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Dieses Thema hat 5 Antworten
und wurde 272 mal aufgerufen
 Edgar-Wallace-Forum
boris brosowski Offline



Beiträge: 24

11.04.2024 11:11
Einspielergebnisse, Kinoplatzierungen und Qualitätsvergleich - ein überraschendes Ergebnis Zitat · Antworten

Es wird immer behauptet, die sinkenden Einspielergebnisse seien für die Einstellung der EW Rialto Reihe verantwortlich, es wäre weniger Gewinn gemacht worden und die Qualität hätte abgenommen.
Ich habe mir anhand der zur Verfügung stehenden Daten das einmal genauer angesehen:
Jahr Zuschauerschnitt!
1959 3.200.000
1960 2.850.000
1961 2.640.000
1962 2.766.667
1963 2.375.000
1964 1.800.000
1965 2.200.000
1966 2.000.000
1967 1.750.000
1968 1.766.667
1969 1.100.000 (ohne Das Gesicht im Dunklen: 1.600.000)
1971 1.400.000
1972 950.000

Hier ist es korrekt, dass die Zuschauerzahlen abgenommen haben. Allerdings sagt das ja gar nichts über die Einnahmen aus. Daher habe ich mir angeschaut, auf welcher Stelle die EW-Rialto Filme in den Jahresendcharts stehen:

YEAR AV Sales AV ChartPos
1959 3.200.000 40
1960 2.850.000 30
1961 2.640.000 25
1962 2.766.667 20
1963 2.375.000 14
1964 1.800.000 26
1965 2.200.000 22
1966 2.000.000 26
1967 1.750.000 12
1968 1.766.667 20
1969 1.100.000 47 (ohne Das Gesicht im Dunklen): 20
1971 1.400.000 27
1972 950.000 nicht erhöltlich

Hierbei fällt auf, dass mit Ausnahme des Jahres 1969 (Das Gesicht im Dunklen war halt ein Totalflop) die Jahresplatzierung nicht viel geändert haben. Immmer so um die 20 oszillierend. Das bedeutet, dass die Einspielergebnisse nicht unbedingt schlechter gewesen sein müssen.

Schauen wir uns die Qualität anhand des durchschnittlichen IMDB Wertes an, ergibt sich auch ein klares Bild:

YEAR AV Sales AV Av ImdbScore
1959 3.200.000 40 6,30
1960 2.850.000 30 6,05
1961 2.640.000 25 6,02
1962 2.766.667 20 6,00
1963 2.375.000 14 5,93
1964 1.800.000 26 5,95
1965 2.200.000 22 6,25
1966 2.000.000 26 5,67
1967 1.750.000 12 6,10
1968 1.766.667 20 5,80
1969 1.100.000 47 5,80
1971 1.400.000 27 5,40
1972 950.000 6,50

Viel Vergnügen!

Auch hier bleibt der Wert ziemlich stabil, nur 1971 landet er mit 5,4 auf einem Allzeittief. Die Gialli am Ende ziehe den internationalen Schnitt nach oben.

Fabi88 Offline



Beiträge: 3.905

12.04.2024 11:34
#2 RE: Einspielergebnisse, Kinoplatzierungen und Qualitätsvergleich - ein überraschendes Ergebnis Zitat · Antworten

Ich verstehe ehrlich gesagt Deine Rechnungen überhaupt nicht. Es wirkt stark wie der Versuch sich einzelne (positiv wirkende) Zahlen herauszupicken, um zig Ecken zu denken und andere Zahlen möglichst kompliziert umzudeuten um das Offensichtliche nicht wahrhaben zu wollen.
Kinotickets wurden ja in den Jahren 1959 bis 1972 nicht so gravierend teurer, dass man mit 1,6 Millionen verkauften Tickets genauso viel verdient wie mit 3,2 Millionen Tickets.
Außerdem wurden beispielsweise 1961 mit 5 Wallace-Filmen bei einem Schnitt von 2,6 Millionen Zuschauern insgesamt 13 Millionen Tickets verkauft, weil 1966 aber nur zwei Wallace-Filme produziert wurden, stehen unter dem Strich trotz des guten 2 Millionen-Schnitts dann aber nur 4 Millionen verkaufte Tickets.
Und weil parallel zum sinkenden Zuschauerschnitt (=weniger Einnahmen) durch den Umstieg auf Farbfilm die Negativ-Material-Kosten, ebenso wie alle Kopierprozesse, Szenenbild, Kostüm und Co teurer waren, bekannte Gesichter Geld kosten und so die Herstellungskosten der Wallace-Filme stiegen, hätte man sogar bei hypothetisch gleichbleibenden Zuschauerzahlen jedes Jahr weniger Gewinn gemacht.
Sprich: hätte man 1966 "einfach" 6 Wallace-Filme gedreht und den Zuschauerschnitt von 2 Millionen gehalten, hätte man zwar insgesamt 12 Millionen Tickets verkauft, wäre aber dennoch wegen der höheren Ausgaben weit vom Gewinn (!) des Jahres 1961 entfernt gewesen.
Außerdem zeigte man ja die absolut richtige Reaktion auf den gesunkenen Zuschauerschnitt, in dem man die Schlagzahl senkte. 1961 war Wallace noch neu, ein "Hype" war da, Konkurrenz noch knapp, alle 5 Filme Renner im Kino. 1966 hätte man mit 5 oder 6 Wallace-Filmen den Markt endgültig übersättigt, obwohl beispielsweise die Konkurrenz-Reihen um Mabuse, Bryan Edgar Wallace oder Weinert-Wilton bereits gestoppt waren. Möglich, dass einzelne gelungene Beiträge dank Mundpropaganda nochmals 2 Millionen Zuschauer erreicht hätten, wahrscheinlicher aber, dass die Zahlen im Verlaufe des Jahres komplett Richtung 1 Millionen "abgeschmiert" wären.
Nur mit zwei Filmen und dank der Tatsache, dass die Rialto 1966 wegen der britischen Co-Produktion bei der "Nonne" nicht die kompletten Produktionskosten beider Filme trug, machte das Ganze schon zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch rentabel.
Das Jahr 1967 mit weiter gesunkenen Ticketverkäufen schlug dann wegen der zwei komplett selbst finanzierten Filme sicherlich schon ins Kontor.
Allein "Der Hund von Blackwood Castle" im Folgejahr war dann mit 1,2 Millionen Zuschauern ein Totalflop. Wohlgemerkt nicht etwa allein wegen der Ticketverkäufe (1,2 Millionen sind an sich nicht übel), sondern wegen der investierten Produktionskosten, die als Jubiläumsfilm und mit der Besetzung eher über denen von beispielsweise "Der Bucklige von Soho" lagen. Dass die Rialto dann mitten im Geschäftsjahr den Rotstift ansetzte und "Der Gorilla von Soho" mit einem Minimum an Einsatz realisierte, ist rein betriebswirtschaftlich verständlich, der Reihe an sich aber sicherlich nicht zuträglich gewesen.
Dann einfach "Das Gesicht im Dunkeln" irgendwo aus den Ticketverkäufen herauszurechnen, hilft übrigens erst recht gar nicht, weil der Film ja dennoch Geld gekostet hat. Ich wage sogar zu behaupten, dass "Der Mann mit dem Glasauge" (komplett selbst finanziert) trotz 1,6 Millionen Zuschauern das schlechtere Geschäft für die Rialto war als "Das Gesicht im Dunkeln" (Rialto trug nur 30 Prozent der Produktionskosten), sonst hätte man dieses Prozedere sicherlich auch nicht bei "Nadel" und "Halbmond" wiederholt.

Auch Rechnungen mit irgendwelchen AV Sales-Jahres-End-Charts ergeben in dem Kontext wenig Sinn. Was half es der Rialto, wenn sie beispielsweise im Jahr 1967 auf Platz 12 stand, aber eigentlich gar keiner in diesen "Charts" überhaupt noch nennenswerte Gewinne machte? Die deutsche Kinolandschaft allgemein lag am Boden.
Das lässt sich vergleichen mit den heutigen Musikcharts. Wenn man mit extrem wenigen verkauften CDs schon in den Charts ist, kann man das schwerlich mit Charterfolgen in den 90ern vergleichen, wo Millionen dieser Datenträger über den Tresen gingen. Der Erfolg ist trotz selber "Chart-Position" nicht der selbe.

Auch bei einer Analyse der Qualität würde ich nicht auf Jahres-Durchschnitte setzen und es komplexer angehen.
Wenn man für jedes Jahr den Wallace mit der höchsten und den Wallace mit der niedrigsten durchschnittlichen Bewertung zu Rate zieht, ergibt sich wahrscheinlich an anderes Bild. Nämlich, dass die Zahl der Filme mit guten Bewertungen mit den Jahren abnahm. Für die frühen Jahre ziehen einzelne, eher unbeliebte Filme den Jahresdurchschnitt zwar nach unten, dafür gibt es aber in späteren Jahren kaum noch deutliche Ausschläge nach oben.
Außerdem ist die IMDB eine internationale Datenbank, dementsprechend vorsichtig muss man auch allgemein mit den Wertungen sein. So aussagekräftig sie bei Hitchcock, Wilder und Co (aufgrund der hohen Anzahl der Menschen, die sie gesehen haben) durchaus sind, so wenig Aussagekraft haben die Bewertungen bei kleineren Filmen, die eher national Kultstatus haben. Entweder fallen die Bewertungen dann (bei relativ wenigen Stimmen!) viel zu hoch aus oder eben recht niedrig, weil vor allem im Ausland unterschiedliche Maßstäbe angelegt werden.
Dass beispielsweise "Das Geheimnis der grünen Stecknadel" demnach der "beste Wallace-Film" aller Zeiten wäre, hattest Du ja schon selbst angemerkt.
Warum "Der Hund von Blackwood Castle" bessere Wertungen hat als beispielsweise "Der Fälscher von London" hat dann doch eher simple Gründe. Während der anglo-amerikanische Raum mit großer Kriminalfilmtradition gesegnet war und daher "ernsten" (und von hiesigen Wallace-Fans durchaus hochgeschätzten!) Beiträgen wie "Der rote Kreis" oder "Der Fälscher von London" eher wenig abgewinnen kann (nach dem Motto "haben wir selbst schon besser gemacht"), sind gerade die Amerikaner große Fans von europäischem "Camp". Dort werden dann die "schrägen" Beiträge nach dem Motto "möglichst bunt, möglichst schrille Ideen, möglichst unfreiwillig komische Situationen" am meisten "gefeiert" und entsprechend gut bewertet.
Soweit man Qualität irgendwo an "objektiven" Faktoren festmachen kann, lässt sich aus meiner Sicht durchaus eine Abnahme der selben feststellen. Woran? Während in früheren Wallace-Filmen jeder Film eigene aufwändige Bauten und Requisiten erhielt, drehte man in späteren Filmen immer wieder an den selben Orten, teilweise sogar an "umsonst" verfügbaren Locations wie Wendlandts eigenem Büro und markante Requisiten tauchen teils in direkt aufeinander folgenden Filmen prominent auf. Während es in frühen Filmen immer wieder andere Richtungen gab, neue Regisseure "getestet" wurden und neue Ensembles zusammengestellt wurden, lässt sich später durch "immer Vohrer auf dem Regiestuhl", Fuchsberger, Drache oder Tappert (wer gerade Zeit hat?) und dem Muster "Mordserie, extravagante Mordmethode, alles bunt" eine starke Formellastigkeit feststellen.

Fazit: Die sinkenden Zuschauerzahlen sind definitiv der Grund für die Einstellung der Produktionen gewesen.
Ob dann sinkende Zuschauerzahlen zu sinkender Qualität führten, die sinkende Qualität auch zurückgehende Ticketverkäufe bedingte und ob erfolgreiche andere Filme die Wallace-Produktionen aus dem Zeitplan der Rialto verdrängten ist dann sekundär.
Dass die Rialto mit dem zeitgleich etablierten Konzept "günstige Jungschauspieler in einen Klassenraum stecken" die selben oder gar bessere Zuschauerzahlen erzielte, bei wesentlich geringeren Herstellungskosten, kam ja hinzu. Schließlich kann man rein arbeitszeittechnisch nur eine bestimmte Anzahl an Filmen gleichzeitig produzieren und fokussiert sich dann auf das, wo die Ratio Kosten zu Gewinn am besten ausfällt.

boris brosowski Offline



Beiträge: 24

12.04.2024 12:44
#3 RE: Einspielergebnisse, Kinoplatzierungen und Qualitätsvergleich - ein überraschendes Ergebnis Zitat · Antworten

whatever.

Fabi88 Offline



Beiträge: 3.905

12.04.2024 16:57
#4 RE: Einspielergebnisse, Kinoplatzierungen und Qualitätsvergleich - ein überraschendes Ergebnis Zitat · Antworten

Zitat von boris brosowski im Beitrag #3
whatever.





Etwas mehr könnte man schon drauf eingehen. Immerhin beziehe ich mich ja in den meisten Punkten exakt auf deine Ergebnisse und Recherchen.
Und selbst wenn Du Recht hast: Was ist Dein Schluss? Die Wallace-Filme waren bis 1972 handwerklich, inhaltlich und erfolgstechnisch durchgehend Knaller und Wendlandt beendete aus purer Bosheit die Reihe?

boris brosowski Offline



Beiträge: 24

12.04.2024 18:14
#5 RE: Einspielergebnisse, Kinoplatzierungen und Qualitätsvergleich - ein überraschendes Ergebnis Zitat · Antworten

Na gut.

Die meisten Deiner Aussagen sind schlichtweg falsch, gefühlsorientiert und nicht belegt oder belegbar.

a) Die Ticketpreise für einen Kinogang haben sich laut UNESCO Statistik in den Industrieländern von 1960 auf 1970 um ca 270% erhöht, also stärker als der Rückgang der Zuschauerzahlen. Deine Aussage ist also nicht korrekt.
b) Ein Film wie "Schwarzen Handschuhe" von CCC hatte 700.000 Zuschauer und wurde von Artur Brauner als Sensationserfolg gefeiert. Es wurde sofort ein Folgefilm geordert (Schwarze Katze), daher können die Beteiligungen nicht besonders teuer gewesen sein, der Film hatte ja ähnlich hohe Zuschauerzahlen wie "Gesicht im Dunklen" und gilt als Erfolg. Quelle: Autobiographie von Dario Argento
c) Einen Film gut zu finden ist Geschmackssache, daher denke ich, das eine empirisch relevante Zahl wie die der Cineasten bei IMDB aussagekräftig ist. Man mag darüber streiten ob "Solange" der bessere EW-Film ist, tatsächlich ist "Solange" aber ein sehr, sehr guter Film, der objektiv gesehen (Kamera, Regie, Schauspieler, Drehbuch, Musik) z.B. dem "Frosch" überlegen ist. Wenn man das mal ohne Sentimentalitäten sieht.
d) Dass jemand eigene Bauten benutzt ist kein Kriterium für einen guten Film (das hat ED Wood auch getan).
e) Wenn es so wäre, dass gestiegenen Kosten geringere Einnahmen gegenüber standen, dann hätten ja lt. Deiner Argumentation alle anderen auch aufhören müssen zu produzieren. Meiner Ansicht nach ist eine Simmel-Verfilmung teurer gewesen als eine Wallace Verfilmung, eine Sexklamotte wahrscheinlich billiger. Es geht immer um Aufwand vs. Ertrag oder den ROI. Darüber hinaus hast Du keine konkreten Kosten/Zahlen vorgelegt, daher ist das erst einmal nur daher gesagt.
f) Nur weil irgendwer irgendwas behauptet, muss es ja nicht stimmen und vor allem Schauspieler sind notorisch unwissend, was die betriebswirtschaftlichen Entscheidungen der Filmproduzenten angeht.
g) Ich habe in keiner Weise die Edgar Wallace Filme der Rialto angegriffen, sondern im Gegenteil mein Erstaunen zum Ausdruck gebracht, dass die Reihe endete obwohl es dafür keine objektiven (Jahresendcharts, Qualität, Einspieler in €) nachvollziehbaren Grund gibt. Die Erneuerung mit "Solange" war erfolgreich und "Die Tote aus der Themse" ein Top-20 Film. Betriebswirtschaftlich gesprochen gibt es keinen objektiven Indikator dafür dass die Reihe die Eliminationsphase ihres Lebenszyklus erreicht hätte. Es wurden ja neue Filme mit den vorhandenen Drehbüchern gedreht, nur eben nicht mehr als Wallace verkauft. Wenn man es großzügig auslegt ist der letzte "echte" Edgar Wallace 1978 mit Enigma Rosso gedreht worden.
h) Ich habe "Gesicht im Dunklen" nicht rausgerechnet sondern nur beide Zahlen danebengestellt um zu verdeutlichen, wie sehr der Film einspieltechnisch aus der Reihe tanzt. Wie gesagt er hatte so viele Zuschauer wie der "sehr erfolgreiche" Dario Argento Film.
i) Also was könnte dafür sprechen, sonst aufzuhören?
---- keine Erneuerung der Lizenzrechte, vielleicht wurden die zu teuer
---- neues Steuergesetz 1972, welches "kreative" Filmfinanzierung erschwerte und daher die Geldströme nach (Mafia-)Italien lenkte, bis auch dort der Staat Ende der 70iger durchgriff.
---- Änderung der Eigentümerstruktur und damit Ausrichtung auf neue Geschäftsfelder
---- Die alten Stars wurden vom Fernsehen oder internationalen Produktionen abgeworben oder orientierten sich um oder nahmen Auszeit wg. Depressionen, ein deutsches Studiosystem, das neue Stars aufbauen konnte, war nicht da, so dass es in Zukunft an zugkräftigen Namen fehlen würde

Aber wie gesagt, vom Produktmanagement selber ist nicht wirklich nachvollziehbar, dass die Reihe endete. Sich mit einfachen Antworten zufrieden zu geben ebensowenig.

Fabi88 Offline



Beiträge: 3.905

15.04.2024 16:04
#6 RE: Einspielergebnisse, Kinoplatzierungen und Qualitätsvergleich - ein überraschendes Ergebnis Zitat · Antworten

Zitat von boris brosowski im Beitrag #5
Na gut.

Vielen Dank schon einmal, dass Du Dich nun doch auf eine Diskussion einlässt!

Zitat von boris brosowski im Beitrag #5

Die meisten Deiner Aussagen sind schlichtweg falsch, gefühlsorientiert und nicht belegt oder belegbar.

Du spiegelst ja hier quasi meinen Vorwurf an Dich.
Ich hatte den Eindruck, dass Du gefühlsorientiert bestimmte Statistiken und Zahlen herausgegriffen hast, um das Fazit ziehen zu können, dass es weiterhin Wallace-Kinofilme hätte geben können/müssen.
Meinerseits habe ich versucht ganzheitlicher drauf zu schauen und das nicht wegdiskutierbare Endergebnis (Rialto stellte die Produktion ein) auch mit einzubeziehen. Ein Wirtschaftsunternehmen stellt die Herstellung bestimmter Produkte nur ein, wenn es nicht mehr wirtschaftlich ist oder andere Produkte wesentlich wirtschaftlicher sind. Da kann man Statistiken und Zahlen studieren, so lange man will, das Fazit muss hier immer lauten, die Zuschauerzahlen sind entweder zu stark gesunken oder eben unter die anderer, günstigerer Projekte gefallen. Du ziehst ja nur das Fazit, die Erzählung, sinkendes Zuschauerinteresse wäre der Grund für das Ende der Reihe gewesen, sei falsch. Es fehlt mir aber der alternative Erklärungsansatz! Warum gab es dann 1973, 1974,... keinen Wallace-Film von der Rialto im Kino? Und warum hat kein anderer Produzent bei den Rechten zugegriffen?

Zitat von boris brosowski im Beitrag #5
a) Die Ticketpreise für einen Kinogang haben sich laut UNESCO Statistik in den Industrieländern von 1960 auf 1970 um ca 270% erhöht, also stärker als der Rückgang der Zuschauerzahlen. Deine Aussage ist also nicht korrekt.

Den Punkt gebe ich Dir, auch wenn "Industrieländer" natürlich sehr weit gefasst ist und Länder wie Italien ursprünglich sehr geringe Ticketpreise hatten. Da müsste man nun explizit die Zahlen für Deutschland haben. Außerdem sind hier andere Variablen gar nicht eingerechnet. So stiegen durch Einführung des (Farb-)Fernsehens und daraus folgender Zunahme neuer Werbe-Medien (Trailer im Fernsehen, Entsendung von Schauspielern in Spielshows) und Co natürlich auch die Verleih-Kosten. Der Anteil der Produzenten am Kuchen muss also bei einem Anstieg von Ticketpreisen nicht zwingend mitgewachsen sein.
Man bräuchte eigentlich also Einblick in Rialtos Bücher um zu sehen, wieviel Geld pro verkauftes Ticket 1960 oder 1967 im Endeffekt beim Produzenten landete.
Und, sofern zumindest ein Teil dieser 270 Prozent durch Inflation bedingt war, sind auch die Produktionskosten um einen ähnlichen Faktor gestiegen.

Zitat von boris brosowski im Beitrag #5

b) Ein Film wie "Schwarzen Handschuhe" von CCC hatte 700.000 Zuschauer und wurde von Artur Brauner als Sensationserfolg gefeiert. Es wurde sofort ein Folgefilm geordert (Schwarze Katze), daher können die Beteiligungen nicht besonders teuer gewesen sein, der Film hatte ja ähnlich hohe Zuschauerzahlen wie "Gesicht im Dunklen" und gilt als Erfolg. Quelle: Autobiographie von Dario Argento

Du wiederholst hier doch ganz exakt meinen Punkt! "Handschuhe" und "Gesicht" waren Super-Geschäfte, weil die Zuschauerzahlen gut, aber die Kosten gering waren.
Ich hatte den Eindruck, Du versuchst "Gesicht" aus Deinen Rechnungen zu streichen, um die Gesamtergebnisse zu "beschönigen" und Argumente dafür zu liefern, dass komplett selbst in Deutschland produzierte Wallace-Filme weiterhin lohnend gewesen wären. Du nanntest ihn ja auch einen "Totalflop" um jetzt komplett zurück zu rudern!
Ich habe meinerseits nur darauf hingewiesen, dass "Gesicht" wahrscheinlich sogar das bessere Geschäft als "Glasauge", ergo "nur das Siegel auf mehr oder minder fertige ausländische Produktion zu kleben" lukrativer als Eigenproduktionen nach selbst beauftragten Drehbüchern war.

Es gibt hier auch ein ganz eklatantes Missverständnis, was "Co-Produzent" in der Praxis bedeutet!
Das Drehbuch und die inhaltliche Ausrichtung stammt IMMER vom Hauptproduzenten. Soll heißen: bei den italienischen Produktionen, bei denen Rialto, cCc oder sonstwer als Ko-Produzent auftraten, lag das Drehbuch längst fertig vor, der Einstieg erfolgte erst in der Phase der Finanzierung und Umsetzung (!), man hatte folglich also maximal Mitspracherecht bei Besetzung und Drehortsuche. Der Zeitpunkt, hier noch Wallace-Drehbücher zuzuliefern oder auch nur Wallace-Elemente inhaltlich einzubringen war längst vorbei!
Soll heißen: Salvatore Argento war 1969 mit seiner neuen Seda Spettacoli auf der Suche nach Geldgebern für den Debütfilm seines Sohnes und Brauner schlug zu, weil er entweder einfach beim Lesen des Exposés nur das Potential des Filmes an sich erkannte oder vielleicht schon daran dachte, man könne ihn in Deutschland als Wallace-Film vermarkten. Es war aber nicht anders herum, dass Brauner auch nur irgendwie in der Position war, der Seda Spettacoli Handlungselemente zu diktieren.
Dieser Film hat ja nun einmal auch so richtig 0,0 mit dem zu tun, wofür die Wallace-Filme 1968 standen. Keinerlei Handlungselemente, egal ob typisch für die klassischen oder auch auch nur die späten reißerisch-farbigen Wallace-Filme finden sich hier wieder. Man sieht vielmehr drei Quellen: Mario Bavas Einfluss, Hitchcock-Elemente und ganz entfernt vielleicht noch die Romanvorlage von Fredric Brown, die ja sogar der italienische Verleih nannte. Bryan Edgar Wallace wurde exklusiv in Deutschland auf die Plakate gedruckt.
Brauner hat also auch keinen Folge-Film "geordert", sondern sich nur bereit erklärt, auch zu Argentos folgendem Film etwas Geld beizutragen. Dieser Film ("neunschwänzige Katze") wäre auch ohne Brauner (und das exklusiv in Deutschland verwendete Wallace-Siegel) zumindest inhaltlich der selbe gewesen. Es wäre nur ein anderer (nicht einmal zwingend deutscher) Co-Produzent eingestiegen, bzw. Werner Pochaths und Horst Franks Rollen wären wohl einfach mit italienischen Schauspielern besetzt worden.
Außerdem stellte Brauner (bzw. die Verleiher) ja allerspätestens mit "Das Geheimnis des gelben Grabes", vielleicht schon bei "Der Todesrächer von Soho" selbst fest, dass "Handschuhe" und "neunschwänzige Katze" nicht DANK, sondern eher TROTZ Bryan Edgar Wallace-Siegel erfolgreich gewesen waren. Der Etikettenschwindel (bei "Handschuhe" und "Katze") war ja schon damals offensichtlich, die guten Kritiken und Mundpropaganda sorgten aber für hohe Zuschauerzahlen.
Interessant wäre es hier von jemandem mit echtem Einblick zu hören, ob "Vier Fliegen auf grauem Samt" ohne Wallace-Siegel wesentlich weniger Zuschauer hatte als die ersten beiden Argentos MIT Wallace-Siegel. Ich würde vermuten, nein - auch, weil zu diesem Zeitpunkt längst auch außerhalb Europas der Name "Argento" ein Siegel für sich war.
"Der Todesrächer von Soho" hat dann ja plötzlich wieder ein (altes) Wallace-Drehbuch als Basis, nur eben sehr günstig in Portugal produziert. Für den letzten Film schoss Brauner dann nur noch einer regulären Giallo-Produktion etwas Geld zu und ließ die Cinerama das Bryan Edgar Wallace-Siegel nutzen. Da ist dann aber auch nicht einmal mehr mit gutem Willen irgendwo Wallace drin.
Letztlich werden die (sich in der Endphase der BEW-Reihe quasi die Klinke in die Hand gebenden, diversen) Verleiher zum Schluss gekommen sein, dass die Lizenzkostenzahlungen an Bryan Edgar Wallace es nicht (mehr) wert waren und die Einspielergebnisse der italienischen Gialli (die ja teils weiterhin deutsche Co-Produktionen waren) ohne Wallace-Siegel die selben oder gar bessere waren.

Zitat von boris brosowski im Beitrag #5

c) Einen Film gut zu finden ist Geschmackssache, daher denke ich, das eine empirisch relevante Zahl wie die der Cineasten bei IMDB aussagekräftig ist. Man mag darüber streiten ob "Solange" der bessere EW-Film ist, tatsächlich ist "Solange" aber ein sehr, sehr guter Film, der objektiv gesehen (Kamera, Regie, Schauspieler, Drehbuch, Musik) z.B. dem "Frosch" überlegen ist. Wenn man das mal ohne Sentimentalitäten sieht.

Gerade diese "relevante" Zahl meinte ich aber ja. Ich nutze die IMDB selbst viel und häufig sind die Zahlen (vor allem bei älteren US-Filmen) sehr repräsentativ. Aktuelle Blockbuster sind hingegen oft weit überbewertet, was sich dann immer erst nach Jahren und TV-Auswertung, Streaming und Co normalisiert.
Bei einigen Filmen wie "Das Verrätertor" sprechen wir bei der IMDB aber nur von etwa 400 (weltweit!) abgegebenen Wertungen. Das ist eben empirisch eine eher wacklige Zahl. Deswegen habe ich ja den Vergleich zu Billy Wilder und Co gezogen. Dort gibt es eine solch hohe Anzahl an Wertungen, dass man von einem Querschnitt sprechen kann. Bei 400-500 Wertungen sind stark subjektive Färbungen möglich, also beispielsweise viele Amerikaner, die von den bunten Exemplaren wie "Der Bucklige von Soho" angefixt wurden und dann natürlich von so etwas eher Ernstem wie "Das Verrätertor" enttäuscht sind. Und das sage ich als jemand, der "Das Verrätertor" für einen der schwächsten Wallace-Filme hält!

Außerdem ist es für eine Bewertung aus Sicht der Rialto im jeweiligen damaligen Geschäftsjahr völlig irrelevant, ob 2024 ein Film plötzlich gute Wertungen aus Irland und der Slowakei erhält. Nicht selten werden Filme erst 40-50 Jahre später "wiederentdeckt" oder plötzlich zum Kult erklärt. Anders herum werden frühere Geheimtipps auch zu Unrecht vergessen. Beides hat aber natürlich im Jahr der Erstauswertung im Kino keinerlei Einfluss auf Produktionsentscheidungen.
Wenn man hier einen Punkt machen will, sollte man auf die Rückmeldungen der Kinos aus dem Jahr der Kinoauswertung schauen, beispielsweise die Echo-Note oder Wertungen in Lokalzeitungen oder gar des Feuilletons, die damals sicherlich Einfluss auf die Entscheidung der Zuschauer, ob sie in den Film gehen oder nicht, genommen haben. Da schneidet ein Film wie "Der Gorilla von Soho" (zumindest bezogen auf die Echo-Note) erschreckenderweise gar besser ab, als er es im heutigen Rückblick tut. Allgemein waren die Publikums-Rückmeldungen aber eher negativ und auch mit diversen Richtungs-Wechseln im Stil änderte es sich nicht.
Rückblickend finde ich es gar nicht schwer nachzuvollziehen, wie "altbacken" Wallace-Filme wie "Der Hund von Blackwood Castle" auf die Zuschauer gewirkt haben müssen, die am Tag zuvor noch "Rosemary's Baby", "Die Reifeprüfung" oder "2001: A Space Odyssey" gesehen haben. Ja, Budget-technisch hinkt der Vergleich zu amerikanischen Großproduktionen, aber es geht mir um Thematik, Gesellschaftsentwicklungen sowie Figuren mit denen man sich identifizieren kann. Da fällt für einen damaligen Studenten (oder die Studentin) eine Identifikation mit einem 41jährigen Inspektor trotz Kaugummi-Kau-Exzess (Fuchsberger im "Banne") oder irgendwelchen britischen Millionenerbinnen zunehmend schwerer.
Heute schätzen wir die Wallace-Filme doch auch für ihren Retro-Charme (der damals natürlich fehlte) und nicht, weil wir ernsthaft mit den Figuren mitfiebern, oder?
Für die ganz jungen Zuschauer schickte man in den späten 60ern, frühen 70ern einfach Schüler-Filme ins Rennen, die älteren bekamen nackte Tatsachen zu sehen. Und "dank" Oberhausener Manifest kam dann simultan noch (mehr oder weniger) Anspruchsvolles auf die Leinwand.
Der Krimi dominierte ja auch das deutsche Fernsehen - die Konkurrenz kam nicht nur aus dem Kino. Zumindest ich sehe zwischen "Die Tote aus der Themse" und zeitgleich produzierten TV-Krimis nur noch sehr wenige Unterschiede. Dass viele potentielle Zuschauer dann kein Kinoticket mehr lösten, sondern sich einen "Kressin"-Tatort oder Ähnliches "umsonst" auf dem Sofa anschauten, ist nicht völlig unverständlich.
Den gesellschaftlichen Entwicklungen trug Wendlandt ja dann mit Drogen-Thematik oder verruchteren Settings beispielsweise im "Mann mit dem Glasauge" Rechnung, allerdings darf man dann darüber streiten, in wie weit dort noch zwingend "Wallace" drauf stehen muss. Ähnliche Filme sind dann ja zeitgleich mit "Der Arzt von St. Pauli" und Co in Hamburg angesiedelt worden - nicht weniger "weltfremd" als Wallace, aber doch irgendwie zeitgemäßer und durch die lokale Nähe auch für den deutschen Zuschauer nachvollziehbarer.

Zitat von boris brosowski im Beitrag #5

d) Dass jemand eigene Bauten benutzt ist kein Kriterium für einen guten Film (das hat ED Wood auch getan).

Mein Punkt war nicht, dass Filme mit eigenen Bauten die besseren Filme sind. Mein Punkt war, dass es ein Zeichen für Einsparungen (und somit eben oft Qualitätssenkung) ist, wenn eine Filmreihe, die ihre Fantasiewelt (ein Märchen-England aus deutscher Sicht) lange Zeit durch Bauten zum Leben erweckt, diese zunehmend unterlässt, einfacher gestaltet oder mehrfach nutzt und vermehrt "vor der Haustür" oder zumindest an bereits mehrfach abgelichteten Orten dreht. Vor allem Requisiten wurden in späteren Wallace-Filmen ja gefühlt nur "einen Meter weiter" gestellt und wieder benutzt, während man sich in früheren Jahren noch für jeden Film etwas Neues überlegte. Man vergleiche auch mal die Polizeieinsätze in frühen Wallace-Filmen oder auch gern noch in "Der unheimliche Mönch" mit späteren Filmen, wo es im Prinzip nur noch einen (immer gleichen) Polizeiwagen gab, der irgendwann ins Bild rollte, damit es ein wenig Blaulicht gibt und die Verhaftung vorgenommen wird.

Zitat von boris brosowski im Beitrag #5

e) Wenn es so wäre, dass gestiegenen Kosten geringere Einnahmen gegenüber standen, dann hätten ja lt. Deiner Argumentation alle anderen auch aufhören müssen zu produzieren. Meiner Ansicht nach ist eine Simmel-Verfilmung teurer gewesen als eine Wallace Verfilmung, eine Sexklamotte wahrscheinlich billiger. Es geht immer um Aufwand vs. Ertrag oder den ROI. Darüber hinaus hast Du keine konkreten Kosten/Zahlen vorgelegt, daher ist das erst einmal nur daher gesagt.

Ich hatte die gestiegenen Kosten nur auf Wallace und hier ganz stark auf den Umstieg von Schwarz-weiß zu Farbe bezogen! Simmel und Sex-Klamotten wurden neu gestartet, waren immer in Farbe und wurden von Beginn an (meist) sparsam geplant. Bei Wallace wurden nach und nach bestimmte Faktoren hochgefahren (man denke an die Ultra-Scope-Phase oder bestimmte hochkarätige Besetzungen!) und dann wieder heruntergefahren (Rückkehr zu 1,66:1). Der Umstieg auf Farbfilm hat dann auf jeden Fall viel gekostet, war aber nötig.
Und nun ja, es haben ja tatsächlich sehr viele aufgehört zu produzieren. Es ist ja nicht so, dass in jenen Jahren nur neue Produktionsfirmen aus dem Boden sprossen und niemand aufgab. Ein paar größere Firmen (wie eben die Rialto) überlebten, aber selbst diese fuhren die Anzahl der Projekte zurück.
Dass die Simmel-Verfilmungen teurer gewesen sein sollen als Wallace-Filme, müsste man nun tatsächlich mit Zahlen untermauern. Angesichts von häufiger Handkamera, vielen Drehs "On Location", weniger Studio, wesentlich weniger gestalterischer Lichtsetzung, der nicht nötigen "Maskierung" deutscher Drehorte als englische Straßen, fehlender Anmietung ganzer Schlösser, usw. wäre ich mir da nicht so sicher. "Jimmy ging zum Regenbogen" und "Der Stoff aus dem die Träume sind" kosteten (laut Joachim Kramp hier im Forum an anderer Stelle) etwa 1,4 Millionen Mark. Man müsste hier aber dann mit projizierten Zahlen arbeiten. Also quasi die Budgets der 68er-Wallace-Filme mit Inflation auf 1971/1972 hochrechnen und dann mit den Simmel-Filmen vergleichen.
Außerdem sprechen wir bei Simmel von einer Reihe von insgesamt sieben Filmen, die nur 1971 und 1973 zwei, ansonsten bis 1975 nur einen Film pro Jahr brachte und dann auch schon wieder vorbei war. 1976 wurde "Lieb Vaterland magst ruhig sein" ja nicht mehr von Waldleitner und der Roxy, sondern von Eichinger produziert.
"Alle Menschen werden Brüder" war 1973 beispielsweise finanziell übrigens (laut Kramp) kein Erfolg und "Die Antwort kennt nur der Wind" (1974) und "Bis zur bitteren Neige" (1975) kosteten jeweils über 2 Millionen Mark, die Reihe war aber nach Letzterem dann auch schon zu Ende. Hier gab es also nachweisbar steigende Produktionskosten, die allerdings bei "Antwort" auch an internationalen Drehorten gelegen haben dürften und bei "Neige" zusätzlich von einer weiteren deutschen und einer österreichischen Produktionsfirma mitgetragen wurden. Wären die Filme trotz hoher Kosten absolute Publikumserfolge gewesen (sprich erfolgreicher als die vorigen, günstigeren Filme) wäre es ganz sicher weitergegangen.

Zitat von boris brosowski im Beitrag #5

f) Nur weil irgendwer irgendwas behauptet, muss es ja nicht stimmen und vor allem Schauspieler sind notorisch unwissend, was die betriebswirtschaftlichen Entscheidungen der Filmproduzenten angeht.

Hier musst Du mir noch einmal auf die Sprünge helfen. Wo habe ich "Behauptungen" zitiert und vor allem, wo habe ich Schauspieler in Verbindung zu betriebswirtschaftlichen Entscheidungen gebracht?

Zitat von boris brosowski im Beitrag #5

g) Ich habe in keiner Weise die Edgar Wallace Filme der Rialto angegriffen, sondern im Gegenteil mein Erstaunen zum Ausdruck gebracht, dass die Reihe endete obwohl es dafür keine objektiven (Jahresendcharts, Qualität, Einspieler in €) nachvollziehbaren Grund gibt. Die Erneuerung mit "Solange" war erfolgreich und "Die Tote aus der Themse" ein Top-20 Film. Betriebswirtschaftlich gesprochen gibt es keinen objektiven Indikator dafür dass die Reihe die Eliminationsphase ihres Lebenszyklus erreicht hätte. Es wurden ja neue Filme mit den vorhandenen Drehbüchern gedreht, nur eben nicht mehr als Wallace verkauft. Wenn man es großzügig auslegt ist der letzte "echte" Edgar Wallace 1978 mit Enigma Rosso gedreht worden.

Da drehen wir uns im Kreis. Deine Belege sind sehr subjektiv ausgewählt. Die Jahresendcharts, IMDB-Durchschnittsbewertungen und Einspielergebnisse in Euro beziehen spätere Entwicklungen (TV-Auswertungen, DVD-Verkäufe, Wiederentdeckungen im Ausland in neuem Kontext, Streaming,...) mit ein. Zum Zeitpunkt der Produktion mussten die Filme an der Kinokasse ihr Geld einspielen, bzw. Gewinne machen. Zukünftige Einnahmen durch Kabel1-Ausstrahlungen oder Streaming hatte niemand im Kopf.
Es ist an genügend Stellen belegt (oft durch Joachim Kramp, der Zugang zu Rialto-Unterlagen hatte), dass Wendlandt die Reihe angesichts sinkender Gewinne und zunehmend schlechterer Publikumsakzeptanz einstellte. Auf die 68er-Generation wirkten die Wallace-Filme nicht mehr modern, bzw. jede Modernisierung verprellte ihrerseits die "alten" Wallace-Fans.
Gialli wie "Vier Fliegen auf grauem Samt" oder "Ein schwarzer Tag für den Widder" waren sicher für sich genommen, ganz ohne irgendwelche "Wallace-Siegel" auch in Deutschland erfolgreich. Warum also noch Geld für Lizenzen zahlen, bzw. moderne, eigenständige Filme durch eine Marke, die eher für schwarz-weiße "Opas Kino"-Vertreter steht (die Filme liefen zu dieser Zeit ja auch schon nach und nach erstmals als Wiederholungen im TV!) in ein falsches Licht rücken, das im schlimmsten Falle eher sogar potentielle Zuschauer abschreckt?
Und welche "neuen Filme" wurden denn mit den vorhandenen Drehbüchern gedreht? Arthur Brauner hat bei "Orgie des Todes" ein paar Mark als Co-Produzent reingesteckt, aber soll dann ein Drehbuch aus Horst Wendlandts Schublade an die italienischen Kollegen weitergeleitet haben? Das ist doch hanebüchen!
Zumal man ja zumindest in Deutschland dann rein juristisch und auch aus Werbezwecken kaum auf die Nennung Reineckers oder Hengges verzichtet hätte. Das Buch stammt von Franco Ferrini und Miguel De Echarri, Peter Berling wird ebenfalls noch genannt. Und auch der ursprünglich als Regisseur vorgesehene Massimo Dellamano dürfte noch Anteile gehabt haben. Nur, weil der Film wie der "Der Mönch mit der Peitsche" in einem Internat spielt, soll hier ein Wallace-Drehbuch die Basis gebildet haben? Die Ähnlichkeiten zu "Das Geheimnis der grünen Stecknadel" (der wahrscheinlich kein einziges Wort aus Reineckers gleichnamigen Script nutzte!) und "Der Tod trägt schwarzes Leder" (der zu keinem Zeitpunkt als Wallace geplant war) sind wesentlich größer als zu den Büchern, die Wendlandt realistisch gesehen 1967/68 noch für Wallace-Projekte in Auftrag gegeben haben könnte.
Bei dem gern als "33. Rialto-Wallace" genannten "Das Messer" gab es zwar Überlegungen, ihn als "Das Geheimnis der Schwarzen Rose" in deutsche Kinos zu bringen, aber die Constantin und Rialto zogen sich nach eingehender Prüfung des Drehbuchs (!) aus dem Projekt zurück. Sprich: das Projekt lief, das Drehbuch war fertig, die Rialto und Constantin wollten Geld zuschießen um den Film in Deutschland als Wallace zu vermarkten, entschieden sich dann aber dagegen. Auch hier also: Kein Wallace-Drehbuch!
Das Original-Buch zu "Der Gorilla von Soho", die Urfassungen von "Das Geheimnis der grünen Stecknadel" oder "Die blaue Hand" und andere Projekte wie "Der Engel des Schreckens" sind in den Rialto-Schubalden verschwunden. Wenn Reinecker, Hengge und Co noch irgendwas mit den Figuren, Handlungselementen oder Plots angefangen haben, dann in ihren TV-Krimis, nicht in italienischen Produktionen.

Zitat von boris brosowski im Beitrag #5

h) Ich habe "Gesicht im Dunklen" nicht rausgerechnet sondern nur beide Zahlen danebengestellt um zu verdeutlichen, wie sehr der Film einspieltechnisch aus der Reihe tanzt. Wie gesagt er hatte so viele Zuschauer wie der "sehr erfolgreiche" Dario Argento Film.

Dann habe ich Dich hier falsch verstanden, Sorry! Auch wegen dem Ausdruck "Totalflop" dachte ich, du würdest sowohl den Film nicht schätzen als auch sein wirtschaftliches Ergebnis missverstehen.

Zitat von boris brosowski im Beitrag #5

i) Also was könnte dafür sprechen, sonst aufzuhören?
---- keine Erneuerung der Lizenzrechte, vielleicht wurden die zu teuer

Buchrechte werden immer für recht lange Zeiträume lizensiert, Brauner konnte ja beispielsweise noch 1972 seine Anfang der 60er (gemeinsam mit "Der Fluch der gelben Schlange") erworbene Lizenz an "Der Teufel kam aus Akasava" nutzen. Da die Rialto-Reihe 1965/66 noch richtig erfolgreich war, wird man sich da noch abgesichert haben, dass die Rechte nicht schon in 2-3 Jahren ablaufen. Also müsste die Rialto auch in den 70ern noch Rechte (zumindest an bestimmten) Wallace-Bürchern gehabt, sich jedoch entschieden haben damit Nichts mehr zu machen. Der Rialto wurde ja sogar die Erlaubnis gegeben freie Titel zu verwenden, auch dies wird nicht für jeden Film einzeln verhandelt worden sein.
Zitat von boris brosowski im Beitrag #5

---- neues Steuergesetz 1972, welches "kreative" Filmfinanzierung erschwerte und daher die Geldströme nach (Mafia-)Italien lenkte, bis auch dort der Staat Ende der 70iger durchgriff.

Die Rialto dürfte mit "kreativer" Filmfinanzierung Nichts zu tun gehabt haben. Sie war dank der Wallace und May-Erfolge Kapital-stark genug auch teure Experimente wie "Warezimmer zum Jenseits" zu starten und gerade das Konstrukt mit der Constantin war sehr bodenständig und sicherte den Wallace-Filmen bis zuletzt den Vertrieb. Richtig ist aber, dass Wendlandt sich nicht nur bei Wallace vermehrt an italienischen Produktionen beteiligte, wie 1973 an "Mein Name ist Nobody".
Zitat von boris brosowski im Beitrag #5

---- Änderung der Eigentümerstruktur und damit Ausrichtung auf neue Geschäftsfelder

Gab es in dieser Form nicht bei der Rialto, bzw. der Rückzug von Preben Philipsen erfolgte erst 1976, als die Entscheidung gegen Wallace längst gefallen war. Die Gründung des Tobis-Filmverleih durch Wendlandt führte auch nicht etwa zur Einstellung der Produktionstätigkeit bei der Rialto - sie diente eher dazu "Alles in einer Hand" zu halten. In der Theorie wäre es also sogar noch einfacher gewesen einen weiteren Wallace von der Idee bis in die Kinos aus eigener Hand zu bringen.
Achtung, steile These von mir: Die Einstellung der Wallace-Reihe durch die Rialto könnte auch (mit) darin begründet liegen, dass in den 70ern die zweite Einnahme-Welle startete. Man wollte die TV-Rechte an "Gasthaus an der Themse" und Co natürlich möglichst teuer an die Sender verkaufen und dem wäre sowohl laufende Konkurrenz durch weitere Kinofilme als auch eine "Beschädigung" der Marke nicht zuträglich gewesen. Man lese nur noch einmal zeitgenössische Kritiken zu den letzten beiden Gialli, nicht wenige waren von "spekulativem Sex" (Filmecho) und Ähnlichem bei Wallace eher enttäuscht.
Zitat von boris brosowski im Beitrag #5

---- Die alten Stars wurden vom Fernsehen oder internationalen Produktionen abgeworben oder orientierten sich um oder nahmen Auszeit wg. Depressionen, ein deutsches Studiosystem, das neue Stars aufbauen konnte, war nicht da, so dass es in Zukunft an zugkräftigen Namen fehlen würde

Es ist genau anders herum. Heute mögen Netflix und Co mit hohen Gagen locken, damals verdienten Schauspieler im Kino mehr, Fernsehen war "zweite Klasse". Vielleicht unter dem Strich manchmal lohnenswerter weil weniger Drehtage und kürzere Pausen zwischen den Engagements bzw. Planungssicherheit bei Serien-Rollen, aber eine Kino-Hauptrolle war noch lukrativer. Nur wenige Wallace-Schauspieler durften im Ausland ran und wenn dann eher als "Beigaben" der deutschen Co-Produzenten für wenige Drehtage. Fuchsberger nahm sich ja keine Auszeit. Zwischen "Sieben Tage Frist", "Schreie in der Nacht" oder "Das Mädchen von Hongkong" wäre sicherlich auch noch Zeit für einen (im Endeffekt inhaltlich ja nicht großartig anderen) Wallace-Film gewesen.
Und die Namen, die man heute mit Wallace verbindet, sind ja nicht von einem "deutschen Studiosystem" aufgebaut worden, das es in dieser Form nicht gab, sondern sie wurde von der Constantin und Rialto selbst aufgebaut. Fuchsberger wurde trotz vorheriger Kinorollen mit "Der Frosch mit der Maske" erst richtig bekannt, Eddi Arent verdankt den Wallace-Filmen seine komplette Karriere, auch Kinski konnte sich hier profilieren.
Die Rialto hätte also genau dies wiederholen müssen, was sie ja auch durchaus versuchte. Uschi Glas, Fritz Wepper und andere sind ja schon eine neue Generation gewesen - mit Ilse Pagé, Uwe Friedrichsen oder Stefan Behrens versuchte man neue komische Sidekicks zu etablieren. Ausgerechnet im letzten (deutschen) Wallace "Die Tote aus der Themse" gab Felmy noch sein Edgar Wallace-Debüt.
Es hätte ja Nichts dagegen gesprochen mit völlig unverbrauchten Gesichtern (als Anker vielleicht noch Fuchsberger als Sir Bryan Edgar [Higgins]) unter jungen Regie-Talenten einen Neustart zu wagen. Aber da gab es wohl damals kein ansprechendendes Konzept, das Constantin und Rialto überzeugte.
Zitat von boris brosowski im Beitrag #5

Aber wie gesagt, vom Produktmanagement selber ist nicht wirklich nachvollziehbar, dass die Reihe endete. Sich mit einfachen Antworten zufrieden zu geben ebensowenig.


Diese einfachen Antworten habe ich ja auch nicht gesucht. Allerdings stammte die Verkürzung "Wallace-Filme waren auch noch 1972 absolute Erfolge" ja von Dir und ist zumindest streitbar.

Fazit: Das Ende der Reihe hatte viele sehr nachvollziehbare Gründe:
1. Übersättigung des Publikums (2-3 Wallace-Filme im Jahr, tausend Krimis im Fernsehen, Wallace-Klassiker auch noch parallel als Wiederholungen mit tollen Quoten im TV)
2. Gestiegene Produktionskosten (um gegenüber "Tatort" und Co als Krimi was zu bieten, braucht es Schauwerte oder große Namen, das kostet!)
3. Durch günstige Co-Produktionen oder Klassenkeile-Filme waren einfacher die selben Einnahmen, aber höhere Gewinne zu erzielen
4. Durch die Co-Produktionen von "Mein Name ist Nobody" und Co, sowie die Realisierung von Herzensprojekten wie "Die Herren mit der weißen Weste" gab es bei der Rialto nur wenig Kapazitäten
5. Der Constantin-Verleih kam in den 70ern finanziell in Schwierigkeiten, in wieweit der Wallace-Rahmenvertrag dadurch vielleicht sogar blockiert wurde, weiß ich nicht

Die meisten dieser Punkte gehen aber ja nun einmal mit den Zuschauerzahlen einher.

Wir sind ja am Ende wohl alle traurig darüber, dass es nicht mehr Wallace-Filme gibt!
Und ich schätze zum Beispiel die "St. Pauli"-Filme von Rolf Olsen sehr und kann mir durchaus vorstellen, das so etwas auch weiterhin in Soho mit charismatischen Tenchcoat-Inspektoren hätte angesiedelt werden können.
Auch fallen mir zig Gesichter ein, die ich damals gern (weiter) in "modernen" Wallace-Filmen gesehen hätte.
Aber die wirtschaftliche Entscheidung war nachvollziehbar und die Entfernung von dem, was Wallace einst ausmachte wäre immer eklatanter gewesen.
Schon "Die Tote aus der Themse" ist für mich kein Film mehr, der mir irgendwie besonders am Herzen liegt.
Und der wahrscheinlichste Weg wäre vielmehr gewesen, dass "Das Messer" einfach nur ein Edgar Wallace-Plakat bekommen hätte und Filme wie "Haus der tödlichen Sünden" oder "Autopsie - Hospital der lebenden Leichen" (wenn man die "Stecknadel"-Produzenten einmal als Beispiel nimmt) in Deutschland zu Wallace-Filmen umfirmiert worden wären. In diesem Falle hätte es uns ja keine Filme gebracht, die nicht auch so realisiert wurden.

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