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Dieses Thema hat 3 Antworten
und wurde 570 mal aufgerufen
 Giallo Forum
eastmancolor Offline



Beiträge: 2.622

09.02.2008 15:17
Allein gegen das Gesetz (1971/72) Zitat · Antworten

Bei "Allein gegen das Gesetz" handelt es sich um einen italienischen Thriller, man könnte aber auch Justizthriller sagen. Ich denke, der Film passt sehr gut zum Giallo-Genre, natürlich weil sein Herstellungsland Italien ist und das Wort Giallo sowieso für "italiensiche Krimis" steht.

Die DVD ist gerade von Koch erschienen, in korrektem Bildformat und sehr guter Bildqualität. Man bekommt die DVD im Internet schon für 8,99 €. Eine 25-minütige Doku und der Originaltrailer sowie eine Bildergalerie sind auch noch drauf.

Der Film könnte auch den Wallace-Fans gefallen, weil er ein recht interessantes Thema hat und man richtig schön mitraten kann. Terence Hill und Martin Balsam spielen wie immer hervorragend. Der Film selbst ist sehr unspektakulär inszeniert, aber dafür mit einer außergewöhnlichen Story und einer qualitativen Inszenierung. Kauftipp!

Enrico Rosseni Offline




Beiträge: 124

18.02.2008 14:46
#2 RE: Allein gegen das Gesetz (1971/72) Zitat · Antworten

Die DVD ist wirklich gut gelungen und die Doku lobenswert und höchst interessant. Mit Giallo und auch Krimi hat das ganze aber nur am Rande zu tun. Mit dem Mafia-Knaller, der auf dem Cover angepriesen wird, aber noch weniger. Bei dem Film handelt es sich um ein erstklassiges Gerichtsdrama, das mit leisen Tönen das Schicksal einer Frau zeigt, die der Karrieresucht eines Staatsanwaltes zum Opfer fällt.

Den Bogen zu den Wallace-Filmen über das Mitraten finde ich dann aber doch ein wenig sehr übertrieben.

eastmancolor Offline



Beiträge: 2.622

18.02.2008 15:32
#3 RE: Allein gegen das Gesetz (1971/72) Zitat · Antworten

Ich schrieb "könnte auch den Wallace-Fans gefallen". Finde ich nicht übertrieben.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

22.03.2020 19:30
#4 RE: Allein gegen das Gesetz (1971/72) Zitat · Antworten



Allein gegen das Gesetz (Il vero e il falso)

Kriminalfilm, IT 1971/72. Regie: Eriprando Visconti. Drehbuch: Eriprando Visconti, Luigi Malerba (Story: Lorenzo Gicca Palli). Mit: Martin Balsam (Staatsanwalt Dr. Turrisi), Terence Hill (d.i. Mario Girotti) (Rechtsanwalt Marco Manin), Paola Pitagora (Luisa Santini), Adalberto Maria Merli (Claudio Santini), Esmeralda Ruspoli (Giulia Turrisi), Vittorio Sanipoli (Minister), Ettore Geri (Rechtsanwalt de Vecchi), Shirley Corrigan (Norma Zeitzler), Maria Teresa Albani (Adalgisa Alberti), Piero Gerlini (Gerichtspräsident in Latina) u.a. Uraufführung (IT): 7. April 1972. Uraufführung (BRD): 9. Mai 1975. Eine Produktion von EIA Euro International Film und Explorer Film ‘58.

Zitat von Allein gegen das Gesetz
Norma Zeitzler, die Tote im abgebrannten Bauernhaus in Latina, starb nicht im Feuer, sondern zuvor an einer Pistolenkugel. Da es sich um ein ortsbekanntes Flittchen handelte, ist die Mordverdächtige schnell ausgemacht: die Grundschullehrerin Luisa, deren Mann das engste Verhältnis zu der Ermordeten pflegte. Trotz ihres energischen Leugnens und einer Zeugenaussage, Norma sei noch am Leben, wird Luisa zu zehn Jahren Haft verurteilt. Nach ihrer Entlassung sucht die Verurteilte ihren Mann auf ... um ihn erneut in Gesellschaft der noch immer lebenden Norma Zeitzler zu finden. Diesmal erschießt sie die Frau tatsächlich – ein Verbrechen, für das sie bereits im Voraus gebüßt hat ...


Ebenso wie viele Filme der damaligen italienischen Periode sich Dario Argentos Psychothriller-Anlagen zum Vorbild nahmen, bestand ein zweiter Trend in Justizdramen, die auf obrigkeits- und oft auch gesellschaftskritische Weise den Unterschied zwischen Rechtsprechung und Gerechtigkeit thematisieren. Dass „Allein gegen das Gesetz“ zu dieser Gruppe zählt, verrät schon der Titel, der die ausweglose Situation der Angeklagten Luisa Santini verdeutlicht. Die Frau wird zum aus Karrieregründen willkommenen Opfer eines ambitionierten Staatsanwalts in einem von Indizien und Annahmen bestimmten Prozess, in dem selbst ihr Verteidiger de Vecchi nicht an ihre Unschuld glaubt. Doch dabei belässt der Film es nicht: Überrascht er von Anfang an mit einer sehr geradlinigen, stringenten Erzählführung, so wird ab der Hälfte klar, worauf diese hinausläuft: Nicht einen, sondern zwei Prozesse muss Luisa über sich ergehen lassen – für die gleiche Tat, derer sie zunächst fehlerhaft schuldig gesprochen wurde, um sie dann aus Trotz doch zu begehen.

Eriprando Visconti, der Neffe des berühmten Regisseurs Luchino Visconti, fasste das Thema einerseits mit klar anklagender Stimme gegen einen Staatsapparat an, der über seine alltägliche Routine die charakterlichen Feinheiten in Strafprozessen vernachlässigt und dabei Menschenleben für leichte, offensichtliche Lösungen zu zerstören bereit ist. Luisa Santini weiß als Bauernopfer alle einflussreichen Gestalten der Justiz von Anfang an als voreingenommen gegen sich; außerdem fällt es ihr schwer, den zweiten Prozess überhaupt als fair anzuerkennen. Das mag in Anbetracht ihrer Schuld im zweiten Fall eine überspannte Reaktion sein, die auf ihre Dünnhäutigkeit nach sieben Jahren Gefängnis zurückgeht, zeigt aber auch, wie unreflektiert das gerichtliche System über eigene Fehler hinweggeht. Im Gegensatz zu den politisch sehr offenkundig linken Arbeiten eines Damiano Damiani insinuiert „Allein gegen das Gesetz“ solche pauschalen Aussagen über Justizversagen zwar, spricht sie aber nicht offen aus bzw. porträtiert sie nicht als unter allen Umständen allgemeingültig. Luisas unglückliche Lage ist nicht völlig unverschuldet und auch der persönliche Einfluss des Staatsanwalts und seiner karrierebewussten Gattin wird als Individualfaktor herausgearbeitet.



Dementsprechend ist der Film andererseits vor allem ein sehr persönliches Kriminaldrama abseits verallgemeinernder Sozialkritik. Nicht die Verstrickungen der Anwälte, sondern die Hergänge der konkreten Verbrechen sowie die Motive der Beteiligten stehen im unmittelbaren Zentrum der Aufmerksamkeit. Die Prozesse erlauben dem Zuschauer ein detailliertes Mitraten und Herankeimen bestimmter Verdachtsmomente und werden oftmals von Rückblenden zu Tatorten, Zeugenwohnungen oder wichtigen Begebenheiten aufgelockert. Damit gelang Visconti ein flüssiger, gefälliger Regiestil, der eine gute Ausgewogenheit zwischen sachlicher Beobachtung und emotionaler Involvierung schafft. Er hielt auch die Schauspieler zu entsprechend maßvollen Darstellungen an, die nie ins Überdramatische abgleiten, aber doch markante Typen verdeutlichen. Insbesondere ist der Film natürlich ein Denkmal für Hauptdarstellerin Paola Pitagora, hinter deren damenhaft ruhiger Fassade sich schnell Anzeichen der Verzweiflung bemerkbar machen. Die abwechslungsreiche Handlung erlaubt ihr in der Mitte des Films nach ihrer ersten Haftentlassung ein kurzes Wiederaufblühen, bevor sie dann noch stärker in die Depression gestürzt wird.

Als ihr Ehemann brilliert mit Adalberto Maria Merli ein hervorragendes Charaktergesicht in einer schmierig-doppelbödigen Rolle erster Klasse – gerade weil Merli im Giallo leider kaum zu Gast war, ist dieser Auftritt umso höher einzuschätzen. Sein Claudio Santini ist einerseits als biederer Kleinbürger angelegt, verstrickt sich aber im Laufe des Films in immer schwerwiegenderen Ränkespielen. Eher funktional agieren Martin Balsam und Mario Girotti in den zentralen gegnerischen Anwaltsrollen. Balsam fährt als Staatsanwalt alle Insignien tradierter Macht auf, während Girotti als einziger zur Angeklagten hält und dabei Neugier und den Mut zu unkonventionellem Verhalten an den Tag legt. Sein Auftreten wirkt sehr zurückgenommen, wenngleich nicht unbedingt hölzern, doch man kann wohl davon ausgehen, dass der ihm ähnlichsehende, aber zupackendere Franco Nero der Rolle mehr Würze entlockt hätte. Auch Balsams Rolle hätte man sich von Anfang an abstoßender vorstellen können; dass jedoch auf Scherenschnittzeichnungen verzichtet wurde, ist ein Punkt, den man dem Krimi keineswegs negativ anlasten sollte. Balsams Präpotenz kommt gen Ende des Streifens gut zum Ausdruck und wird von der Justiz entsprechend gedeckt, was in einer unausweichlichen, aber doch überraschenden Tragödie endet.

Einfühlsames Gerichtsdrama, das den Schicksalsweg einer mehrfach Angeklagten ohne unnötige Schmonzetten und mit aufmerksamer Fokussierung auf den Hergang des Verbrechens beleuchtet. Somit ist „Allein gegen das Gesetz“ unter den oftmals eher plakativen Gialli und italienischen Polizeifilmen eine kultivierte Ausnahme, die Krimifreunde auf jeden Fall ansprechen sollte. 4,5 von 5 Punkten.

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