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Dieses Thema hat 45 Antworten
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Giacco Offline



Beiträge: 2.520

07.06.2012 21:49
#16 RE: Romy Schneider - Filme & Karriere Zitat · Antworten

"Die Geliebte des anderen" habe ich zwar schon lange nicht mehr gesehen,
mir ist aber vor allem die Musik von Claude Bolling im Gedächtnis geblieben.

Immerhin hatte der Film in Frankreich noch fast 500.000 Besucher.
Im Vergleich zu den ca. 3 Mio, die "Die Dinge des Lebens" erreichte, ist das
zwar wenig, aber "kläglich durchgefallen" ist er wohl nicht. Sicher nicht
zuletzt ein Verdienst von Romy Schneider.
Da die Parallele zu Hitchcock gezogen wurde:
Dessen Film "Topas" kam in Frankreich ebenfalls 1970 in die Kinos und
lockte auch nur 554.000 Besucher an. Und das, obwohl französische Stars wie
Michel Piccoli, Dany Robin und Michel Subor mitwirkten.

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

07.06.2012 22:32
#17 RE: Romy Schneider - Filme & Karriere Zitat · Antworten

Kläglich durchgefallen bezog sich auch eher auf die allgemeine Kritik, die der Film seinerzeit bekam. Mit an die 500.000 Besucher kann man so gesehen von einem Achtungserfolg sprechen, das stimmt schon, doch bei den Besucherzahlen rechnete man bei Romy Schneider-Filmen 1970 (in Frankreich) bereits ausschließlich in Superlativen. Eine halbe Millionen Zuschauer wollte man gerne schon alleine im Zeitraum der Uraufführungen haben und alles andere wurde eben als Misserfolg gewertet, natürlich gemessen an ihren Großerfolgen. Daher wird in der Filmliteratur rund um die Schauspielerin immer gerne und vor allem schnell von nicht zufriedenstellenden Ergebnissen gesprochen. So gesehen wäre jeder Film vor und nach "Sissi" in Deutschland ja auch ein Riesenflop gewesen, was nicht immer den Tatsachen, aber weitgehend den Darstellungen entspricht.
Der Hitchcock-Vergleich kam eher aufgrund der Ambition der Regie zustande und bezieht sich nicht auf die Wirtschaftlichkeit des Films, immerhin handelte es sich um die Ankündigung des Regisseurs, was die Zuschauer hellhörig werden lässt. "Topaz" wird ja generell auch nicht als großer Erfolg gewertet, das aber auch eher im Bezug auf einen Film vom Meister höchstpersönlich.

Giacco Offline



Beiträge: 2.520

08.06.2012 12:45
#18 RE: Romy Schneider - Filme & Karriere Zitat · Antworten

Ich wollte auch nur anhand der Zahlen belegen, dass der Film nun nicht wirklich
ein Flop gewesen ist.
Natürlich gebe ich Dir ansonsten Recht. Vor allem in Deutschland wurden die
Romy-Schneider-Filme immer am Erfolg der Sissi-Trilogie gemessen. Streifen wie
"Monpti", "Mädchen in Uniform" oder "Die schöne Lügnerin" konnten solche
Besucherzahlen natürlich nicht erreichen und wurden dann schnell als Misserfolge
abqualifiziert, obwohl sie durchaus ein großes Publikum in die Kinos lockten.

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

20.06.2012 22:08
#19 RE: Romy Schneider - Filme & Karriere Zitat · Antworten



ABSCHIED IN DER NACHT / DAS ALTE GEWEHR / LE VIEUX FUSIL (1975)

mit Philippe Noiret, Romy Schneider, Jean Bouise, Robert Hoffmann, Karl-Michael Vogler, Madeleine Ozeray, Catherine Delaporte und Joachim Hansen





»Ich kümmere mich nicht um Politik!«


Frankreich 1944. Julien Dandieu (Philippe Noiret) ist Chirurg in einer Klinik und er behandelt alle Kranken gleich, egal welche politischen Gesinnungen sie haben. Es herrscht eine nervöse Spannung, denn die Division »Das Reich« befindet sich kurz vor dem Einmarsch in die Normandie. Nach einer Durchsuchung des Krankenhauses durch die Miliz, auf der Suche nach politischen Gegnern, beschließt Julien, seine Frau Clara (Romy Schneider) und seine Tochter Florence (Catherine Delaporte) in Sicherheit zu bringen, indem er sie in das abgelegene Schloss Barberie schickt. Nach einigen Tagen der Unruhe fährt Julien seiner Familie nach und muss eine grausame Entdeckung machen. Alle Einwohner des kleinen Dorfes, das rund um das Schloss liegt, wurden ermordet. Von Angst getrieben, sucht er nach seiner Familie in dem vermeintlich sicheren Versteck und er findet schließlich nur noch die Leiche seiner jungen Tochter und den verkohlten Körper seiner Frau. Wahnsinnig vor Schmerz und erfüllt von Hass beschließt Julien, die Verantwortlichen systematisch zur Verantwortung zu ziehen. Sein Vollstrecker der Rache soll dabei das alte Gewehr seines Großvaters werden...

Dieser Film von Roberto Enrico zählt zu den ganz großen Beiträgen des französischen Kinos. Paris Match schrieb 1975: »Roberto Enrico gelangen außergewöhnlich gefühlvolle Bilder«. Der Filmstoff bedient sich historischer Anleihen des SS-Massakers in Oradour, bei dem seinerzeit 642 Menschen starben. "Le vieux fusil" kam in Deutschland zunächst als "Das alte Gewehr" und schließlich unter dem weniger aussagekräftigen Namen "Abschied in der Nacht" in die Kinos. In Frankreich wurde er zum sensationellen Erfolg und brach alle Rekorde; der Film lief sechs Monate in Uraufführung in Paris und brachte es auf beinahe 775 000 Besucher in diesem Zeitraum, hatte somit sogar größeren Erfolg als seinerzeit die Sissi-Filme. "Le vieux fusil" wird 1976 mit der Auszeichnung des César, dem französischen Oscar, als bester Film des Jahres gekrönt. Weitere Auszeichnungen gingen an Hauptdarsteller Philippe Noiret und die sehr bewusst abgestimmte Filmmusik von François de Roubaix. Zudem war der Film in sechs weiteren Kategorien nominiert. Man hat es mit einem Thema zu tun, das an den Nerven zerrt, das emotional abverlangt und bis zum Äußersten geht und der in seiner hochprofessionellen Inszenierung überaus verstörend wirkt. Wenn man so will, gelang der Regie eine Annäherung in Form des Aufzeigens eines der zahllosen, unerträglichen Gesichter des Krieges.





Philippe Noiret, der in der deutschen Fassung übrigens von Harald Leipnitz synchronisiert wurde, spielt bemerkenswert auf. Julien strahlt eine Ruhe und Besonnenheit aus, die durch nichts zu erschüttern scheint. Man sieht ihn ambitioniert in seinem Beruf, wenn auch übergreifend machtlos, glücklich und liebevoll als Familienvater, der seine Frau und seine Tochter vergöttert. Unter anderen Umständen hätte Julien alles, was er sich erträumt hat, doch die erdrückenden Rahmenbedingungen zeigen ihn besorgter, nur der Zuschauer bekommt seine intime, leise Angst zu spüren, bis sein Gesicht wenig später zum Spiegel der Emotionen des Zuschauers wird. Dass Julien zum Mörder wird, erscheint dabei wie eine logische Konsequenz, sein systematisches und gnadenloses Vorgehen zeigt exemplarisch auf, dass sein Handeln fernab seiner Natur und seines Verstandes abläuft, doch man verfolgt seine Vorgehensweise beinahe mit Genugtuung. Philippe Noiret kreierte einen tragischen Helden, der Schmerz, Verzweiflung und Qual so greifbar macht. Mit mehr Tiefe hätte man diese Rolle nicht ausstatten können und es entstand eine der ganz großen Interpretationen des französischen Kinos. Joachim Hansen als hoher SS-Offizier wirkt in dieser Geschichte sehr glaubhaft. Man sieht ihm an, dass er innerlich längst kapituliert hat, doch für ihn muss es weitergehen bis zum bitteren Ende. Trotz unterschiedlicher Auffassung trägt er die Machenschaften seiner Truppe und lässt sie an der langen Leine, um sie bei der Stange zu halten. Robert Hoffmann bekam leider nur wenig Gelegenheit, sich aus dem Schatten der anderen Leistungen hervorzuheben und bleibt unscheinbar zurück. Erwähnenswert ist schließlich noch die subtile Leistung von Jean Bouise, der einen engen Freund Juliens spielt.

Für ihre Leistung in "Nachtblende" und "Das alte Gewehr" (hier allerdings zugunsten von "Nachtblende" nicht in der Kategorie beste Schauspielerin nominiert), erhielt Romy Schneider den César, den sie Luchino Visconti widmete, der kurz vor der Verleihung verstarb. Die Prämie spendete sie im Angedenken an ihren Mentor einer Künstlerhilfe. "Le viex fusil" gilt damals wie heute als einer der wichtigsten, besten und leidenschaftlichsten Filme mit Romy Schneider. Ihre Darstellung der Clara, die hauptsächlich in Rückblenden angelegt wurde, ist eine der intensivsten und emotionalsten Frauenrollen ihrer Karriere geworden. Vor allem über Romy Schneider setzte die Regie unglaublich harte Schocks, die aber nicht selbstzweckhaft ausuferten, sondern notwendig waren, um zum Verständnis bezüglich Juliens Handeln beizutragen. Der Zuschauer soll verstehen, warum ein Mann, der friedlicher nicht sein könnte, zu solch drastischen Mitteln greifen wird. Und der Zuseher wird verstehen. Romy Schneider übernahm eine Rolle der weit voneinander entfernten Kontraste und damit eine Herausforderung an. Clara ist schön, liebenswert, unbekümmert und steht voll im Leben welches sie so sehr liebt, wie ihre Familie. Trotz der nahenden Gefahr nimmt sie den Krieg anscheinend nicht sehr ernst, sie vermittelt ein Gefühl von Unverwundbarkeit und diskreter Stärke. Nach diesen kurzen Einstellungen folgen die unfassbaren Bilder im Schloss, von ihrer Vergewaltigung und ihrer anschließenden, buchstäblichen Vernichtung durch einen Flammenwerfer. Hierbei wirkt die hochwertige Inszenierung alptraumhaft und macht für lange Zeit sprachlos. Im Verlauf sieht man Romy Schneider nur noch in Rückblenden, die durch das absencenartige Schauspiel von Philippe Noiret eingeleitet werden. Es sind heitere Sequenzen aus glücklichen Tagen, die Lebensfreude und Glücksmomente transportieren. Bemerkenswert wurde hier Romy Schneider inszeniert und herausgehoben, die stellenweise wie ein erlesenes Gemälde und ein schöner Traum wirkt. Romy Schneider und Philippe Noiret bringen den Zuschauer an den Rand ihrer emotionalen Kapazitäten. Chapeau!

"Abschied in der Nacht" vermittelt überaus drastische Inhalte und Bilder, bleibt dabei aber ein fast stilles Plädoyer innerhalb eines Ausnahmezustandes. Trotzdem nimmt er eine überaus deutliche Position ein und erschreckt mit seiner unmissverständlichen und harten Wertung, er lässt nicht den Hauch von Zuschauergewalt. Sein schnelles Erzähltempo lässt oftmals fast unerträgliche Spannungsmomente entstehen, die nur durch die Rückblenden entschärft werden. Die technischen Finessen und die Bildgestaltung hinterlassen ein rundes Gesamtbild, besonders eindrucksvoll ist das Schloss mit seinen geheimen Gängen und versteckten Winkeln, die Julien schon aus seiner Kindheit kannte. Einen der größten Paukenschläge bekommt man in Form eines Beobachtungsspiegels in einem der Räume zu Gesicht, durch welchen Julien alles beobachten kann und dadurch seinen Gegnern in diesem Nerven aufreibenden Katz- und Maus-Spiel immer einen Schritt voraus sein kann. Die verständlicherweise ausgezeichnete Musik transportiert extreme Stimmungen, die in jeder Situation maßgeschneidert wirken. Die Regie bedient sich einiger brutaler Veranschaulichungen, die allerdings notwendig waren um einen Ausnahmezustand zu schildern. "Das alte Gewehr" ist berührend, ohne aber rührselig zu werden, er zeigt sich wertend, ohne jedoch eindimensional zu erscheinen. Insgesamt präsentiert sich ein gut reflektierter Film, der Superlative nahe liegend erscheinen lässt. Roberto Enrico charakterisiert diesen Film mit seiner eigenen Aussage vermutlich am besten: »Ich wollte zeigen, wie ein einmal in Gang gesetzter Mechanismus jeden mitreißt, auch den Sanftesten«. Es bleibt ein beeindruckender Film und eine schwere Anklage gegen den Krieg.

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

25.06.2012 19:23
#20 RE: Romy Schneider - Filme & Karriere Zitat · Antworten



EIN ENGEL AUF ERDEN / MADEMOISELLE ANGE (1959)

mit Romy Schneider, Henri Vidal, Michèle Mercier, Jean-Paul Belmondo, Erika von Thellmann, Ernst Waldow und Margarete Haagen





»Venez avec nous«


Eine junge und hübsche Stewardess der Angel-Star-Line (Romy Schneider) ist unsterblich verliebt in den begehrten Junggesellen und erfolgreichen Rennfahrer Pierre Chaillot (Henri Vidal), der häufig die Dienste des Flugunternehmens in Anspruch nimmt. Doch für ihn ist sie nur Luft und er würdigt sie nicht einmal eines Blickes. Mit seinen Gedanken ist Pierre nur bei seiner adeligen Verlobten, der verwöhnten, launischen und oberflächlichen, aber ebenso attraktiven Augusta von Munchenberg (Michèle Mercier). Als die beiden schließlich heiraten wollen, lässt Augusta ihren Bräutigam vor dem Traualtar sitzen und brennt mit einer besseren Partie durch. Niedergeschlagen und verletzt ist Pierre im Begriff, Dummheiten zu begehen. Dies ist der richtige Zeitpunkt für das Auftauchen seines Schutzengels (Romy Schneider), die für vierundzwanzig Stunden zur Erde darf und kurzerhand die Gestalt der Stewardess annimmt. Ihre Aufgabe besteht nicht nur darin, ihn zu beschützen, sondern sie möchte den Rennfahrer und die Stewardess auch zusammenführen, doch ihr Auftrag erweist sich schwieriger als befürchtet, denn die Zeit wird knapp und es tauchen immer wieder neue Komplikationen auf...

Nach seinem kontrovers gehandelten Drama "Mädchen in Uniform" inszenierte der Regisseur Geza Radvanyi erneut einen Film für die CCC und ebenfalls unter Beteiligung von Romy Schneider. Die deutsch-französische Co-Produktion "Ein Engel auf Erden" bedient sich allerdings eines leichteren Stoffes und kann als unbeschwerte Liebeskomödie bezeichnet werden. Die Story erscheint zwar zunächst recht originell, doch die Produktion kommt nicht über den Status eines federleichten Unterhaltungsfilms seiner Zeit hinaus, der sogar immer wieder als eine von Romy Schneiders unbedeutendsten Arbeiten beschrieben wird. In Deutschland mittlerweile als box-office-poison gehandelt, fiel Romy Schneider in der Gunst der Zuschauer nach der Sissi-Trilogie, und ihren damit verbundenen eigenen Aussagen, von Platz eins auf Platz zwanzig herab. Aufgrund alter Verträge soll sie jedoch noch beträchtliche Gagen erhalten haben. Die Vorzüge von "Ein Engel auf Erden" bleiben insgesamt übersichtlich, und zwar in Form seiner Schauspieler und den hervorragenden Außenaufnahmen an der Côte d’Azur.





Romy Schneider befand sich nach Filmen wie "Mädchen in Uniform", "Christine" und "Die Halbzarte" mitten in ihrem selbst angestrebten und schwierigen Imagewechsel, dennoch mit deutlicher Tendenz zu damals für sie obligatorischen Aufgaben. Ihre undifferenzierte Doppelrolle in "Ein Engel auf Erden" zeigte sie immer noch wie gehabt. Zwar prägte sie jede Rolle in überdurchschnittlichem Maße und mit erstaunlicher Leichtigkeit, doch von einer großen Herausforderung kann man hier bei Weitem nicht sprechen. Sie ist hübsch anzusehen, sympathisch und verkörpert die Träume ihrer jungen Generation, doch bedeutender werden ihre wenig später, signifikant erkennbaren Entwicklungsschübe auffallen. Im Gegensatz dazu kann ihre Interpretation nur als angenehm bezeichnet werden, die sich auf seichtem Untergrund abspielt. In der Hülle ihrer Stewardess vermittelt sie geheime Sehnsüchte und ferne Träume, der Versuch, ein aufrichtiges Gefühl zu transportieren, gelingt ihr aber nicht besonders nachhaltig, es mutet insgesamt eher wie eine jugendliche Schwärmerei an (was auch an ihrem damals fast vierzigjährigen Partner Henri Vidal liegt). Romy Schneider serviert ein Pflichtprogramm aus dem Stand, bei dem man ihre persönliche Unentschlossenheit und vielleicht sogar Unzufriedenheit beinahe spüren kann. Ihre großen Rollen sehen definitiv anders aus.

Hauptdarsteller Henri Vidal sieht man hier in einem seiner letzten Filme. Der unter Depressionen leidende Schauspieler verstarb im gleichen Jahr mit nur vierzig Jahren an einem Herzinfarkt. Nichts gegen Henri Vidal, an dessen Schauspiel wirklich nichts auszusetzen ist, jedoch gefällt mir persönlich wieder einmal nicht, dass man mit ihm einen Schauspieler neben Romy Schneider setzte, der ihr Vater hätte sein können. Pierre ist erfolgreich und begehrt, wird aber nicht als rücksichtsloser Playboy dargestellt. Seine Schwäche sind starke Frauen, von denen er unter Umständen auf den richtigen Weg geführt werden muss. Er zeichnet einen sympathischen, gewitzten wenn auch teils unbeholfenen Herrn mit gutem Kern. Den Zuständigkeitsbereich Kontraste übernahm die reizende Michèle Mercier, die Jahre später mit der Titelfigur der Angélique zu Weltruhm gelangte, außerdem sieht man Jean-Paul Belmondo als treuen Freund von Pierre, der seinen großen Durchbruch im Kino wenig später feiern würde. Ansonsten und insgesamt hat man es fast ausschließlich mit hoffnungslos überzeichneten Charakteren zu tun, bei denen besonders Erika von Thellmann als Paradebeispiel nahezu unangenehm auffällt. Margarete Haagen als Oberengel spielt wieder einmal die Rolle ihres Lebens. Sie erhebt permanent energisch und mahnend ihre Stimme und wirkt ziemlich schrullig, manchmal sogar hart, sie lässt sich aber schließlich immer wieder erweichen und gibt die moralische Instanz wie immer glaubhaft. Insgesamt haben sich durch die Bank gute Darsteller versammelt, die diesen Film mit präzisen Auftritten aufwerten konnten.

Man muss es sagen wie es ist. Die Schauspieler kompensieren mit allen verfügbaren Kräften zahlreiche Unzulänglichkeiten und bringen dieses Material zu einem versöhnlichen Abschluss. Die Geschichte bleibt unglaubwürdig und seicht, Inhalte wie Tempo, Originalität oder durchgängig hohes Niveau wurden zu nachlässig behandelt und überzeugen daher kaum, nur die herrlichen Landschaftsaufnahmen der Französischen Riviera, die pompöse Ausstattung und das überzeugende Schauspiel, sowie einige Prisen des angemessenen Humors lenken von hartnäckigen Anflügen des Leerlaufes ab. Es fehlt leider an eingängiger musikalischer Untermalung und konkreten Einfällen die Geschehnisse aufzulockern, fatal wirkt sich zudem die Vorhersehbarkeit der kompletten Angelegenheit aus. Interessant bleibt das Auftauchen von späteren Stars, die man umso aufmerksamer begutachten kann. Inszenatorisch ist bei "Ein Engel auf Erden" also nicht mehr und nicht weniger herausgekommen, als man vermutlich auch erreichen wollte; leichte Unterhaltungskost für unzählige, einsichtslose Sissi-Anhänger, die auf ihre Kosten kommen sollten. Das Ergebnis spricht mit seinem nicht gerade überwältigenden Besucher-Zuspruch allerdings für sich selbst. Man sieht also, dass es auch in Romy Schneiders bemerkenswerter Filmografie Dutzendware aufzuspüren gibt. Mit ihr als Bonus kann man insgesamt noch von wenig turbulentem Mittelmaß sprechen, bei welchem der Unterhaltungswert gar nicht so sehr im Vordergrund, wenn sogar außer Frage steht.

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

30.06.2012 01:11
#21 RE: Romy Schneider - Filme & Karriere Zitat · Antworten



LA CALIFFA (1970)

mit Ugo Tognazzi, Romy Schneider, Marina Berti, Roberto Bisacco, Massimo Serrato, Massimo Farinelli, Guido Alberti, u.a.





»Jetzt trocknet sein Blut auf der Straße wie Hundepisse«


In einer Industriestadt in Norditalien droht nach dem Konkurs die Schließung einer der Fabriken von Doberdò (Ugo Tognazzi). Es kommt zum Streik, und Doberdò, der selbst aus einfachen Verhältnissen stammt und sich zielstrebig nach oben gearbeitet hat, versucht bei seinen Leuten zu vermitteln. Dabei fällt ihm eine lebhafte junge Frau auf, die ebenfalls bei ihm beschäftigt ist, man nennt sie "La Califfa" (Romy Schneider). Sie ist die Witwe eines Arbeiters aus Doberdòs Fabriken, der bei einer Demonstration ums Leben kam. Die anfängliche Feindseligkeit zwischen den beiden schlägt schnell in ein Zusammengehörigkeitsgefühl um, obwohl sie auf unterschiedlichen Seiten kämpfen. Mit der heißblütigen Frau an seiner Seite, lernt Doberdò wieder, das Leben mit anderen Augen zu betrachten und zu genießen, so dass er seinen Arbeitern schon bald einen Kompromiss vorschlagen wird. Doch dieser Sinneswandel wird aus seinem eigenen Lager mit Empörung zur Kenntnis genommen. Wer wird bei diesem Tauziehen zwischen Zugeständnissen und Verpflichtungen auf der Strecke bleiben...?

»Bevilacqua, der Script-Autor hatte vom Filmen nicht die blasseste Ahnung. Wir alle schwammen, sogar Ugo Tognazzi.« Diese Aussage von Romy Schneider bringt es kurz und knapp auf den Punkt. "La Califfa" entlarvt sich bereits nach wenigen Minuten als unangenehme Aneinanderreihung falscher Untertöne, polemischer Inhalte und schmückt sich mit beinahe unerträglichen, paraphrasierenden Dialogen, die das Anschauen schnell zur Zerreißprobe werden lassen. Selbst der gerne verwendete Satz: »Einzig und alleine Romy Schneider...«, hat für diesen Film, der zum offiziellen italienischen Filmbeitrag für die Festspiele in Cannes wurde, kaum Bedeutung. Regisseur Alberto Bevilacqua inszenierte einen Film, der seinerzeit zwar umstritten gewesen sein soll, aber leider wurde "La Califfa" nur eine überambitionierte, mit Floskeln und Klischees voll gestopfte Produktion, die man nichts als misslungen bezeichnen kann. Gestreckt wurde das Ganze mit endlosen Aneinanderreihungen im Bereich Großaufnahmen, nahezu hysterischen und überspitzten Gesten, unglaubwürdig dargestellten Gefühlen, sowie Nackt- und Sexszenen, wofür man mit Romy Schneider zwar eine sehr ansprechende, aber hier leider fehlbesetzte Schauspielerin verpflichtet hatte.





Ugo Tognazzi, der für den reichen Unternehmer wenigstens schon einmal die richtige Erscheinung mitbrachte, kommt insgesamt nicht aus dem Sumpf der Überzeugungslosigkeit heraus. Doberdò ist in jeder Beziehung unglaubwürdig, nur seinen dritten Frühling kann man ihm wegen Partnerin Romy Schneider gerade noch so abkaufen. Ihm wurden große Gesten auferlegt und noch größere Worte in den Mund gelegt, die schrecklich selbstgefälligen Dialoge und einige merkwürdig kolportierte Ansichten wirken schon fast vulgär. »Ich bin es endgültig leid nur Reden zu schwingen und nichts zu tun!« verkündet Doberdò im Film, und es scheint, als spreche er dem Zuschauer aus der Seele. Ugo Tognazzi gelang es letztlich nur sehr bedingt, seiner Figur ein markantes Profil zu geben, er und Romy Schneider sind meines Erachtens eine fatale und überaus unangenehm in Szene gesetzte Fehlkonstellation, ein packendes Zusammenspiel (als Intention der Regie) kam leider zu keinem Zeitpunkt zu Stande. Die restlichen Darsteller sind allesamt unscheinbar, wenn auch nicht gerade unbrauchbar, zu erwähnen ist definitiv noch Marina Berti, als Doberdòs loyale und unglückliche Ehefrau, die in ihrem geringen Rollenumfang gewisse Akzente setzen konnte.

Romy Schneider übernahm diese Rolle, da sie sich nach eigenen Angaben sehr dafür interessiert haben soll, jemanden zu spielen, der ganz anders sei als sie. »Es war der allererste Drehtag - da stand ich schon nackt da, für eine Liebesszene. Ich fragte mich, ob das vielleicht ein Trick der italienischen Regisseure sei, um ihren weiblichen Stars die Hemmungen zu nehmen?« Schon möglich, aber vermutlich handelte es sich dabei eher um eine Kompensationsstrategie der Regie, dem Film etwas Interessantes zu Teil werden zu lassen. Romy Schneider prägt ihre Califfa mit schauspielerischem Talent und Intuition, doch man bemerkt auch gleichzeitig den angestrengten Versuch, ein Unikat zu kreieren. Möglicherweise liegt es an Romy Schneider, dass ihr der bürgerliche Touch nicht steht. Sie präsentiert sich kämpferisch und nonkonformistisch, ihre Emotionen wirken in dieser aufgesetzten Façon, die genau deswegen in Oberflächlichkeit und Unglaubwürdigkeit gipfeln, für Romy Schneiders Verhältnisse, beispiellos blass und fremd. Ihre wesensfremde Synchronstimme untermauert diesen Eindruck schließlich noch zusätzlich. Ihre sympathische, unbändige Heldin, die vor Sinnlichkeit und Temperament nur so strotzt, fiel bei mir jedenfalls (als Romy Schneider-Interpretation) erstmalig komplett durch, obwohl sie häufig bei der Kritik für ihre Califfa gelobt wurde. Das große Problem liegt abgesehen vom schwachen Film wahrscheinlich darin, dass ich mich unbeeindruckt gefühlt habe, vielleicht ist unberührt sogar noch die bessere Umschreibung. Romy Schneiders große Überzeugungskraft begrgündete sich stets in der Leichtigkeit ihres Schauspiels, was hier aber eher wie ein Kraftakt aussieht.

Der rote Faden bei "La Califfa" sind Minderleistungen an allen Ecken und Enden. Das Erstaunliche dabei ist, dass er versucht, sich als ernstzunehmenden Beitrag zu präsentieren, und zwar unter Missachtung aller bestehenden Tatsachen. Die Geschichte ist trivial und noch trivialer inszeniert worden, die Akteure bellen zwar laut, offenbaren dadurch jedoch nur Unvermögen, zurück bleibt schließlich ein überaus unangenehmer, unbehaglicher Gesamteindruck, der auf fragwürdigen Inhalten basiert. Das Schauspiel wirkt teils deplatziert und in seiner kollisionsartigen Kompromisslosigkeit sehr überheblich und unpräzise. Die Handlung und der Erzählfluss hinterlassen einen manchmal geradezu schnipselartigen Eindruck, es stellt sich als anstrengend heraus, der Geschichte durchgehend zu folgen, da Banalitäten in scheinbar intellektuelle oder ernsthafte Gewänder gezwängt wurden. Der entbrannte Klassenkampf stellt sich im Verlauf eher als Kampf der Geschlechter heraus und vermittelt einen zusätzlich wirren Eindruck. Bemerkenswert hingegen sind die imposanten Kulissen vor den Hochöfen von Terni, die wie viele andere, sorgsam eingefangene Bilder zu einer beachtlichen Atmosphäre im visuellen Bereich beitragen. Das große Plus ohne Makel ist die theatralische und verheißungsvolle Musik von Ennio Morricone, die so manchen Seufzer übertönen konnte. Am angenehmsten erschien jedenfalls das aufdringliche Finale, da man Gewissheit bekommt, dass sich der Film endlich dem Ende zuneigt. Ich persönlich habe mit "La Califfa" jedenfalls bislang den Bodensatz der mir bekannten Romy Schneider-Filme gesehen.

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

31.01.2013 22:57
#22 Romy Schneider - Filme & Karriere · Le Train - Nur ein Hauch von Glück (Soundtrack) Zitat · Antworten



»LE TRAIN« DER SOUNDTRACK





TRACKLISTE (1-20)

LE TRAIN
♦ L'attaque
♦ L'exode
♦ Anna
♦ Le train
♦ La nuit
♦ La guerre
♦ Le camp
♦ La traversée
♦ Julien
LE CHAT
♦ Le chat
♦ Le temps des souvenirs
♦ Final
LA VEUVE COUDERC
♦ Suite
LE FILS
♦ Le fils
♦ Retour
LA RACE DES SEIGNEURS
♦ Générique
♦ Trois heures du matin
♦ Thème d'amour
L'ÉTOILE DU NORD
♦ Louise
♦ L'étoile du nord



Zu Zeit stehen meine Soundtrack-CDs wieder ganz hoch im Kurs, und bei dieser Gelegenheit kann ich mich mit dieser kurzen Erwähnung der CD wieder ein wenig für bevorstehende Besprechungen, im doch sehr vernachlässigten Romy Schneider-Thread, einstimmen. Die Musik zu "Le Train - Nur ein Hauch von Glück" stammt von Philippe Sarde, der sich in mehreren Romy Schneider-Filmen für die musikalische Gestaltung verantwortlich zeigte. Auf der CD sind die Kompositionen aus sechs Filmen enthalten, die er für Filme unter der Regie von Pierre Garnier-Deferre beisteuerte. Zu den bekanntesten Kompositionen Sardes gehört das Lied "La chanson d'Hélène" (aus "Les choses de la vie"), das Romy Schneider auch selbst gesungen hat.

Auch die Musik dieser CD (erschienen bei Universal) lässt einen nicht wieder so schnell los. Besonders das finale Stück "Julien" aus dem Titel gebenden Film, wird in Verbindung mit den eindringlichen und bewegenden Szenen zwischen Romy Schneider und Jean-Louis Trintignant zu einem Erlebnis, das man nicht wieder vergessen wird. Sardes Musik, die stets auf ihre Szenen abgestimmt wirkt, ist eine emotionale Mischung aus Temperament, Impulsivität, Verheißung, Ruhe und Behutsamkeit. Das Lied wurde übrigens 1973 von der französischen Sängerin Mireille Mathieu unter dem Titel "Anna et Julien" interpretiert und auf Single veröffentlicht. Gerade der Soundtrack zu "Le train" ist eine musikalische Sternstunde und hält nochmals vor Augen, das jeder Film im Allgemeinen ohne seine musikalische Untermalung undenkbar wäre.

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

01.02.2013 00:13
#23 Romy Schneider - Filme & Karriere · Le Train - Nur ein Hauch von Glück (Soundtrack) Zitat · Antworten



»JULIEN« ET »LA CHANSON D'HÉLÈNE«


Hier sind noch zwei passende Hör- und Sehproben zu Philippe Sardes musikalischen Beiträgen. Melancholisch, sehnsüchtig und authentisch, muten sowohl "Julien", als auch "La chanson d'Hélène", an, bei letzterem sieht man Romy Schneider zusammen mit Filmpartner Michel Piccoli im Studio bei der Aufnahme. Ich muss schon sagen, dass vor allem der Französische Film (und natürlich auch der Italienische Film) doch die Musik beinhaltet, die am meisten berauschen kann und die tatsächlich am meisten bewegt.

http://www.youtube.com/watch?v=O2HXcojeS5E

http://www.youtube.com/watch?v=xDd966e6a-Q

Steve Offline



Beiträge: 19

25.02.2013 10:04
#24 RE: Romy Schneider - Filme & Karriere · Le Train - Nur ein Hauch von Glück (Soundtrack) Zitat · Antworten

Zitat von Prisma im Beitrag #23


Ich muss schon sagen, dass vor allem der Französische Film (und natürlich auch der Italienische Film) doch die Musik beinhaltet, die am meisten berauschen kann und die tatsächlich am meisten bewegt.



...das sehe ich genauso. Ich hab hier auch nochmal 2 Beispiele aus dem Film "Die Geliebte des Anderen". Die Musik ist von Claude Bolling. Ich kriege jedes Mal eine Gänsehaut bei den Liedern.

http://www.youtube.com/watch?v=m72zBTDfP6A

http://www.youtube.com/watch?v=oPTd9gA3aTo

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

28.02.2013 23:08
#25 RE: Romy Schneider - Filme & Karriere Zitat · Antworten

Ja die Musik von Claude Bolling ist wirklich sehr gut, vor allem passt sie hervorragend zum Film. Überhaupt ist die musikalische Gestaltung in den meisten ihrer Filme ziemlich gelungen bis großartig. Steve, welche Romy Schneider-Filme zählst Du denn zu Deinen Favoriten? Eher die älteren oder die neueren Sachen?

Steve Offline



Beiträge: 19

01.03.2013 10:54
#26 RE: Romy Schneider - Filme & Karriere Zitat · Antworten

Also begeistert bin ich von allen, den älteren und den neueren Filmen.
Die deutschen und französischen Filme sind ja einfach grundverschieden. In Deutschland hat sie nach dem Krieg erstmal die Heimatfilme gespielt und in Frankreich dann nachher die subtileren, die eigentlich immer dramatisch waren.
Aber ich finde in ihrem Filmverlauf kann man auch sehr gut ihren eigenen Lebenslauf erkennen. Sie hat ja nur Rollen angenommen mit denen sie sich identifizieren konnten, welche die sie geliebt hat, aber auch welche, die sie abgestoßen haben und dadurch gerade so fantastisch auf sie gewirkt haben.
Viele Leute halten die deutschen Filme mit ihr, also die Heimatfilme teilweise für albern, weil die Leute heute nicht mehr verstehen, in was für einer Zeit diese Filme gedreht wurden.
Ich bekenne mich offen dazu, dass ich ein Fan von den Heimatfilmen mit ihr bin und, dass sie auch dort großartig spielt und sie kann der Rolle dort auch schon oft ihr eigenes Ich einflößen.
Aber die späteren Filme, die in Frankreich entstanden sind, sind natürlich auch einfach genial! Absolut anspruchsvoll und niemals leichter Stoff.
Mit Sissi an Weihnachten hat damals bei mir alles begonnen und die drei Teile gehören deshalb auch zu meinen Lieblingsfilmen. Monpti, Mädchen in Uniform und Feuerwerk haben mir auch sehr gut gefallen. Und dann natürlich Der Swimmingpool, Die Dinge des Lebens, Die Geliebte des Anderen, Das Mädchen und der Komissar, Das wilde Schaf und und und.
Das Schöne ist, dass ich noch nicht alle Filme mit ihr gesehen habe und so immer noch etwas da ist, was ich mir angucken kann, wenn ich möchte.
Und welche Filme gefallen die am besten, Prisma?

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

01.03.2013 12:27
#27 RE: Romy Schneider - Filme & Karriere Zitat · Antworten

Ganz interessant! Obwohl wir vermutlich alle mit "Sissi", ihren Heimat- und Unterhaltungsfilmen angefangen haben, sehe ich diese heute weniger oft, beziehungsweise gerne. Ihre schauspielerischen Qualitäten stehen dabei außer Frage, es ist eher die leichte Kost, bei der ich in einer gewissen Stimmung sein muss. Ich bewundere daher ihre Leistungen in den französischen Filmen der 70er Jahre, in denen sie oftmals über die Grenzen des Handwerks hinaus ging. Romy Schneider betonte immer wieder, dass sie mit ihren Rollen-Figuren nichts gemein gehabt habe, die Faszination dabei entsteht aber tatsächlich erst, oder vor allem, wie Du schon angedeutet hast, dass sie sich selten von ihren zu interpretierenden Charakteren abgrenzen konnte, und dem Eindruck nach so häufig Romy Schneider war. Für mich ist sie als Darstellerin wirklich beispiellos. Vor allem im Rahmen der Emotionen, sie darzustellen, sie zu präsentieren, sie letztlich transparent zu machen, aber was viel wichtiger ist, diese beim Zuschauer hervorzurufen. Für mich ist der großartigste Romy Schneider-Film "Nachtblende", der einen an die Grenzen der emotionalen Kapazitäten bringt, darüber hinaus schätze ich diesen Film als einen der bemerkenswertesten Filme ein, die ich überhaupt kenne. Mir gehts es übrigens wie Dir; alle RS-Filme habe ich auch noch nicht gesehen. Ich halte "La Califfa" für durch und durch misslungen. Gibt es einen Film oder vielleicht sogar mehrere, die Dir nicht gefallen haben, Steve?

Steve Offline



Beiträge: 19

01.03.2013 12:40
#28 RE: Romy Schneider - Filme & Karriere Zitat · Antworten

"Nachtblende" und "La Califfa" habe ich leider noch nicht gesehen. Aber nachdem, was du geschrieben hast, muss "Nachtblende" ja wirklich fantastisch sein und deshalb wird das wohl der nächste RS-Film, den ich mir zulegen werde.
Also die, die ich bisher gesehen habe, gefielen mir eigentlich alle, aber ich denke, du hast auch schon mehr gesehen als ich.
Und du hast Recht, sie ist als Darstellerin besispiellos und für mich die absolut beste Schauspielerin der Welt! Ich habe niemals eine Schauspielerin gesehen, die ihre Rollen so sehr lebt und nicht nut gut spielt!
Hast du dir die Filme auf DVD besorgt, oder hast du eine Videokassettensammlung?

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

01.03.2013 12:46
#29 RE: Romy Schneider - Filme & Karriere Zitat · Antworten

"Nachtblende" ist wirklich außergewöhnlich, aber alles andere als ein Unterhaltungsfilm. Den könnte ich eigentlich demnächst mal hier besprechen. Zu ihrem dreißigsten Todestag ist nochmal ein kleiner Schwung zusätzlich auf DVD veröffentlicht worden, wobei eigentlich immer die gleichen Filme herausgebracht, oder auch gezeigt werden. Die mir bekannten Filme habe ich alle auf DVD.

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

11.04.2014 19:48
#30 RE: Romy Schneider - Filme & Karriere Zitat · Antworten



DIE SENDUNG DER LYSISTRATA (1961) [TV]

mit Barbara Rütting, Romy Schneider, Karin Kernke und Ruth-Maria Kubitschek
Hertha Worell, Ursula Graeff, Ulrich Haupt, Wolfgang Kieling, Karl Lieffen, Peter Arens, Willi Reichert, Franz Schafheitlin, u.a.
eine Gemeinschaftsproduktion des NWRV-Hamburg | Gyula Trebitsch | im Auftrag des NDR | im Europa Filmverleih
ein Fernsehspiel nach Motiven von Aristophanes
ein Film von Fritz Kortner





»Von Natur aus bin ich Pazifist aber diese Frau hat mich militant gemacht!«


Die Schauspielerin Agnes Salbach (Barbara Rütting) hat zu der TV-Ausstrahlung eines Theater-Stückes, in dem sie die Hauptrolle spielt, drei Ehepaare eingeladen. Die Gastgeberin und ihr Mann (Wolfgang Kieling), der ein Doktor der Chemie ist, ahnen noch nicht, was die Konstellation mit sich bringen wird, denn private Probleme und Konfrontation überschatten den Abend. Zu den Gästen zählen Uschi Hellwig (Romy Schneider), die ebenfalls eine Rolle in dem Stück interpretiert, und ihr Mann (Karl Lieffen), Dr. Salbachs Vorgesetzter Kienast (Franz Schafheitlin) nebst Gattin (Hertha Worell) und das Ehepaar Hellinger (Ursula Graeff und Ulrich Haupt). Das Fernsehspiel ist in der Antike angesiedelt, als Athen und Sparta sich im Krieg befinden. Lysistrata (Barbara Rütting) ruft die Frauen aller Schichten dazu auf, sich ihren Männern sexuell zu verweigern, um sie damit zum Frieden zu zwingen. Der Kampf der Geschlechter scheint sich derweil auf die Gäste zu übertragen und im Wohnzimmer der Salbachs kommt es zum Eklat, denn unterschiedliche Ansichten prallen aufeinander...





»Nie soll ein Buhler noch ein Ehemann, mir nahen hochgepeitscht vor Lust. Zu Hause will ich sitzen unberührt, im gelben Schal, geschminkt und schön geputzt., will meinen Mann in helle Flammen setzen, und nie so viel an mir mich ihm ergeben. Und wenn er mit Gewalt mich zwingen will, verderbe ich ihm den Spaß und rühr' mich nicht. Gelobe auch sonst wachsam darauf zu achten, durch Liebesspiel und Getändel ihn zwar zu locken, doch nicht Erfüllung ihm zu bringen!«


Mit "Die Sendung der Lysistrata" inszenierte Theater-Regisseur Fritz Kortner erstmalig einen Film für das Fernsehen. Der fertige Film sollte unmittelbar vor seiner geplanten, bundesweiten Aufführung in der ARD für heftige Kritik sorgen, insbesondere in konservativ geführten Bundesländern, da man den Stoff als moralisch und politisch zweifelhaft einstufte. Konservative Literaturkritiker prangerten das Fernsehspiel beispielsweise als »eine einzige Obszönität« an. Mit einem Produktionsbudget von weit über 500000 D-Mark wäre ein Verzicht der Ausstrahlung allerdings ein Desaster gewesen, und so entschieden sich beinahe alle Fernsehanstalten doch dafür, den Zuschauern das Fernsehspiel (mit einer FSK-Freigabe von 18) nicht vorzuenthalten. Lediglich in Bayern kam es am 17.01.1961 zu keiner Fernseh-Ausstrahlung, so dass der Europa-Filmverleih ihn in wenige Kinos brachte. Die Uraufführung im TV erfolgte im Freistaat erst im Jahre 1975. Der große Rummel der seinerzeit veranstaltet wurde, ist heute kaum mehr nachzuvollziehen, jedoch hat das Stück nach Aristophanes' Vorlage eigentlich wenig an Sinnhaftigkeit verloren. Ein großer Coup für die Produktion war die Verpflichtung von Romy Schneider, die längst hart an ihrem Image-Wechsel arbeitete, und in dieser Arbeit wohl eine unmittelbare Chance gesehen haben muss, sich weiter freizuschwimmen. Bemerkenswert ist ihre Partizipation auch alleine schon deswegen, weil sich die Schauspielerin unlängst am französischen Kino orientierte, und sie sich damit, für viele quasi unversöhnlich, vom deutschen Film verabschiedete. Filmhistorisch betrachtet, ist "Die Sendung der Lysistrata" ein gutes Beispiel dafür, wie eine Produktion zu einer Art Pulverfass hochstilisiert werden kann, wobei man vermuten könnte, dass es ohne viel Aufhebens und Medienrummel sicherlich keinen übergroßen Stein des Anstoßes gegeben hätte. Rückblickend thematisiert Fritz Kortners Beitrag also nicht nur eine Geschichte, über die man einfach nicht derartig offensiv zu sprechen hat, sondern vor allem verteilt er immer wieder deutliche Seitenhiebe gegen die kontrakten Strukturen im Wirtschaftswunderland, holt aber im Großen und ganzen noch wesentlich globaler aus. Wenn man das frühe Produktionsjahr berücksichtigt, kann man den heute eher unsichtbar wirkenden Zündstoff stellenweise verspüren, wenn auch nur noch vage. Letztlich geht es um nichts anderes als um die Moral von der Geschicht', und jedem schmeckt sie erfahrungsgemäß nicht.





»Denn ein Orakel sagt wir siegen, wenn wir einig bleiben! Und wenn wirs nicht sind wird man uns schelten, lüstern seien wir und geil. So wird es heißen...«


Das eigenwillige an der Inszenierung bleibt das raffinierte Spiel mit der Realität. Man trifft sich, um das Fernsehspiel anzusehen, etliche Probleme werden thematisiert und diese scheinen im Verlauf von der der "Lysistrata"-Vorstellung reflektiert zu werden, Realität und Gespieltes scheinen sich zu vermischen und schließlich nicht mehr voneinander abgegrenzt zu sein. Den Herrschaften im Wohnzimmer wird quasi ein Spiegel vorgehalten, und auf die Konfrontation mit den eigenen Schwächen, Fehlern oder auch verborgenen Wünschen und Sehnsüchten scheint niemand dort gefasst gewesen zu sein. Emotionen kochen hoch, Impulsivität schlägt sich durch und Resignation schwappt über. Interessant dabei ist, dass sowohl die antiken, als auch die realen Sequenzen für den Zuschauer natürlich gespielt bleiben, allerdings für die Beteiligten jeweils greifbar und authentisch werden. So bekommt man also einen der seltenen Fälle einer Inszenierung geboten, die nicht nur einen doppelten, sondern gleich einen dreifachen Boden transportieren möchte. Dass dieses Konzept sehr ansprechend und gefühlt innovativ aussieht, heißt aber nicht gleichzeitig, dass man bei der Ausarbeitung diverse Abstriche machen muss. Zunächst setzt die Lyrik, sprich, die sprachlichen Klippen, schon sehr zu, so dass eine hohe Aufmerksamkeit abverlangt wird. Die Übergänge der jeweiligen Sequenzen sind zwar flüssig zu Stande gebracht worden, dennoch kommt insbesondere bei den Antik-Szenen immer wieder eine gewisse Langatmigkeit auf, die in Verbindung mit den Dialogen durchaus zäh werden können. Hervorgehoben muss allerdings das variable Schauspiel vor allem der Darsteller, die in beiden Sequenzen auftauchen. Besonders sie machen diese TV-Produktion erst richtig interessant, aber darauf komme ich später noch einmal zurück. Obwohl die Umsetzung für heutige Begriffe doch schon etwas angestaubt wirkt, aber Zeit bezogen einen kleineren bis mittleren Skandal auslösen konnte, hat die Thematik nichts an Aktualität und Brisanz verloren. Die Handschrift des klassischen Theater-Regisseurs Fritz Kortner zieht sich jedenfalls wie ein roter Faden durch "Die Sendung der Lysistrata", und es kann eine Weile dauern, bis man sich darauf einlassen kann, was natürlich auch nicht der Fall sein muss. Entstanden ist somit kein verkanntes Meisterwerk, aber eine wirklich interessante Variante der kritischen TV-Beiträge, die versuchen, einen Mittelweg zwischen Unterhaltung und Anspruch zu finden.

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