Ich konnte seltsamerweise bisher keinen Thread zu der dänischen Kultserie Matador finden. Da ich nun seit (morgen sind es genau) zwei Jahre(n) in Dänemark lebe, kam ich also nicht umhin mir diesen Klassiker anzusehen.
Die Serie dreht sich um das Leben in der fiktiven Stadt Korsbæk im Zeitraum von 1929 bis zwei Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges, also 1947. Es ist mehr als eine sozialrealistische Milieustudie, sondern erzählt letztlich die Geschichte von mehr als einem Dutzend Charaktere, in denen wir uns alle auf die ein oder andere Art und Weise wiederfinden können.
Selten habe ich ein so tolles Drehbuch vorgefunden wie bei diesen 24 Episoden. Es scheint als hätte jedes Wort, jeder Satz eine tiefere Bedeutung, ohne dabei jemals künstlich oder unecht zu wirken. Gegenstände werden zu Symbolen und versinnbildlichen auf vorbildhafte Weise die sie umgebenden Charaktere. Ich liege bestimmt nicht falsch wenn ich sage, dass die Skandinavier Meister darin sind in ihren Filmen vom klassischen schwarz-weiß Schema abzuweichen. Was sich besonders heute in den aktuellen Dramen und Krimis beobachten lässt, hat seinen Anfang in genau dieser Serie. Die Beweggründe, Motive, Vorgehensweisen und auch Abgründe jeder einzelnen Person sind nachvollziehbar und so durchläuft man auch als Zuschauer eine Fülle an Gefühlen, die von Mitleid, über Wut und Unverständnis bis hin zu Trauer reichen.
Die Charaktere die sich in Korsbæk tummeln sind derartig genial skizziert und vor allem glaubhaft dargestellt, dass es ein wirkliches Erlebnis ist sie durch die 18 "Serienjahre" zu begleiten. Ich freue mich bereits auf eine zweite Sichtung, da ich mir vorstellen kann, dass noch viel mehr an Andeutungen zu finden ist, wenn man bereits weiß, was aus den Figuren einmal werden wird.
Getragen wird die Serie von der Elite der damaligen dänischen Schauspielwelt, die sich in dieser Serie die Klinke in die Hand drücken. Einem deutschen Publikum dürfte Ove Sporgøe, besser bekannt als Egon Olsen, ein Begriff sein, sowie Bjørn Watt Boolsen als dessen Gegenspieler in den Olsenbandenfilmen. Weitere Stars, die vielleicht auch hier einen Namen haben könnten, sind Arthur Jensen (eine Paraderolle von ihm!!!), Axel Strøbye, Morten Grunwald oder auch Ghita Nørby.
Wie bereits gesagt dreht es sich in erster Linie um die Bewohner der Stadt Korsbæk, die allerdings aus verschiedenen Milieus stammen und zusätzlich in den jeweils akutellen historischen Kontext gesetzt werden. So spielen die revolutionären Gedanken des Kommunismus eine Rolle, sowie der 2. Weltkrieg einschließlich der deutschen Besatzungszeit in Dänemark. All diese Themen, die aufs engste mit dem Leben der Charaktere verwoben sind, rücken diese zeitlose Serie so ungemein nahe an den Zuschauer.
Man verurteilt, fühlt mir, bedauert und versteht. Vor allem Verstehen. Das war das größte Erlebnis, was mir Matador geschenkt hat.
Ich kann Matador, das übrigens 1978 produziert wurde, nur jedem ans Herz legen. Es ist die Reise wert, die, mehr als nur die Geschichte Dänemarks, vor allem die Geschichte von uns Menschen erzählt und das auf eine ansprechende und unvergänglich schöne Art und Weise.
Bevor ich das ganz vergesse: bei einer der, noch immer anhaltenden, Wiederholungen im Fernsehen, wurde 1986 die höchste Einschaltquote in der Geschichte Dänemarks gemessen. Ca. 3,6 Mio. Dänen saßen vor dem Fernseher und bei etwa 5 Mio. Einwohnern ist das über die Hälfte. Dies nur noch zusätzlich zum Kultstatus, den diese Serie in Dänemark besitzt.
Ich kenne die Serie "Löwengrube" leider nicht, aber nach dem was sich darüber bei wikipedia herausfinden ließ, will ich eine Ähnlichkeit nicht ausschließen.
Freut mich, dass du vielleicht neugierig geworden bist.