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 Film- und Fernsehklassiker national
patrick Offline




Beiträge: 3.245

04.01.2017 20:44
Winnetou - Der letzte Kampf Zitat · Antworten

Winnetou - Der letzte Kampf (2016)



Regie: Philipp Stölzl

Produktion: Christian Becker, 2016

Mit: Wotan Wilke Möhring, Nik Xhelilaj, Iazua Larios, Milan Peschel, Michael Maertens, Mario Adorf, Henny Reents, Emilio Sakraya, Adrian Maaß, Sebastian Cavazza, Pedja Bjelac, Hanspeter Müller-Drossaart, Gustav Peter Wöhler, Georg Friederich


Handlung:



Old Shatterhand fristet ein einfaches, aber glückliches, Leben als Farmer, das er in trauter Zweisamkeit mit Nscho-Tschi verbringt, die er inzwischen geheiratet hat. Das Glück währt allerdings nur so lange, bis durch Zufall eine Ölquelle zu sprudeln beginnt, was dem kriminellen Santer nicht entgeht, der Old Shatterhand das Land abkaufen will. Als dieser ihn hinauswirft, greift er zu drastischeren Methoden und lässt 3, bei Old Shatterhand beschäftige, Polen so ermorden, dass es wie die Tat von Indianern aussieht. Mit Unterstützung eines korrupten Scheriffs und Richters werden Winnetou und Old Shatterhand wegen der Morde angeklagt und zum Tode verurteilt, können aber durch Nscho-Tschis Hilfe fliehen. Da es Santers Absicht ist, die Indianer zu enteignen und auszulöschen und sich danach deren Land unter den Nagel zu reißen, suchen Winnetou und Old Shatterhand Hilfe bei den, ihnen feindlich gesinnten, Komantschen. Nachdem sie von diesen gefangen genommen werden, kann Winnetou den Häuptling in einem Zweikampf besiegen und dazu überreden, die Anführer sämtlicher angrenzender Stämme zu versammeln. Leider vermögen die Freunde nicht, die untereinander verfeindeten Indianer zu vereinen und die Apachen bleiben, zumindest vorerst, auf sich alleine gestellt. Eine Schlacht steht bevor, in der Nscho-Tschi in einer Vision Winnetous Tod voraussieht…

Umsetzung:



Nach dem enttäuschend schwachen 2.Teil ist der Abschluss der neuen Trilogie atmosphärisch wieder deutlich dichter. Die Szenen im Lager der Komantschen sind ausgesprochen düstere gehalten und der Zweikampf zwischen Winnetou und deren Häuptling Toki Kava wird sehr brutal dargestellt. Ganz im Gegensatz zu ähnlichen Kräftemessen in den Filmen der 60er-Jahre, droht Winnetou hier deutlich zu unterliegen und muss besonders viel einstecken, bevor er dann doch noch triumphieren kann. Die Komantschen treten auffallend dämonisch und unheimlich, fast wie Kannibalen, in Erscheinung und lehren wahrlich das Fürchten. Die Landschaftsaufnahmen sind attraktiv und wirkungsvoll und die Winter-Western-Atmosphäre versteht besonders gut zu gefallen. Auch an der Dramaturgie gibt es nicht viel auszusetzen. Der Bösewicht Santer fällt schlussendlich einem Racheakt zum Opfer, der von einer ganz anderen Seite kommt, als erwartet.

Stilbrüche:



Es fallen allerdings einige sehr augenfällige Stilbrüche auf, so z.B. der Umstand, dass der laut Vorlage herumreisende und sich zwischen Amerika und dem Orient bewegende Hauptheld Old Shatterhand plötzlich als Farmer sesshaft wird und Nscho-Tschi heiratet. Letztere ereilt hier keineswegs ihr wohlbekannter früher Tod, sondern sie erfreut sich am Ende der Geschichte nach wie vor bester Gesundheit und darf ihren Bruder betrauern. Auch verliert Old Shatterhand in der wohl ersten Bett-Szene, welche jemals in einem Karl-May-Film zu sehen war, seine, zumindest filmische, „Unschuld“. Auch Sam Hawkens kommt unter die Haube und präsentiert sich rasiert, was ebenfalls ganz und gar nicht dieser Figur entspricht. Die Blutsbrüderschaft wird erst eine halbe Stunde vor Schluss, gerade einmal 15 Minuten vor Winnetous Tod, fast beiläufig geschlossen. Dass Old Shatterhand am Ende als weißer Häuptling der Apachen ausgerufen wird, ist geradezu skurril.

Charaktere:




Mario Adorf (geb.1930) tritt in einer gemütlichen Altersrolle als sein eigener Vater, nämlich Santer Senior, auf. Den Ur-Santer mimte er ja bekanntlich 1963. Michael Maertens (geb.1963) Santer Jr. ist hier ein äußerst verschlagener, niederträchtiger, mörderischer und hinterhältiger Charakter, der aber deutlich unter der Fuchtel seines Vaters "Big Daddy" steht, was oft recht humorvoll zum Ausdruck gebracht wird. So sagt an einer Stelle zu Beginn des Films der Senior zum Junior: "Warum erschießt du Leute nicht heimlich in dunklen Gassen, wie jeder normale Mensch?" Sehr ausdrucksstark ist der Slowene Sebastian Cavazza (geb.1973) als Komantschenhäuptling Toki Kava. Auch wenn er nicht wirklich wie ein Indianer aussieht, gebärdet er sich doch so, wie man es von einem waschechten Wilden erwartet.

Ich kann mich erinnern, dass Christian Becker in einem Interview sagte: „Beim 3.Teil werden Sie weinen“, was ich leider nicht bestätigen kann. Ganz im Gegensatz zur Sterbeszene von 1965, berührte mich Winnetous Tod diesmal emotional nur wenig. Nick Xhedilajs viel zu hölzerne Darstellung des Apachen erreicht aufgrund seines fehlenden Charismas das Herz einfach nicht. Wotan Wilke Möhrings Old Shatterhand unterzieht sich in dieser Trilogie einer Transformation vom braven Greenhorn mit Schnauzbart und zeitgemäßer Frisur zum lässigen und langhaarigen weißen Indianer, der ein bisschen an Daniel Day-Lewis als Falkenauge in "Der letzte Mohikaner" von 1992 erinnert. Seiner modernisierten Interpretation der Rolle kann ich aber ehrlich gesagt nicht viel abgewinnen. Zu nachhaltig ist die wunderbare Ausstrahlung des großen Lex Barker, der wohl für immer mein Old Shatterhand bleiben wird. Möhring kommt da weder optisch noch charismatisch auch nur annähernd heran.

Sehr authentisch wird allerdings die Problematik der Indianer, die Zersetzung und der Zerfall ihrer Kultur und ihre Entmenschlichung durch habgierige weiße „Bestien“ dargestellt, was durch den Teufel Alkohol noch weiter verstärkt wird. Die Grundstruktur ist damit den Filmen der 60er-Jahre nicht einmal unähnlich, wenn auch völlig anders inszeniert. Amerika wird in ein wenig rühmliches Licht gerückt und angedeutet, dass viel Geld ausreicht, um President zu werden. Becker hat wohl selbst kaum geahnt, wie aktuell diese Aussage zum Zeitpunkt der Ausstrahlung ist. Als Santer Senior gegen Schluss Old Shatterhand als Erpresser und Bandit bezeichnet entgegenet dieser: "Willkommen in Amerika."


Fazit:


Einer durchaus gefälligen Atmosphäre und Dramturgie stehen teileweise recht haarsträubende Stilbrüche und ein Blutsbrüderpaar gegenüber, das den Karl-May-Zauber einfach nicht ausstrahlt. Da ich aber angesichts der heutigen Film- und Fernsehlandschaft ohnehin vorgewarnt war und wusste, dass man den Stoff modifizieren musste um im Jahre 2016 ein größeres Publikum zu erreichen, richtet sich mein Verdikt nach dem nackten Unterhaltungswert, den ich mit 4 von 5 Punkten im grünen Bereich sehe. Mit reinem Karl-May-Auge betrachtet, das ich jetzt einmal ganz bewusst zudrücke, kann ich diese Wertung allerdings nicht rechtfertigen.

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