesca, mit der er ein beinahe leidenschaftliches Verhältnis hat, vergöttert ihn hingegen und hofft auf ein besseres Leben durch seinen kommenden Reichtum als Gangsterboss. Um sich in Lovos Bande weitere Anerkennung zu verschaffen, erledigt Camonte die Drecksarbeit für ihn – er erpresst Wirte, damit sie von Lovo Alkohol beziehen, und tötet Lovos Gegner. Dabei dringt er auf eigene Faust immer wieder in das Territorium von Lovos größtem Gegner, dem Gangsterboss O’Hara, ein...
Zitat von Lord Low im Beitrag #1Hier handelt es sich um eine freie Verfilmung des Wallace-Romans "In den Tod geschickt".
Das ist nun, mit Verlaub, ziemlicher Humbug. Der Film war bereits 1930 fertiggestellt, wurde aber von den Zensurbehörden zunächst nicht freigegeben. "In den Tod geschickt" erschien erst 1931; insofern ist jegliche geistige Inspiration des Drehbuchautoren durch Wallace' Roman auszuschließen. Da reichte wohl die Lebensgeschichte Al Capones aus...
Zitat von Lord Low im Beitrag #1Hier handelt es sich um eine freie Verfilmung des Wallace-Romans "In den Tod geschickt".
Pardon, aber so steht das keineswegs im Wallace-Lexikon. Wenn man sich auf eine Quelle beruft, sollte man auch aufmerksam und sinnwahrend mit ihr umgehen. Unter dem Eintrag "Scarface" (dt. 'Narbengesicht') (der im Übrigen nicht aufgebaut ist wie ein regulärer Verfilmungseintrag) wies Joachim lediglich auf einige allgemeine Parallelen zwischen "On the Spot" ('In den Tod geschickt') und "Scarface" hin sowie darauf, dass diese Gemeinsamkeiten Interpretationsspielraum über gegenseitige "Inspiration" eröffnen. Insofern ist es auch nach diesem Artikel falsch, "Scarface" mal eben als "freie Verfilmung des Wallace-Romans 'In den Tod geschickt'" zu titulieren. Die Romangrundlage für den Howard-Hawks-Film verfasste Armitage Trail:
Dementsprechend ist "Scarface" im Romanartikel des Wallace-Lexikons zu "On the Spot" auch nicht als Adaption gelistet. Die einzigen Verfilmungen waren "Dangerous to Know" (1938) und "On the Spot" (1938, TV).
Ich habe den Thread folglich ins allgemeine International-Forum verschoben.
"1932 produzierte Howard Hawks den Film Scarface, bei dem er auch Regie führte. 1983 entstand unter der Regie von Brian de Palma das modernisierte gleichnamige Remake. In beiden Streifen arbeitet sich ein kleiner Gangster namens Tony zum Gangsterboss empor und endet im Kuglehagel. Es liegt nahe, dass sich beide Regisseure und ihre Drehbuchautoren von der Wallace-Geschichte On the Spot inspirieren ließen. Schon bei Wallace trägt der Gangster den Namen Tony und klettert auf der kriminellen Karriereleiter nach oben."
Zitat Der Film war bereits 1930 fertiggestellt, wurde aber von den Zensurbehörden zunächst nicht freigegeben. "In den Tod geschickt" erschien erst 1931; insofern ist jegliche geistige Inspiration des Drehbuchautoren durch Wallace' Roman auszuschließen.
Ohne die These der Inspirationsquelle Wallace stärken zu wollen, aber das stimmt nicht ganz: 'On the Spot' war im Ursprung ein Theaterstück, welches bereits am 02. April 1930 seine Premiere feierte. Erst danach veröffentlichte Wallace die Buchfassung.
Zum Produktionsdatum von 'Scarface' (1932) gibt es widersprüchliche Quellen. Das deutsche Wikipedia beruft sich auf eine Quelle, nach welcher der Film 1930 "ready for screen" gewesen wäre. Das englischssprachige Wikipedia gibt hingegen an, erst im September 1931 sei die erste Fassung fertig gewesen. Die Erstausgabe der gleichnamigen Romanvorlage datiert in den meisten Quellen auf 1930, hier gibt es allerdings auch ein paar Ausreißer, die 1929 nennen.
Gemein haben beide Stoffe, dass sie sich - mehr oder weniger - direkt auf Al Capone beziehen. Wallace soll sich ja in Chicago vor Ort inspiriert haben, ehe er dann begeistert das Stück vorbereitete und wohl auch viel von seinen Eindrücken berichtete. Für den 32er-Scarface-Film gilt die Nähe zu Capone sicherlich auch noch, das 83er-Remake ändert die Hauptfigur dann ja im Rahmen der aktuellen polit. Ereignisse zu einem kubanischen Flüchtling.
Insofern kann man fantasieren, dass die Beteiligten durchaus ein Interesse an den jeweils fremden Veröffentlichungen gehabt haben dürften. Sicherlich lag aber das Thema durch den Zeitgeist in der Luft, es war vermutlich nicht nötig, dass der eine dem anderen den gedanklichen Anstoß für seine Story lieferte.
Die von Joachim beschriebenen Gemeinsamkeiten sind daher interessant. Die These, dass sich die Regisseure und Autoren von Wallace inspirieren ließen, schießt aber sicher etwas über das Ziel hinaus. Insofern muss der Film in der Tat nicht in Wallace-Filmlisten auftauchen und in der Konsequenz dann auch letztlich nicht einen eigenen Thread bei den Wallace-Filmbewertungen erhalten. Dessen ungeachtet ist eine Diskussion über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede natürlich willkommen!
Zitat von DanielL im Beitrag #6 Die von Joachim beschriebenen Gemeinsamkeiten sind daher interessant. Die These, dass sich die Regisseure und Autoren von Wallace inspirieren ließen, schießt aber sicher etwas über das Ziel hinaus.
Das meine ich auch. Das war wahrscheinlich Wunschdenken von Joachim; beim Verfassen des Lexikonartikels (der, wenn man es genau nimmt, für einen eben solchen doch viel zu spekulativ ist) sind wohl ein wenig die Pferde mit ihm durchgegangen.
Zitat von DanielL im Beitrag #6Dessen ungeachtet ist eine Diskussion über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede natürlich willkommen!
Sehe ich auch so! Vor allem weil mir diese Gemeinsamkeiten auch nicht aufgefallen sind, bis ich den Lexikon-Eintrag gelesen habe und es auch sonst kaum Diskussionen darüber gibt, wenn man sich über Edgar Wallace unterhält.
Zitat von DanielL im Beitrag #6..... Zum Produktionsdatum von 'Scarface' (1932) gibt es widersprüchliche Quellen. Das deutsche Wikipedia beruft sich auf eine Quelle, nach welcher der Film 1930 "ready for screen" gewesen wäre.....
Diese Behauptung zieht sich schon lange durch die Filmliteratur und wird im deutschsprachigen Raum, allerdings nicht nur dort, immer wieder gern abgeschrieben, sollte aber inzwischen widerlegt sein. Die älteste nicht ganz richtige Quelle dürfte die Hawks-Biografie aus der Heyne-Filmbibliothek (1987) sein, die alle Fakten im Zensorenstreit ("Gewaltdarstellung" und "nicht eindeutige moralische Ausrichtung" des Films) und die mit den Hays-Office-Beanstandungen einhergehenden Verzögerungen des Kino-Release kurz und richtig darstellt, sich nur um dieses eine Jahr irrte. Denn laut Quellen, die der Warner-Brothers-Geschichte näher stehen, musste der Roman 1929 (geschrieben) bzw. 1930 (veröffentlicht) erst einmal im gesellschaftlichen Bewußtsein erscheinen, bevor das Projekt im allgemeinen Capone-Rausch sehr unvermittelt, also noch 1930, in die Planungsphase ging. Das Drehbuch war dann im Januar 1931 fertiggestellt, und die Dreharbeiten konnten beginnen. Das große Hickhack begann also einige Monate später, mitten im Jahr 1931. Hawks musste kürzen und sogar ein alternatives Ende drehen - und den Filmtitel um das hölzern-moralische "Shame of the Nation" ergänzen, bevor Produzent Howard Hughes und Hawks letztlich doch das authentische Finale durchsetzen konnten. Zunächst bei einem Teil der Kopien, später komplett durchgesetzt als anerkannter "final cut". Im Mittelpunkt aller Tätigkeiten und Schwierigkeiten standen also neben dem heiklen Umgang mit der realen Capone-Figur nur die Fragen von Umsetzbarkeit der Geschichte in ungewohnt harter und moderner Form, womit das berüchtigte Hays Office natürlich gewohnt weit überfordert war. Von einer Verbindung zu Wallace allerdings ist nirgendwo die Rede....