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Dieses Thema hat 45 Antworten
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Prisma Offline




Beiträge: 7.591

26.05.2012 17:13
Romy Schneider - Filme & Karriere Zitat · Antworten

ROMY SCHNEIDER (* 23. September 1938 in Wien † 29. Mai 1982 in Paris, eigentlich Rosemarie Magdalena Albach)

Romy Schneider wird am Abend des 23. September 1938, etwa um zweiundzwanzig Uhr im Rudolfinerhaus in Wien geboren. Sie ist die Tochter des beliebten Schauspielehepaares Magda Schneider und Wolf Albach-Retty. Der Name des Kindes setzt sich aus beiden Vornamen der Großmütter zusammen, aus Rosa väterlicherseits und aus Maria mütterlicherseits. Romy Schneider wächst im Familiensitz Mariengrund unter der Obhut ihrer Großeltern auf, da die ehrgeizige Mutter Magda und der arbeitswütige Vater Wolf (6, beziehungsweise 22 Kinofilme während des Krieges) ihren zahlreichen Verpflichtungen als Schauspieler nachgehen werden. Das Kind erhält die deutsche Staatsbürgerschaft, da Mutter Magda diese ohnehin besitzt, und Vater Wolf Albach-Retty diese als Ufa-Star bereits zuvor angenommen hatte. Am 21. Juni 1941 wird ihr Bruder Wolfdieter geboren. 1944 wird die sechsjährige Romy in der Volksschule in Schönau eingeschult, 1945 wird die Ehe der Eltern geschieden. Nach vier Jahren wird sie auf Wunsch ihrer Mutter ein Internat besuchen und bereits dort formt sich der noch geheime, aber unbändige Wunsch Schauspielerin zu werden.

Im Jahre 1953 erfolgt das Leinwand-Debüt als Romy Schneider-Albach bei der Berolina, in einer tragenden Rolle in Wenn der weiße Flieder wieder blüht, mit Willy Fritsch und Magda Schneider in den Hauptrollen. Schnell erkennt man ihre natürliche schauspielerische Gabe, ihre überzeugende Wirkung auf den Zuschauer und ihr heiteres, filmtaugliches Wesen, sodass die Filmkarriere auch ohne klassische Ausbildung schnell ihren Lauf nimmt und sie resolut bekundet, sie wolle die Größte werden. Ihre erste Hauptrolle spielt Romy Schneider in Mädchenjahre einer Königin, der ein großer Erfolg wird. Nach fünf Filmen gelingt ihr mit der Sissi-Trilogie der endgültige Durchbruch zum Star, eine weitere Sissi-Interpretation lehnt sie jedoch trotz des unglaublichen Gagenangebots von einer Millionen DM strikt ab, "nicht einmal für sechs Millionen DM würde ich Sissi-IV machen." Im Jahre 1958 bricht sie mit dem starbesetzten Film Mädchen in Uniform erstmals aus ihrem gewohnten Rollenfach aus und stellt ihr noch ungeschliffenes Talent als Charakterdarstellerin unter Beweis.
Unzufrieden mit den ihr angebotenen Rollen in Deutschland, geht sie 1958 eigenwillig und entschlossen nach Paris, wo sie zunächst neben Neuentdeckung Alain Delon in Christine spielt, und als Gage noch das Zwanzigfache gegenüber Delon kassiert. Am Theater übernahm sie unter Mentor Luchino Visconti die Hauptrolle in dem Stück Dommage qu'elle soit une p... (Schade dass sie eine Dirne ist), welches mit 120 Aufführungen ein großer Publikums-Erfolg wurde. Hier spielte sie ebenfalls mit Alain Delon zusammen, mit dem sie auch Jahre lang verlobt war. In den sechziger Jahren sah man sie in einigen Hollywood-Produktionen unter namenhaften Regisseuren, beispielsweise brachte sie es zu einer Golden-Globe-Nominierung für Der Kardinal unter der Regie von Otto Preminger, jedoch wurden die meist ambitionierten Filme keine großen wirtschaftlichen Erfolge. Das Paar Schneider-Delon entfernte sich immer mehr voneinander. Nach der Trennung kehrt Romy Schneider nach Deutschland zurück und es kommt zu einer persönlichen Krise.

1965 lernt Romy Schneider bei der Eröffnung des Europacenters in Berlin den Schauspieler, Intendanten und Bühnenregisseur Harry Meyen kennen, den sie 1966 heiratet. Im selben Jahr kommt der gemeinsame Sohn David Christopher Haubenstock zur Welt. Ein Jahr darauf stirbt Romy Schneiders Vater Wolf Albach-Retty im Alter von einundsechzig Jahren an einem Herzinfarkt. Die Schauspielerin zieht sich in Berlin-Grunewald ins Familien- und Privatleben zurück, doch schon bald sehnt sie sich wieder danach, ihrer Berufung nachzugehen. Ihre Rückkehr zum Film wurde mit der britischen Produktion Otley von 1968 ein absoluter Misserfolg, danach folgte allerdings mit dem Drama La piscine (Der Swimmingpool), in dem sie neben Alain Delon und Maurice Ronet agierte, ein fulminantes Comeback und er wird als einer der Meilensteine ihrer französischen Karriere angesehen. Im Verlauf der siebziger Jahre avanciert sie sogar zum größten französischen Star. Ihr Markenzeichen werden moderne und selbstbewusste Frauen, die sich in komplizierten Lebensumständen und ungünstigen Verkettungen befinden, bei denen sie vor allem Tiefe und menschliche Abgründe zulässt und darstellt. Große Erfolge feiert sie unter der Regie von Claude Sautet (Les choses de la vie / Die Dinge des Lebens) und kehrt nach unterschiedlichen Rollen im Ausland immer wieder nach Frankreich zurück. 1975 wird Romy Schneider von ihrem Ehemann Harry Meyen geschieden, zu diesem Zeitpunkt ist sie bereits mit ihrem neuen Lebensgefährten und Privatsekretär Daniel Biasini zusammen, den sie Ende 1975 heiratet. 1976 erhält Romy Schneider bei der ersten Verleihung des César diese wichtige Auszeichnung des "französischen Oscars" für ihre Interpretation in L'important c'est d'aimer (Nachtblende), als meilleure actrice, die beste Schauspielerin des Jahres, welche sie erneut 1979 für die Rolle in Une histiore simple (Eine einfache Geschichte) entgegen nehmen darf. Außerdem gab es in dieser Kategorie drei weitere Nominierungen, [2008 erhält sie posthum den Ehrenpreis].

1977 übernimmt Romy Schneider wieder ein Filmangebot in Deutschland, was sie über Jahre immer wieder abgelehnt hatte. Für die nach dem Roman von Heinrich Böll verfilmte Adaption Gruppenbild mit Dame wird sie mit dem Filmband in Gold (beste darstellerische Leistung) ausgezeichnet. Im selben Jahr erblickt ihre Tochter Sarah Magdalena Biasini das Licht der Welt. In ihren Beruf kehrt sie sehr schnell wieder zurück und stellt sich immer neuen Herausforderungen und ist unermüdlich auf der Suche nach anspruchsvollen und provokanten Rollen, die sie sich mittlerweile aussuchen kann. Harry Meyen, ihr geschiedener Mann und Vater von David, begeht im Jahre 1979 Selbstmord und im Sommer 1981 folgt der schwerste aller Schicksalsschläge. Ihr erst vierzehnjähriger Sohn verunglückt tödlich. Zu dieser Zeit entfacht sich ein öffentlicher Krieg mit der Presse, von der sie sich ihr Leben lang verfolgt und genötigt sah. Da Journalisten sich als ""Krankenhaus-Personal" verkleideten um ihr totes Kind zu fotografieren sieht man sie in einem ihrer letzten Interviews mit verbitterter Miene und verhassten Worten rhetorisch fragen: Ou est la morale? Ou est le tact? Zwischen seinem und Romy Schneiders Tod entsteht mit Die Spaziergängerin von Sans-Souci 1982 an der Seite von Michel Piccoli ihr letzter Film.
Am 29. Mai 1982 wird Romy Schneider von ihrem Lebensgefährten Laurent Pétin tot in ihrer gemeinsamen Wohnung in der Rue Barbet-de-Jouy aufgefunden, als Todesursache wird Herzversagen bescheinigt, wobei die Presse fast einstimmig ihren Selbstmord interpretierte oder konstruierte und dieses Gerücht bis heute beständig kursiert. Einschließlich ihrer zwei Fernsehproduktionen wurde Romy Schneider sechzig Filme alt und nur dreiundvierzig Jahre jung, ihre letzte Ruhe findet die Schauspielerin auf dem kleinen Friedhof von Boissy-sans-Avoir, wo sie mit David zusammengeführt wurde. Romy Schneider geht als Mythos und als bislang letzter deutscher Weltstar in die internationale Kino-Geschichte ein.

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

26.05.2012 17:34
#2 RE: Romy Schneider - Filme & Karriere Zitat · Antworten

DIE ROMY SCHNEIDER-AUSSTELLUNG



Die Bundeskunsthalle in Bonn widmet der Schauspielerin Romy Schneider zu ihrem dreißigsten Todesjahr seit dem 05. April eine bemerkenswerte Ausstellung, die ich am 22. Mai besuchen konnte und die nachhaltig Exklusivität vermitteln konnte. Für Interessenten besteht diese Möglichkeit noch bis zum 24. Juni 2012. Man bekommt einen ausgewogenen Einblick in die unterschiedlichsten Bereiche ihres Lebens gestattet und darf sich vieler Angebote in dieser stilvollen Ausstellung erfreuen. In chronologischer Anordnung wird der Gang durch die Räumlichkeiten zum Erlebnis. Der Besucher bekommt vielfältiges, zum Teil seltenes Filmmaterial geboten, im Hauseigenen Kinosaal kann man Interviews und Reportagen aus unterschiedlichen Dekaden mitverfolgen. Spannend wird es, plötzlich vor den Vitrinen zu stehen, in denen die Original-Kostüme zu sehen sind, beispielsweise die imposante Robe mit Wespentaille aus Sissi, Ludwig II oder das Romeo-Kostüm aus dem CCC-Film Mädchen in Uniform, exklusiv angefertigte Kleider für Jessica Schwarz für ihren Film Romy, den Original-César aus der Privatsammlung ihrer Tochter Sarah Biasini oder der silberne Alfa Romeo Giulietta Sprint, der in Les choses de la vie Einsatz fand und hinter welchem die eindrucksvolle Eröffnungs-Sequenz des Films per Beamer an die Wand projeziert wird. Man hat das Gefühl, live dabei sein zu dürfen. Des Weiteren finden sich viele handschriftliche Dokumente, Drehbücher, Verträge, NS-Korrespondenz von Magda Schneider und Wolf Albach-Retty, Briefe, Schmuck weitere Auszeichnungen, Filmausschnitte und das private, selbst angefertigte Fotoalbum von Romy Schneider...
In einem großen Raum kann man gemütlich in Sesseln Platz nehmen und in Romy Schneider-Büchern blättern und lesen, sich sozusagen einmal ungeniert Zeit nehmen. Biografische Daten an den Wänden veranschaulichen das jeweilige Zeitfenster. In einer separaten Halle, dem Kabinett, werden übrigens Fotoserien aus den Privatarchiven von Franz Xaver Lederle und Robert Lebeck über Romy Schneider ausgestellt. Es ist eine geschmackvolle und überaus sehenswerte Ausstellung und Hommage an die Schauspielerin gelungen, die für ein paar Stunden in eine oft durchleuchtete aber immer noch geheimnisvolle Welt entführt. Für einen Werktag waren die Hallen von unterschiedlichen Altersklassen recht gut besucht, in Erinnerung bleibt mir auch Tage nach dem Besuch noch die außergewöhnliche Präsenz der Schauspielerin die einen in diesen Räumen überkommt und die fast andächtige Atmosphäre, die zur Reflexion verleitet. Eine informative, charmante Reise und eine sensible Auseinandersetzung, die ich als uneingeschränkt empfehlenswert bezeichnen möchte! Nachdem sich die Eindrücke setzen konnten, bleibt die große Lust, diese Ausstellung noch einmal zu besuchen...

Mr. Krimi Offline




Beiträge: 297

26.05.2012 21:16
#3 RE: Romy Schneider - Filme & Karriere Zitat · Antworten

"Ich kann nichts im Leben, aber alles auf der Leinwand." Dieses berühmte Zitat von Romy Schneider, fiel mir sofort beim Lesen dieser Zeilen ein...

Sie ist eine der Schauspielerinnen, wenn nicht die Schauspielerin, über die schon soviel gesagt und geschrieben, gesehen und gefühlt wurde. Jeder Film und jedes Jahr, ja jeder Augenaufschlag, jeder Handschlag und eigentlich jeder Atemzug wurde besprochen und charakterisiert. ja, und eigentlich müßte nun auch schon fast jedes von ihr vorhandene Foto mindestens einmal abgedruckt worden sein...

Eigentlich müßten wir ja alles über die Schneider wissen, 30 Jahre nach ihrem viel zu frühen Tod, und doch, wenn wir alle mal ganz ehrlich sind, wissen wir garnichts von dieser uns zwar bekannten und doch auch wieder fremden Person...

Ein großer Mythos über Romy Schneider ist der, das Sie für uns immer ein Rätsel bleiben wird.

Mr. Krimi

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

27.05.2012 13:45
#4 RE: Romy Schneider - Filme & Karriere Zitat · Antworten

Romy Schneider im Spiegel der Berichterstattung

Am Beispiel zweier deutscher Zeitschriften, die unterschiedlicher nicht sein könnten, möchte ich aufzeigen, in welcher Weise sich die Presse in Deutschland dem Weltstar Romy Schneider angenähert hat und welche Zielgruppen damit angesprochen wurden.

Alice Schwarzer und Romy Schneider trafen sich 1976 in der "EMMA"-Redaktion, um dort über das Image der Darstellerin "als größte Schauspielerin Europas" (Nouvel Observateur) einerseits und als "verlorene Tochter" (in der Wahrnehmung der Deutschen) andererseits zu sprechen. Als Reaktion auf das Porträt gab es von der Leserschaft durchaus kritische Rückmeldungen ("Stars" waren für Feministinnen damals kein Thema.)
Das Wochenblatt "die aktuelle" nahm den Anlass der zehnten Wiederkehr des Todestages von Romy Schneider hingegen zum Anlass, im Frühling 1992 ein Sonderheft mit über 350 Fotos herauszubringen (Romy - Ein Album in Farbe). Es wurde in der Zeitschrift mit einem Artikel über "Romy und die Mode: Eine durchsichtige Bluse war ihr Lieblingsstück" beworben. Nach Romys Begegnung mit Coco Chanel "nimmt sie an Pfunden ab und an Eleganz zu". In detailreicher Auflistung wird ihr bevorzugter Modestil beschrieben: "figurbetonte Kleider, auffallende Hüte, Handschuhe, feminine Eleganz", wozu "Nerzjäckchen, Chanel-Kostüme in Pastelltönen und Kleider mit Bolero-Jäckchen" zählen.
In der "EMMA" bewundert Alice Schwarzer die Vielseitigkeit der "Frau, die mehr Fragen hat als Antworten. Was für ein entwaffnendes Nebeneinander von Dominanz und Demut, von Intelligenz und Irrationalität". [...] "Sie ist nicht räsonabel, sie hat sich nicht 'zur Räson bringen' lassen. [...] Sie ist keine Vernünftige, keine Angepasste - und sie hat sich trotzdem durchgesetzt!"
In einer Umfrage der deutschen Regenbogenpresse erklärten Anfang der Neunziger Jahre drei Viertel der Befragten, dass ihnen die deutsche Sissi lieber sei als der französische Weltstar. Romy Schneider wäre sicher enttäuscht gewesen, aber nicht verwundert. Sie führte Interviews grundsätzlich auf französisch, wie nicht nur Alice Schwarzer, sondern auch Billy Kocian berichtet, der Texte für den opulenten Bildband "Romy Schneider - Das große Album, Fotografien von 1952 bis 1959" (Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag) beisteuerte. "Warum? Weil alles Deutsche mir weh tut! Mir ist in diesem Land zu viel angetan worden! Ich bin jetzt Französin. Das ist meine Muttersprache." Aus dem leichtfüßigen Backfisch der Heimatfilme der Fünfziger Jahre wurde die leichtlebige Charakterdarstellerin der Sechziger/Siebziger Jahre. Frauen in Ausnahmesituationen, mit gravierenden Problemen und düsteren Aussichten wurden von ihr mit intensiver, tief empfundener Teilnahme gespielt. Sie wollte nicht den schönen Schein bedienen, sondern den Fokus auf gebrochene Frauen jenseits des Hausfrauen-Idylls richten.

Wir werden versuchen, durch die Analyse ihrer Filme neue Perspektiven zu eröffnen und die Rolle der Frau im Wandel der Zeit und der Umstände zu deuten.

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

27.05.2012 14:44
#5 RE: Romy Schneider - Filme & Karriere Zitat · Antworten



DIE ZWEI GESICHTER EINER FRAU / FANTASMA D'AMORE (1981)

mit Romy Schneider, Marcello Mastroianni, Eva Maria Meineke, Wolfgang Preiss, Michael Kroecher, Paolo Baroni, u.a.





»Der Naive misstraut auch sehr schnell, aber der Schlaue glaubt alles was man ihm sagt«


Eine Begegnung mit der Vergangenheit wird für den erfolgreichen Rechtsanwalt Nino Monti (Marcello Mastroianni) zur Zerreißprobe. Im Bus leiht er einer alten, heruntergekommenen und krank aussehenden Frau 100 Lire für die Fahrt. Ein anschließender Anruf der seltsamen Frau verschafft ihm Klarheit. Es handelt sich um seine große Liebe Anna (Romy Schneider), mit der er vor zwanzig Jahren verlobt war. Die Erinnerung holt den in langweiliger Ehe, und in oberflächlichen Gesellschaftskreisen lebenden Nino unabwendbar ein. Er möchte sich mit Anna treffen. In Rückblenden sieht er sich immer wieder mit seiner großen Liebe in ausgelassenen und glücklichen Situationen. Wie einem inneren Ruf folgend, sucht er die Straße auf, in der Anna einst gelebt hat. Plötzlich taucht sie auf, es ist die gleiche Frau, die er im Bus gesehen hat. Nach dem Wiedersehen überkommt ihn Ekel und er fängt an, an sich zu zweifeln. Am gleichen Abend wird an der Stelle des Zusammentreffens ein brutaler Mord geschehen und wenig später findet Nino 100 Lire auf seinem Schreibtisch. Ein befreundeter Arzt klärt ihn in der Zwischenzeit bei einem Treffen darüber auf, dass seine ehemalige Verlobte bereits vor einigen Jahren verstorben sei, woran kein Zweifel bestehe. Als er sie schließlich doch aufsucht, sieht er zu seiner Verwunderung eine im blühenden Leben stehende Frau, die wunderschön und anmutig wie damals aussieht und ihn leidenschaftlich empfängt. Nino ist sich nun endgültig sicher, dass es sich um Anna handelt und dass es sich bei ihrem angeblichen Tod um einen Irrtum handeln muss, doch wer war die andere Person? Zu einem aufklärenden Gespräch mit dem befreundeten Arzt, der damals ihren Tod feststellte, kommt es jedoch nicht mehr, da dieser auf rätselhafte Weise ums Leben kommt...

Bei "Die zwei Gesichter einer Frau" handelt es sich um eine deutsch-italienisch-französische Co-Produktion (unter Beteiligung der Roxy-Film und des BR, München), die von dem italienischen Regisseur Dino Risi realisiert wurde. Entstanden ist ein Film, der sich nur schwer und nicht ausschließlich einem bestimmten Genre zuordnen lässt, da er in mehrere Etappen oder Phasen eingeteilt ist. Die jeweiligen Übergänge wirken zu strikt voneinander getrennt, nicht genügend miteinander verknüpft zu sein, was sich stellenweise negativ auf den Erzählfluss auswirkt. Überhaupt waren die Dreharbeiten von der schlechten physischen und psychischen Konstitution der Hauptdarstellerin Romy Schneider überschattet, die ihre Figur der Anna nur noch mehr überzeugend aussehen lassen sollte. Am Set ist sie zurückgezogen, meidet Kontakte und leidet unter erheblichen Konzentrationsproblemen. Andererseits kommt es zu Wutausbrüchen und Allüren, die Dreharbeiten müssen immer wieder unterbrochen werden, obwohl der Regisseur sich intensiv um seine Hauptdarstellerin kümmert. Nach zwei Zusammenbrüchen scheint das Schicksal, das der Film nicht zu Ende gebracht werden wird, besiegelt zu sein. Doch Romy Schneider hält durch und wird zur verblüffenden Lichtgestalt des Films werden. Während der Dreharbeiten lernte sie übrigens ihren letzten Lebensgefährten Laurent Pétin kennen. Das Grundgerüst des Films wird immer wieder durch gewisse Unklarheiten gestört, der Liebesgeschichte folgt ein Kriminalfall, bis man schließlich in eine Art Parapsycho abdriftet. "Die zwei Gesichter einer Frau" wurde durchaus ambitioniert abgehandelt und raffiniert aufgebaut, trotzdem reagierte das Publikum eher verhalten auf die Produktion. Die komplizierten Variationen hätten bei konsequenterer Ausarbeitung schon ein absoluter Volltreffer werden können. Diese Kritik kann der Film dennoch gut verkraften, da Romy Schneider das Szenario übermächtig dominiert.





Es scheint, als konnte sich Romy Schneider in jede noch so abstrakte Rolle hineinfühlen, hineinspielen, hineinsteigern. Ihre zu interpretierende Anna ist als Doppelrolle angelegt, und selten setzte man optisch derartige Akzente. Die eine ist vom Leben gezeichnet, ausgebrannt und verkommen, die andere wirkt durch die Ausleuchtung und die Bildgestaltung wie ein Traum, sie ist schön, begehrenswert und elegant. Bemerkenswert ist die hohe Distanz bezüglich beider Figuren, sie ist nicht greifbar, erscheint unnahbar zu sein und eigentlich möchte man ihr auch nicht zu nahe kommen. Merkwürdigerweise fühlt man sich Anna trotzdem sehr zugeneigt, was ausschließlich auf die Aura von Romy Schneider zurückgeführt werden kann. Anna zwingt den Zuschauer in die Unberechenbarkeit, sie schreckt ab und zieht gleichzeitig an, sie fasziniert und beunruhigt, sie ist real und doch ein Phantom. Wieder einmal interpretiert Romy Schneider eine sehr anspruchsvolle Rolle und arbeitet die Gegensätzlichkeit sicher heraus. Ihre legendären Gefühlsausbrüche lassen sozusagen sämtliche Rezeptoren warm laufen, angenehm hierbei ist, dass sie sich wie üblich selbst synchronisierte. Weiß leuchtende und hell schimmernde Rückblenden zeigen Anna ausgelassen, glücklich und unbeschwert, die in dem ansonsten so düsteren, nebligen und schwerfälligen Szenario herausstechen. Eine großartige Leistung in einer teils verwirrenden, wenn auch nicht uninteressanten Handlung.

Marcello Mastroianni spielt einen unglücklich verheirateten Mann, der nur in der Erinnerung und neben Anna aufblühen wird. Er vermittelt im Alltag Resignation und in seinem Wesen Schwäche und Verletzbarkeit. Um dem Zuseher die Geschehnisse näher zu bringen, sieht man ihn meistens sehr nachdenklich und man hört seine Gedanken und Überlegungen im Off-Kommentar. Nino wirkt irritiert, hin und her gerissen zwischen alten und neuen Gefühlen, die zu einem gemeinsamen Punkt zulaufen werden. Wie das Publikum kann er die Geschehnisse nicht deuten. Eva Maria Meineke spielt wie üblich der Anforderung nach verlässlich, und ist Ninos Frau Teresa, eine oberflächliche und bürgerliche Person, die nur noch Diskussionen über das Wetter mit ihm führt. Ihre Erscheinung bildet einen deutlichen Kontrast zu der begehrenswerten Anna, sie scheint prädestiniert für die Rolle der betrogenen Ehefrau zu sein. Insgesamt gibt es keinen einzigen Protagonisten, Misstrauen überlagert beinahe jeden Ansatz von Sympathie oder Verständnis. Zu diesem Zweck wurden auch allerhand weitere zwielichtige Personen in die Handlung integriert, beispielsweise der unheimlich abschreckend und dubios erscheinende Michael Kroecher als Don Gaspare, oder ein sehr in die Jahre gekommener Wolfgang Preis als Annas Witwer Conte Zighi. Die Leistungen der Schauspieler sind überdurchschnittlich und es scheint wie so oft, dass es an der ausgefeilten Darstellung von Romy Schneider liegt, dass jeder noch ein bisschen mehr Potential aus sich herausnehmen konnte.

"Fantasma d'amore" ist einer der drei letzten Filme vor Romy Schneiders Tod gewesen und stellt alleine auf den Film bezogen sicherlich keinen Meilenstein in ihrer Karriere dar. Dennoch ist es vor dem Hintergrund ihrer damaligen, angeschlagenen Verfassung mehr als erstaunlich, welche Sicherheit sie vermitteln, und welche Überzeugungskraft sie entwickeln konnte. Diese Mischung aus Disziplin, Intuition und Talent wirkt mitreißend und begeisternd. Man stellt sich einmal mehr die Frage, wen man eigentlich gerade zu sehen bekommt. Ist es nun Romy Schneider, oder ist es gerade Anna? Und genau das ist bei ihr irgendwie immer der springende Punkt. Keine andere Schauspielerin verleitet in dieser Form dazu, keinen großen Unterschied mehr zu machen oder zu trennen, was vielleicht überinterpretiert ist, aber scheinbar nahe liegend. Der Film hat trotz einiger erstklassig dargestellter Liebesszenen aus der Vergangenheit eine überaus pessimistische und bedrückende Grundhaltung. Im Verlauf ist weniger die Kombinationsgabe, als die Fantasie und die Achtsamkeit gefragt und es wird schnell deutlich, dass alles Dargestellte keinen normalen Verlauf nehmen kann. Leider wirken einige Charaktere oft deplatziert, was einerseits an ihrer schwachen Integration innerhalb der Handlung, und andererseits am Epizentrum der Verwirrung Anna liegt, um Gegenpole zu kreieren. Aus diesem Verlauf kann sich also keine histoire simple entwickeln, was ja schließlich das Markenzeichen des Films sein sollte.

Was sehr positiv auffällt, sind die hochwertigen Dialoge, die zusätzlich Zweifel und Ratlosigkeit schüren und für den Zuschauer gibt es nahezu keine Möglichkeit, aus dem Grübeln herauszukommen und logische Schlüsse zu ziehen, eindeutig zwischen Realität und Traum, vielleicht sogar Wahn zu unterscheiden. Dennoch hätten hier und da einige greifbare Erklärungen gut getan, um zum Verständnis und zu einem restlos runden Ergebnis beizutragen. Ein großes Highlight hingegen ist die teils melancholische und Spannung erzeugende Musik von Riz Ortolani. Das überraschende Finale des Films enthüllt nicht nur unvorbereitet die Wahrheit, sondern entlarvt den Zuschauer geradezu als Komplizen, von Vorhersehbarkeit kann man keineswegs sprechen. Dass der Regisseur sich mit seinem Beitrag viel vorgenommen hatte wird deutlich, aber auch, dass er die komplexe Mehrfachhandlung nicht in aller Konsequenz verbinden konnte. Über seinen Film sagte Dino Risi: »Dieser Stoff reizte mich besonders, weil parapsychische Phänomene mich beschäftigen, seit ich meine Ausbildung zum Psychiater machte.« Insgesamt leitet "Die zwei Gesichter einer Frau" auf Irrwege (genau wie es schließlich der Titel tut), setzt sich mit Wünschen, Ängsten, Abgründen und Abwegigkeiten auseinander, außerdem baut er keine Distanz zum Zuschauer auf. Romy Schneider und Marcello Mastroianni demonstrieren überdies, wie das alles kompetent auf der Leinwand auszusehen hat. Das eigenartige Konzept und das Verwirrspiel der Regie geht daher mit kleineren Abstrichen voll auf, überraschende Wendungen, skurrile Personen, Unwahrscheinlichkeiten sowie die subtile Anspannung machen einen passablen und sehenswerten Film daraus, aber vor allem Romy Schneiders vertiginöses Schauspiel versetzt in stille Begeisterung.

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

28.05.2012 13:59
#6 RE: Romy Schneider - Filme & Karriere Zitat · Antworten



MÄDCHEN IN UNIFORM / JEUNES FILLES EN UNIFORMES (1958)

mit Lilli Palmer, Romy Schneider, Blandine Ebinger, Adelheid Seeck, Sabine Sinjen, Danik Patisson, Christine Kaufmann und Therese Giehse





»Was Sie Härte nennen ist der Grundbegriff von Zucht und Ordnung«


Wir schreiben das Jahr 1910. Nach dem Tod ihrer Mutter wird Manuela von Meinhardis (Romy Schneider) von ihrer herzlosen Tante in ein Internat für junge adelige Mädchen gesteckt. Manuela, die schwer unter dem Verlust ihrer Mutter leidet soll dort die strengen Gebote des Hauses, Grundregeln der Gesellschaft und der Etikette erlernen. Geführt wird das Stift von der verhärteten Frau Oberin (Therese Giehse), die mit eiserner Hand ihr Regiment führt und die verängstigten Mädchen mit ihren unerbittlichen Methoden wie in einem Gefängnis führt. Manuela findet nur schwer Anschluss und ihre Leistungen im Unterricht sind sehr schwach, doch es gibt einen Lichtblick für sie: Fräulein von Bernburg (Lilli Palmer) vertritt ihre eigenen unkonventionellen Ansichten, behandelt die Mädchen zwar streng, aber gerecht und herzlich, sodass Manuela schnell eine schwärmerische Bewunderung für die allseits beliebte Lehrerin entwickelt. Manuela schöpft neue Hoffnung und als sie auch noch die Hauptrolle des Romeo im schuleigenen Theaterstück spielen darf, scheint sie sich zu fangen und aufzugehen. Doch der Tag der Vorführung gipfelt in einem Skandal. Nicht nur für Manuela, sondern auch für Fräulein von Bernburg drohen drastische Konsequenzen...

Mit "Mädchen in Uniform" wagte sich der Ungar Geza Radvanyi an die Neuverfilmung des bereits im Jahre 1931 verfilmten Stoffes heran, der seinerzeit für einen Skandal sorgte. Es heißt, dass sich vor ihm bereits zwanzig andere Regisseure des Stoffes annehmen wollten. Diese deutsch-französische Co-Produktion der CCC Filmkunst vereinte die Hauptdarstellerinnen Lilli Palmer und Romy Schneider nach "Feuerwerk" (1953) wieder vor der Kamera, ein Umstand über den Romy Schneider sehr glücklich war. Es wird der erste Film in ihrer noch jungen Karriere sein, den sie sich selbst und unabhängig von Magda Schneider aussuchen würde und da sie ins Charakterfach überwechselte, handelt es sich um einen weiteren Meilenstein ihres Schaffens. Es wird hier bereits sehr deutlich, welches Potential in ihr schlummerte. Die Produktion rief unterschiedliche Reaktionen beim Publikum hervor, auch der Unmut über das zuvor abgelehnte Angebot eines weiteren Sissi-Films war noch längst nicht vergessen. "Mädchen in Uniform" erhielt schließlich das Prädikat "Wertvoll". Dem Film bekommt seine beinahe isolierte Handlung sehr gut, denn er spielt sich ausschließlich in dem preußischen Mädcheninternat ab. Die Besetzungsliste vereinte große deutsche Kino- und Bühnenstars, die dem Film einen besonderen, zusätzlichen Reiz geben, in der Handlung ist übrigens kein einziger männlicher Darsteller zu sehen. Aus heutiger Sicht sieht man einen ambitioniert gehaltenen und kammerspielartig, aber konsequent umgesetzten Film, der für damalige Verhältnisse als gewagt einzustufen ist, heute eher harmlos anmutet.





Die Besetzung mit Lilli Palmer als Fräulein von Bernburg ist eine der wichtigsten Komponenten für das Funktionieren und die hohe Glaubhaftigkeit dieser Produktion, beziehungsweise der Interaktion. Schon bei ihrem ersten Erscheinen wird dem Zuschauer klar, warum die Mädchen im Internat für die Lehrerin schwärmen und sie als mütterliche Freundin ansehen. Ihre Erscheinung ist wie gewohnt überaus elegant und von besonnener, reifer Selbstsicherheit geprägt. Innerhalb des von Anfang an düsteren und unbehaglichen Settings ist sie die einzige Vertrauensperson, ja der einzige Lichtblick für die Insassinnen und stößt mit ihren progressiven Ansichten auch zahlreiche Widerstände innerhalb des Kollegiums. Eine faszinierende Persönlichkeit wird von der 1914 geborenen Schauspielerin mühelos dargestellt und auch nachhaltig geprägt. Für pikante Momente sorgt das intensive Zusammenspiel zwischen ihr und Filmpartnerin Romy Schneider. Sie wirkt dieses Mal mit ungewohnt sparsamer Mimik und Gestik zunächst unscheinbar, bis sie im Verlauf ihr Temperament voll entfalten kann, insbesondere während und nach dem Theaterstück, welches erahnen lässt, wie glaubwürdig sie auf der Bühne gewirkt haben muss. Manuela wirkt lange traurig und einsam, gehemmt und ohne Selbstbewusstsein. Die Gefühle, die sie für ihre Lehrerin entwickelt, resultieren aus der Tatsache, dass sie nach einem Halt sucht, nach einer verlässlichen Bezugsperson, möglicherweise sogar nach einem Mutterersatz. Die kalten und strengen Regeln im Internat tun das Übrige dazu. Deutlich wird jedenfalls, dass Romy Schneider im Charakterfach angekommen war und prädestiniert war für alles, außer seichten Rollen. Anzumerken bleibt, dass die Geschichte um die Zuneigung (aus welchen Gründen auch immer) nicht tiefenpsychologisch aufgeschlüsselt werden muss, denn dafür ist die doch sehr züchtige, ungefährliche oder ansatzweise Darstellung viel zu oberflächlich inszeniert worden. Dennoch spielen Lilli Palmer und Romy Schneider wirklich großartig, aber eine andere Dame spielt hier tatsächlich in einer ganz eigenen Liga.

Therese Giehse liefert als Oberin ein Kabinettstückchen der Spitzenklasse. Ihr dominantes und kaltherziges Auftreten wird in dieser Produktion zum Ereignis. Sie regiert ihr Internat unerbittlich und sorgt für Angst und Schrecken bei den Mädchen. Ihre Ansichten sind derartig festgefahren, dass sie keine anderen Denkansätze duldet. Die cholerische Frau gefällt sich vor ihren Untergebenen in Selbstinszenierungen, was die Mädchen betrifft, werden ihre Ansichten äußerst deutlich zum Ausdruck gebracht, sie erziehe schließlich zukünftige Soldatenmütter, die abgehärtet und uneingeschränkt nach ihren Wünschen funktionieren müssen. Ihr Motto lautet daher: Kinder, Kirche, Küche. Therese Giehse strahlt eine bestimmende Vehemenz aus, jeder Ton, jede Geste und jede Kleinigkeit sitzt, ihrem Schauspiel sieht man deutlich an, dass sie auf der Bühne zu Hause gewesen ist. Nur als sich ihre königliche Hoheit zu einem Inspektions-Besuch ankündigt, sieht man die Oberin unterwürfig und gespielt freundlich, sie übt sogar heimlich ihren Hofknicks in ihrem Zimmer. Durch und durch eine außerordentliche Interpretation der markanten Darstellerin! Ihre rechte Hand, Fräulein von Racket wird von Blandine Ebinger ebenfalls überzeugend dargestellt. Sie unterstützt jede noch so zweifelhafte Entscheidung und biedert sich ihrer Vorgesetzten regelrecht an. Im Umgang mit den Mädchen fährt sie den selben harten Kurs wie Frau Oberin, bezüglich des Untergrabens von ihrer Kollegin Fräulein von Bernburg leistet sie gerne Schützenhilfe. Zu erwähnen ist noch die leichtfüßig spielende und majestätisch wirkende Adelheid Seeck als Königliche Hoheit, die ich immer sehr gerne sehe. Mit beispielsweise Sabine Sinjen, Christine Kaufmann oder Danik Patisson hatte man unverbrauchte Gesichter für die Besetzungen der Schülerinnen gefunden. Ein gelungener Schauspieler-Film.

Und es sind insgesamt die darstellerischen Leistungen, die "Mädchen in Uniform" prägen. Wo die Thematik hin und wieder zu behäbig abgehandelt wurde, kompensieren die Schauspieler wenige Unzulänglichkeiten treffsicher. Bei den großen Auftritten der Hauptdarstellerinnen wird eine hohe Glaubwürdigkeit vermittelt, es kommt zu einer ausgewogenen Dosierung von Spannung und Tragik, die sogar hin und wieder mit einigen Kostproben aus dem Spektrum des angebrachten Humors aufgelockert wird. Die Dialogarbeit ist in jeder Minute erstaunlich, die Musik von Peter Sandloff wirkt abgestimmt, wenn auch wenig außergewöhnlich, Ausstattung und Kulissen erscheinen ziemlich typisch nach CCC-Verhältnissen auszusehen, aber spartanisch soll es im Internat ja schließlich auch zugehen. Das Finale mit seinem offenen Ende ist für meinen Geschmack etwas zu rührselig ausgefallen, man hätte bestimmte Charaktere dafür nicht aufweichen sollen. Die Ciné-Revue urteilte im November 1958: »Der Film, für den Geza Radvanyi verantwortlich zeichnet, hat solide Qualitäten. Man folgt der Handlung mit großer Aufmerksamkeit, denn die Dramatik des Themas wird geschickt herausgearbeitet. Lilli Palmers und Romy Schneiders eindrucksvolle Leistung verleihen dem Film seine wahre Bedeutung.« "Mädchen in Uniform" ist ein wirklich sehenswerter und in Ansätzen durchaus kritischer Beitrag, der durch die geradlinige Regie, die klar aufgebaute Handlung und die hohe Flexibilität seiner Schauspielerinnen insgesamt durchgehend überzeugen kann. Das Konzept der Produktion ist jedenfalls aufgegangen und stellt in der Filmografie von Romy Schneider einen zu beachtenden Beitrag dar.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

28.05.2012 14:43
#7 RE: Romy Schneider - Filme & Karriere Zitat · Antworten

Ein paar Fakten zu "Mädchen in Uniform" (1958):

Als Vorlage diente der Roman "Gestern und heute" von Christa Winsloe. Die Verfilmung von 1931 (unter der Regie von Leontine Sagan mit Dorothea Wieck und Hertha Thiele in den Hauptrollen) entstand als unabhängige Produktion einer Filmkooperative, nachdem die UFA den Stoff abgelehnt hatte.
Die Dreharbeiten zum Remake fanden vom 21. Februar bis zum 3. April 1958 in den Ateliers der CCC-Studios in Berlin-Spandau statt. Als Regieassistentin für Géza Radványi fungierte Eva Ebner.

Die Auflistung einer Garderobiere, einer Sekretärin, zweier Maskenbildner und eines Lichtdoubles für Romy Schneider, zeigt den Starstatus der jungen Frau, den sie mit den drei "Sissi"-Verfilmungen errungen hatte.

Die Chronik des Films schreibt: "Radványi wandelt das Thema so um, dass ein populär aufgemachtes Unterhaltungsstück entsteht. Die kritische Substanz des Stoffes wird vernachlässigt." (Seite 307)

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

29.05.2012 01:09
#8 RE: Romy Schneider - Filme & Karriere Zitat · Antworten



BLUTSPUR / BLOODLINE (1979)

mit Audrey Hepburn, Ben Gazzara, James Mason, Claudia Mori, Irene Papas, Michelle Pillips, Maurice Ronet, Romy Schneider, Omar Sharif und Gert Fröbe





»Die Arbeit einer Frau ist wohl nie zu Ende«


Sam Roffe, der Chef eines internationalen und mächtigen Pharma-Konzerns mit Hauptsitz in Zürich, kommt bei einem Ausflug in die Berge unter mysteriösen Umständen ums Leben. Seine Tochter Elisabeth Roffe (Audrey Hepburn) erbt das Imperium und steht vor einer schweren Aufgabe. Die Familien- und Vorstandsmitglieder drängen sie, die Firma in eine offene Aktiengesellschaft umzuwandeln. Als durch das Auftauchen eines gewissen Inspektor Max Hornung (Gert Fröbe) eine wichtige Sitzung unterbrochen wird, stellt sich durch seine Berichterstattung heraus, dass es kein Unfalltod war, sondern Mord. Der Kreis der Verdächtigen ist mit der Familie und Vertrauten aus der Firma schnell gefunden, denn alle befinden sich aus unterschiedlichen Gründen in effektiven Geldnöten und haben daher ein Motiv. Für Elisabeth werden Vertraute zu Fremden und Freunde zu Feinden, auf wen kann sie sich noch verlassen? Der erste Mordanschlag auf die neue Chefin des Konzerns lässt nicht lange auf sich warten, doch wer steckt dahinter? Zur gleichen Zeit muss sich Inspektor Hornung mit einer erschütternden Mordserie an jungen Prostituierten befassen. Es tauchen Porno-Filme auf in denen die Morde in allen Einzelheiten gefilmt wurden und tatsächlich führt die Spur nur in eine Richtung, und zwar direkt in die Chefetage von Roffe...

Die amerikanisch-deutsche Co-Produktion der Paramount/Geria - "Blutspur" - wurde von James Bond-Regisseur Terence Young inszeniert und wartet mit einer unglaublichen Vielzahl an Stars auf, die Besetzungen sind bis in die kleinsten Nebenrollen spektakulär. In diesen Kurzauftritten bekommt man etwa Wolfgang Preiss, Vadim Glowna, Pinkas Braun, Walter Kohut, Dietlinde Turban, Ivan Desny, Dan van Husen oder Reinhard Glemnitz zu sehen, mit den Hauptrollen scheint das Ensemble der internationalen Starbesetzung beinahe eine Garantie für einen Volltreffer zu sein. Doch die Rechnung geht leider nicht effektiv auf. Die Großproduktion war definitiv auf einen beachtlichen, weltweiten Kinoerfolg zugeschnitten, bei der Kritik ist "Blutspur" allerdings im Großen und Ganzen einstimmig durchgefallen. So beispielsweise das Urteil der Frankfurter Rundschau: »Fad und konturenlos schleppt sich irgendeine mörderische Angelegenheit durch eine Unternehmerfamilie, vielmehr eine Ansammlung mehr oder weniger umsatzträchtiger Stars, die sich orientierungslos der Kamera präsentieren, indes im Hintergrund ihre Agenten aufpassen, daß jeder seine Großaufnahme kriegt. Ein trüber Film.« Der Film nach dem gleichnamigen Roman von Sydney Sheldon wurde jedenfalls ein Flop auf ganzer Linie. Die Regie hat bei allen günstigen Grundvoraussetzungen den Überblick über die Handlung verloren, die Handlungsstränge wurden wenig geschickt, teils wenig sinnvoll ineinander verstrickt. Die Parallelhandlung rund um die Mordserie wurde viel zu isoliert dargestellt und erscheint bei der ersten Betrachtung wenig schlüssig, wenn sie sich auch beim mehrmaligen Ansehen erschließt. Doch diese zweite Chance hat der Film wohl von den wenigsten bekommen.





Die Szenerie wurde mit bedeutenden (Alt-)Stars ausstaffiert, jedoch festigt sich schnell der Eindruck, dass man es beim 'Starring' außer mit Audrey Hepburn, Ben Gazzara und Gert Fröbe nur noch mit Nebenrollen zu tun hat, die wesentlich an Bedeutung verlieren, da mehr als die Hälfte dieser Herrschaften Rollen bekleiden, die letztlich irrelevant erscheinen, da sie im Nichts verschwinden. Aber Hauptsache, man hat es mit einem Rudel Verdächtiger zu tun. Die uneingeschränkte Hauptrolle spielt die damals fast fünfzigjährige Audrey Hepburn, die auch hier immer noch eine reife Schönheit ausstrahlt und eine zeitlose Eleganz transportiert. Elisabeth Roffe ist eine scheue Frau, die plötzlich mit schwierigen Aufgaben betraut wird. Dabei erscheint sie allerdings, im Gegensatz zu den allgemeinen Hoffnungen des Roffe-Clans, sehr souverän und zielstrebig zu sein. Sie behauptet sich gegen den Zweifel schürenden Maurice Ronet, die scharfzüngige Romy Schneider, den wohlwollend zuredenden, aber Bedenken äußernden James Mason und das scheinbar freundschaftlich Rat gebende Duo Irene Papas und Omar Sharif. Auch der Vertraute ihres Vaters Ben Gazzara der sich besonnen zurückhält, scheint einen gewissen Einfluss auf sie zu haben. Doch trauen kann sie letztlich keinem, nur ihrer loyalen Sekretärin. Elizabezh arbeitet sich in die Konzernstrukturen hinein, sie geht der Vergangenheit auf den Grund, die intelligente Frau möchte keinen unvorbereiteten Schritt wagen und in jeder Situation vorbereitet sein. Sehr überzeugend wirkt Audrey Hepburn, wenn sie ihre Verwandtschaft in Schach hält und mit sauberen Methoden und gewissenhaften Entscheidungen ihren Willen durchsetzen kann. In der Handlung ist sie (vielleicht neben Gert Fröbe) die einzig sympathische, beziehungsweise integre Person. Wie gesagt, auch in fortgeschrittenem Alter hat die zauberhafte Audrey Hepburn nicht das Geringste von ihrem Charme und ihrer Klasse verloren.

Romy Schneider spielt Hélène Roffe-Martin und was leider direkt negativ auffällt ist, dass die Familienverhältnisse nicht ausreichend durchleuchtet sind. Es ist eben alles auf den Rätselfaktor zugeschnitten. In der Romy Schneider-Literatur wird der Film "Blutspur" meistens kaum und nur am Rande erwähnt, ihre Rolle gehört nicht zu den ganz großen ihres Schaffens. Zum einem hat das mit ihrer Auftrittsdauer zu tun, und zum anderen handelt es sich von der Anlegung her um eine wenig relevante Rolle. Die meisten ihrer anglo-amerikanischen Engagements sollten für sie eben keine sehr gute Schaffensperiode werden. Ihre Rolle ist als eine Art angriffslustige Kobra angelegt, sie reagiert giftig, hat ihr Umfeld in der Hand, diverse Aussagen reihen sie in den Kreis der Verdächtigen ein, ihre paar Einstellungen sind angenehm mitzuverfolgen, allerdings handelt es sich im Gegensatz zu ihren großen, tragischen Frauenrollen um eine leichte, wenig in Erinnerung bleibende Fingerübung. Dennoch strahlt sie auch hier in sinnlicher Schönheit und gefährlicher Nähe. Ihren Einstieg in das Szenario hat Romy Schneider übrigens bei einem Formel 1 Rennen, und das auch noch als Pilotin die einen Grand-Prix gewinnt. Um ein Image der modernen, selbstbewussten und auf eigenen Füßen stehenden Frau zu servieren die gerne mit dem Feuer spielt, hätte es bestimmt hunderte, weniger lächerliche Einfälle gegeben. Nichtsdestotrotz, Romy Schneider bereichert pauschal jeden Film und auch hier sind ihre paar Minuten nett anzusehen.

Gert Fröbe, dem die Inspektor-Rolle immer sehr gut gestanden hat, kann auch hier mit seiner eigenwilligen und leicht skurrilen Art überzeugen. Weniger gut steht seinem Inspektor, dass er mit zu viel unfreiwilliger Komik ausgestattet wurde. Um den Mörder und den Drahtzieher zu finden, verlässt er sich beispielsweise gerne auf Computer, die er befragt und die ihm schließlich alle relevanten Informationen ausspucken. Ben Gazzara hinterlässt als Vertrauter bei Roffe einen unscheinbaren Eindruck, in den Kreis der Verdächtigen wird er jedoch geschickt integriert, wie das bei fast allen anderen Hauptrollen der Fall ist. James Mason als Sir Alec, der in erheblichen Geldnöten steckt da seine junge, attraktive Frau sein komplettes Vermögen verjubelt, wirkt solide (falls man von seiner offensichtlichen Unterforderung mal absieht). Irene Papas und Omar Sharif mussten für humoristische Komponenten herhalten und wirken meistens deplatziert, Maurice Ronet als Hélènes Mann und Untergebener, bleibt in seinen wenigen Einstellungen ebenfalls blass. Der präzisere Einsatz und optimaleres in Szene setzen der jeweiligen Charaktere wäre dringend erforderlich gewesen. So bleibt lediglich eine erstaunliche Ansammlung von Stars, deren Potential nicht annähernd ausgeschöpft wurde. Es ist allerdings zu betonen, dass die Interaktionsleistungen in den meisten Szenen-Abfolgen in einem Maße funktionieren, von denen andere Produktionen nur träumen konnten.

"Blutspur" ist schnell abgestempelt, denn die anscheinend unzähligen Ungereimtheiten, die sich wie ein roter Faden durch den gesamten Film ziehen, sind nicht wegzudiskutieren. Allerdings wirkt die Tatsache der überdurchschnittlich günstigen Voraussetzungen bei diesem Film, die in keiner Relation zum Endergebnis mehr stehen, negativ in diesen Eindruck hinein. Wenn man die Grundstory einmal separat betrachtet, muss man zugeben, dass es sich um einen sehr interessanten Stoff handelt. Leider verlor die Regie den roten Faden und den Fokus bei der Inszenierung, viele Inhalte wurden inkonsequent bearbeitet und finden keinen zufrieden stellenden Abschluss, man verliert sich in diffusen Andeutungen. Gerade bei diesem Film verlangt man als Zuschauer aber lückenlose Aufklärung, was viel zu häufig versäumt wurde. Wie gesagt, der Film entfaltet sich flüssiger und präziser, bei der zweiten oder dritten Chance, seine Vorzüge werden leider von den vielen Unzulänglichkeiten überlagert. Das Staraufgebot überzeugt aufgrund der kurzen Anwesenheitsdauer nicht restlos, es entsteht sogar stellenweise der Eindruck, dass man viele Zugpferde mutwillig verheizt hat. Die zahlreichen Aufnahmen an Original-Schauplätzen wirken einerseits exklusiv, andererseits zu überladen. Bemerkenswert ist die Musik von Ennio Morricone (die phasenweise deutlich an Der Exorzist II - Der Ketzer erinnert). Experimentierfreudig und selbstsicher begleitet sie jeden Moment der etwas zu langen Geschichte, der einige Straffungen gut bekommen wären. Beim Thema Spannung und Tempo gibt es wesentlich weniger Probleme als beim großen Thema Logik, dem Zuschauer werden teils konfuse Inhalte zum Fraß vorgeworfen. Was zu erwähnen ist, dass man der Produktion in jedem Detail, in jedem Setting und in jeder Ausstattung das Produktionsbudget ansieht. Der Film hat letztlich einen eleganten Charakter. Der größte Schuss in den Ofen ist das Finale! Hier hätte man sich etwas Geistreicheres einfallen lassen müssen oder wenigstens das Verständnisproblem beheben müssen. Man muss als Zuschauer äußerst wachsam und aufmerksam sein. So bleibt ein Film der sich im Endeffekt quasi selbst überholt hat. Persönlich (und auch schon häufig) gesehen, schätze ich diesen Film sehr, der in seiner zwar diffusen Silhouette immer ein Stück mehr Faszination und Verständnis preisgegeben hat. Er zählt zu den wenigen Produktionen, auf die ich immer große Lust habe, sie mir nochmals anzusehen, weil der Film in seiner beinahe misslungenen Form etwas Nonkonformistisches besitzt. Außerdem erkenne ich eine von Audrey Hepburns schönsten und überzeugendsten Rollen an. Es bleibt eben nicht aus, dass flächendeckende Kritik bei mir stets zu einer gewissen Aufwertung führt.

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29.05.2012 14:48
#9 RE: Romy Schneider - Filme & Karriere Zitat · Antworten

STIMMEN ZU ROMY SCHNEIDERS TOD


LILLI PALMER
»Wir haben zusammen die Filme Feuerwerk und Mädchen in Uniform gedreht. Als das Unglück mit ihrem Sohn geschah, habe ich ihr einen langen Brief geschrieben. Geantwortet hat sie nicht darauf. Romy war eine geniale Schauspielerin, ein wirklicher Profi.«
»Ich bin mehr als erschüttert, ich denke nur, dass es ihr jetzt gut geht, gemessen an all dem Schlimmen, das sie vorher durchmachen musste. Seit dem schrecklichen Tod ihres Buben habe ich sehr viel an sie gedacht. Dieses Unglück konnte ich nie vergessen.«

LUISE ULLRICH
»Romy Schneider war der letzte gloriose deutsche Filmstar.«

BRIGITTE BARDOT
»Ich bin erschüttert und betäubt. In ihrer Sterbestunde hat Romy wahrscheinlich das durchgemacht, was ich oft gefühlt habe: Man zweifelt an allem, man hat niemanden, auf den man sich hundertprozentig verlassen kann. Der Film hat Romy kaputtgemacht. Die Atmosphäre in der Welt der Schauspieler ist nicht geeignet, die Moral zu heben. Wirkliche Freunde sind nicht da, um dich zu stützen. Das ist das Verhängnisvolle. Das Ende ist hart, sehr hart. Das Milieu ist oberflächlich, hart und ungerecht. Romy hat ihren Beruf geliebt. Man meint in solchen Fällen immer, dass man weitermachen muss. Ich bin noch am Leben, weil ich rechtzeitig aus dem Filmgeschäft ausgestiegen bin...«

GERT FRÖBE
»Romy musste in ihrem Leben viele Ohrfeigen einstecken, musste zuviel verkraften. Sie hat aber für unser Land international eine große Visitenkarte abgeliefert. Vor fünf Jahren kam sie zu mir ins Studio und lehnte ihren Kopf an meine Brust. Mit ihrer Geste gab sie mir zu verstehen: Schön, dass es dich noch gibt.«

HILDEGARD KNEF
»Europa hat eine seiner größten Schauspielerinnen verloren und - was mich am meisten erschüttert - ein fünfjähriges Kind seine Mutter.«

JEAN-CLAUDE BRIALY
»So wird selbst ihr Tod zur Tragödie Hat er ihr doch die Chance genommen, nach all ihren Schicksalsschlägen ein neues Leben aufzubauen. Und ich weiß, dass sie das wollte.«

MARIA SCHELL
»Romy muss sich in einem Tief befunden haben. Sie war bestimmt sehr einsam. Ohne Gesprächspartner, ohne Hilfe. Hätte ich das gewusst, dann wäre ich gleich nach Paris geflogen. Seit 28 Jahren bin ich Romys mütterliche Begleiterin. Zuletzt haben wir am 20. Oktober 1981 während gemeinsamer Dreharbeiten stundenlang in Berlin zusammengesessen. Sie war damals in blendender Verfassung. Romy war aber auch sehr krank. Sie lebte nur mit einer Niere und durfte keinen Alkohol trinken. Ansonsten kann ich über Romy noch sagen, dass sie eine zauberhafte Ausstrahlung besaß, aber oft gegen ihre Natur gelebt hat.«

MICHEL PICCOLI
»Romy Schneider war ein Mensch, dem man die Haut bei lebendigem Leib abzog. Wie viele Deutsche war sie das Gegenteil von Vorsicht und Vernunft.«

YVES MONTAND
»Sie war vielleicht in manchem exzessiv, aber aus einem Guss. Sie hinterlässt uns alle in tiefer Trauer.«

LUGGI WALDLEITNER
»Ich kannte Romy gut, sie war zwar launisch und sehr wählerisch, aber eben eine ausgezeichnete Schauspielerin. Bei unserem letzten gemeinsamen Film Die zwei Gesichter einer Frau wirkte sie zwar gelöst und heiter, aber dennoch glaube ich, dass sie über den Tod ihres Sohnes nie hinweggekommen ist. Ihr Tod ist ein großer Verlust für die Filmwelt.«

ILSE KUBASCHEWSKI
»Romy war in ihrer Jugend eine vielleicht zu behütete Tochter. Ich war dabei, als sie sich bei den Christine-Dreharbeiten in Alain Delon verliebte und ganz bewusst begann, die familiären Fesseln abzustreifen, ein neues Leben zu beginnen. Ihre Spontaneität und ihre außergewöhnliche Begabung haben es ihr eher schwer- als leichtgemacht, mit den Dingen des alltags fertig zu werden. Ich bin sehr traurig über ihren frühen Tod.«

JACK LANG
»Der internationale Film hat eine der begabtesten und der im wahrsten Sinne des Wortes professionellsten Schauspielerinnen verloren.«

LE QUOTIDIEN DE PARIS
»Romy Schneider starb einfach an einer ganz großen Lebensmüdigkeit. Sie war auf dem Weg, eine lebende Legende zu werden.«

TASS
»Romy Schneider war eine der größten Filmschauspielerinnen der Welt.«

LE MATIN
»Von allen Leinwandgrößen in den letzten 20 Jahren ist sie unbestreitbar jene, deren plötzliches Ableben uns am heftigsten erschüttert.«

[Romy Schneider - Ihre Filme - Ihr Leben, Heyne Filmbibliothek]

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30.05.2012 20:18
#10 RE: Romy Schneider - Filme & Karriere Zitat · Antworten



LE TRAIN - NUR EIN HAUCH VON GLÜCK (1973)

mit Jean-Louis Trintignant, Romy Schneider, Maurice Biraud, Nike Arrighi, Paul Amiot, Serge Marquand und Régine





»Was machen wir wenn der Zug angekommen ist?«


Die deutschen Truppen marschieren 1940 in Frankreich ein. In einem kleinen Dorf nahe der belgischen Grenze lebt der Radiomechaniker Julien Maroyeur (Jean-Louis Trintignant), bis die Bewohner evakuiert werden müssen. Er flieht mit seiner schwangeren Frau Monique (Nike Arrighi) und seiner kleinen Tochter. Ein Zug soll die Flüchtlinge in ein nicht besetztes Gebiet bringen, doch Julien wird von ihnen getrennt, da er nicht im gleichen Abteil wie seine Familie mitreisen kann, und in einen Güterwaggon ausweichen muss, bis der Zug schließlich abgekoppelt wird. Auf der Fahrt lernt er die deutsche Jüdin Anna (Romy Schneider) kennen, die aus einem Lager entkommen konnte. Schnell fühlt Julien sich zu der schweigsamen und bildschönen Anna hingezogen, die wiederum dem schüchternen und sensiblen Mann näher kommt. Trotz aller Gefahr und allem Leid entwickelt sich eine Liebesromanze, die aber aufgrund der bestehenden Rahmenbedingungen keine Zukunft zu haben scheint. Als der Zug an seinem Bestimmungsort ankommt und Julien, der mittlerweile zum zweiten Mal Vater geworden ist, seine Familie wieder findet, verlieren sich Anna und er aus den Augen, bis ihn Jahre Später, im Winter 1943, die Gestapo zu einer Vernehmung vorlädt...

Die französisch-italienische Co-Produktion "Le Train - Nur ein Hauch von Glück" entstand unter der Regie von Pierre Garnier-Deferre nach dem Roman von Georges Simenon. Die französische Staatseisenbahn SNCF stellte der Produktion eine historische Lokomotive und die passenden Waggons zur Verfügung, was dem Titel ein sehr aussagekräftiges Gesicht verleihen sollte. Die Fahrt, beziehungsweise die Flucht wurde in Etappen inszeniert und überzeugt durch einen sehr klaren Aufbau, Original-Dokumentarszenen zeigen das hinterhältige Gesicht und die Unberechenbarkeit des Krieges in beklemmenden Bildern, die immer wieder als Kontrast zur scheinbar idyllischen Landschaft eingefügt wurden. Beim Publikum und bei der Kritik gab es für die Umsetzung hauptsächlich wohlwollende Reaktionen. Die Hauptdarsteller Jean-Louis Trintignant und Romy Schneider standen nach Le combat dans l'île (1962) wieder einmal gemeinsam vor der Kamera und geben auch hier ein überzeugendes Paar ab. Die Inszenierung wurde minimalistisch und dialogarm gehalten, es sind die Bilder, die das Wort erheben und das schwierige Thema mit Authentizität ausstatten. Die Aufnahmen wurden von Anfang Juni bis Ende August 1973 in Nordfrankreich und den Ardennen gedreht, und entlang der Loire bis La Rochelle.





In "Le Train" ist alles auf die beiden Hauptdarsteller zugeschnitten, die ihre Rollen restlos ausfüllen und bemerkenswert formen. Jean-Louis Trintignant als Julien muss, wie es scheint, gegen sein Naturell immense Verantwortungen übernehmen, vor denen er sich aber aufgrund der außerordentlichen Umstände auch nicht scheut. Er erscheint wie ein Beschützer zu sein, dem aber wie jedem anderen auch, die Hände gebunden sind. Die Sorge um sein dreijähriges Kind und seine hochschwangere Frau, aber auch die Fürsorge für die zufällig kennen gelernte Anna lassen ihn hin und her pendeln zwischen Pflicht und Verlockung. Der Zuschauer versteht schnell dass, wenn er Anna unter anderen Umständen kennen gelernt hätte, es zum gleichen Ergebnis gekommen. Der Krieg, die Angst und die Suche nach Stützen konstruieren diese Romanze nicht alleine, es besteht eine unsichtbare Bindung und eine natürliche Anziehungskraft zwischen beiden. Julien ist kein Draufgänger, der die Situation ausnutzen würde, beinahe schüchtern begegnet er der jungen Frau, traut sich nur in unbeobachteten Momenten einen Blick auf sie zu werfen, es dauert lange, bis die erste Konversation entsteht, in der kein Wort zu viel verloren wird. Romy Schneider als Anna fasziniert schon alleine durch ihre optische Erscheinung. In schwarz gekleidet, mit streng zusammengestecktem Haar und vorsichtigen Blicken entsteht eine Ausstrahlung, die den gesamten Verlauf prägen wird. Anna wirkt hilflos und desillusioniert, aber nicht hart. Ihrem Schicksal konnte sie zwar noch einmal davon laufen, doch sie transportiert eine permanente Angst und ein Blick in ihr trauriges Gesicht verdeutlicht die latente Gefahr, die dem Zug nachzueilen scheint. Romy Schneider wirkt trotz allem sanft, sehr sensibel und sie zeichnet eine Person, die man als Zuschauer zu verstehen glaubt, man erahnt, was sie bereits durchgemacht haben muss. Wieder einmal solidarisiert sich Romy Schneider mit ihrem zu interpretierenden Charakter in erstaunlicher Manier.

Im Krieg herrschen andere Regeln, wie es heißt. Und diese Umstände werden in den Beziehungen der anderen Flüchtlinge, die sich im Waggon befinden, intensiv verdeutlicht. Eine Lebedame, die einige der Herren mit ihren Diensten erfreut, ein alter Mann, der trotz allem seine moralischen Vorstellungen nicht ablegen kann, ein anderer der nur egoistisches Verhalten an den Tag legt, ein Pessimist der Ängste schürt, oder ein notorischer Unruhestifter, der den Zusammenhalt gefährdet. Immer wieder kommt es zu Spannungen, doch schließlich sitzt man im selben "Boot" und kommt sich insgesamt näher. Als man bei einem Zwischenstopp des Zuges in einem verlassenen Haus Lebensmittel und Wein findet, wird sogar auch einmal gefeiert, und die Ausgelassenheit überlagert die Angst. Man tanzt, singt und lacht zusammen. Hier schließt sich eine der intensivsten und erschreckendsten Szenen des gesamten Films an. Für einen kurzen Moment scheint alles vergessen, man sieht Menschen, die am Leben hängen, die heiter sind und gemeinsam lachen. Plötzlich kommt eine schwarz-weiß Einblendung mit Originalaufnahmen von Hitler und seiner Gefolgschaft, die ebenfalls lachen, aus dem Off hört man immer noch die Stimmen der Flüchtlinge, die die Bilder untermalen und es folgt der erste Luftangriff...

Die Regie beschränkte sich fast vollkommen darauf, Bilder, Gesten und Mimik sprechen zu lassen, die Archiveinblendungen vermitteln einen harten, grausamen Realismus und wirken unerträglich. Der Film hat ein langsames Erzähltempo und beschränkt sich auf eine sparsame Handlung, auf die er sich aber auch verlässt, seine Hauptdarsteller lassen große Momente entstehen und sprechen den Zuschauer unmittelbar und unmissverständlich an. Mit Philippe Sardes melancholischer und bewegender Musik treibt es einem unangenehme Schauer über den Rücken, die insbesondere im Finale des Films eines der intensivsten Zusammenwirken zwischen Bild und Musik entstehen lassen. Vor dem Hintergrund, mit dem sich dieses Werk beschäftigt, kommt man eigentlich mit herkömmlichen Einschätzungen und Analysen nicht wirklich weiter, es geht nur um die Frage, ob sich der Zuschauer bewegt fühlt oder nicht. "Nur ein Hauch von Glück" entlarvt sich nie als ein Film der falschen Untertöne und erspart sich unangebrachte melodramatische Anflüge oder gar den Zeigefinger zu erheben. Man verspürt eine sehr hohe Zuschauergewalt, die ich bei derartigen Aufarbeitungen immer für die beste Lösung halte. So bleibt ein ernster und erschreckender, wenn auch feinfühliger Film, der Emotionen herausfordert und zur Reflexion zwingt. Die Frage jedenfalls, ob Liebe stärker sein kann als alles andere, wird wieder einmal von Romy Schneider beantwortet werden können. Abschließen möchte ich mit der schönen Einschätzung aus Le Nouvel Observateur von 1973: »Die Österreicherin Romy Schneider in der Rolle der deutschen Jüdin ist zur Zeit eindeutig die beste Schauspielerin der französischen Leinwand. »Le Train« ist darum ein mehr als gelungener Film, weil es ein guter Film mit Romy Schneider ist.«

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01.06.2012 22:44
#11 RE: Romy Schneider - Filme & Karriere Zitat · Antworten



DIE UNSCHULDIGEN MIT DEN SCHMUTZIGEN HÄNDEN / LES INNOCENTS AUX MAINS SALES (1975)

mit Romy Schneider, Rod Steiger, Paolo Giusti, François Maistre, Pierre Santini, Hans Christian Blech, François Perrot und Jean Rochefort





»Kein schlechter Preis für die Frau, die die Nutte ihres Mannes spielt!«


Julie Wormser (Romy Schneider) sonnt sich wie üblich im Garten ihrer Villa in Saint Tropez, bis eines Tages ein gut aussehender, junger Mann auftaucht. Jeff Marle (Paolo Giusti), der ein Haus in der Nachbarschaft gemietet hat, gibt sich als Schriftsteller aus. Es dauert nicht lange, bis die beiden eine Affäre anfangen, denn Julies alkoholabhängiger und wesentlich älterer Mann Louis (Rod Steiger) hat seiner Frau in dieser Beziehung schon längst nichts mehr zu bieten. So entsteht die Idee, ihren unbequemen aber schwerreichen Mann zu beseitigen. Der dazugehörige Plan ist schnell ausgearbeitet, denn der begeisterte Bootsfahrer Louis bietet sich förmlich an für einen Unfall durch Ertrinken. Gesagt - getan, aber das Komplott geht nicht auf. Zu viele Ungereimtheiten bringen zwei misstrauische Inspektoren auf Julies Fährte und versuchen ihr den Mord anzuhängen, doch es fehlt die Leiche und auch Jeff ist unauffindbar. Zu Julies Entsetzten ist Tage zuvor auch noch das gesamte Vermögen ihres Mannes von der Bank abgehoben worden und ebenfalls spurlos verschwunden. Die Situation spitzt sich mehr und mehr zu bis die mittlerweile verzweifelte Frau vor dem Untersuchungsrichter Landet. Doch ein ausgekochter Anwalt kann in letzter Minute die Einstellung des Verfahrens erwirken. Julie ist frei. Zu Hause angekommen wartet jedoch die nächste böse Überraschung auf sie. Ein langer Weg durch die Hölle kann beginnen...

Claude Chabrol, einer der ganz großen Vertreter des französischen Films, inszenierte diese französisch-italienisch-deutsche Co-Produktion mit beachtlicher Star-Besetzung. Sein Wunsch, Romy Schneider zu besetzen wurde mit der Zusage der Schauspielerin gekrönt, aber mit dem Endergebnis eher ausgebremst. Claude Chabrol und Romy Schneider sollen zusammen nicht gut funktioniert haben, wie beide zugeben mussten. Sie fühlte sich vor der Kamera von ihrem Regisseur alleine gelassen. Als der Film in die Kinos kam, wurde er sowohl von der Kritik, als auch von den Zuschauern ignoriert und zum großen Misserfolg, was für diese Produktion mit ihren überdurchschnittlichen Grundvoraussetzungen mehr als erstaunlich war. Die Story des Films bietet genügend Stoff für einen raffinierten Thriller, Besetzung und Crew standen für einen potentiellen Brilliantschliff bereit, doch es sollte leider anders kommen. Die zunächst ambitionierte, beziehungsweise logisch wirkende Geschichte verliert sich viel zu häufig in Unwahrscheinlichkeiten und es entstanden verworrene Passagen die noch nicht einmal genügend Ausgleich in Form von Spannung zu vermitteln wussten. Gescheitert ist das Projekt wahrscheinlich tatsächlich an der mangelhaften Interaktion der Beteiligten, die hier und da offensichtlich zur Schau gestellt wurde.





Romy Schneider beklagte sich vielenorts über "Die Unschuldigen mit den schmutzigen Händen" und vor allem über das aneinander Vorbeiarbeiten zwischen ihr und der Regie. Viele kritische Stimmen warfen ihr Ausdruckslosigkeit vor, dass man sie noch nie so schlecht agierend gesehen habe oder dass sie Lustlosigkeit transportiert habe. Tatsächlich wirkt ihre Interpretation launisch und in ihrer Qualität wechselhaft. Wo sie sich als femme fatale glaubwürdig darstellt und auch funktioniert, kommen ihr im Verlauf des Films ihre zahlreichen, nicht nachvollziehbaren Kehrtwendungen leider nicht zu Gute. Die berechnende Julie wirkt unsympathisch und bleibt leider unsympathisch, da man wenig von Romy Schneiders Fähigkeit gezeigt bekommt, jeden noch so zwielichtigen Charakter mit Charme, Feuer und Identifikationspotential auszustatten. Man sieht eine Frau, der man insbesondere im weiteren Verlauf keines der dargestellten Gefühle (ob Hass, Wut, Verzweiflung, Zuneigung, Bedrängnis oder Besorgnis) mehr abnehmen kann. Jedoch wirkt Romy Schneider nicht blass. Sie dominiert jede Großaufnahme mit auffälliger Kälte und lässt sich kaum zu einer Gefühlsregung hinreißen. Ob das nun so gewollt war, oder ihre vermeintliche Langeweile ausdrücken sollte, ist nur persönlich zu beurteilen. Mir bleibt eine Leistung in Erinnerung, die wenig mit ihrem Facettenreichtum im Spektrum ihrer exzessiv dargestellten Gefühle zu tun hatte und daher nicht uninteressant erscheint, eine Frau, die den Blick der Medusa anwendet, ein Charakter, der zweifelhafter nicht sein könnte und ausnahmsweise mal nicht greifbar erscheint. Für mich keine lahme, sondern eine wie üblich faszinierende Romy Schneider, die in einer merkwürdigen Art und Weise nicht zu ordnen ist. Nicht unerwähnt bleiben soll außerdem, dass die Kamera hier nochmals die außergewöhnliche und zeitlose Schönheit der Schauspielerin hervorzuheben wusste.

Der Amerikaner Rod Steiger als Louis Wormser stellt sich hier als glückliche Wahl heraus. Er stattet seinen Charakter von allen Beteiligten am meisten mit Tiefe aus und wirkt als Alkoholiker und von Komplexen und Selbstzweifeln zerfressener Mann mit funktionellem Problem beinahe durchgehend überzeugend. Sein gesetztes Gesicht dokumentiert die Angst, seine viel jüngere Frau nicht halten zu können, ihr nicht zu genügen und ihn plagen Versagensängste, die er materiell auszugleichen versucht und in seinen trüben Augen spiegelt sich der Ekel seiner Frau. Die Spannung, die zunächst nur vage in der Luft liegt spitzt sich in sarkastischen Dialogen zu, bis sich ein Rollentausch andeutet, doch verlassen kann man sich in dieser Szenerie auf Nichts und Niemanden. Der weniger bekannte Paolo Giusti als Louis' Nebenbuhler und Julies Liebhaber wirkt und bleibt oberflächlich. Jeff Marle scheint zu keinem Zeitpunkt so intelligent und auch fähig zu sein, einen raffinierten Plan auszuarbeiten, geschweige denn zu verwirklichen, er hinterlässt einen geradezu triebigen und leicht berechenbaren Eindruck. Daher kommt er dem Zuschauer gerade in den Bereichen Skrupellosigkeit und Rücksichtslosigkeit nicht überzeugend genug vor. Zumindest seine Erscheinung überzeugt, so dass er bei Julie landen konnte. Die restlichen Darsteller liefern des Weiteren sehr überzeugende Darbietungen ab, wobei ich mir für einen co-produzierten Terra-Film vielleicht noch ein, zwei bekannte deutsche Schauspieler mehr gewünscht hätte. Eigentlich kommt einem das stellenweise isoliert vorkommende Schauspiel dem Konzept des Films in eigenartiger Weise zu Gute.

Ein Flop bei Kritik und Zuschauern muss nicht zwingend einen schlechten Film darstellen. Vermutlich war es die hohe Erwartungshaltung bezüglich des Duos Chabrol/Schneider, die das Projekt durchfallen ließen. Es hätte mehr daraus werden müssen und man hatte sich allerseits mehr erwartet. Davon isoliert betrachtet hat man es mit einem doch unterhaltenden Psycho-Thriller zu tun, der zugegebenermaßen nicht immer logisch genug bleibt und bei den Themen Spannung und Überraschungsmoment zu sparsam ausgefallen ist. Vieles hier wirkt ungewöhnlich, besonders Romy Schneiders Leistung, aber die klassischen Elemente und die stilvolle Inszenierung fesseln auf eine ganz eigene Art und Weise. Der Regie ist es gelungen, die Handlung immer wieder zu forcieren was besonders in Momenten gelang, in denen man als Zuschauer nicht damit rechnet. In Momenten hingegen, wo man genau damit rechnen würde, sind die Paukenschläge zu leise ausgefallen. Das alles wirkt im Endeffekt manchmal etwas zu verdreht und fordert die Aufmerksamkeit, garantiert aber keineswegs komplettes Verständnis. Die Grundhaltung des Szenarios ist überaus düster, unbehaglich und manchmal sogar geheimnisvoll, doch leider zeigen sich Mängel bei der Ausleuchtung. Die Musik von Pierre Jansen bleibt leider durchschnittlich, leistet daher nicht ausreichend Schützenhilfe. Gute Einfälle zeigen sich in Form der hochwertigen, sehr zynischen Dialoge, auch das ungleiche Kommissaren-Paar wirkt erfrischend, aber vor allem Julies Anwalt, der sie erfolgreich verteidigt, aber verachtet. Das Finale ist in mehrere Etappen eingeteilt und vermittelt letztlich eine gewisse Unsicherheit. Im Ganzen kann man bei "Die Unschuldigen mit den schmutzigen Händen" von guter Unterhaltung sprechen und vielleicht von einem Film, dem die hohe Erwartungshaltung zum Verhängnis wurde. Mich persönlich hat er nicht enttäuscht und ich schätze eine extravagante Umsetzung und eine hier verhältnismäßig seltsam wirkende Romy Schneider. Eines der außergewöhnlichsten Highlights ist übrigens der Ort des Geschehens. Gedreht wurde dem Vernehmen nach in der Luxusvilla von Elsa Martinelli.

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03.06.2012 13:37
#12 RE: Romy Schneider - Filme & Karriere Zitat · Antworten



SCAMPOLO (1957)

mit Romy Schneider, Paul Hubschmid, Georg Thomalla, Eva Maria Meineke, Franca Parisi, Peter Carsten, Willy Millowitsch und Victor de Kowa





»Buongiorno Scampolo!«


Das siebzehnjährige Waisenmädchen Scampolo (Romy Schneider) lebt auf der Ferieninsel Ischia und ist dort sehr beliebt und bekannt wie ein bunter Hund. Um durchzukommen arbeitet sie als Fremdenführerin und trägt nebenbei Wäsche für ihre mütterliche Freundin Marietta (Elisabeth Flickenschildt) aus. Dabei lernt sie den charmanten, aber immer total abgebrannten Jungarchitekten Costa (Paul Hubschmid) kennen, der sich nur über Wasser halten kann, da sein bester Freund, der Fotograf Andreas Michaelis (Georg Thomalla), ihm immer wieder finanziell unter die Arme greift. Die Wäsche kann er auch nicht einmal bezahlen und Scampolo leiht ihm den kleinen Betrag. Costa ist jedoch nicht untätig und hat Großes vor, denn er möchte einen ausgeschriebenen und hoch dotierten Architekten-Wettbewerb gewinnen. In der Zwischenzeit trifft er sich immer wieder mit der unerfahrenen Scampolo, die sich trotz Mariettas Warnungen bezüglich aller Männer, in den smarten Costa verliebt. Als der Beitrag für den Wettbewerb fertig gestellt ist und dieser wegen eines Missgeschicks nicht zugestellt werden konnte, ergreift die entschlossene Scampolo eine ungewöhnliche Initiative...

Regisseur Alfred Weidemann hatte mit "Scampolo" eine schwierige Aufgabe zu lösen. Zwar entstand eine angenehme und sehr heitere Liebeskomödie mit beachtlicher Besetzung, doch das Sissi-Fieber der Massen hatte sich noch nicht gelegt und man wollte Hauptdarstellerin Romy Schneider auch wieder in dieser Rolle sehen. Alle folgenden Filme, so auch diese Produktion der Rhombus-Film, wurden an diesen Großerfolgen gemessen und waren folglich dazu verurteilt, vergleichsweise und vor allem wirtschaftlich gesehen keine Renner zu werden. Betrachtet man den fertigen Film, so gibt es an ihm als ein einfaches Vergnügen nicht viel auszusetzen. Das Sommermärchen strahlt vor den wunderschönen Kulissen Ischias, genau wie das übrigens Romy Schneider tut, das Drehbuch von Herbert Reinecker ist sicherlich etwas zu simpel gestrickt, aber es entsteht trotzdem genau das, was der Film beabsichtigt: Der Zuschauer bleibt gut gelaunt zurück, verspürt die angenehmen Sonnenstrahlen und die Unbeschwertheit der Szenerie, bekommt also genau das geboten, was man von Romy Schneider insbesondere zu dieser Zeit erwartete.





Romy Schneider wirkt hier entfesselt, überaus dynamisch und in ihrem natürlichen Charme einfach mitreißend. Auf der anderen Seite bietet die Rolle überhaupt keine Differenzierungsmöglichkeiten und bleibt somit ungefährlich. Die vielleicht etwas zu naive, junge Scampolo entdeckt die Liebe und spricht eben vor dieser herrlichen Kulisse unzählige Wünsche und Träume der Zuschauer an. Ihr Schauspiel wirkt durchgehend erfrischend und leichtfüßig, so dass man ihr mit Vergnügen durch die konstruierte Handlung folgt. Scampolo, die trotz ihrer Vorgeschichte unbeschwert wirkt und die früh lernen musste, auf eigenen Beinen zu stehen, ist eifrig und liebenswert, manchmal etwas vorlaut und frech, aber die Leute auf der Insel schätzen und mögen sie sehr, jeder hat sie ins Herz geschlossen. Eine damals noch typische Vermarktung der Romy Schneider. Noch gibt es keine Makel und Kanten bei ihren Figuren, was leichte Unterhaltung garantieren sollte. Die zu den Dreharbeiten wohl neunzehnjährige Schauspielerin bekam mit dem an die zwanzig Jahre älteren (1917 geborenen) Paul Hubschmid einen viel zu bejahrten Partner zur Seite, was sich vom Eindruck her ein wenig negativ auswirkt. Schauspielerisch gesehen passt das Duo erstaunlich gut zusammen, wenn es auch hier und da, beinahe etwas zu väterlich erscheint. Persönlich gesehen ist eine ungeschickte Wahl mit einem Partner zu Stande gekommen, der ihr Vater hätte sein können und eben vor dem Hintergrund, dass Scampolo ein Waisenmädchen ist, wird das große Thema Liebe ungünstig transportiert und indirekt in Frage gestellt. Dass obendrein noch hinlänglich bekannt ist, dass Romy Schneider ihr Leben lang ihren eigenen Vater vermisst haben soll, weckt einen fast schon bitteren Beigeschmack. Nichtsdestotrotz, dieser Eindruck hat hier überhaupt nichts zu suchen und auch nichts mit den guten darstellerischen Interaktionsleistungen zu tun. Paul Hubschmid spielt seine Routine aus und zieht manchmal gegen seine ungestüme Kollegin fast den Kürzeren. Seine Erscheinung passt hervorragend in das Ambiente, sein Costa wirkt in allem was er tut glaubwürdig und ehrlich. Er charakterisiert den armen Schlucker mit gutem Herzen schließlich überzeugend.

Gespickt ist das Ganze mit einigen späteren Wallace-Schauspielern wie Elisabeth Flickenschildt, Walter Rilla, Wolfgang Wahl, Stanislav Ledinek und Victor de Kowa in kleineren Rollen, bei denen im besonderen Maße Elisabeth Flickenschildt als feuerrote Marietta hervorzuheben ist. Sie steht dem Waisenmädchen mit mütterlichem Rat zur Seite und die erfahrene Frau wirkt zwar sehr herzlich, aber gleichzeitig vermittelt sie in ihren Aussagen Resignation. Hier eines der aussagekräftigsten Beispiele:»Männer, ach Männer. Die sagen dir Worte ins Ohr wie sie sonst nur ein Dichter hat. Aber sie wollen nur das Eine, ihr Vergnügen! Vor zwanzig Jahren sagte meiner ich sei schön wie die Morgenröte. Davon hab ich fünf Kinder gekriegt, muss schuften wie ein Tier und von meiner Abendröte sagt er kein Wort.« Großartig wie immer die Flickenschildt! Überhaupt findet man nahezu alle anderen Schauspieler in Rollen, die typisch für sie waren. Georg Thomalla als guter Freund, der immer lockere Sprüche auf den Lippen hat, Eva Maria Meineke als elegante (etwas biedere) Dame die den Protagonisten nicht für sich gewinnen kann, Walter Rilla und Victor de Kowa mit weltoffenem Charme und Eleganz, Wolfgang Wahl der gewohnt direkt und ruppig rüberkommt. Stanislav Ledinek, den man aufgrund seines Akzentes für die Rolle eines Italieners besetzte und Willy Millowitsch der das Szenario alleine mit seiner Erscheinung auflockerte. Man sieht ein durchweg gutes Ensemble, zugeschnitten war der Film allerdings komplett auf Romy Schneider, was man an der jeweiligen Auftrittsdauer ihrer Kollegen sehen kann.

Bei "Scampolo" hatte Romy Schneider sichtlich Spaß bei der Sache und dem Publikum wurde ein Film serviert, der genau dessen Geschmack treffen sollte, nämlich eine liebreizende und sympathische Hauptdarstellerin in Hochform zu sehen, auch wenn es sich um keine kaiserlichen und königlichen Inhalte handeln sollte. Gemessen an Romy Schneiders bekanntem Potential, exzessive Charakterstudien zu liefern, sollte man ihre Scampolo jedoch überhaupt nicht unterbewerten. Sie prägt den Film wie keine andere und hinterlässt einen sehr fröhlichen und unbekümmerten Eindruck. Diese Urlaubsreise strahlt in schönen Farben und das noch vor schöneren Kulissen, man kann beinahe davon sprechen, dass eine Mentalität vermittelt wurde, die keineswegs zu künstlich wirkt. Auch die immer wieder auftauchenden Klischees drängen sich nicht ungezügelt auf. Die Geschichte an sich ist absolut vorhersehbar, ohne auffällige Konturen und stört sich nicht daran, sich immer wieder einer guten Portion Naivität zu bedienen. Aber was solls, der Zuschauer hat Spaß und kann sich eine komplette Filmlänge zurücklehnen und entspannen. Gut abgestimmte, musikalische Finessen hört man von Hans Martin Majewski, die Erzählstimme steuerte übrigens Paul Klinger bei. "Scampolo" ist heiter und neutral und hat selbst mich als Wertschätzer der "späten" Romy Schneider-Filme angenehm überrascht, denn jugendlicher Charme ist ja auch keinesfalls zu verachten.

Percy Lister Offline



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03.06.2012 14:22
#13 RE: Romy Schneider - Filme & Karriere Zitat · Antworten

Romy Schneider und ihr Huckleberry-Friend

Nachdem sich Prisma in den vorangehenden Beiträgen vor allem mit der französischen Karriere von Romy Schneider beschäftigt hat, drehe ich das Rad der Zeit zurück und werfe einen Blick auf die Freundschaft zwischen Romy Schneider und Horst Buchholz, der in dem opulenten Bildband (keinesfalls ein "Coffeetable-Book" - ein filigraner Glastisch würde unter dem Gewicht des Buches zusammenbrechen) "Romy Schneider - Fotografien von 1952 bis 1959" (Schwarzkopf & Schwarzkopf) ein eigenes Kapitel eingeräumt wird. Die Texte dazu liegen in vier Sprachen vor und lassen bereits in den Kapitelübersichten tief blicken. Während der deutsche Titel auf den Gassenhauer "Ein Freund, ein guter Freund" anspielt, gibt es auf italienisch bereits eine Wertung: "Un amico, solo un buon amico" [= Ein Freund, NUR ein guter Freund].



Michael Petzel schreibt dazu folgendes:

"In ihren jungen Jahren war er wohl ihr bester Freund. Die Bilder lassen spüren, wie wohl sie sich in seiner Nähe fühlte: "Ich habe mich mit Horst Buchholz gleich gut verstanden. Mir gefiel sein Mut, für sich einzustehen. Immer sagt er, was er denkt. Er vergisst niemals, wie er als Kind, als Bub, als junger Kerl gelebt hat. Mir hat er ein paar Mal gesagt: "Romy, das verstehst du nicht, dazu geht es dir viel zu gut."
Buchholz, in Berlin geboren und aus einfachen Verhältnissen stammend, war seit seinem sensationellen Erfolg in "Die Halbstarken" (1956) auf die Rolle des jugendlichen Rebellen vom Dienst festgelegt. Romy lernte ihn in München bei den Dreharbeiten zu "Robinson soll nicht sterben" kennen. Kurz darauf ging ein weiterer Film mit Romy und Horst Buchholz ins Atelier: "Monpti" - eine bittersüße Liebesgeschichte, die tragisch endet.
Der junge Wilde und das Mädchen aus gutem Hause - unter werbestrategischen Gesichtspunkten war das eine Erfolg versprechende Kombination. Für die Presse galten die beiden schnell als Traumpaar. Doch auch wenn sie eng umschlungen auf Filmbällen tanzten oder sich in einem verschwiegenen Pariser Café trafen - passiert ist nichts: Romy und Horst Buchholz waren einfach nur gute Freunde." (Seite 130)

Auf hochwertigem Papier sieht man die beiden jungen Leute beim Training auf der grünen Wiese (Buchholz mit rotem Polohemd und roten Socken, Schneider mit legerer Hose mit grauen Pepita-Karos), beim Auftanken des grauen Sportflitzers, gemeinsam in Paris (er im dunklen Anzug mit Krawatte, sie im grauen Kostüm mit gelbem Mantel) und abends beim Tanz (Romy lehnt ihren Kopf wohlig an seine Schulter).

Es gibt noch ein weiteres Kapitel, in dem Romy Schneider und Horst Buchholz verewigt werden: "Festliche Tage in Mariengrund".

"Weihnachten und Silvester verbringen wir immer in unserem Haus in Mariengrund. Wenigstens einmal im Jahr muss ja die ganze Familie zusammenkommen. Und unter dem Weihnachtsbaum ist es nun einmal am gemütlichsten." Romy tanzt mit Horst Buchholz, Romy stößt auf ein glückliches neues Jahr an, Romy tollt mit Horst im Schnee.
Die Bilder vom kleinen Glück der Romy Schneider waren Balsam für die Seelen der Deutschen. Jeder konnte es sehen: Es ging wieder aufwärts." (Seite 190)

Stimmige Schwarz-Weiß-Aufnahmen erzählen von ihrem Besuch auf dem Jahrmarkt der Auer Dult in München (Romy mit einem Lebkuchenherz [Aufschrift: Meine kleine Madonna] um den Hals, abends vor dem Kaminfeuer, am Herd mit Schneider-Mutter Magda, Horst als Geschenke-Kavalier, Jahreswechsel 1957: Prosit!, beim Wintersport im tiefen Schnee, die beiden reiben sich gegenseitig mit Schneebällen ein, beim Sonnenbad abseits der Skipisten - der Pulverschnee unterstreicht den Spaß, den sie sichtlich hatten.

Beide Schauspieler lernten im Jahr 1958 ihre künftigen (französischen) Partner kennen: Horst Buchholz traf die Darstellerin Myriam Bru bei Dreharbeiten zum Film "Auferstehung" und heiratete sie, Romy Schneider machte die Bekanntschaft mit Alain Delon, mit dem sie in "Christine" zu sehen ist. Während aus Buchholz' Ehe zwei Kinder hervorgingen, trennten sich Schneider und Delon 1963, nachdem sie sich im Frühjahr 1959 offiziell verlobt hatten.

Prisma Offline




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04.06.2012 20:04
#14 RE: Romy Schneider - Filme & Karriere Zitat · Antworten



DIE GELIEBTE DES ANDEREN / QUI? (1970)

mit Romy Schneider, Maurice Ronet, Simone Bach, Jaques Duby und Gabriele Tinti





»Ist die Wahrheit denn so unglaubwürdig?«


Der Ausflug des Paares Claude (Gabriele Tinti) und Marina (Romy Schneider) in die Bretagne endet mit einer Katastrophe. Die Beziehung der beiden steht vor dem Aus und ein erneuter Streit treibt den impulsiven Claude zur Weißglut. Er schlägt seine Freundin, steckt sie in sein Cabriolet und fährt wie ein Wahnsinniger los. Wenig später ist ein lauter Schrei zu hören und das Auto stürzt über eine Klippe ins Meer, Marina konnte sich durch einen Sprung aus dem Fahrzeug in letzter Sekunde retten. Sie informiert die Polizei doch die Ermittlungen bringen kein Licht ins Dunkel, denn es ist keine Leiche zu finden. Wenig später taucht Claudes Bruder Serge (Maurice Ronet) auf, der sich um Marina kümmert und sie bei sich aufnimmt. Er fühlt sich zu der attraktiven Frau hingezogen, doch gleichzeitig misstraut er ihr auch, denn sie verstrickt sich immer wieder in unglaubwürdige Aussagen, beteuert aber auch, dass sie sich verfolgt fühle und Angst habe. Als Serge in ihrer Handtasche dann noch ein Revolvermagazin findet, kommt er nur zu einer Schlussfolgerung. Marina hat ihren Bruder ermordet. Serge entschließt sich, den Unfall zu rekonstruieren und als er im versunkenen Autowrack auch noch einen Revolver findet, scheint sich sein Verdacht zu bestätigen. Tage des Psycho-Terrors vergehen bis Serge von der Polizei vorgeladen wird. Eine unkenntliche Leiche wurde angespült...

Regisseur Léonard Keigel wollte laut eigenen Angaben einen Thriller nach Hitchcock-Manier inszenieren, was sich ja schon einmal äußerst ambitioniert anhört. Der Film fiel jedoch kläglich beim Publikum und bei der Kritik durch. Das lag einerseits ganz ohne jeden Zweifel am fertigen Produkt, andererseits aber bestimmt auch an der Tatsache, dass er unmittelbar auf Claude Sautets Großerfolg Les choses de la vie folgte und Romy Schneider sich mit direkten Vergleichen auseinandersetzen musste. Der France Soir schrieb beispielsweise 1970: »Bleibt für den Film nur zu hoffen, dass die Zuschauer ihren Sinn für Logik zu Hause lassen.« Tatsächlich gibt es viele Ungereimtheiten in diesem französisch-italienischen Spielfilm, dennoch ist er sehr spannend und verfügt über hervorragende Schauspieler. "Die Geliebte des Anderen" präsentiert sich insgesamt undurchsichtig, sowohl für die Beteiligten der Handlung als auch für den Zuschauer, bis sich das Mosaik schließlich zufrieden stellend, wenn auch ohne größere Ausrufezeichen zusammengefügt.





»Der große Trumpf dieser Produktion ist Romy Schneider.« verkündete damals L'aurore, und dieser Einschätzung kann man sich uneingeschränkt anschließen, sie wertet das Geschehen mit beachtlicher Präsenz und atemberaubender Schönheit auf. Romy Schneider verleiht ihrer Marina ein doppeltes Gesicht und es bleibt bis zum Ende nicht klar abzusehen, wer diese undurchsichtige Frau eigentlich ist. Stimmt es was sie sagt oder hat sie etwas zu verbergen, verfolgt sie nur einen Plan oder ist sie tatsächlich Opfer eines Komplotts? Es werden viele unterschiedliche Facetten von Marina dargestellt. Sie kann zynisch und genauso gemein werden, unempfindlich und gleichgültig erscheinen, aber genau so liebevoll reagieren, abgebrüht und stark, ängstlich und zerbrechlich wirken. Sobald diese Frau einen sichtbaren Angriffspunk offenbart, folgt schnellstens eine Kehrtwendung. Die Kameraeinstellungen konzentrieren sich auf ihr Gesicht, Romy Schneider dokumentiert jede Geste und jedes Gefühl mit Bravour, sie stellt sich mühelos auf jede Anforderung ein. Das erstaunliche an dieser Person ist, dass sie zwar erhebliche Zweifel schürt, aber den Zuschauer auch stets dazu verleitet, ihr zu vertrauen. Die komplette Konstruktion der Geschichte läuft somit ausschließlich über die Hauptdarstellerin. Eine verlässliche Angelegenheit.

Maurice Ronet und Romy Schneider, die in vier Filmen gemeinsam vor der Kamera standen, bilden ein eingespieltes Team. Serge scheint generell eigentlich wenig über seinen verschwundenen Bruder zu wissen und seine Betroffenheit bleibt zweifelhaft, zumal er auch noch eine Affäre mit Marina beginnt. Seine Zweifel und sein Misstrauen wirken zwar berechtigt, hinterlassen aber einen relativ unmotivierten Eindruck. Doch die Faszination um Marina lässt ihn keinen klaren Gedanken fassen, sie wird zur gefährlichen Versuchung. Maurice Ronet arbeitet dieses permanente Hin und Her selbstsicher heraus. Die Finessen entstehen in den Anlegungen der Rollen, da auch der Zuschauer zwischen Sympathie und Zweifeln abwägen muss. Serge setzt Marina, die vermeintliche Sympathieträgerin, immer massiver unter Druck, stößt dabei allerdings auch auf Verständnis. Als seinen Bruder sieht man Gabriele Tinti in einer kurzen Rolle, die er aber beim Herausarbeiten seiner niederen Charakterzüge prägnant in Szene setzen konnte. Und da wäre noch die oberflächlich, aber sympathisch wirkende Simone Bach, die die Verflossene von Maurice Ronet spielt. Ihr größtes Vergnügen besteht eigentlich darin, Serge zu ärgern und ihm leichte Stiche zu versetzen. Außerdem nimmt sie sich der mysteriösen Geliebten des Anderen an. In dieser Dreiecks-Konstellation entstehen ansatzweise auch die einzigen Passagen, die mit Humor angereichert wurden.

Insgesamt hat die Regie es schon geschafft, sich eingehend mit dem "Qui?" auseinanderzusetzen, dabei entstanden ist jedoch bestimmt kein Meilenstein des Genre-Kinos. "Die Geliebte des Anderen" verlässt sich ungünstigerweise viel zu häufig auf eine Art Zufalls-Prinzip und viele dieser Zufälle sind einfach nicht wahrscheinlich, geschweige denn logisch. Daher wirkt die zugegebenermaßen recht spannende Handlung streckenweise viel zu konstruiert und diese Kritik muss sich ein angeblicher Hitchcock-Anwärter schon gefallen lassen. Handwerklich gesehen ist der Film recht gut gelungen und der hauptsächlich einstimmigen Meinung, dass Romy Schneider hier die optimale Lösung vieler Probleme darstellt, ist zuzustimmen. Besonders gelungen sind zum Beispiel die hervorragend gefilmten Verfolgungsszenen, als Kontrast zu langsamer geratenen Passagen steht ansehnliche Action. Auch das Geheimnisvolle wurde berücksichtigt und schön in Szene gesetzt. Plötzlich auftauchende Schatten, die genau so schnell wieder verschwinden oder ein Auge, das durch Marinas Schlüsselloch sieht und sie in Angst versetzt. Diese gelungenen Finessen (und Grundvoraussetzungen für einen derartigen Film) tun dem Geschehen sehr gut. Trotzdem bleibt ein unentschlossenes Profil, welches vom Finale nochmals deutlich charakterisiert wird. Als große Leckerbissen sind noch die Musik von Claude Bolling und die schönen Unterwasseraufnahmen zu erwähnen. Mich persönlich lässt die Produktion weniger unentschlossen zurück, einige raffiniert gestrickte Komponenten und das beachtliche Schauspiel haben mich gut unterhalten.

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

07.06.2012 17:01
#15 RE: Romy Schneider - Filme & Karriere Zitat · Antworten



SOMMERLIEBELEI / UN AMOUR DE PLUIE (1973)

mit Romy Schneider, Nino Castelnuovo, Mehdi El Glaoui, Bénédicte Bucher, Jean-Claude Brialy und Suzanne Flon





»Ich bin sehr schüchtern und ungewöhnlich seriös«


Die attraktive Elisabeth (Romy Schneider) verbringt ihren Urlaub gemeinsam mit ihrer fast fünfzehnjährigen Tochter Cécile (Bénédicte Bucher) in dem idyllischen Kurort Vittel. Elisabeth lernt in den Kuranlagen den gut aussehenden Italiener Giovanni (Nino Castelnuovo) kennen, der sie mit seiner charmanten und amüsanten Art bezaubert. Er bringt sie zum Lachen und zum Träumen, es entsteht schnell eine Fröhlichkeit und eine Vertrautheit, die Elisabeth bei ihrem eigenen Mann, einem Geschäftsmann, nicht zu finden scheint. Es kommt zu einer leidenschaftlichen Affäre, die die zwei erfahrenen Urlauber voll auskosten und die geprägt ist von Freude, kleinen Geheimnissen und schönen Glücksmomenten. Zur gleichen Zeit lernt ihre junge Tochter den siebzehnjährigen Georges (Mehdi El Glaoui) kennen, der in der Küche des Hotels arbeitet, in dem beide abgestiegen sind. Auch hier bahnt sich eine Urlaubsromanze an, die zwar ebenso überwältigend, aber von scheuen, kleinen Annäherungen geprägt ist. Die Tage vergehen und die unbeschwerten Momente des Sommerurlaubes sollten nie zu Ende gehen, doch was wird geschehen, wenn die Realität alle wieder einholen wird...?

"Un amour de pluie" ist tatsächlich ein nahezu handlungsfreier Film, der objektiv betrachtet nur einen großen Vorzug besitzt, und zwar Romy Schneider, die hier allerdings zum Spektakel wird. Sie wollte ihrem langjährigen Freund und Vertrauten, dem Schauspieler und Regisseur Jean-Claude Brialy einen Gefallen tun und übernahm die Hauptrolle in seinem bereits vierten Spielfilm, nachdem er zuvor mit seinen Beiträgen fast nur Flops gelandet hatte. Doch auch sie als Zugpferd konnte hier keine Wunder vollbringen, "Sommerliebelei" wurde kein Erfolg, die Zuschauer fühlten sich nicht gerade hingerissen. Der fertige Film charakterisiert lediglich ein feines Gespür für Ästhetik und Flair seitens Jean-Claude Brialy, und symbolisiert die immer wieder von Romy Schneider selbst beschriebene Grundvoraussetzung bezüglich ihr und der Regie, dass sie sich nur in einem sicheren, geführten Rahmen voll entfalten konnte, und hier bekam sie genügend Raum dafür.





Romy Schneider lädt traumtänzerisch zu einer Reise durch eine wunderschöne Sommerkulisse ein, ihre Unbeschwertheit wirkt hier absolut mitreißend und ansteckend. Elisabeth verkörpert eine moderne und selbstbewusste Frau, deren mentale und emotionale Kapazitäten im Alltag allerdings ungenutzt bleiben. Jedoch strahlt sie keine Resignation aus, sie fügt sich als Mutter eher in eine Façon hinein, sie möchte funktionieren. In ihren Urlaub geht sie nicht mit dem Plan, unbedingt eine Affäre anfangen zu wollen, lediglich Zeit und Ort begünstigen dieses Zusammenfinden. Romy Schneider bezaubert hier, sie wirkt verspielt, gelöst und gibt sich bedingungslos einem Flirt hin. Dabei verdreht sie ganz erstaunlich und erfrischend die bestehenden weiblich-männlichen Konstellationen, die im Film ihren typischen Einsatz fanden. Neben ihr wird ab sofort der Mann zum schmückenden Beiwerk. Romy Schneider gestaltet hier jede Kleinigkeit überaus elegant. Sie tanzt, sie lacht, sie ist glücklich, sie überspielt somit jede Schwäche des Films, die neben ihr zu Nebensächlichkeiten verkümmern. Insgesamt gesehen bleibt eine angenehme Selbstinszenierung zurück, und der Film wirft schließlich nur eine signifikante Frage auf: Wer würde sich für diese faszinierende Frau nicht interessieren?

Im Fall Nino Castelnuovo lässt sich gewiss darüber streiten. Der Eindruck der italienischen Masche schimmert schon irgendwie durch, aber sein beinahe intelligentes Flirten und sein gewitzter Charme lassen ihn glaubwürdig und sympathisch erscheinen. Beinahe schüchtern und aus dem Hintergrund stellt er Elisabeth nach und sie genießt es, voll und ganz im Fokus zu stehen und schließlich die Initiative zu ergreifen. Der Flirt wird subtil dargestellt und überzeugt durch geistreiche Finessen. Giovanni trägt seine Eroberung auf Händen und gibt ihr das Gefühl, einzigartig und begehrenswert zu sein. Das interessante an dieser Konstellation ist, dass man als Zuschauer zwischen Gezeigtem und Empfundenem eher Giovanni als Eroberung von Elisabeth sieht, die Liebelei spielt sich auf einer total unverbindlichen Ebene mit ironischer Würze ab. Mit Mehdi El Glaoui und Bénédicte Bucher hatte die Produktion zwei unverbrauchte Gesichter und sehr überzeugende Jungschauspieler zur Verfügung, die eine Parallelhandlung andeuten. Cécile erfreut sich einer offensichtlich progressiven Erziehung, ihre Mutter scheint auch gleichzeitig ihre beste Freundin und Vertraute zu sein. Die Tatsache, dass sie gerade ihren zweiten Frühling erlebt, ermöglicht der Fünfzehnjährigen eigene Wege zu gehen. Suzanne Flon als Besitzerin des Hotels verfeinert das ganze Geschehen in gekonnter Manier, Jean-Claude Brialy verschaffte sich einen kurzen Gastauftritt in seinem Film, ja alles wirkt rund, aber dennoch überlagert das Ereignis Romy Schneider jede Interpretation in erstickender Art und Weise. Nicht weiter schlimm bei einem Film, der von vorne herein dazu gedacht war, ausschließlich um Romy Schneider herum konstruiert zu werden.

»Wir wussten beide, dass wir nicht gerade Lady Macbeth machten«, sagte Romy Schneider in einem Fernsehinterview, aber sie fügte auch hinzu, dass sie "Un amour de pluie" wegen seiner Poesie und Zartheit möge. Tatsächlich wirkt der Film zu konstruiert und zeitweise zu künstlich und alles andere als originell, aber er leistet trotzdem etwas nicht zu Unterschätzendes, denn er regt die Fantasie ungeniert an. Oft fühlt man sich selbst in den Urlaub zurückversetzt und es laufen ähnliche, unbekümmerte Momente in der Erinnerung ab, man fühlt sich angenehm begleitet, wenn auch nicht übermäßig berührt. Nach ein paar sentimentalen Anflügen kann man auf eine "Sommerliebelei" zurücksehen, die wirklich schön ist, aber letztlich belanglos bleibt. Schöne Bilder - keine Handlung, tolle Schauspieler - wenig Tiefgang, ein paar Erinnerungen - wenig Nachhaltigkeit. Alles dividiert sich gegenseitig weg und unterm Strich bleibt nur eine von Romy Schneiders schönsten Selbstinszenierungen. Die strahlenden Aufnahmen der Umgebung und der Landschaft, die stilvolle Ausstattung und die urtypische, französische Musik von Francis Lai stellen über lange Strecken zufrieden. Als dann aber nach gut neunzig Minuten immer noch nichts passiert ist, wird es beinahe langweilig, zumintest einmal sehr auffällig. Die einfallslose Regie verließ sich zu sehr auf den großen Namen, einen Erfolg konnte auch nicht das dezente Ausschlachten der Hauptdarstellerin mit sich bringen, es bleibt ein isolierter Film unter Freunden in dem einige Experimente verwirklicht, und einige Insider angeschnitten werden konnten. Insgesamt bewerte ich "Sommerliebelei" daher rein subjektiv: Wer Romy Schneider mag, wird auch diesen Film irgendwie mögen.

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