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 Film- und Fernsehklassiker national
Gubanov ( gelöscht )
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10.09.2016 21:00
Die Schuld des Dr. Homma (1951) Zitat · Antworten



Die Schuld des Dr. Homma

Kriminaldrama, BRD 1951. Regie: Paul Verhoeven. Drehbuch: Hans Otto Schröder, Peter Pewas. Mit: Werner Hinz (Dr. Magnus Homma), Ilse Steppat (Dr. Ilse Kersten), Albrecht Schönhals (Justizrat Kersten), Viktoria von Ballasko (Karen Homma), Lutz Moik (Gerhard Homma), Liane Croon (Beate Homma), Herbert Hübner (Oberstaatsanwalt Krell), Hilde Hildebrand (Frau Burde), Franz Schafheitlin (Landgerichtsdirektor von Herkenrath), Karl Hellmer (Wachtmeister Schulz) u.a. Uraufführung: 4. Oktober 1951. Eine Produktion der Norddeutschen Filmproduktion Hamburg und der Lux-Filmproduktion Berlin im Constantin-Filmverleih München.

Zitat von Die Schuld des Dr. Homma
Nur sein Sohn und seine Strafverteidigerin halten Dr. Homma nach seiner Verurteilung wegen Giftmordes an seiner Ehefrau noch für unschuldig. Den Wissenschaftler erwartet die Todesstrafe, vor der sich der Verurteilte, weil er sich für unschuldig hält, erst im letzten Moment zu fürchten beginnt. Ist es da schon zu spät? Sogar der befreundete Justizrat Kersten meint, dass es für Hommas Weiterleben eines kleinen Wunders bedürfe. Da wird der Fall noch einmal aufgerollt ...


Kriminalfilme sollen fesseln und ein Gerechtigkeitsbedürfnis befriedigen. Die substanzielleren Vertreter des Genres unternehmen darüber hinaus den Versuch, die Krimihandlung mit einem gesellschaftlich relevanten Thema oder einer Problemstellung zu verknüpfen, die für die Produktionszeit von besonderem Interesse ist. Auf den ersten Blick scheint das auch bei „Die Schuld des Dr. Homma“ der Fall zu sein, der neben seiner Ausgestaltung als Gerichtskrimi vor allem den Zweck verfolgt, ein deutliches Plädoyer gegen die Todesstrafe als Ultima Ratio der Rechtsprechung zu führen. Betrachtet man sich die zeitlichen Zusammenhänge dieses Films jedoch genauer, so wird aus dem guten Zweck rasch eine Sonderbarkeit. Mit Gründung der Bundesrepublik und Inkrafttreten des Grundgesetzes regelte nämlich Artikel 102 das Verfahren auf die klarstmögliche Weise: „Die Todesstrafe ist abgeschafft“, befanden die Gründungsväter des jungen Staats.

Warum man zwei Jahre danach einen Film in die Kinos brachte, dessen Hauptanliegen in einer Anprangerung der Todesstrafe besteht und der seine Handlung um drei Jahre zurückverlegen muss, damit sie überhaupt realisierbar ist, kann man nicht wirklich nachvollziehen. Hatte das Projekt seit mehreren Jahren in der Schublade gelegen oder wollte man hier noch einmal künstlich Emotionen bezüglich einer schon längst ad acta gelegten Streitfrage hochkochen lassen? In beiden Fällen ist „Die Schuld des Dr. Homma“ vom Erscheinungstag an ein anachronistisches Werk ohne Bezug zur aktuellen Lebensrealität, dessen überdeutliche Stellungnahme vor allem eins vermittelt: unnötige Hysterie.



Dazu passt die maßlose Überzeichnung der meisten Hauptrollen, deren Konstellation zueinander nicht immer glaubwürdig erscheint. Lutz Moik manifestiert schon in der ersten Szene des Films seine Funktion als junger Wilder, mit dem im Verlauf der gesamten Handlung niemand ein unaufgeregtes Gespräch führen kann. Seine Filmschwester Liane Croon vermittelt eine ähnliche halsstarrige Kindlichkeit, wie sie in den späten 1960er und frühen 1970er Jahren zum Markenzeichen der Ernst-Schröder-Tochter Christiane werden sollte. Und Werner Hinz, der als verurteilter Mörder am tiefsten in der Patsche sitzt, scheint im Wesentlichen die Anzahl verschiedener irrer Blicke auszutarieren, die er in die Kamera werfen kann, ohne sich dabei zu wiederholen. Als einziger Vermittler von Ruhe und Sachlichkeit bleibt Albrecht Schoenhals Ankerpunkt eines überaffektierten Dramas, das munter Tendenzen und Naivitäten vorführt, um sein wackeliges Handlungskonstrukt über Wasser zu halten. Selbst die ein Jahr zuvor in „Der Fall Rabanser“ so distanziert und elegant agierende Ilse Steppat wird zugunsten einer spät aufblühenden Hundeliebe zum Angeklagten weggeworfen, obwohl sie dessen Unfähigkeit zu echten Zuneigungen nur zu genau kennt.

Die Meinungsmache, die sich „Die Schuld des Dr. Homma“ zuvorderst auf die Fahnen geschrieben hat, lässt leicht übersehen, dass ein formal überzeugender Mordprozess zu Hommas Verurteilung geführt hat. Über den Verlauf dieser Verhandlung und den Tathergang des Mordes erfährt man erst Details, nachdem bereits eine geschlagene Stunde Spielzeit verstrichen ist. Da plötzlich entwirren sich wie aufs Stichwort alle vorher undurchdringlich erscheinenden Knoten, gibt eine Person mir nichts, dir nichts ein Geständnis ab, weil sie die Stimme der Toten auf einmal nicht mehr hört. Dem schalen Happy-End steht nichts mehr im Weg, obwohl der befreite Beinahegehenkte, ein Egomane und Träumer, beim besten Willen kein schuld- und vorwurfsfreies Leben verdient hat.

Unausgewogenes, hysterisches Anti-Todesstrafen-Drama, das zwei Jahre nach Abschaffung dieses Rechtsmittels in Deutschland Premiere feierte. Im Kampf gegen ein Gespenst der Vergangenheit verlieren die meisten der namhaften Akteure ihr Gesicht – vor allem, weil das Drehbuch sie in Klischees agieren lässt und die interessante Erörterung des eigentlichen Tathergangs auf das letzte Drittel verschiebt, in dem alle Sym- und Antipathien schon unabänderbar verteilt sind. 2 von 5 Punkten.

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