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Dieses Thema hat 3 Antworten
und wurde 306 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker national
Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

30.09.2018 14:19
Der Fall X 701 (1964) Zitat · Antworten

BEWERTET: "Der Fall X 701" (Frozen Alive) (Deutschland 1964)
mit: Mark Stevens, Marianne Koch, Delphi Lawrence, Joachim Hansen, Walter Rilla, Helmut Weiss, John Longden, Wolfgang Lukschy, Sigurd Lohde, Wolfgang Gunther u.a. | Drehbuch: Evelyn Frazer | Regie: Bernard Knowles

Der amerikanische Wissenschaftler Dr. Overton und seine deutsche Kollegin Dr. Helen Wieland forschen an der Möglichkeit, Lebewesen für einen längeren Zeitraum einzufrieren, um dadurch Krankheiten besser behandeln zu können. Bisher führten sie ihre Experimente an Schimpansen durch, bald soll der erste Versuch an einem Menschen erfolgen. Overtons Frau Joan hat seit längerer Zeit ein Verhältnis mit dem Journalisten Stein und sieht sich durch den Vorschlag ihres Mannes, aufs Land zu ziehen, in die Enge getrieben. Der Wissenschaftler, der den Einspruch des Instituts fürchtet, entschließt sich, das Experiment an sich selbst vorzunehmen. Währenddessen erhält seine Kollegin die Nachricht, dass Overtons Frau erschossen aufgefunden wurde....



"Dort, wo das Leben zum Stillstand gekommen ist, spielt Zeit keine Rolle."

Ebenso ambitioniert wie die Arbeit der beiden Wissenschaftler präsentiert sich die relativ unbekannte deutsche Produktion "Der Fall X701", die zwar in englischer Sprache und mit internationaler Besetzung gedreht wurde, jedoch keine Co-Produktion darstellt, wie oft vermerkt wird. Die oft kritisierte gefühlte Langeweile resultiert in den Augen des unzufriedenen Betrachters wohl aus der Mischung von Science-Fiction-Elementen, Ehedrama und Krimiversatzstücken, die in ihrer Zusammensetzung nicht immer überzeugen. So liegt der Fokus streckenweise auf dem Katz- und Mausspiel, das die Gattin des Wissenschaftlers treibt. Der Film schweift zu oft zu Mrs. Overtons Eskapaden ab, betont ihre emotionale Desorientierung und verharrt lange auf ihren peinlichen Ausfällen, die viel Energie binden, die der Stoff an anderer Stelle nötig hätte. Das lebensgefährliche Experiment, auf welches das Publikum lange warten muss, läuft erst in der letzten Viertelstunde zur Höchstform auf und treibt die Spannung ins Unermessliche. Die Idee, durch längerfristiges Herunterfahren aller Körperfunktionen mittels Einfrieren des Subjekts, medizinische Fortschritte zu erlangen, ist kühn, jedoch nicht abwegig, wird allerdings dramatisch unzureichend inszeniert. Die statische Darbietung am "gläsernen Sarg", in den sich Dr. Overton freiwillig einschließen lässt, ist wohl im Sinne der Wissenschaft um Korrektheit bemüht, versäumt es jedoch, durch spannungsfördernde Schnitte bzw. den Einsatz von dynamischer Musik Intensität zu vermitteln. Immer, wenn die Atmosphäre sich zuspitzt, wird sie durch melodramatische Szenen aus dem privaten Bereich des Forschers unterbrochen.

Wie bei vielen anderen Filmen auch, sind es hier vor allem die Schauspieler, deren kontrastreiche Performance einen Blick lohnen. Marianne Koch überzeugt einmal mehr durch ihre patente und zielstrebige Darstellung einer Medizinerin, eine Rolle, die ihr bis zum heutigen Tage am Herzen liegt. Die Anlage ihrer Rolle als handfeste, positive Figur steht von Beginn an im Gegensatz zur extravaganten Forschergattin, wie sie Delphi Lawrence verkörpert. Hochprozentiges in der einen, Zigarette in der anderen Hand, trägt sie eine kultivierte Gleichgültigkeit zur Schau, die nur Fassade ist. Das betont lebhafte Spiel von Marianne Koch hebt sich damit von der sich zunächst unnahbar gebenden Delphi Lawrence ab. Letztendlich schließt sich hier der Kreis, denn Mark Stevens als Dr. Overton erträgt die hitzigen Diskussionen und schroffen Einwände seiner Frau schon länger nicht mehr und fühlt sich in Gegenwart seiner gleichgesinnten Kollegin weitaus entspannter. Die Vertrauensbasis zwischen den beiden ist so groß, dass Overton sich unbesorgt auf das Experiment einlässt, bei dem sich Helen beinahe zur Herrin über Leben und Tod erhebt, als einer der Beamten voreilig von einem Strafmaß spricht, das irreversibel ist und den Dilettantismus betont, mit dem "Der Fall X 701" nur halbherzig zum Kriminalfall gemacht wird. Das Drehbuch will sich nicht festlegen, in welche Richtung die Reise gehen soll. Der Zuschauer sollte sich deshalb keinen Kriminalfall erwarten, sondern eine Mischung aus verschiedenen Genres, wie es bei den späten Dr.-Mabuse-Filmen der Fall ist. Man merkt den Reichtum an Einfällen, doch ist es am Ende stets ein Wagnis, alles unter einen Hut bringen zu wollen, ohne dabei Teile der Handlung zu vernachlässigen.

Mark Stevens spielt solide und pragmatisch, ein unauffälliger Held der Geschichte, der gelernt hat, anderen das Rampenlicht zu überlassen. Er nimmt sich in seinem Spiel zurück und inszeniert seinen Wissenschaftler nicht als ehrgeizigen Draufgänger, sondern als Beauftragten der Forschung, der sein Bestes gibt, um Ergebnisse zu liefern. Walter Rilla, auf dessen markantes Timbre man leider in der deutschen Fassung verzichten muss, zeigt erneut eine Interpretation zwischen kühler Beherrschung, höflicher Aufmerksamkeit und rigorosem Widerstand gegen unliebsame Abweichungen von seinem Standpunkt. Da man seine teuflische Interpretation des Professor Pohland kennt, kreisen die Gedanken unwillkürlich um die Frage, welchen Fanatismus er wohl in der Rolle des Dr. Overton zu Tage gefördert hätte und inwiefern sich das Kräftemessen mit den Erwartungen der Öffentlichkeit und der Zurückhaltung der Institutsleitung zu einem psychologisch spannenden Duell entwickelt hätte. Wolfgang Lukschys Auftritt ist zu kurz, um sich zu profilieren. Sein Polizeibeamter ist barsch, routiniert und ohne besondere Kennzeichen. Er kommt erst sehr spät zum Einsatz, wie generell der Mordfall erst gegen Ende dramatisch ausgewertet wird. Albert Bessler gibt sich emotionslos wie immer und assistiert den Forschern ohne den feierlichen Ernst seiner ähnlich gelagerten Rollenauftritte - etwa innerhalb der Mabuse-Reihe. Joachim Hansen fügt sich gelungen in die aufgescheuchte Umgebung der Mrs. Overton, er bringt sowohl die Voraussetzung mit, ihr ein charmanter Begleiter zu sein, als auch überzeugend rabiat zu werden, wenn ihre Eskapaden Überhand nehmen.

Paraderolle für Marianne Koch in einem Konglomerat aus Zukunftsfantasie, Drama und Kriminalgeschichte. Mutige Ansätze münden in konventionelle Lösungen, machen den Film aber wegen der bekannten Darsteller durchaus unterhaltsam. 3,5 von 5 Punkten

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

30.09.2018 14:58
#2 RE: Der Fall X 701 (1964) Zitat · Antworten

Zitat von Percy Lister im Beitrag #1
... die zwar in englischer Sprache und mit internationaler Besetzung gedreht wurde, jedoch keine Co-Produktion darstellt, wie oft vermerkt wird.


Woher hast du denn diese Info? Laut den Unterlagen bei Filmportal.de ist "Der Fall X 701" eine Koproduktion von Artur Brauners Alfa-Film mit der Creole-Filmproduktion, die ihren Sitz in Berlin und London hatte und damit für den internationalen Anteil dieser Produktion verantwortlich gewesen sein dürfte. Als Koproduzent neben Brauner fungierte Ronald Rietti, der nach "X 701" noch die kuriosen internationalen Projekte "Vergeltung in Catano" (BRD / ES) und "Hell Is Empty" (GB / CSK) verantwortete. Im Gegensatz zu anderen Koproduktionen der damaligen Zeit entstanden die Studioaufnahmen aber tatsächlich bei der CCC in Haselhorst und nicht im Ausland. Insgesamt eine ungewöhnliche Melange - gerade auch mit Noir-Amerikaner Mark Stevens in der Hauptrolle.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

06.10.2018 13:35
#3 RE: Der Fall X 701 (1964) Zitat · Antworten

Wikipedia schreibt, dass es sich nicht um eine deutsch-britische Co-Produktion handelt, sondern "nur um eine Zusammenarbeit mit der extra für diesen Film gegründeten Creole Filmproduktion (Berlin + London), die keinen weiteren Film gedreht hat".

Giacco Offline



Beiträge: 2.520

09.10.2018 22:06
#4 RE: Der Fall X 701 (1964) Zitat · Antworten

Im August 1964 meldete das Film-Echo:

"In Berlin-Spandau begannen die Aufnahmen zu der deutsch/englischen Coproduktion (Alfa/Creole) "The Human Factor". Der deutsche Titel steht noch nicht fest. Der englische Regisseur Bernard Knowles inszeniert. Wegen des deutschen Verleihs wird noch verhandelt."

Die Verhandlungen verliefen allerdings im Sande, denn der Film kam nie in die deutschen Kinos. Und das war wohl auch gut so.

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