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Dieses Thema hat 2 Antworten
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 Film- und Fernsehklassiker international
Prisma Offline




Beiträge: 7.591

25.08.2013 13:51
Marina - Der brutale Aufstieg einer Hure (1973) Zitat · Antworten



MARINA - DER BRUTALE AUFSTIEG EINER HURE / LITTLE MOTHER (1973)

mit Christiane Krüger als Marina Pinares
und Siegfried Rauch, Mark Damon, Ivan Desny, Anton Diffring, Elga Sorbas, Vida Jerman, u.a.
eine deutsch-jugoslawische Gemeinschaftsproduktion der Peter Carsten Produktion | Jardan Film
in Anlehnung an die Geschichte der Eva Perón
ein Film von Radley Metzger





»Mein Leben lang haben Männer erwartet, dass ich mich ihren Wünschen beuge!«


Die schöne Marina (Christiane Krüger) und ihr Mann Präsident Pinares (Siegfried Rauch) regieren einen Staat, der dreimal so groß ist wie West-Europa. Im Hintergrund ist sie es, die eigentlich die Macht in der Hand hat, denn sie wird vom gewöhnlichen Volk als Heilige verehrt, jedoch von der Armee gehasst, aber genauso gefürchtet. So wird mit allen Mitteln versucht, ihre Kandidatur zur Vize-Präsidentin zu verhindern, doch »Mutter Marina«, wie sie liebevoll vom Volk genannt wird, verfolgt zielstrebig ihre Pläne, nach ganz oben zu gelangen. Aus armen Verhältnissen stammend, arbeitete sich Marina aus der Gosse nach ganz oben, und nahm dabei resolut jede einzelne Etappe. Die Männer, die sie heute fürchten, haben sie dabei groß werden lassen. Kurz vor dem Höhepunkt ihrer Macht erfährt Marina, dass sie todkrank ist, doch von nun an treibt sie nur noch der Gedanke an ihr Vermächtnis an. Nach ihrem Tod möchte sie dem Volk als Heilige präsentiert werden, und zwar mit offizieller Absolution der Kirche. Doch um dorthin zu gelangen, müssen noch einige Schönheitsfehler in ihrem Lebenswandel korrigiert werden. Die Zeit läuft davon. Wird sich Marina Pinares ihr Denkmal setzen können..?

Dieser Film fand seinen Weg eigentlich nicht primär wegen Regisseur Radley Metzger in die eigene Sammlung, sondern vor allem wegen Hauptdarstellerin Christiane Krüger und der Tatsache, dass die Hamburgerin, die ich schon immer sehr faszinierend gefunden habe, hier eine ihrer wenigen Hauptrollen zum Besten gibt. Dieser Polit-Thriller von 1973 ist leider vollkommen unbekannt, und wenn man sich den Film angeschaut hat, fragt man sich warum eigentlich. Es ist unglaublich, welch überragenden Film (der in der Bundesrepublik keine Kino-Auswertung erfahren hat) man hat in der Versenkung verschwinden lassen, und bei der Suche nach Superlativen fehlen mir bei der Leistung von Christiane Krüger tatsächlich die Worte. Für Metzgers Verhältnisse ist der Film in Sachen Exposition und reißerischer Elemente eher harmlos ausgefallen, wobei man angesichts des Produktionsjahres wieder sagen muss, dass diverse gewagte Szenen veranschaulicht werden, vor allem aber hinsichtlich dessen, inwiefern die Hauptdarsteller dort involviert sind. So kommt es mitunter zu langen, aber sehr ästhetisch arrangierten Sex-Szenen zwischen Krüger und beinahe allen männlichen Akteuren, die deftigen, scharfzüngigen Dialoge verleiten hin und wieder zum Staunen, und die permanent vorhandene, unterschwellige Brutalität und das unerbittliche Macht-Kalkül der Protagonistin arten zu einer beeindruckenden Demonstration aus. Der Plot konzentriert sich im Wesentlichen nur auf Marina Pinares und zeigt ihren brutalen Weg einerseits sehr pragmatisch, andererseits jedoch sehr geschickt in zahlreichen Facetten. Da die Spieldauer des Films eigentlich nur wenige Wochen umfassen würde, die Geschichte der Marina aber in allen Einzelheiten erzählt werden musste, überrascht der Film mit zahlreichen Rück- und sogar Vorblenden, die trotz der straffen Montage nicht kompliziert wirken. Teils fehlt bei den kurzen, einschießenden Bildern zwar zunächst der Zusammenhang, aber die Konstruktion ist im Endeffekt so dicht und klar aufgebaut, dass der Eindruck eines äußerst straffen Erzähltempos entsteht, auch wenn in manchen Passagen weniger zu passieren scheint.





Eine leere, weite Straße an deren Rand die schöne Staatschefin als Wohltäterin auf großen Plakaten thront. Ein schwarzer Mercedes-Benz Pullman wird von mehreren Fahrzeugen eskortiert, und im Inneren befindet sich die Drahtzieherin der Macht: Marina Pinares. Elegant in ihrer Erscheinung, mit schwarzer Sonnenbrille und in edlen Nerz gehüllt, wirkt sie sogleich dominant und unerbittlich, sie kommandiert, delegiert und entscheidet über das Schicksal der anderen, so dass dem Zuschauer nach dieser Einführung sofort klar wird, mit wem man es zu tun bekommen wird. Wie bereits angedeutet, darf man hier die womöglich beste Karriere-Interpretation von Christiane Krüger bestaunen, ja, und das wirkt beinahe revolutionär! Betrachtet man ihre Filmografie, so wird deutlich, dass sie viel zu häufig verschwenderisch eingesetzt wurde, und vergleichsweise in Belanglosigkeiten partizipierte, wobei man vor allem manche ihrer Spielfilme nennen muss. Ihre Kapazitäten gab die Deutsche dann hauptsächlich später, in bekannten TV-Serien preis, wo sie glücklicherweise immer wieder zur Stamm-Besetzung zählte. Als Marina Pinares liefert sie eine beispiellose Show ab, und lässt einem beinahe das Blut in den Adern gefrieren. Dabei jongliert sie nicht nur mit großen Worten und leeren Drohungen, nein, sie schreitet ohne Kompromisse zur Tat, so dass eine ihrer Aussagen ihr Vorgehen besonders deutlich charakterisiert: »Wenn ich etwas haben will, dann gehe ich mit unerbittlicher Grausamkeit vor!« Und es stimmt, die erste Frau in diesem Staat wird tatsächlich nichts unversucht lassen, um unbequeme Kontrahenten loszuwerden, das Schicksal zu manipulieren und resolut daran zu arbeiten, sich ein Denkmal für die Ewigkeit zu setzen. Ihr Werdegang fängt im Kleinen an, eher gesagt in der Gosse, doch um ihre Ziele zu erreichen, kämpft sie mit den perfektionierten Waffen einer Frau. Dabei nimmt sie alle Etappen mit Leichtigkeit, wobei Etappen lediglich ein Synonym für Betten darstellt. Marina schläft sich an die Spitze des Staates, in dem sie die mächtigste Instanz im Hintergrund darstellt. Christiane Krüger hört man sowohl in der englischen, als auch in der deutschen Version glücklicherweise mit ihrer unverkennbaren Originalstimme, und sie setzt gezielte Pointen im Rahmen großartiger Dialoge, wobei die englische Sprachfassung wesentlich deftiger ausgefallen ist. Sie prägt diese Hauptrolle einfach in jeder Hinsicht, und eine derartig temperamentvolle Interpretation habe ich persönlich noch nicht von ihr gesehen. So lernt man in "Marina - Der brutale Aufstieg einer Hure" eine Christiane Krüger kennen, die auch mal andere Seiten aufziehen kann und im Schimmer des internationalen Format glänzt, so dass ich unabhängig von meiner ohnehin großen Wertschätzung einfach nur zum hundertsten Mal sagen kann: Großartig!

In den zusätzlichen Haupt-Nebencharakteren finden sich einige weitere bekannte deutsche Gesichter, die zunächst mit ihrem Mut der alternativen Rollen auffallen. Siegfried Rauch partizipierte zwar bereits in einigen Erotik-Klamotten, aber auch dort ging es lange nicht so exponiert zu, wie in dieser Produktion. Damit keine Verwechslungen entstehen, "Marina" hat nichts mit den zeitgenössischen, meist schlüpfrigen Erotik-Filmen zu tun, dazu ist er zu ernsthaft angelegt und diese Fragmente sind ohnehin für Metzgers Verhältnisse rar gesät, außerdem hatte man es bei ihm mit einen Film-Ästheten zu tun, der nicht nur teuer inszenierte, und großen Wert auf die Ausstattung seiner Filme legte, sondern mit seinen Beiträgen eine neue Definition im Übertrumpfen der jeweiligen Konkurrenz fand. Ivan Desny hat man ebenfalls selten so abscheulich gesehen, es macht schon Spaß, den bekannten Darstellern dabei zuzuschauen, wie sie aus ihren Schubladen ausbrechen. Desny wirft Marina beispielsweise an den Kopf, dass sie sogar den Tod zum Leben erwecken könne, worauf sie lediglich nüchtern, und Bezug nehmend auf seine Qualitäten als Liebhaber erwidert: »Genau das tat ich vor 10 Minuten.«. Als höchstes Tier der Armee steht er Marina machtlos gegenüber, und muss dabei auf sein eigenes Werk schauen, denn er hat sie anfangs groß werden lassen. Mark Damon steht beinahe als einziger für eine gewisse moralische Instanz da, doch er hat eines mit allen anderen gemeinsam, denn man hat die Rücksichtslosigkeit dieser Frau maßlos unterschätzt. Anton Diffring als Kardinal ist eine Klasse für sich. Erstaunliche Szenen entstehen, wenn er mit der ersten Frau im Staat in Verhandlungen tritt, und das auch noch im Beichtstuhl. Als Vertreter der Kirche verlangt er, dass die Regierung Pinares kein gelockertes Gesetz zum Schwangerschaftsabbruch erlässt. Obwohl Marina diejenige war, die für diese Pläne vehement eingetreten ist, geht sie einen Handel mit seiner Eminenz ein, da er ihr in Aussicht stellt, einer Seligsprechung nach ihrem Tod stehe nichts im Wege, falls sie es schafft, die Schönheitsfehler im eigenen Lebenswandel zu korrigieren, und vor allem ihre Pläne zu verwerfen. Der Gedanke an ihr Vermächtnis ist so groß, dass sie in der Kirche einen Pakt mit dem Teufel schließt.

Sowohl in der deutschen Version auf Karo-Video (dort: "Marina - der brutale Weg einer Hure"), als auch in der US-DVD-Fassung sprechen sich alle deutschen Akteure selbst, was besonders bei Christiane Krüger ein Hochgenuss ist. Im Englischen macht sich zwar der harte deutsche Akzent stets bemerkbar, aber die Dialoge kommen wesentlich deftiger daher. Wer hat Christiane Krüger zuvor beispielsweise schon einmal 'F*ck you' sagen hören, das gleich vier Mal hintereinander, und das auch noch zu den höchsten Offizieren der Armee? Aber sie wird in dieser Beziehung hier noch weitere Register ziehen, so viel ist sicher. Die deutsche VHS ist im Gegensatz zur DVD deutlich gekürzt, einige Szenen-Abfolgen sind unterschiedlich montiert worden. Die Parallelen zu Eva Perón werden im Plot immer wieder überdeutlich transportiert. Nicht nur Christiane Krügers Erscheinungsbild lässt eine deutliche Ähnlichkeit mit der argentinischen Staatsfrau erkennen, auch das Thema Promiskuität spielt eine entscheidende Rolle, die ausweglose Erkrankung in frühen Jahren, der Hass des Militärs, ihre Macht und die Verehrung durch das Volk, oder der damit verbundene Personenkult; vieles wurde aufgegriffen und mit imaginären Inhalten ausgeschmückt und zu einem ordentlichen Thriller verarbeitet. Der Film überzeugt mit vielen großartigen Momenten. Als Marina erfährt, dass sie sterben wird, bleibt sie sachlich und kalt und mobilisiert zusätzlich ihre gesamten Kräfte. Fortan ist sie nur noch von dem Gedanken an ihr Vermächtnis getrieben, sie kennt keine Sentimentalitäten, geschweige denn Zeit raubende Kompromisse. Quittiert wird das Ganze schließlich nur mit: »Ob das Volk mich vermissen wird?«. Auch die Szenen-Abfolgen, in denen sie grausam foltern lässt, sorgen nicht nur für Staunen, sondern auch für unangenehme Gänsehaut-Momente, und egal ob es sich nur um unbequeme Aufsässige handelt, oder um enge Vertraute, sie geht über Leichen. Metzger schafft es problemlos, die vielen abgehandelten Elemente miteinander zu vereinen und legt dabei großen Wert auf Ausstattung und Charakter-Zeichnungen, und die ausgezeichnete Kamera-Arbeit von Hans Jura gibt zusätzlich einen bedeutenden Schliff. 'Little Mother' ist ein recht typischer, wenn auch für seine Verhältnisse dezenter ausgefallener Metzger-Film, der zwar über viele Strecken seine reißerischen Absichten nicht verbergen möchte, aber dennoch an einer ernsthaften Abhandlung interessiert ist, darüber hinaus mit einem packenden Finale besticht. Es gibt viele Genre überschneidende Elemente, so dass für beinahe jeden etwas dabei sein dürfte, und mein Urteil ist und bleibt eindeutig: Überragend und absolut fesselnd, alleine schon wegen der umwerfenden Christiane Krüger!

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

25.08.2013 14:19
#2 RE: Marina - Der brutale Aufstieg einer Hure (1973) Zitat · Antworten

"Although the story we tell is very close to the facts of her life, we didn't use Eva Perón's name, nor the name of any country. We had to create a country, costums and uniforms - it was exciting, and we called it LITTLE MOTHER." (Radley Metzger)



Christiane Krüger ist Marina Pinares, die einflussreiche Gattin des Generals Pinares, der später Präsident seines Landes wurde. Wie das historisches Vorbild trägt auch sie Haare, Kleidung und Schmuck wie eine Uniform, bedient sich dieser Attribute, um die feine Gesellschaft zu beeindrucken (und über ihre Herkunft hinwegzutäuschen) und für das einfache Volk eine entrückte Göttin darzustellen.

Alicia Dujovne Ortiz schreibt in ihrem Buch über die Argentinierin folgendes:

Zitat von Evita Perón - Die Biografie, Aufbau Verlag Berlin
"Das Gold machte eine andere aus dieser fahlen Brünetten, verlieh ihr eine seltsame Blässe, die durch ihre spätere Krankheit übernatürlich wirken sollte. Das Durchscheinende ihrer Haut wurde durch den Kontrast mit diesem unverhohlen artifiziellen Goldton noch betont. (...) Es war ein theatralisches und symbolisches Gold und sollte wie eine Aureole wirken oder wie der goldene Grund auf den mittelalterlichen Heiligenbildern: die Heiligen schienen abgehoben, weit entfernt von den Farben der Erde, von Gewicht und Volumen, vom festen Körper, der Raum beansprucht und Schatten wirft."

Obwohl Eva Perón an ihrer eigenen Legende strickte und der Nachwelt ein kalkuliertes Andenken an sie hinterließ, richtet Radley Metzger in seinem Film den Fokus auch auf die verborgenen Seiten ihres Lebens und zeigt Marina als menschliches Wesen abseits der Glorifizierung, die die Präsidentengattin erfahren hat. Christiane Krüger meistert diesen Spagat eindrucksvoll; mit offenen, ungebändigten Haaren umgarnt sie in sehr privater Umgebung einflussreiche Männer, die ihrer Natürlichkeit nicht widerstehen können. Die subtile Verführung zeigt sich im bodenlangen Nachthemd, das im Brustbereich angefeuchtet wurde, um ihren Busen durchscheinen zu lassen oder hinter der Milchglasscheibe der Duschkabine. Sie verkörpert die Verlockung, die unerreichbar ist. Der Mann begehrt sie, wird aber auf Distanz gehalten. Auf offiziellen Veranstaltungen wirkt sie unnahbar und geheimnisvoll. Sie verschafft sich Respekt, was in der patriarchalischen Gesellschaft Südamerikas nicht leicht ist.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

08.09.2013 14:49
#3 RE: Marina - Der brutale Aufstieg einer Hure (1973) Zitat · Antworten

BEWERTET: "Little Mother" (US-Titel: "Blood Queen", dt. Titel: "Sie nannten sie kleine Mutter" bzw. "Marina - Der brutale Aufstieg einer Hure") - mit: Christiane Krüger, Siegfried Rauch, Mark Damon, Ivan Desny, Anton Diffring, Elga Sorbas, Vida Jerman, Branko Spoljar, Andrea Saric u.a. - Drehbuch: Brian Phelan, Regie: Radley Metzger



Die Schauspielerin und Radiomoderatorin Marina hat es geschafft, bis ganz nach oben zu kommen. Durch ihre Heirat mit Juan Domingo Pinares, dem späteren Präsidenten von Argentinien, wurde es ihr möglich, Einfluss auf die Politik des Landes zu nehmen und aktiv für Frauenrechte und die Armen zu kämpfen. Als sie erfährt, dass sie nur mehr wenige Monate zu leben hat, setzt sie alles daran, ihre Legende zu festigen und dem Gedächtnis des Volkes als Wohltäterin erhalten zu bleiben. Doch der Widerstand der Kirche, des Militärs und früherer Weggefährten erschweren es Marina, ihre Ziele durchzusetzen. Sie muss Zugeständnisse machen und sieht sich zunehmend in die Enge getrieben. Sie fasst einen ungewöhnlichen Entschluss, um den Nimbus um ihre Person für immer zu erhalten....

Christiane Krüger erhielt in dem 1973 gedrehten Film die Chance, ihr breites darstellerisches Spektrum zu zeigen. Die Rolle der Eva Duarte de Perón, der Primera Dama Argentiniens, stellte hohe Anforderungen an eine Schauspielerin, da sie in der Öffentlichkeit umstritten wie kaum eine Frauenfigur in der Geschichte ist. War sie für die Notleidenden des Landes eine Wohltäterin, stellte sie für das Establishment einen unerwünschten Emporkömmling dar, dem die unstandesgemäßige Herkunft und der unkonventionelle Lebenswandel einer Außenseiterin anhafteten. Die Vielseitigkeit der Legende Evita zu verkörpern, erfordert mehr als eine optische Ähnlichkeit. Sie verlangt Authentizität; den Mut, Tabus zu brechen und eine unerschütterliche Haltung, die weder durch äußere, noch innere Einflüsse gebrochen werden kann. Dem unbändigen Willen von Marina Ausdruck zu verleihen, war die primäre Aufgabe von Christiane Krüger. Er zieht sich wie ein rotes Band durch den gesamten Film und kann auch durch gewisse Längen, in denen Radley Metzger den Fokus auf das freizügige Umfeld ihrer Vergangenheit bzw. die Eroberung ihrer Männer legt, nicht geschwächt werden. Marina ist in keinem Augenblick vulgär, auch nicht, wenn sie unbekleidet zu sehen ist. Es ist Krügers Verdienst, dass die Figur ihre Würde behält.



Die sinnlichen Momente lassen Marina gleichberechtigt und teilweise obenauf erscheinen, was gerade im Verhältnis mit General Pinares deutlich wird. Der reißerische deutsche Titel lässt an eine leichtfertige Frau denken, die sich sexuell unterwirft, um bei den Mächtigen einen Stein im Brett zu haben und trifft den Kern des Films deshalb - wie so oft bei Verleihtiteln aus jener Zeit - nicht. Marina macht zwar Zugeständnisse, aber auf weitaus bedeutender Ebene. Um eine Seligsprechung nach ihrem Tode zu erreichen, muss sie auf ihre Pläne zur Umsetzung einer Lockerung des gesetzlichen Abtreibungsverbots und ihre Nominierung als Vizepräsidentin verzichten. Die Macht der katholischen Kirche und der Einfluss des Militärs stellen Antipoden dar, gegen die Marina mit Geschick und Argumenten ankämpft. Krüger zeigt, wie schwierig und kräfteraubend die immer gleichen Diskussionen sind, wenn Freigeiste gegen etablierte und festgefahrene Meinungen antreten. Siegfried Rauch ist ein idealer Partner für sie, da er einerseits den traditionellen Mann aus Schrot und Korn darstellt, andererseits aber gerade dadurch angreifbar ist. Er verkörpert die Vergangenheit, Marina die Zukunft. Dies ist ihm schmerzlich bewusst, weshalb er ihren Aufstieg fürchtet. Die Stimme des Volkes ruft nach seiner Frau und dies ist nicht nur ihm unheimlich. Gegner lässt Madame Pinares ausschalten und erledigt sie teilweise selbst. Auch hier zeigt sich die Leinwandpräsenz der Hamburger Schauspielerin, die prädestiniert für tragende Rollen und starke Figuren ist.

Der 1929 in New York City geborene Regisseur Metzger legt mit der 99 Minuten langen amerikanischen Fassung einen Film vor, der in einigen Szenen bereits auf seine spätere Karriere im Pornofach hinweist. Die Schwimmbadparty zum Beispiel dient vor allem den voyeuristischen Neigungen des Publikums und streckt die Handlung, ohne zusätzliche Infos über Marinas Charakter zu geben. Die Montage der einzelnen Stimmungsbilder vermittelt unterschiedliche Aspekte eines Lebens, das von Gegensätzen geprägt war und arbeitet die Widersprüche heraus, die das Handeln der Frau auslöste. Der finanzielle Aufwand kann sich sehen lassen und zeigt sich in den edlen Kostümen, der Ausstattung und der Vielfalt der Drehorte. Eine bemerkenswerte, kraftvolle Studie, die von Christiane Krüger dominiert wird und in gestraffter Form noch größere Aussagekraft vermittelt hätte.

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