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 Film- und Fernsehklassiker international
Prisma Offline




Beiträge: 7.591

03.02.2013 14:47
Bewertet "Der letzte Kampf" (1983) Zitat · Antworten



DER LETZTE KAMPF / LE DERNIER COMBAT (1983)

mit Pierre Jolivet, Jean Bouise, Fritz Wepper, Jean Reno und als Gast Christiane Krüger





Wir schreiben die Endzeit. Durch eine schreckliche Katastrophe wurde das Leben auf der Erde fast komplett ausgelöscht, und es gibt nur wenige Überlebende, bei denen es sich ausschließlich um Männer handelt. Der Kampf um das Überleben und um Territorien ist an der Tagesordnung. Jede Minute verstreicht wie eine halbe Ewigkeit, die Isolation des Einzelnen bekommt durch den Verlust der Sprache unerträgliche Züge. Ein Einzelgänger (Pierre Jolivet) muss mit seinem selbstgebauten Flieger vor Feinden Fliehen und verunglückt im Nirgendwo. Dort wird er von dem Brutalen (Jean Reno) fast getötet, doch der Arzt (Jean Bouise), dessen Klinik wie eine Festung wirkt, nimmt sich dem Schwerverletzten an und es entwickelt sich eine Art Freundschaft. Als sich genügend Vertrauen entwickelt hat, weiht der Arzt ihn in sein größtes Geheimnis ein. Doch Zerstörung, Gefahr und Gier lauern überall...

Der damals erst Mitte 20-jährige Regisseur Luc Besson kreierte mit seinem in Schwarz-Weiß gedrehten, und beinahe vollständig ohne Dialoge auskommendem Film "Der letzte Kampf", einen außergewöhnlichen und sehr destruktiv wirkenden, kritischen Beitrag. Die dargestellte Horror-Vision der sogenannten Endzeit, bekommt hier eines von tausenden möglichen, beängstigenden Gesichtern und stimmt überaus nachdenklich. Das Szenario zeigt Hoffnungslosigkeit, die trostlosen Schauplätze sehen aus wie nach einem zerstörerischen Krieg. Dabei bekommt man allerdings nicht den Eindruck, dass sich dies alles im Bereich außerhalb des Möglichen abspielt, da keine hoch gegriffenen oder völlig abwegig erscheinenden Elemente veranschaulicht wurden. Die Ausstattung passt in die damalige und auch heutige Zeit, beispielsweise die Fahrzeuge auf dem Auto-Friedhof, viele technische Geräte oder diverse Details, sind Modelle der 80er Jahre, die Utensilien in der Klinik und die ärztliche Versorgung waren zeitgemäß, und so weiter. Ein Film der ohne Dialoge auszukommen hat, muss im akustischen Bereich überzeugendes bieten, was hier der Fall ist. Die Geräusche und die Musik erscheinen sehr exponiert und sind stets auf die Situationen abgestimmt, die Aufmerksamkeit des Zuschauers wird dadurch forciert. Die einzigen Worte kommen übrigens zu Stande, als der Arzt und der Einzelgänger in der Klinik ein Gas einatmen und danach kurz und flüsternd die Silben »Bon...jour« zu Stande bringen.





Im darstellerischen Bereich waren daher besonders stichhaltige Leistungen in Sachen Körpersprache, Gestik und Mimik notwendig, und man bekommt hier Überzeugendes bis Beeindruckendes geboten. Pierre Jolivet stellt hier die Gabe unter Beweis, ausschließlich über seine Erscheinung zu funktionieren, und das wirklich sehr gut. Seine erste Szene gestaltet sich schon sehr bezeichnend und denkwürdig, als man ihn beim hoffnungslosen Liebesspiel mit seiner Gummipuppe beobachten muss. Um aus den Trümmern seiner Umgebung zu entkommen, bastelt er an einem Flieger herum, für dessen Funktionieren er sogar dazu bereit ist, jemanden wegen einer Auto-Batterie zu töten. Jean Bouise als Doktor ist einer der wenigen Beteiligten, der menschliche Attribute aufzeigt. Er hat sich in seiner Klinik verschanzt, die einer Festung gleicht. Er pflegt den schwer Verletzten wieder gesund, und sie profitieren gegenseitig von ihren Fähigkeiten. Zwischen den beiden entsteht ein sehr vertrautes Verhältnis und man sieht die wenigen Hoffnungsschimmer in dieser Geschichte. Vom brutalen und Angst einflößenden Jean Reno fast tot geschlagen, bedroht dieser auch die Sicherheit des Arztes, denn er schmiedet zahlreiche Pläne, um in die Klinik hineinzugelangen. Fritz Wepper zeichnet den Anführer einer Ansammlung von Gestalten rund um einen Auto-Friedhof, und dabei hat er ungewöhnlich gute Szenen, die ihn einmal von einer anderen darstellerischen Seite zeigen. Die Damen-Riege ist spärlich besetzt, von Petra Müller sieht man lediglich die Hände, und in einer kurzen Einstellung ihren zerschundenen Körper, Christiane Krüger darf man im Vollbild bewundern, ihr Auftritt dauert allerdings keine zehn Sekunden.

Diese Tatsache (DVD-Kauf wegen Christiane Krüger und doch nur zwei ganz kurze Einstellungen von ihr) ändert nichts an dem besonderen Eindruck, den dieses ausgezeichnete Werk hinterlassen konnte. Man bekommt eine Interpretation einer eigentlich latent vorhandenen Vision geboten, die auf ihre Weise, da versehen mit eindringlichen Bildern und einer schockierenden Grundstimmung, fesselt und zum Nachdenken anregt. Es wird nicht erläutert, was eigentlich geschehen ist, warum diese Welt so geworden ist, wie sie präsentiert wird, auch Wertungen werden eigentlich kaum getätigt und somit fast alleine dem Zuschauer überlassen. Indirekt wird schon der Mann zur Verantwortung gezogen, da es in diesen kriegsähnlichen Umfeld einmal wieder die wenigen Frauen sind, die die Misere in aller Konsequenz ausbaden müssen. Sie sind das wertvollste Objekt in dieser Hölle geworden, sie werden wie Tiere gefangen gehalten und ein paar mal am Tag gefüttert, um letztlich ihren Dienst und ihre Pflicht tun zu können. Was tut man also sonst, wenn die Zeit still steht, wenn man keine Aufgaben mehr hat, wenn man prophylaktisch töten muss, um selbst nicht umzukommen, wenn man in latenter Angst leben muss? Dieses Dahinvegetieren wird hier sehr markant dargestellt. Die Beschreibung auf der DVD mit »Ein Mann ohne Namen in einer Welt ohne Zukunft« trifft den Kern des Films unmissverständlich. Ich persönlich habe einen der besten Endzeit-Interpretationen überhaupt gesehen, die durch ihre sterile und nüchterne Grundstimmung, einhergehend mit dieser exzellenten Bildgestaltung, abstoßend und beeindruckend zugleich wirkt. Aufwendig inszeniert und schließlich als lauter Appell gedacht, ist das Prädikat hervorragend fast schon eine Untertreibung.

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