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 Film- und Fernsehklassiker national
Prisma Offline




Beiträge: 7.591

01.03.2014 15:34
Als Mutter streikte (1973) Zitat · Antworten



ALS MUTTER STREIKTE (1973)

Peter Hall, Belinda Mayne, Gila von Weitershausen und Johanna Matz
mit Dominique Müller, Hartmut Becker, Gaby Dohm, Oliver Schündler, Rainer Iwersen, Tilo von Berlepsch, Rudolf Schündler
sowie Siegfried Schürenberg und Elisabeth Flickenschildt
nach dem Roman von Eric Malpass
eine Gemeinschaftsproduktion von Franz Seitz | Terra Filmkunst | im Verleih der Constantin
ein Film von Eberhard Schroeder





»Schließlich hat jede Frau einmal im Leben das Bedürfnis...«


Der Schriftsteller Harry Kemper (Peter Hall) fühlt sich erneut durch die Geräuschkulisse alltäglicher Dinge wie Hausarbeit oder Musizieren in seiner Arbeit gestört und es kommt zum Streit mit seiner Frau Clementine (Johanna Matz). Die Situation eskaliert, Clementine packt ihre Koffer und verlässt ihren Mann und die drei Kinder mit den Worten: »Ich habe die Nase voll!« Harry sieht sich fortan mit einer vollkommen unbekannten Situation konfrontiert, da er nicht nur sein neues Buch fertig schreiben muss, sondern sich nebenher auch mit profanen Dingen wie den Haushalt führen, oder Erziehung der Kinder herumplagen muss. In der Stadt trifft die Familie eine extravagante Freundin von Clementine namens Gloria Perkin (Gila von Weitershausen), der es momentan finanziell nicht besonders gut geht, da sie ihre Boutique schließen musste. Da die älteste Tochter Viola (Belinda Mayne) den Haushalt eher schlecht als recht bewältigt, engagiert Harry die attraktive Gloria als Haushaltshilfe, die fortan den Männern des Dorfes den Kopf verdreht, so auch Violas heimlichem Schwarm Gabriel Gillhoff (Hartmut Becker). Gloria wirbelt eine Menge Staub auf und ab dem Zeitpunkt ihres Auftauchens, kursieren plötzlich mehrere, anonyme Drohbriefe...

Für den Regisseur Eberhard Schroeder war "Als Mutter streikte" der gescheiterte Versuch, sich vom ausgiebig bedienten Sexfilm-Genre abzugrenzen. Da die Constantin-Film bei der Verwirklichung von "Schloss Hubertus" Eberhard Schroeder durch Harald Reinl ersetzte, übertrug man ihm ausgleichsweise die Regie bei dieser Adaption nach dem Erfolgsroman nach Eric Malpass, und es wurden große Hoffnungen in die Produktion gesetzt. Der Film floppte seinerzeit an den Kinokassen, so dass Schroeder sich wenige Wochen nach der Uraufführung das Leben nahm. Auch bei der Kritik kam "Als Mutter streikte" sehr schlecht weg, denn man warf dem Beitrag beispielsweise Verlogenheit vor, oder dass er sich in Klischees suhlen würde. Im Endeffekt ist es sicher nicht zu leugnen, dass hier einiges an Potential liegen gelassen wurde, vor allem wenn man sich an der Romanvorlage orientiert, aber trotzdem kann man eine durchaus beschauliche und leicht bekömmliche Geschichte verfolgen, die insgesamt unterhaltsam wirkt. Durch die idyllisch anmutende Landschaft und die malerischen Settings entsteht eine Atmosphäre der Ruhe, die unerwartet und direkt durch den Zwischenfall mit Harry und Clementine gestört wird. Das Aufzeigen der Rollenverteilungen unter den Geschlechtern wirkt zumindest anfangs, und auf ganz bestimmte Personen bezogen, ziemlich eindimensional und undifferenziert, aber es tauchen auch genau so viele sympathische, liebenswürdige und markante Charaktere auf, die wieder ein Gleichgewicht herstellen können. Ich persönlich sehe die Ursache für das Scheitern (im ökonomischen Sinne) ebenfalls bei der Regie, aber auch in der Besetzungsliste, denn insbesondere die Familie Kemper wurde augenscheinlich zu wenig spektakulär besetzt. Dass die versammelte Mannschaft wirklich teils bemerkenswert aufspielt, stellt sich eben nur beim Anschauen des Films heraus.





Gerade mit dem Engländer Peter Hall konnte ich mich über die Jahre nur schwer anfreunden, der, was die Schauspielerei angeht, im Grunde genommen kaum Spielfilmerfahrung vorweisen kann. Das soll nicht bedeuten, dass man ihm seine Rolle letztlich nicht abnimmt, aber er kolportiert schon einige Ansichten, die selbst im Jahre 1973 überholt gewesen sein müssen. So windet sich die allgemeine Rollenverteilung von Mann und Frau etwas fragwürdig und ungünstig durch den kompletten Verlauf, so dass etliche Charaktere lediglich wie Abziehbilder wirken. Gila von Weitershausen, die auch nicht gerade zu meinen Favoritinnen zählt, überzeugt hier als kapriziöse Nebenbuhlerin, die sich mit Hilfe eines solventen Mannes aus ihrer finanziellen Schieflage befreien möchte. Wer dafür einspringt, erscheint hierbei eben nicht der springende Punkt zu sein. Sie neigt zu maßlosen Übertreibungen und zur Ungenügsamkeit, was bei ihrem ersten Auftauchen schnellstens klar wird: »Ich hatte wirklich ganz himmlische Sachen und verkaufte sie auch an himmlische Leute, es war überhaupt alles ganz himmlisch!« In der Provinz angekommen, zieht sie die Herren aller Altersklassen an wie ein Magnet, so auch Violas heimlichen Schwarm, den Hartmut Becker ganz beachtlich als eine Art Storchennest-Casanova darstellt, und im Fokus steht seine Affäre mit Violas Lehrerin Fräulein Bandel, die wiederum von Gaby Dohm treffsicher gezeichnet wird. Als besonders angenehm und überzeugend kann man die Leistungen der Kemper-Kinder bezeichnen. Ferdy Maynes Tochter Belinda sieht man hier in ihrem ersten Film, und man könnte beinahe glauben, sie habe nie etwas anderes gemacht. Neben ihrer Natürlichkeit vermittelt sie eine ganz angenehm anzusehende Spiellaune, und man bekommt es daher mit einem erfrischend neuen Gesicht zu tun, an welches man sich gerne erinnern wird. Dominique Müller als jüngere Schwester Persephone steht dieser Leistung in nichts nach, und sie zeigt sich al früh-pubertierendes Mädchen sehr angriffslustig und gerne auch zynisch, was sich in den Dialogen begrüßenswert durchschlägt, wenn es auch insgesamt etwas mehr hätte sein dürfen. Rudolf Schündlers Sohn Oliver spielt den jüngsten Spross Nicki mit einer Überzeugungskraft, wie sie nur Kinder haben können.





Des Weiteren hat die Produktion einige hochkarätige Gastauftritte zu bieten. In der Titelrolle sieht man die stets gut aufgelegte Österreicherin Johanna Matz in ihrem bereits letzten Kinofilm. Ihr leichtfüßiges Schauspiel bereichert den Film zwar auf der einen Seite, doch andererseits sorgt sie gerade deswegen für eine ungünstig wirkende Reibungslosigkeit innerhalb der Geschichte. Zu großer Wiedersehensfreude kommt es, als plötzlich ein Jaguar vor dem Haus der Kempers vorfährt, und ein älteres Ehepaar aussteigt. Die Dame hat mit der Rosenhecke am Eingang zu kämpfen, in der sich ihr Kopftuch verfangen hat, und Viola eilt schnell zu ihrem Vater und kündigt die Habingers leicht aufgescheucht an. Im Raum stehen unmittelbar danach Tante Clarissa und Onkel Walter, die in ihren zwei kurzen Sequenzen von keinen Geringeren als Elisabeth Flickenschildt und Siegfried Schürenberg dargestellt werden, und es entstehen großartige Momente. Als Gloria Perkin vorgestellt wird, fährt Tante Clarissa direkt sie Krallen aus: »Perkin? Nie gehört!« Als Nicki sie dann auch noch als Maitresse seines Vaters vorstellt, ist die Angriffslust der Flickenschild komplett geweckt. Es ist toll, wie sie wieder mit Gestik und Mimik zu spielen weiß, Blicke, Betonungen und Stimmfärbung wirken erneut, ja, um es mit Glorias Worten zu sagen: »Himmlisch!« Nebenbei maßregelt sie natürlich noch ihren eigenen Mann, er solle um diese Uhrzeit nicht rauchen oder ruhig sein, da er von gewissen Dingen ohnehin nichts verstehe, und dessen interessierte Blicke mehr als einmal in Richtung der attraktiven Haushaltshilfe gehen, was nicht zu übersehen ist. Siegfried Schürenberg bekommt neben seiner großen Partnerin leider kaum Gelegenheit, sich hervorzutun, aber der Reiz liegt definitiv in diesem Gespann.

"Als Mutter streikte" offeriert einige interessante Nebenhandlungen, die sich bei der hier intensiven Bearbeitung jedoch teils über die Haupthandlung lagern. Alles wirkt schnörkellos, man eckt nur wenig an und die selten auftauchende Brisanz, die man in den Dialogen finden kann, bei den kursierenden Drohbriefen oder sogar einem Suizid-Versuch, bleibt schließlich wirkungslos. Dem Empfinden nach plätschert die Geschichte also vor sich hin, und es entsteht eben kein Zweifel darüber, wohin die Wege führen werden. Man hätte beispielsweise Gila von Weitershausen etwas prägnanter in Richtung Reiz und Verführung einsetzen können, oder mehr Doppeldeutigkeit in Wort und Tat legen sollen, denn so bekommt man alles lediglich fein säuberlich serviert, und man darf abwarten. Interessant finde ich, dass als Dreh-und Angelpunkt für kleinbürgerliches Großbürgertum in der Provinz, mal wieder der "Tatort" Tennisplatz herhalten durfte, ein stets gerne genommenes Setting für Spleens und Capricen der besseren Gesellschaft, und natürlich für die Brautschau. Die Musik unterstützt die heiter bis wolkige Atmosphäre sehr gut, nette Ortswechsel verhindern, dass zu viel Eintönigkeit aufkommt, was die Wirrungen der beteiligten Personen ebenfalls annehmbar gestalten. Mir hat Eberhard Schroeders Beitrag immer schon sehr gut gefallen, da es ein Film der angenehmen Grundstimmung, und vor allem ein herrlicher Schauspieler-Film geworden ist. Dieser persönliche Eindruck steht möglicherweise ein wenig konträr zum Gesamtprodukt, denn die Mischung aus eigentlich halbgarener Komödie und inkonsequenten, dramatischen Anteilen dürfte den ein oder anderen sicherlich langweilen. Ansonsten ist "Als Mutter streikte" für eine angenehme Sonntagnachmittags-Unterhaltung durchaus geeignet.

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