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Dieses Thema hat 1 Antworten
und wurde 366 mal aufgerufen
 Giallo Forum
Prisma Offline




Beiträge: 7.591

08.04.2013 19:44
Suspected Death of a Minor (1975) Zitat · Antworten



SUSPECTED DEATH OF A MINOR / MORTE SOSPETTA DI UNA MINORENNE (1975)

mit Claudio Cassinelli, Mel Ferrer, Lia Tanzi, Gianfranco Barra, Patrizia Castaldi sowie Jenny Tamburi und Massimo Girotti
ein Film von Sergio Martino



»Aber Mama, ich weiß doch was Nutten sind!«


Paolo Germi (Claudio Cassinelli) flirtet in einem Tanzlokal mit einer jungen Prostituierten namens Marisa (Patrizia Castaldi), die kurz darauf bestialisch in ihrer Wohnung ermordet wird. Paolo ermittelt auf eigene Faust und bedient sich dabei sehr grenzwertiger Methoden. Doch was hat er mit der Mordgeschichte zu tun und in wessen Interesse handelt er? Gibt es einen Auftraggeber im Hintergrund? Er schließt ein Bündnis mit dem kleinen Taschendieb Giannino (Adolfo Caruso), der ihm von nun an beim Erpressen, Stehlen und dem Gefügig machen von Anderen behilflich ist. Schon bald bemerken die beiden, dass sie in ein gefährliches Hornissennest gestochen haben, und sie landen in einem Strudel aus Prostitution, Entführung, Mädchenhandel, Erpressung und schließlich Mord. Bevor Paolo sein wahres Gesicht zeigen kann, schlägt der brutale Auftragskiller erneut zu...

Sergio Martinos Film mit etlichen Giallo-Färbungen, erinnert in vielerlei Hinsicht an "Der Tod trägt schwarzes Leder", in dem Claudio Cassinelli ebenfalls die männliche Hauptrolle spielte, wobei "Morte Sospetta di una Minorenne" Massimo Dallamanos Beitrag nach meinem Geschmack um einige Längen schlägt. Der Einstieg ist furios und überrascht bereits nach wenigen Minuten mit einer härteren Gangart, die sich nicht nur im Bilde, sondern auch im Verhalten oder der Ausdrucksweise der Akteure wiederspiegelt. Der Plot ist sehr klar und spanend aufgebaut, viele Wendungen und verblüffende Überraschungen lassen einen unbekannten Mörder nicht sehr schmerzhaft vermissen. Das Augenmerk liegt daher eher auf der Arbeit von Paolo und vor allem auf dessen zweifelhaften Aktionen und den zum Teil kaum mehr tragbaren Methoden und die Regie wird sehr nachvollziehbar veranschaulichen, wie gefährlich Alleingänge, und wie steinig die Wege zum Ziel sein können. Gut, im Grunde genommen war auch diese Geschichte schon einige Male dagewesen, und stellt keine spektakuläre Neu-Erfindung dar, dennoch überzeugt dieser ausgezeichnet fotografierte Film mit einer angenehmen Portion Eigenständigkeit und einem angebahnten Realitätstransfer. Der Killer vereint Skrupellosigkeit und Brutalität in einer verstörenden Mischung, die passend dazu dargestellten Morde wirken tatsächlich bestialisch und schockierend. Lange Zeit ist man sich als Zuschauer nicht genau im Klaren darüber, wie die von der Polizei mühsam zusammengesuchten Mosaik-Steinchen im Endeffekt zusammen passen werden, aber man folgt den Geschehnissen aufmerksam und freut sich über einige Twists. Hervorragend wirken für das Gesamtgeschehen der Sarkasmus und der Humor, so dass der Charakter des Films bei aller Ernsthaftigkeit durchaus geistreich wirkt.

Hauptdarsteller Claudio Cassinelli liefert eine beeindruckende one-man-show und es bereitet immer mehr Vergnügen ihm bei seiner unwirschen Taktik zuzusehen. Mit Gegnern oder Schachfiguren in seinem eigenen Spiel geht er keineswegs zimperlich um, und man könnte beinahe sagen, dass er ein sympathischer Bastard ist. Aber der Zweck heiligt alle Mittel und Paolo zeigt sich auch von seiner anderen Seite. Claudio Cassinelli verunglückte 1985, während der Dreharbeiten zu Sergio Martinos Film 'Fists of Steel' tödlich, als ein beteiligter Helikopter plötzlich ins Set stürzte und dessen Rotorblätter ihn zerfetzten. Ein schlimmes Ende für diesen überaus gerne gesehenen, sympathischen und begabten Schauspieler. Die Takes zu diesem Unfall (ich erinnere mich sie bei irgend einem Teil der "Gesichter des Todes"-Reihe gesehen zu haben), gehen nur schwer wieder aus dem Kopf! Des Weiteren sind noch Mel Ferrer und vor allem ein blendend aufgelegter Massimo Girotti zu erwähnen, die restlichen Darsteller funktionieren ebenfalls recht beachtlich. Auch das ermittelnde Polizei-Duo, das sich nur mit herkömmlichen Methoden über Wasser halten kann, macht mit Witz und Humor enormen Spaß. Als einem von ihnen die Tasche gestohlen wird (natürlich von Paolos rechter Hand Giannino), muss er sich von einer Prostituierten, die alles beobachtet hat spöttisch zurufen lassen: »In dieser Gegend gibt es kaum ehrliche Leute. Nur Diebe und Nutten!« Überhaupt wimmelt es in dieser Gegend nur so von Prostituierten, das stimmt, und folglich bekommt man auch hin und wieder einige Auslagen geboten, was hier allerdings wirklich keine zügellosen Formen annimmt. Die Score von Luciano Michelini ist ein flexibler Genuss und deckt das Gesamtgeschehen facettenreich ab, für Action und Spannung sorgen zum Beispiel auch Verfolgungsjagden und Schlägereien, von allem bekommt man etwas geboten. Eine solide und runde Angelegenheit, die mit einer enormen Tempo-Steigerung im letzten Drittel, und einem gelungenen Showdown überzeugen kann. Sehr unterhaltsam und aufwendig gestaltet; so sieht doch ein kleiner Volltreffer aus!

Blap Offline




Beiträge: 1.128

09.04.2013 09:55
#2 RE: Suspected Death of a Minor (1975) Zitat · Antworten

Großartiger Film, großartige DVD-Auswertung! Älterer Kurzkommentar:

Morte sospetta di una minorenne (Italien 1975, Originaltitel: Morte sospetta di una minorenne)

Eine junge Dame wird von einem fiesen Sonnenbrillentäger brutal abgeschlachtet. Kurz vorher tanzte sie eine Runde mit dem leicht verschrobenen Paolo Germi (Claudio Cassinelli), der sich auf die Fährte des Killers begibt. Bei seinen Nachforschungen trifft Germi auf den kleinen Nachwuchslangfinger Giannino (Adolfo Caruso), welchen er kurzerhand als Helferlein verpflichtet. Der Jüngling wundert sich bald über seinen neuen Bekannten, plötzlich geht es nicht mehr lediglich darum den Nutten im Park die Handtaschen zu klauen. Nein, plötzlich gibt es Tote, wüste Verfolgungsjagden und Säcke voller Geld. Die wahre Identität Germis ist nicht schwer zu erraten, für den schlichten Giannino trotzdem eine Überraschung. Der Mord an der Hobbynutte stellt nur ein kleines Puzzleteil in einem erschreckenden Gesamtbild dar, in dem der reiche Bösewicht Gaudenzio Pesce (Massimo Girotti) eine gewichtige Rolle spielt. Die recht "speziellen" Methoden des engagierten Germi, treiben seinem Vorgesetzten (Mel Ferrer) unzählige Schweißperlen auf die faltige Stirn. Pesce ist ein einflussreiches Mitglied der obersten Gesellschaftssicht, was einerseits Germis Chef noch mehr Qualen bereitet, den Ermittler andererseits zur Höchstleistung auflaufen lässt ...

Diesen wundervollen Film inszenierte Sergio Martino 1975. Mit prächtigen Gialli wie "Lo strano vizio della Signora Wardh" (Der Killer von Wien, 1971), "La coda dello scorpione" (Der Schwanz des Skorpions, 1971) und "Tutti i colori del buio" (Die Farben der Nacht, 1972), sowie Beiträgen zum Polizeifilm wie z.B. "Milano trema: la polizia vuole giustizia" (1973), erschuf Martino strahlende Highlights des italienischen Genrekinos. Es wäre müßig und zu ausufernd hier nun alle entsprechenden Titel aufzulisten, Informationsquellen bietet das Internet im Überfluß. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass Sergio Martino auch nach seinen Beiträgen zu diesen Genres, etliche Filmperlen zu anderen Spielarten des Italokinos beisteuerte. "Morte sospetta..." kann man zwar problemlos dem Polizeifilm zuordnen, doch dieses Werk sprengt den üblichen Rahmen des Genres. Da wären zunächst die deutlichen Giallo-Elemente zu nennen. Erscheinung und Vorgehensweise des Mörders, Inszenierung seiner Taten, würden auch jedem Giallo perfekt zu Gesicht stehen, so erinnert der Score ebenso immer wieder an dieses Genre. Ferner ist die zugefügte Prise Humor weder zu übersehen, noch zu überhören, glücklicherweise driftet der Streifen nicht in dümmlichen Klamauk ab. Wie ein roter Faden zieht sich das "Brillenproblem" der Hauptfigur durch den Film, jeder Optiker hätte sicher seine Freude an einem solch ergiebigen Kunden. Dann wäre da noch der fahrende Untersatz des Helden. Eine Ente, die sich nach und nach in ihre Bestandteile auflöst. Folglich darf Helferlein Giannino auch kurzerhand Türen abreissen und den Verfolgern entgegenschleudern. Nicht nur die Zutaten aus anderen Genres machen "Morte sospetta..." zu einem ganz besonderen Erlebnis. Claudio Cassinelli spielt hier ganz groß auf. Wie seine ultraharten Kollegen aus anderen Filmen, kann sein Paolo Germi zwar auch verdammt ungemütlich werden, doch seine Darstellung geht weit über den Horizont -des genretypischen- einsilbigen Haudrauf-Bullen hinaus. Immer wenn ich Claudio Cassinelli sehe, erfreue ich mich an seinen exquisiten schauspielerischen Qualitäten, beschleicht mich regelmäßig eine gewisse Schwermütigkeit, denn Cassinelli verstarb bereits 1987 bei einem tragischen Unfall. Leider wurde dieser äußert talentierte Schauspieler nur 47 jung, möge er in Frieden ruhen. Übrige Mitwirkende liefern durch die Bank gute Leistungen ab, allerdings wurde der Film eindeutig auf Platzhirsch Cassinelli zugeschnitten. Mel Ferrer taucht ab und an als gestresster Chef auf und ringt um Fassung, Adolfo Caruso kommt als sympathischer Dummbatz daher, Massimo Girotti gibt den Widerling mit Stil. Die Kamera fängt das Geschehen vorzüglich ein, der teils an Goblin erinnernde Score verdient ein dickes Lob.

"Morte sospetta..." bedient die Vorgaben des Polizeifilmgenres, fügt aber -auf sehr gelungene Art und Weise- Ingredienzien anderer Richtungen hinzu. Nicht zuletzt spielt der Film immer wieder mit den Klischees, damit natürlich auch mit der Erwartungshaltung des Zuschauers. Ich bin sehr, sehr angetan von diesem wundervollen Film! Die DVD aus der "Italian Genre Cinema Collection" von Sazuma ist ein echter Volltreffer (glücklicherweise wird diese Reihe nun unter dem Label Camera Obscura fortgeführt)! Die gebotene Bildqualität ist erstklassig, da nie eine deutsche Synchronisation existierte, hat man den italienischen Originalton durch deutsche, englische und niederländische Untertitel ergänzt (was mir deutlich lieber ist, als eine neu angefertigte Synchro, die in den meisten Fällen überhaupt nicht zum Film passt). Im Bonusmaterial findet man ein knapp halbstündiges Interview mit Regisseur Sergio Martino und ein paar nette Kleinigkeiten. Die DVD kommt in einem dicken Digipak samt Schuber daher, das Cover wurde sehr ansprechend gestaltet. Ein kleines Booklet mit Anmerkungen des altgedienten Christian Keßler rundet das phantastische Gesamtbild stimmig ab.

Ein grandioser Film, präsentiert in perfekter Aufmachung! Noch sind Restbestände erhältlich, ich rate zum sofortigen Kauf! Dieser Schatz ist unbezahlbar, glücklicherweise momentan (noch) für kleines Geld erhältlich. Also: KAUFEN! (Sonst wird nachher wieder geheult, weil die Scheibe nur noch zu Bordellpreisen erhältlich ist... ...und die Blagen keine Weihnachtsgeschenke bekommen, weil Papi die gesamte Kohle für DVDs rausgehauen hat!)

Sehr gut bis überragend = 8,5/10

Lieblingszitat:

"Dann bleibt Italien die Wiege des Rechts! ...und das Recht scheißt sie voll!"

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